Rawicz

Rawicz
Rawicz
Wappen von Rawicz
Rawicz (Polen)
Rawicz
Rawicz
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Großpolen
Landkreis: Rawicz
Fläche: 7,81 km²
Geographische Lage: 51° 37′ N, 16° 51′ O51.6095616.8574Koordinaten: 51° 36′ 34″ N, 16° 51′ 27″ O
Einwohner:

21.054
(31. Dez. 2010)[1]

Postleitzahl: 63-900
Telefonvorwahl: (+48) 65
Kfz-Kennzeichen: PRA
Wirtschaft und Verkehr
Straße: PosenBreslau
Nächster int. Flughafen: Posen-Ławica
Gemeinde
Gemeindeart: Stadt- und Landgemeinde
Fläche: 133,6 km²
Einwohner:

30.007
(31. Dez. 2010) [2]

Bevölkerungsdichte: 225 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 3022053
Verwaltung (Stand: 2007)
Bürgermeister: Tadeusz Pawłowski
Adresse: ul. J. Piłsudskiego 21
63-900 Rawicz
Webpräsenz: www.rawicz.pl

Rawicz ['ravʲiʧ]?/i (deutsch Rawitsch) ist eine Kreisstadt mit 21.200 Einwohnern und Hauptort der gleichnamigen Stadt- und Landgemeinde im Powiat Rawicki der polnischen Woiwodschaft Großpolen. Zum Stadtgebiet gehört seit der Eingemeindung 1973 auch die bis dahin selbständige Stadt Sarnowa (deutsch Sarne).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Stadtwappen

Das der Stadt 1638 von König Władysław IV. Wasa verliehene Wappen zeigt in Gold einen schwarzen Bären, der auf einer grünen Wiese nach rechts schreitet. Das Wappen (siehe unten) stammt vom polnischen adeligen Stammwappen Rawicz (auch: Rawa) des Stadtgründers Przyjemski: in Gold ein schwarzer Bär mit einer weiß, rot oder blau gekleideten Jungfrau auf dem Rücken, der auf einer grünen Wiese nach rechts schreitet.

Der Clan der Rawitsche

Das Adelswappen Rawicz

Die Rawitsche waren ein masowischer Ritterstamm, der wahrscheinlich auf das mächtige tschechische Geschlecht der Wrchowez zurückgeht, welches um das Jahr 1108 vom böhmischen Herzog Svetopluk ausgerottet wurde (siehe: Schweinhausburg). Ein Mitglied des Geschlechts namens Goworek floh nach Polen, wo er von Bolesław III. Schiefmund Güter im Lande Sendomir und in Masowien verliehen bekam. Der ursprüngliche Sitz der Rawitsche in Polen war die Stadt Rawa Mazowiecka, die ihren Namen, wie Rawitsch, vom Stammwappen bekam. Goworeks Enkel, der ebenfalls Goworek hieß, war Kastellan von Krakau und Erzieher des Herzogs Leszek I. des Weißen. Im 13. Jahrhundert teilte sich das Geschlecht in zwei Linien: die Warschowitze, die von Warsz, Kastellan von Krakau und mutmaßlichem Gründer von Warschau abstammten, und die Grotowitze, die ebenfalls hohe Staatsämter innehatten. Beide Linien waren Anhänger des Königs Władysław I. Ellenlang in seinem Kampfe mit Wenzel II. von Böhmen. Zur größten Macht kamen die Rawitsche in der zweiten Hälfte des 14. und im 15. Jahrhundert: Viele von ihnen waren Kastellane, einer wurde Bischof von Krakau. Im 15. Jahrhundert erscheinen die Rawitsche auch in Großpolen und Kujawien.

