Nerobergbahn

Nerobergbahn

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Nerobergbahn
Strecke der Nerobergbahn
Wagen der Nerobergbahn nahe der Talstation auf dem Viadukt von 1888
50.0947222222228.2255555555556
Streckenlänge: 0,438 km
Spurweite: 1000 mm (Meterspur)
Maximale Neigung: 260 
Zahnstangensystem: Riggenbach
(dient zum Bremsen)
Höchstgeschwindigkeit: 7,3 km/h
Legende
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Bergstation
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Ausweiche in Streckenmitte
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Nerotal-Viadukt
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Talstation

Die Nerobergbahn ist eine im Jahre 1888 errichtete Wasserlast- und Zahnstangenstandseilbahn im Norden Wiesbadens. Sie führt vom Nerotal auf den Neroberg, wobei sie auf einer Länge von 438 m und einer durchschnittlichen Steigung von 19 % einen Höhenunterschied von 83 m überwindet. Als letzte Bergbahn dieses Typs in Deutschland ist die Nerobergbahn heute ein technisches Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Die Nerobergbahn wird heute von der ESWE Verkehrsgesellschaft betrieben und unterhalten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahre 1886 stellte der Unternehmer Carl Rudolf aus Baden-Baden einen Konzessionsantrag auf eine mit Wasserballast betriebene Drahtseilbahn, welche die Strecke zwischen dem Nerotal und der Spitze des Nerobergs überwinden sollte. 1887 wurde der Antrag von der Stadt Wiesbaden bewilligt und ein Jahr später, am 25. September 1888, konnte die Nerobergbahn eröffnet werden. Heftige Kritik erntete das am unteren Ende der Strecke in vier gemauerten Bogen das Nerotal überspannende Viadukt der Bahn, das damals als unpassender technischer Eingriff in die Natur empfunden wurde. Auch Kaiser Wilhelm II. ließ sich 1902 zu heftiger Kritik an dem Bauwerk und einigen Bemerkungen als Eisenbahningenieur-Amateur hinreißen.[1] Das nutzte aber nichts. Der Viadukt ist bis heute erhalten.

1895 ging die Bahn an die neu gegründete SEG (Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft) über, die auch die Wiesbadener Straßenbahnen betrieb. 1923 wurde der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen vorübergehend eingestellt und zwei Jahre später, nach der Übernahme durch die Stadt Wiesbaden, wieder aufgenommen. 1939 erhielt die Maschinenfabrik Esslingen, welche die Bahn bereits gebaut hatte, den Auftrag, größere Wagen (für 75 Personen) zu planen und die Anlage auf Elektroantrieb umzustellen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhinderte den Umbau. 1944 musste die Nerobergbahn wegen Kriegsschäden stillgelegt werden. Nach der Instandsetzung 1946 wurde sie zunächst von den Amerikanern beschlagnahmt und 1948 wieder allen zugänglich gemacht.

1962 wurden durch die Maschinenfabrik Esslingen die Wagentanks saniert und gleichzeitig der Aufbau vom Fahrzeugwerk Auwärter erneuert. 1972 wurden die Gleisanlagen saniert und die beiden Fahrzeuge so lackiert, dass sie an die historische Erscheinung erinnerten.

In den frühen Neunzigern wurde der Viadukt schließlich generalüberholt, die Förderpumpe erneuert und ein neues Zugseil aufgelegt. Das voll verschlossene Seil wurde durch ein Litzenseil für optimale Sicherheit ersetzt. 1997 feierte die Nerobergbahn ihr 110-jähriges Jubiläum und hatte eine Rekord-Besucherzahl von 276.942 Personen zu verzeichnen. In den späten 1990er Jahren bekam sie einen weiteren neuen Anstrich. In der Mitte der 2000er Jahren wurden die Schienen erneuert. Die Nerobergbahn hatte in ihrer Geschichte keinen einzigen Unfall.

Am 25. August 2000 wurde im ehemaligen historischen Toilettenhäuschen an der Talstation ein kleines Museum zur Bahn und ihrer Geschichte eingerichtet. Es wurde nach seinem Erbauer, dem langjährigen Wiesbadener Stadtbaumeister Felix Genzmer, Genzmer-Häuschen genannt.

