Schauspielhaus Bochum

Schauspielhaus Bochum
Schauspielhaus Bochum

Das Schauspielhaus Bochum ist eines der größten und renommiertesten Theater in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In einem 1907–1908 gebauten ehemaligen Varietétheater, zunächst „Orpheum“, dann „Apollo-Theater“ genannt, eröffnete 1915 das städtische Theater als größte Bühne im Ruhrgebiet. Durch einen Umbau wurden die Fassaden mit ihren Jugendstilelementen verändert und im Stil des Klassizismus umgestaltet. Während des Ersten Weltkrieges gastierte die städtische Bühne aus Düsseldorf.

Ein eigenes Schauspielensemble unter Intendant Saladin Schmitt bekam Bochum im Jahr 1919, in dem gleichzeitig die Bochumer Symphoniker gegründet wurden. Ferner war der Bochumer Intendant immer zugleich auch der Leiter der Bochumer Schauspielschule.

Nach Gründung der Duisburger Oper am 25. September 1921 schloss die Stadt Bochum mit der Stadt Duisburg einen Vertrag, wonach die Schauspielaufführungen vom Schauspielhaus Bochum nach Duisburg und gleichzeitig musikalische Aufführungen der Duisburger Oper nach Bochum übernommen wurden. Der gemeinsame Generalintendant beider Häuser war Saladin Schmitt.

Unter ihm machte sich das Theater schon bald als Shakespeare-Bühne einen Namen, die sich auch konsequent mit den deutschen Klassikern auseinandersetzte. Schmitt prägte mit der weitgehend werkgetreuen Inszenierung deutscher Klassiker den „Bochumer Stil“. Zu den Stars des Bochumer Ensembles dieser Zeit gehörten Gisela Uhlen und Horst Caspar. Zum Ende der Spielzeit 1934/1935 wurde die Theatergemeinschaft mit Duisburg beendet.

Bei einem Luftangriff am 4. November 1944 wurde der Theaterbau fast völlig zerstört, bis zum Herbst 1953 entstand auf den alten Fundamenten das heutige Bochumer Schauspielhaus nach den Entwürfen des Architekten Gerhard Graubner. In den acht Jahren von 1945 bis zum Wiederaufbau wurde im Stadtpark-Restaurant im Stadtpark Bochum gespielt.

Nach Graubners Plänen entstanden rund ein Jahrzehnt später in direkter Nachbarschaft des Schauspielhauses auf dem Gelände des im Krieg zerstörten Adelssitzes Haus Rechen die Kammerspiele, die im Oktober 1966 eröffnet wurden.

Intendant Hans Schalla etablierte in den 1950er und 1960er Jahren Stücke moderner Autoren wie Jean-Paul Sartre, Samuel Beckett oder Georges Schehadé am Haus. Ihm folgte Peter Zadek, in dessen Zeit unter anderem Rainer Werner Fassbinder regelmäßiger Gast war.

Seine Blütezeit erreichte das Schauspielhaus unter der Intendanz von Claus Peymann Anfang der 1980er Jahre. Sein Bochumer Ensemble mit Stars wie Gert Voss, Kirsten Dene oder Traugott Buhre galt als innovativstes Theater der Bundesrepublik. Auch Peymann setzte einen Schwerpunkt auf Uraufführung zeitgenössischer Autoren wie Thomas Bernhard, Heiner Müller oder Peter Turrini.

Nach Peymanns Abschied zum Burgtheater Wien übernahm Frank-Patrick Steckel den Direktorenposten an der Königsallee. Er prägte ein eher nachdenkliches, weniger effektvolles Theater, als zuvor unter Zadek und Peymann und brachte Regisseure wie Andrea Breth und Jürgen Gosch zum ersten Mal nach Bochum.

Im Jahr 1995 kam Leander Haußmann als damals jüngster Intendant Deutschlands an die Bühne. Er strebte zusammen mit seinen Regiekollegen Jürgen Kruse und Dimiter Gotscheff, in bewusstem Kontrast zu seinem Vorgänger, ein lautes, „spaßiges“ Theater an – und machte sich damit in Bochum nicht nur Freunde, schaffte es aber, ein jüngeres Publikum als sein Vorgänger zu begeistern. Das „strahlende Herz“, Logo der Intendanz Haußmann, wurde bundesweit bekannt.