Erste Polnische Republik (bis 1793)

Adam Rawicz-Przyjemski, Stadtgründer

1638 erhält der Gutsherr Adam Olbracht Przyjemski, Kastellan von Gnesen und Kalisch, vom König Władysław IV. Wasa die Genehmigung, die Stadt, die den Namen nach dem Familienwappen Rawicz erhält, auf dem Gelände seines Dorfes Sierakowo (erstmals erwähnt 1310) zu gründen. Der Breslauer Architekt Flandrin erhält von Przyjemski den Auftrag, einen symmetrischen Stadtplan zu entwerfen. Die Stadt liegt damals etwa 15 km von der schlesischen Grenze entfernt, an der wichtigen Handelsstraße von Posen nach Breslau. Die Nähe der Grenze hat große Bedeutung für die Entwicklung der Stadt, denn Rawitsch wird zum Zufluchtsort für Andersgläubige, die vor der religiösen Unterdrückung durch die Habsburger aus Böhmen und Schlesien fliehen. Viele von ihnen sind geschickte Handwerker und Kaufleute. Bereits 1639 werden die ersten Juden werden in Rawitsch verzeichnet. 1640 wird die Tuchmacherzunft in der Stadt registriert. 1649 werden die Juden ausgewiesen. Der bis heute bestehende Rawitscher Schützenverein entsteht 1642. Während der schwedischen Invasion 1655 von Karl X. Gustav brennt die hölzerne Stadt nieder, entsteht aber bald wieder in gemauerter Form. Die um 1660 zurückgekehrten Juden werden 1674 abermals vertrieben - 1698 kehren sie zurück.

Ein großer Brand zerstört 1701 die wiederaufgebaute Stadt. Im Großen Nordischen Krieg wird Rawitsch 1704 bis 1705 von den Truppen Karl XII. von Schweden besetzt. Der König selbst verweilt ein paar Monate in der Stadt. Bis 1733 wird die Stadt dann abwechselnd von den Russen und Sachsen besetzt gehalten. Von 1710 bis 1711 wütet die Pest in Rawitsch wobai 60% der Einwohner starben. 1719 erhalten die Rawitscher Juden erhalten einen Freibrief, der ihre Rechte und Steuern regelt. Es gibt 12 jüdische Familien in der Stadt. 1728 errichten sie ein kleines Bethaus. 1739 gibt es schon 35 jüdische Familien in Rawitsch, 1755 wird der erste Rabbi, Menachem Mendel Gradenwitz, angestellt. Von 1753 bis 1756 wird das neue Rathaus erbaut. Bauer Wittke (Friedericistraße), Bauer Hoffmann (Sierakowo) und viele Andere, fahren ohne Lohn Baumaterial an. 1783 erhält es als erstes Gebäude in Polen einen Blitzableiter. Ab 1760 wird die Stadt wohlhabend durch die Expansion der Tuchweberei. Es gibt in der Stadt 1107 in Zünften organisierte Meister, die 83 verschiedene Berufe vertreten. Rawitsch hat damals 74 Windmühlen, zwei Brauereien, drei Färbereien und eine Schnapsbrennerei. Die erste Synagoge entsteht 1783.

Die erste preußische und die napoleonische Zeit (1793–1815)

Als Folge der Zweiten Teilung Polens kommt Rawitsch zu Preußen. Am 17. Oktober 1793 wird die Stadt von König Friedrich Wilhelm II. besichtigt. Zwei große Brände verheeren 1794 und 1801 die Stadt, welche zu dieser Zeit nach Posen die zweitgrößte Stadt der Provinz war. 1797 gibt es 198 jüdische Familien in der Stadt, vor allem Kaufleute, Schneider, Handwerker und Viehhändler. Als Folge des Tilsiter Friedens 1807 kommt die Stadt zum Herzogtum Warschau. Die Tuchproduktion wächst, man baut die Stadt noch einmal auf. Rawitsch ist 1812 Hauptquartier eines Teils der Grande Armée Napoléon Bonaparte unter dem Befehl seines Bruders Jérôme Bonaparte. Gemäß den Beschlüssen des Wiener Kongresses kommt die Stadt 1815 zu Preußen zurück und wird Teil der Provinz Posen.