Heutiger Betrieb

Die Nerobergbahn wird heute von der ESWE Verkehrsgesellschaft betrieben und unterhalten. Sie fährt jedes Jahr von Karfreitag bis Ende Oktober, von Mai bis August täglich, in den Monaten April, September und Oktober nur am Wochenende und ausgewählten Wochentagen, auch die Betriebszeiten unterscheiden sich in diesen Monaten. Die Taktfrequenz ist der Viertelstundentakt.[2] Eine Fahrt berg- und talwärts kostet (Stand: April 2011) für Erwachsene € 3,30, für Kinder unter 14 Jahren € 1,65. Jährlich werden etwa 250.000 Personen befördert.

An der Talstation liegt die Endhaltestelle der Buslinie 1. Von der Bergstation aus erreicht man über einen 250 m langen Fußweg das Opelbad und die Russische Kirche.

Bauweise und Technik

Antriebstechnik

Die Nerobergbahn ist eine Standseilbahn, deren Geschwindigkeit durch eine Handbremse reguliert wird, die über ein Zahnrad auf die jeweilige Zahnstange wirkt. Der eigentliche Antrieb basiert auf der Schwerkraft mittels Wasserballast. Per Seil wird der zu Fahrtbeginn im Tal stehende Wagen durch den an der Bergstation stehenden Wagen gezogen. Die Zahnstange dient ausschließlich als zusätzliche Bremse, da wegen der Neigung der Bahn nicht immer gesichert ist, dass alleine durch Radreibung jederzeit eine ausreichende Bremswirkung – und vor allem ein zuverlässiger Stillstand – erreicht werden kann. Hier „blockiert“ das Zahnrad in der Zahnstange zusätzlich.

Bei einer Zahnradbahn hingegen ist das Zahnrad – mangels ausreichender Adhäsion der Räder wegen zu starker Steigung – Antriebsmechanismus, bei der Talfahrt dient es ähnlich wie bei der Nerobergbahn als Sicherheits– und Standbremse. Allerdings gibt es hier regelmäßig kein Zugseil.

Die beiden Wagen sind durch ein 452 Meter langes Stahlseil über eine Seilscheibe in der Bergstation miteinander verbunden. Der talwärts rollende Wagen zieht den bergwärts fahrenden nach oben. Dazu muss er jedoch eine größere Masse aufweisen. Dies wird dadurch erreicht, dass der Wassertank des an der Bergstation stehenden Wagens aus zwei Reservoirs mit einem Fassungsvermögen von 370 m³ mit maximal 7.000 Liter befüllt wird.

Gefüllt wird abhängig von der durch die Talstation gemeldeten Zahl der Passagiere. An jedem Wagen ist an der Seite ein Wasserstandsanzeiger angebracht. Die Skalierung erfolgt in Zehnerschritten und wird in „Wasser“ ausgedrückt, wobei 1 „Wasser“ etwa dem Gewicht einer Person entspricht. Sobald – wiederum nach Abstimmung mit der Talstation – die Bremsen gelöst werden, strebt der an der Bergstation stehende Wagen talwärts und zieht durch sein höheres Gewicht den anderen Wagen am Stahlseil bergauf. Weil sich das Gefälle auf der Strecke ändert und sich das Seilgewicht verlagert, sind während der gesamten Fahrt mehrere Bremsnachstellungen erforderlich, damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 7,3 km/h nicht überschritten wird.

Nach der Einfahrt des Wagens in die Bergstation wird der Wagentank über diesen Einfüllstutzen mit Ballastwasser gefüllt.

Bei Fahrtende werden die Bremsen wieder arretiert und der unten angekommene Wagen entleert seinen Wasserballast in ein 210 m³ großes Reservoir. Von dort aus wird das Wasser durch eine elektrische Pumpe bei Bedarf wieder auf die Bergstation befördert, wo sich ein 380 m³ großer unterirdischer Speicher befindet. Betrieben wird das System also letztlich durch eine Pumpstation, die sich neben dem bergseitig gelegenen Viaduktbogen befindet. Bis 1916 erfolgte deren Antrieb durch eine Dampfmaschine, die wegen der Tallage einen hohen Schornstein benötigte. Danach erfolgte der Antrieb der Pumpe durch einen Elektromotor. Ursprünglich war vorgesehen, die Anlage ohne Pumpe zu betreiben. Die Reservoirs auf dem Neroberg-Plateau sollten dazu mit Quellwasser aus dem höher gelegenen Quellgebiet des obereren Rabengrundes gespeist werden.