Ihm folgte mit dem damals 37jährigen Matthias Hartmann ein weiterer „Jungintendant“, der ebenfalls in Bochum seine erste Intendanz übernahm. Hartmann gelangen in seiner Amtszeit ebenso öffentlichkeitswirksame Coups wie die Verpflichtung von Harald Schmidt als auch weithin gefeierte Inszenierungen. Von Fachzeitschriften wurde das Schauspielhaus Bochum deshalb mehrfach als eine der besten deutschsprachigen Bühnen seiner Zeit ausgezeichnet. Wie sein Vorgänger verließ Hartmann nach nur einer Vertragszeit 2005 das Haus.

Mit Beginn der Spielzeit 2005/2006 übernahm der ehemalige Oberspielleiter des Münchner Residenztheaters, Elmar Goerden, die Bochumer Intendanz, der das Haus bis in das Kulturhauptstadt-Jahr 2010 führte. Neuer Intendant mit Beginn der Spielzeit 2010/2011 ist Anselm Weber, ehemaliger Intendant des Schauspiels Essen.

Bochum war in den Jahren 1963 bis 1993 Sitz der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Beeinflusst durch den „Kalten Krieg“, kam es 1963 zur Teilung der seit 1864 existierenden Gesellschaft. Seit dem existierten für rund 30 Jahre – nebeneinander und eingebunden in ihr jeweiliges politisches System – die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft West, mit Sitz in Bochum, und die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft in Weimar, die voneinander unabhängig ihre Jahrestagungen durchführten und ihr jeweiliges Shakespeare-Jahrbuch herausgaben.

Intendanten

  1. Saladin Schmitt (1919–1949)
  2. Hans Schalla (1949–1972)
  3. Peter Zadek (1972–1979)
  4. Claus Peymann (1979–1986)
  5. Frank-Patrick Steckel (1986–1995)
  6. Leander Haußmann (1995–2000)
  7. Matthias Hartmann (2000–2005)
  8. Elmar Goerden (2005–2010)
  9. Anselm Weber (seit 2010)

Architektur und Gebäude

Das von Clemens Erlemann, dem Erbauer des Bochumer Stadtviertels Ehrenfeld, nach den Plänen des Architekten Paul Engler 1907–1908 erbaute Varietétheater wurde zunächst als „Orpheum“ eröffnet und war die damals größte Bühne des Ruhrgebiets. Es erhielt schon bald den neuen Namen „Apollo-Theater“, litt aber wegen mangelnder Auslastung anhaltend unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Das Theater wurde schließlich 1914/1915 durch den als Theater-Spezialisten geltenden Kölner Architekten Carl Moritz vollständig umgebaut und 1915 als Stadttheater wiedereröffnet. Durch den Umbau wurden die Fassaden mit ihren Jugendstilelementen verändert und im Stil des Klassizismus umgestaltet.[1]

Das Gebäude wurde bei einem Luftangriff der Royal Air Force auf Bochum am 4. November 1944 bis auf die Grundmauern zerstört. Zwischen Sommer 1951 und Herbst 1953 entstand auf den alten Fundamenten das heutige Bochumer Schauspielhaus nach den Entwürfen des Architekten Gerhard Graubner.[2] Das unter Denkmalschutz stehende heutige Theatergebäude erhielt die Plakette „Als vorbildliches Bauwerk seiner Zeit ausgezeichnet. (1945–1957)“, die an der Fassade zur Königsallee hängt.

Den Zuschauerraum des Schauspielhauses konzipierte Graubner nach dem Vorbild der antiken Amphitheater mit stark ansteigenden halbrunden Zuschauerreihen, einem ebenfalls halbrunden Rang und einigen wenigen Logen. Ferner rückte das Spiel näher an den Zuschauer heran, da der Eiserne Vorhang erstmalig in einem deutschen Theater halbrund und vor der Vorderbühne angelegt wurde. Bühnenbilder können so bis zur Bühnenrampe gestaltet werden.

