Peter-Paul Zahl

Peter-Paul Zahl
Peter-Paul Zahl (2006)

Peter-Paul Zahl (* 14. März 1944 in Freiburg im Breisgau; † 24. Januar 2011 in Port Antonio, Jamaika) war ein deutsch-jamaikanischer Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Peter-Paul Zahl verbrachte seine Jugend in Feldberg (Mecklenburg). Sein Vater war Jurist und Verleger (Peter-Paul Verlag). Im Jahre 1953 floh die Familie Zahl nach Westdeutschland und ließ sich in Ratingen im Rheinland nieder. Zahl besuchte das Gymnasium bis zur Mittleren Reife und lernte anschließend Kleinoffsetdrucker. Er schloss seine Berufsausbildung mit der Gesellenprüfung ab.

Berlin

1964 ging Zahl nach West-Berlin, um keinen Wehrdienst leisten zu müssen. 1965 begann er mit dem Verfassen eigener Texte, 1966 wurde er Mitglied in der von Max von der Grün initiierten Gruppe 61. 1967 gründete Zahl eine eigene Druckerei mit Kleinverlag, der vorwiegend gegenkulturelle Zeitschriften wie Hans Taegers pro these und linke, rätekommunistische und anarchistische Texte veröffentlichte. Zahl gab den SPARTACUS zeitschrift für lesbare literatur (1967–1972), die zwerg-schul-ergänzungshefte und p. p. quadrat heraus. Der erste p. p. quadrat-Band war Amerikanischer Faschismus von Bernd Kramer. Zahl war an der agit 883 beteiligt, er schrieb auch für das Ulcus Molle Info und den Metzger. Er veröffentlichte 1967 seinen ersten Roman Von einem, der auszog Geld zu verdienen im Düsseldorfer Karl Rauch Verlag.

In Berlin kam Peter-Paul Zahl mit der beginnenden Außerparlamentarischen Opposition und der Studentenbewegung in Berührung. Er gehörte zu einer klandestinen Kleinstorganisation, die sich Up against the wall, Motherfuckers! nannte und sich darauf spezialisierte, schwarzen GIs aus Berliner Kasernen die Flucht nach Schweden zu ermöglichen.

1970 wurde er wegen des Drucks eines von Holger Meins gestalteten Plakates Freiheit für alle Gefangenen!, das die Rote Armee Fraktion unterstützen sollte, wegen Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einem halben Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

Verurteilung wegen versuchten Mordes

Im Dezember 1972 geriet Zahl bewaffnet in eine Polizeikontrolle, der er sich durch Flucht zu entziehen versuchte; es kam zu einem Schusswechsel mit der Polizei, bei dem ein Polizist schwer verletzt wurde. 1974 wurde Zahl wegen dieser Tat vor dem Landgericht Düsseldorf angeklagt und wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde vom Bundesgerichtshof 1975 aufgehoben. In einem neuen Verfahren wurde Zahl 1976 wegen versuchten Mordes in zwei Fällen zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Zahl wurde die ersten Jahre seiner Strafe in Einzelhaft gehalten, was er zu einer umfangreichen literarischen Produktion nutzte; erst 1980 kam er in den Normalvollzug. Von 1981 an war er Freigänger, 1981/82 Regie-Volontär an der Berliner Schaubühne. Im Dezember 1982 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen.

Zwischen Rose Hill und Ratingen

Rose Hill/Long Bay – Peter-Paul Zahls Wohnort an der Ostküste Jamaikas

Nach seiner Haftentlassung hielt sich Zahl auf Grenada, in Nicaragua, auf den Seychellen und in Italien auf. Seit 1986 wohnte und arbeitete er abwechselnd in Long Bay Portland (Jamaika) und Ratingen. Neben Romanen schrieb er Theaterstücke für deutsche Bühnen, und ab 1994 trat er auch als Autor von Kriminalromanen hervor. Sein Theaterstück über Georg Elser wurde in der Spielzeit 1981/1982 im Schauspielhaus Bochum aufgeführt von Claus Peymann und Hermann Beil.[1]

Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit

Im September 2002 zog die deutsche Botschaft in Kingston (Jamaika) Peter-Paul Zahls deutschen Reisepass ein, da er 1995 in Jamaika eingebürgert worden war, ohne vorher eine Beibehaltungsgenehmigung einzuholen. Dagegen führte Zahl ein Verfahren vor dem Berliner Verwaltungsgericht, außerdem stellte er beim Bundesverwaltungsamt in Köln einen Antrag auf Wiedereinbürgerung. Ab dem 16. November 2004 war Peter-Paul Zahl wieder deutscher Staatsangehöriger. Das Bundesverwaltungsamt stellte ihm am 8. November 2004 eine Einbürgerungsurkunde aus. Darin heißt es: „Peter-Paul Gerhard Heinz ZAHL – hat mit dem Zeitpunkt der Aushändigung dieser Urkunde die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben.“ Die Einbürgerungsurkunde erhielt Zahl am 16. November 2004 in der Deutschen Botschaft in Kingston überreicht, die Aushändigung des Passes verzögerte das Auswärtige Amt allerdings bis zum Mai 2005.