Die Bahn wird seit vielen Jahren nur noch in den Sommermonaten (von Karfreitag bis Ende Oktober) betrieben, was der Nachfragesituation und wirtschaftlichen Zwängen Rechnung trägt. Früher war sie auch zu anderen Zeiten in Betrieb, eine Betriebseinstellung wegen zu starken Frostes und damit verbundener Vereisung ist nicht überliefert.

Ursprünglich war die Nerobergbahn technisch sehr ähnlich der zeitgleich errichteten Turmbergbahn Karlsruhe-Durlach. Dort wurden zahlreiche Umbauten vorgenommen und der Antrieb auf elektrische Kraft umgestellt.

Fahrweg

Die Nerobergbahn ist keine Zahnradbahn. Die Zahnstangen - hier ein Ausstellungs­stück des verwendeten Systems Riggenbach - dienen nur zur Geschwindigkeits­regulierung und nicht dem Antrieb

Die Strecke verläuft aus der Talsohle des Nerotals zunächst über einen gemauerten Viadukt mit fünf Bögen in nord-östlicher Richtung und folgt anschließend mit immer geringer werdender Steigung dem Hang des Nerobergs. Die Gleisanlage verschwenkt ab dem Viadukt um etwa 4 Grad östlich.

Die Gleise bestehen aus drei Laufschienen, von denen die mittlere von beiden Wagen genutzt wird. Die beiden äußeren werden jeweils nur von einem Wagen befahren. Nur in dem Begegnungsabschnitt in der Mitte der Strecke gibt es auf einer Länge von 70 Metern zwei eigenständige Gleise für jeden Wagen (siehe Schemazeichnung). Auf diese Weise spart man für einen Großteil der Bahnanlage die vierte Schiene und braucht trotzdem keine wartungsaufwändigen Weichen.

Die mittig in den Gleisen befestigten Leiterzahnstangen vom System Riggenbach dienen nicht dem Antrieb, sondern mit Hilfe der Zahnräder unter den Wagen zur Geschwindigkeitsregulierung während der Fahrt und zum Feststellen nach der Fahrt.

Technische Daten
Fahrweg
Betriebseröffnung: 25. September 1888
Gleislänge: 438 m
Spurweite: 1.000 mm
Höhenunterschied: 83 m
max. Steigung: 26 %
durchschnittliche Steigung: 19 %
Zugseil
Material: Litzen, kunststoffummantelt
Länge: 452 m
Durchmesser: 28 mm
Gewicht: 1.600 kg
Durchmesser der Seilscheibe: 3,60 m
Wasserbehälter/Pumpe
Volumen Bergbehälter: 370 m³
Volumen Talbehälter: 220 m³
Pumpenleistung: 60 m³/h, 25 bar
Wagen
Gewicht: 8.100 kg
max. Wasserbefüllungsmenge: 7.000 l
max. Besatzung: 40 Personen
Betrieb
Geschwindigkeit: 7,3 km/h

Besonderheit

Seit einigen Jahren ist es auch an mehreren Tagen im Jahr möglich, sich auf der Nerobergbahn trauen zu lassen. Dazu wird die Bahn auf der Strecke angehalten, da die reine Fahrzeit für die Zeremonie zu kurz wäre.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Kopp: 125 Jahre Wiesbadener Verkehrsbetriebe 1875-2000, ESWE-Verkehrsgesellschaft mbH, Wiesbaden (2000)

Einzelnachweise

  1. Bernd-Michael Neese: Der Kaiser kommt. Wilhelm I. und Wilhelm II. in Wiesbaden. Wiesbaden 2010. ISBN 978-3-928085-55-7, S. 60. Hier wird der Kaiser mit den Worten zitiert: „es sei ein Jammer, dass dieses schöne Tal und die Anlage, die sich ja so prächtig entwickelt habe, durch die Mauer vom Viadukt so verunstaltet sei. […] besser die Bahn am Fuße des Berges beginnen lassen, dann wäre sie wohl steiler geworden, aber es gäbe ja noch steilere Bergbahnen.“.
  2. Fahrplan 2009 des Rhein-Main-Verkehrsverbundes Teilausgabe 3a Seite 117

Weblinks


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