Nierenförmig angelegte Rauchersalons, Bar- und Garderobenbereiche, aber auch Balkone, sind ebenso stilprägend, wie die berühmten Bochumer „Tulpenlampen“ (Wand- und Deckenleuchten in „floraler Form“), Kronleuchter, Nierentische und geschwungene Sofas als typisches Interieur der 1950er Jahre.

Kammerspiele Bochum
Ausgebranntes Requisitenlager, nur eine Außenmauer steht noch

Im Jahr 2000 wurde die Obermaschinerie überholt und eine neue Ton- und Inspizientenanlage installiert, ebenso wurde das Haus, vor allem der Foyer- und Zuschauerbereich denkmalgerecht generalsaniert und Zuschauerpatenschaften für die renovierte Bestuhlung vergeben.

Auf dem Gelände der alten Wasserburg Haus Rechen aus dem 15. Jahrhundert, die wie das alte Stadttheater im Krieg zerstört wurde, wurden – ebenfalls nach Graubners Plänen – die Kammerspiele mit einer Zuschauerkapazität von 410 Plätzen gebaut und 1966 eingeweiht.

1972 eröffnete der Intendant Peter Zadek direkt unter dem Zuschauerraum des großen Hauses, eine dritte, kleinere Spielstätte für Studioproduktionen, das „Theater Unten“. Unter dem Intendanten Leander Haußmann in Anlehnung an den ehemaligen Intendanten umbenannt in „ZadEck“, erhielt es zu Beginn der Spielzeit 2000/2001 den Namen „Theater Unter Tage“ und wurde mit Beginn der Weber-Intendanz zur Spielzeit 2010/2011 wieder in „Theater Unten" zurück benannt.[3]

Am 12. September 2006 brannte das 2500 m² große Außenlager des Schauspielhauses in Bochum-Weitmar bis auf die Grundmauern ab.[4] Historische und aktuelle Bühnenbilder, Kostüme und Requisiten sowie wertvolle Technik fielen den Flammen zum Opfer − das alles ging unrettbar verloren. Der Verlust erzeugte einen immensen finanziellen und ideellen Schaden. Durch eine Welle der Solidarität, in der das Land Nordrhein-Westfalen, bundesweit zahlreiche Theater, Zuschauer und sonstige dem Haus verbundenen Menschen durch Kulissen-, Kleider-, Möbel- und Geldspenden halfen, konnte der gefährdete Spielbetrieb eingeschränkt aufrechterhalten bleiben.

Im April 2007 eröffnete ein neuer, an das Schauspielhaus und die Kammerspiele angegliederte Gebäudetrakt, mit Malersaal, Kulissenlager und Werkstätten.[5]

Ensemble

Am Schauspielhaus Bochum traten oder treten folgende Schauspieler und Gastschauspieler auf:

A

B

C

D

E

F

G

H

I–J

K

L

M

N–P

R

S

T

U–W

Z

  • Krunoslav Šebrek

Weblinks

Literatur

  • Uwe-K. Ketelsen: „Ein Theater und seine Stadt. Die Geschichte des Bochumer Schauspielhauses“, Köln 1999, ISBN 3-89498-061-3
  • Zs. Der Pelikan. Mitteilungen der Pelikan-Werke Günther Wagner Hannover. Heft 57 / März 1956. Darin: G. F. Schorer: Festliche Farbe. S.4 -5
  • Abisag Tüllmann: Unsere Welt. Bilder aus dem Schauspielhaus Bochum. Spielzeit 1981/82. Bochum 1982
  • Hans H. Hanke: Architektur und Stadtplanung im Wiederaufbau. Bochum 1944–1960. DFW 22, Bonn 1992
  • Leander Haußmann: Schauspielhaus Bochum 1995–2000, Wie es wirklich wa(h)r. ISBN 3-926337-05-2

Einzelnachweise

  1. Uwe-K. Ketelsen: Ein Theater und seine Stadt. Die Geschichte des Bochumer Schauspielhauses. Köln 1999, S. 57ff.
  2. http://www.historisches-ehrenfeld.de/geschichte-stadttheater.htm
  3. SchauspielhausBochum.de – Das Haus
  4. welt.de, 12. September 2006: Fundus geht in Flammen auf
  5. Stadtspiegel Bochum vom 4. April 2007

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