Am 19. April 2006 ging es vor dem Verwaltungsgericht Berlin darum, ob Bundesregierung und Auswärtiges Amt – vertreten durch die Botschaft in Jamaika – zu Recht den Pass eingezogen hatten. Ergebnis: Die beklagte Bundesregierung nahm den Bescheid über den Einzug des Passes zurück, die Kosten des Verfahrens werden zwischen Kläger und Beklagtem geteilt. Peter-Paul Zahl hatte nun, aufgrund der Wiedereinbürgerung, legal zwei Staatsbürgerschaften.

Krankheit und Tod

Zahl starb am 24. Januar 2011 in Jamaika, nachdem er sich im Vorjahr in Jamaika und Deutschland wegen eines Krebsleidens hatte behandeln lassen.[2]

Preise und Auszeichnungen

Werke

„Ich hoffe, ich störe.“ – Peter Paul Zahl bei einer Lesung im Ratinger Buch-Café Peter & Paula am 28. September 2006
  • Elf Schritte zu einer Tat. Berlin 1968
  • Von einem, der auszog, Geld zu verdienen. Düsseldorf 1967
  • Eingreifende oder ergriffene Literatur. Gaiganz 1975
  • Schutzimpfung. Berlin 1975
  • Die Barbaren kommen. Hamburg 1976
  • Wie im Frieden. Leverkusen 1976
  • Alle Türen offen. Berlin 1977
  • Waffe der Kritik. Frankfurt (Main) 1977
  • Freiheitstriebtäter. Hamburg 1979
  • Die Glücklichen. Berlin 1979 ISBN 3-359-00874-X
  • Schreiben ist ein monologisches Medium. Berlin 1979
  • Die Stille und das Grelle. Frankfurt 1981
  • Johann Georg Elser. Ein deutsches Drama. Rotbuch, Berlin 1982, ISBN 3-88022-248-7
  • Konterbande. Frankfurt am Main 1982
  • Aber nein, sagte Bakunin und lachte laut. Berlin 1983
  • Der Staat ist eine mündelsichere Kapitalanlage. Berlin 1989
  • Die Erpresser. Eine böse Komödie. Musik und Lieder von Georg Danzer. Kramer, Berlin 1990, ISBN 3-87956-208-3
  • Der Meisterdieb. Frankfurt am Main 1992
  • Fritz, a German hero. Wien [u.a.] 1994
  • Der schöne Mann. Berlin 1994
  • Nichts wie weg. Berlin 1994
  • Teufelsdroge Cannabis. Berlin 1995
  • Lauf um dein Leben. Berlin 1996
  • Johann Georg Elser. [Kammerspielfassung], Grafenau 1996
  • Das Ende Deutschlands. Berlin 1997
  • Don Juan oder der Retter der Frauen. Grafenau-Döffingen 1998 ISBN 3-931786-04-8
  • Geheimnisse der karibischen Küche. Hamburg 1998
  • Ananzi ist schuld. Berlin 1999
  • Der Domraub. München 2002
  • Jamaika. München 2002
  • Anancy Mek It. (Bedtimes Stories) Kingston 2003
  • How the Germans Liberated Namibia. CD. Berlin und Long Bay 2004
  • Im Todestrakt. Frankfurt 2005
  • Kampfhähne. Frankfurt 2005
  • Miss Mary Huana. Köln 2007

Übersetzungen

  • Mit Reinhard Thoma: Otto René Castillo: Selbst unter der Bitterkeit. München 1983.
  • Ramón José Sender: Sieben rote Sonntage. Zürich 1991.
  • Victor Serge: Geburt unserer Macht. München 1976.

Literatur

  • Erich Fried (Hrsg.): Am Beispiel Peter-Paul Zahl. Frankfurt 1976.
  • Der Fall Peter-Paul Zahl. Frankfurt 1978.
  • Von einem, der nicht relevant ist. Münster 1979.
  • Rudi Dutschke: Georg Büchner und Peter-Paul Zahl. In: Georg Büchner Jahrbuch. 4/84, Frankfurt 1986.
  • H.-V.Gretschel: Die Figur des Schelms im deutschen Roman nach 1945. Frankfurt 1993.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter-Paul Zahl: Johann Georg Elser. Ein deutsches Drama. In: Schauspielhaus Bochum (Hrsg.): Programmbuch. Nr. 31, Schauspielhaus Bochum, Bochum 1982.
  2. Jörg Sundermeier, "Schriftsteller Peter-Paul Zahl gestorben: Kein Heros vom Establishment", in: taz, 25. Januar 2011 [1]

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