Nord-Express

Nord-Express

Der Nord-Express war ein Fernzug mit im Laufe der Jahrzehnte wechselnden Laufwegen, der Paris mit Russland, später mit Polen und Skandinavien verband. Er galt in seiner Blütezeit vor dem Ersten Weltkrieg als der europäische Luxuszug seiner Zeit schlechthin.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das ursprüngliche Projekt

Nach Gründung der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL) durch den Belgier Georges Nagelmackers entwarf dieser Projekte für europaweite Fernverbindungen mit Luxuszügen. Ziel seiner Anstrengungen war unter anderem auch eine transkontinentale Verbindung von Lissabon nach Sankt Petersburg. Dieses Konzept war zu komplex und konnte nicht umgesetzt werden. Es entstanden vielmehr zwei getrennte Verbindungen: Lissabon–Paris als Sud-Express und ab dem 9. Mai 1896, dem Beginn des Sommerfahrplans dieses Jahres, der Nord-Express von Ostende/Paris nach St. Petersburg.

Anfangsjahre

Für den Betrieb des Nord-Express musste die CIWL Verträge und Fahrplanvereinbarungen mit 14 Eisenbahnverwaltungen, darunter neun preußischen Verwaltungen, sowie dem Schiffsdienst zwischen Dover und Ostende schließen. Die Geschäftsführung lag dabei bei der Königlichen Eisenbahndirektion Berlin, da die Preußischen Staatseisenbahnen den größten zusammenhängenden Streckenteil des Laufweges des Zuges (1419 km) stellte. Hier trug er die Zugnummer L11/12.

Er fuhr in seiner Blütezeit vor dem Ersten Weltkrieg als exklusiver Luxuszug von Paris und Ostende (mit Anschluss von London) über Hannover, Berlin, die Preußische Ostbahn und Dvinsk (Dünaburg) nach St. Petersburg mit Kurswagen nach Riga. Eingesetzt wurden speziell konstruierte, markante dunkelbraune Wagen. Zu Beginn verkehrte er einmal wöchentlich, ab Herbst 1897 zweimal wöchentlich und ab Ende 1899 täglich. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der Zug auch Kurswagen von und nach Warschau über Bentschen, Posen und Thorn.

Eine umsteigefreie Zugverbindung war jedoch wegen der unterschiedlichen Spurweiten in Russland und Westeuropa, ebenso wie eine Umspurung noch nicht möglich. So wurde eine russische Verbindung Sankt Petersburg–Eydtkuhnen eingerichtet. Dort wurde in baugleiche Wagen der Normalspur am selben Bahnsteig umgestiegen. In der Gegenrichtung geschah das im Bahnhof Wirballen. Die beiden nur zwei Kilometer voneinander entfernt liegenden Grenzbahnhöfe waren beide mit beiden Spurweiten ausgestattet. Der Zug wurde in der Regel aus einem Packwagen, einem Speisewagen und vier Schlafwagen gebildet.

Die Fahrzeit zwischen Paris und St. Petersburg betrug etwa 52 Stunden. In Daugavpils bestand bis 1914 Anschluss über Kurswagen an die Transsibirische Eisenbahn und damit bis China.

Zwischenkriegszeit

Im Ersten Weltkrieg wurde die Verbindung, die nun die Fronten durchschnitt, eingestellt. Der erste Weltkrieg verschob die von dem Zug überschrittenen Grenzen, bewirkte den Umsturz der politischen Systeme in einigen der beteiligten Staaten und eine generelle wirtschaftliche Krise, die in der Hyperinflation 1923 gipfelte und dem Zug sein Fahrgastpotential entzog. Die große Zeit für den Nord-Express war vorbei.

Erst mit dem Beginn des Fahrplanjahres 1926/27, am 15. Mai 1926, wurde der Zug wieder eingeführt. Wegen des Desinteresses der Sowjetischen Eisenbahnen führte der Laufweg im Osten aber nicht mehr nach Russland. Vielmehr verband der Zug nun Paris und Ostende (mit Anschluss von London) über Berlin nach Warschau mit Kurswagen nach Riga und Kopenhagen und von dort mit Anschlüssen in die anderen skandinavischen Hauptstädte.

Ab 1929 verkehrte der Zug über die Neubaustrecke Stralkowo–Kutno, die den Fahrweg um 86 Kilometer verkürzte. Durch verbesserten Oberbau und geänderte Laufwege konnten im Laufe der Jahre mehrere Stunden Fahrzeitgewinn erzielt werden. Dadurch gelang es erstmals 1935/36, den direkten Anschluss mit dem Süd-Express von und nach Lissabon herzustellen.

Der Nord-Express verkehrte auf seiner nachfragestärksten Relation, westlich von Berlin, täglich. Östlich von Berlin verkehrte er dagegen nur drei mal in der Woche und endete in der Regel in Warschau. Nur von 1936 bis 1939 wurde er bis zur polnisch-russischen Grenze weitergeführt und hatte dort Anschluss nach Moskau.

Der Zweite Weltkrieg beendete auch dieses zweite Kapitel der Geschichte des Nord-Express. Er wurde am 27. August 1939 eingestellt.

Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg unterbrachen Eiserner Vorhang und neue Grenzziehungen die traditionelle Fahrtroute des Nord-Express. Schon 1946 verkehrte er wieder als L11/12, jetzt aber zwischen Paris und Kopenhagen über Aachen, Bremen, Hamburg und Flensburg und ab 1963 über die Vogelfluglinie. Aber mit dem ausschließlich aus CIWL-Wagen gebildeten Luxuszug war es nun vorbei. Er mutierte zu einem ganz gewöhnlichen internationalen Schnellzug, verkehrte zum Schluss auf der Route Ostende–Kopenhagen und wurde 1997 eingestellt.

Nachfolger

Bahnverbindung Sankt Petersburg–Paris

Die schnellste Bahnverbindung zwischen Sankt Petersburg und Paris führt heute nicht mehr über die baltischen Staaten und die alte Ostbahn, sondern über WizebskOrschaMinskBrestWarschauBerlinHannoverKölnBrüssel nach Paris (Thalys ab Köln). In West-Ost-Richtung ist diese Verbindung nur mit zwei Umstiegen zu bewerkstelligen: Abfahrt am Nachmittag mit dem Thalys aus Paris nach Köln, weiter mit dem EN Jan Kiepura nach Brest und mit dem Nachtreisezug „Vltava“ aus Prag in einer weiteren Übernachtung nach St. Petersburg.

Zum Fahrplanwechsel 2007 wurde außerdem ein Kurswagen Paris - Moskau eingeführt.

Nachtzug Paris–Hamburg

Bis 2008 verkehrte täglich der NZ 236/237 von Hamburg-Altona über Bremen–OsnabrückLüttichBrüssel nach Paris-Nord. Dieser Zug bestand am Ende komplett aus deutschen Fahrzeugen: einem Schlafwagen, drei Liegewagen, einem Speisewagen und einem Abteilwagen mit Fahrradabteil. Nachdem der Zug zum Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2008 eingestellt worden war, verkehrt seit Dezember 2010 wieder ein direkter Nachtzug als CNL 40479/50451 zwischen Hamburg und Paris.

Bahnverbindungen Deutschland–Nordosteuropa

Zwischen Deutschland und den baltischen Staaten besteht kein durchgehender Bahnverkehr mehr. Bahnreisende sind darauf angewiesen mehrmals umzusteigen, streckenweise auch Regionalzüge und teilweise sogar (wie zwischen Lettland und Estland) Linienbusse zu benutzen. Die Route von Deutschland ins Baltikum verläuft über Warschau–ŠeštokaiKaunas.

Bahnverbindungen Deutschland–Nordeuropa

Zwischen Hamburg und Kopenhagen fahren ICEs und EuroCitys in Form von IC3-Dieseltriebzügen im Tagverkehr auf der Vogelfluglinie. Von Westdeutschland nach Kopenhagen fahren darüber hinaus Nachtzüge über die Große-Belt-Querung. In Kopenhagen besteht Anschluss mit dem X2000 nach Oslo und Stockholm.

Ferner existiert eine zweimal täglich (Fahrplan 2006/07) verkehrende EuroCity-Verbindung von Hamburg bzw. Wien/Prag ins jütländische Aarhus.

Trivia

Filmisch wurde der Nord-Express in einem „Tatort“-Krimi mit dem Namen Kressin stoppt den Nord-Express verewigt. Die Hauptrolle als Zollfahnder Kressin hatte Sieghardt Rupp.

Literatur

  • Willy Reinshagen: Volldampf! Erlebnisse bei der alten Reichs- und Bundesbahn". München 2005. ISBN 3-7654-7274-3. S. 114 - 124.

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