Zweite preußische Zeit (1815–1918)

Die preußischen Behörden erbauen 1827 das Gefängnis von Rawitsch. Um 1830 bilden die Deutschen (vor allem Schlesier) bilden die Mehrheit der Stadtbevölkerung. Nach 1831 verliert durch die russischen Schutzzölle die Rawitscher Tuchmacherei ihre Bedeutung. Viele Weber ziehen nach Kongresspolen, vor allem nach Zgierz und Łódź. 1835 sind von insgesamt etwa 3.100 Einwohnern von Rawitsch ungefähr 50 % Juden (301 Familien, 1574 Personen). Von 1843 bis 1845 blüht die Tuchproduktion zum letzten Mal auf durch Aufträge der preußischen Armee. Danach bekommt die Stadt einen überwiegend landwirtschaftlichen Charakter, mit einigen Einschlägen von Kleinindustrie, einer Tabak- und Zigarrenfabrik, die um 1840 entsteht und wegen ihrer guten Waren gerühmt wird. Nach Posen bekommt Rawitsch 1857 als zweite Stadt der Provinz ein Gaswerk. Durch die Preußische Verwaltungsreform von 1886 wird die Stadt ab Oktober 1887 der Sitz des aus der Südhälfte des Kreises Kröben der Kreises Rawitsch mit 48.000 Einwohnern und der größten Bevölkerungsdichte der Provinz Posen. Um 1890 wird der Ort zu einem bedeutenden Industriezentrum der Provinz: Es besitzt Tabakwaren-, Maschinen-, Möbel-, Waagen-, Bürsten-, Papierfabriken, Brauereien und Sägemühlen. Die neue Synagoge wird 1889 errichtet (zerstört um 1941). 1891 werden erste Wasserleitungen gelegt, 1911 bekommt die Stadt eine Kanalisation. Die Liegnitz-Rawitscher Eisenbahn-Gesellschaft hatte in der Stadt ihren Sitz. Ab 1900 wandern die Juden ins Innere des Deutschen Reiches ab, so daß es 1905 bei etwa 9.000 Einwohnern nur noch 363 Juden gibt.

In der Zweiten Polnischen Republik (1920–1939)

Die Kämpfe 1918–1920 zwischen den großpolnischen Aufständischen gegen die preußische Herrschaft und deutsche Freikorps, die von Niederschlesien aus eingreifen, dauern am längsten im Rawitscher Land. Der Kreis Rawitsch kommt erst am 17. Januar 1920 endgültig zu Polen. Ab 1921 verlassen viele Deutsche und Juden die Stadt. 1928 gibt es noch 35 Juden in Rawitsch. Die Stadt ist aber immer noch multinational und multireligiös, alle christlichen Konfessionen sind hier vertreten. Die Struktur der Wirtschaft in der Stadt verändert sich um 1925. Durch den land- und forstwirtschaftlichen Charakter der Region entsteht in Rawitsch eine bedeutende Lebensmittelindustrie: Zuckerfabriken, große Schnaps- und Likörbrennereien, die Wurstfabriken von Scholz, deren Produkte in ganz Polen berühmt sind, erste Wellpappe-Fabrik in Polen. Weiterhin kommt es zur weiteren Entwicklung des Schulwesens in der Stadt. 1925 wird die Rawitscher Kadettenanstalt gegründet, außerdem hat die Stadt ein Lehrerseminar und zwei Gymnasien. Gleichzeitig, nach dem Piłsudski-Maiputsch vom Mai 1926, wird das alte preußische Gefängnis zu einer der schwersten Strafanstalten in Polen, wo vor allem Regimegegner einsitzen. 1927 wird das neue Gebäude der Kadettenanstalt eingeweiht (heute: Krankenhaus). Von 1933 bis 1938 verbüßt der Kommunist Bolesław Bierut, nach 1945 polnischer Staatspräsident von Stalins Gnaden, hier eine Gefängnisstrafe, die ihn vor den Stalinschen Säuberungen rettet. Am 1. September 1939 nimmt eine Kompanie der Wehrmacht die Stadt ein, setzt die polnischen Behörden ab und eine provisorische deutsche Verwaltung ein, muss sich jedoch nach zwei Tagen zurückziehen und kommt am 5. September zurück.

Im Zweiten Weltkrieg

Ab 1940 werden die in der Zwischenkriegszeit zugezogenen Polen aus Rawitsch wieder vertrieben und deutsche Siedlern aus Wolhynien und dem Baltikum angesetzt. Am 22. Januar 1945 überrascht ein unerwarteter Angriff eines Panzerverbands der Roten Armee die deutschen Truppen, die sich aus der Stadt zurückziehen. Im Vorfeld dieses Ereignisses verlassen am 20. Januar viele Deutsche Rawitsch in Richtung Delitzsch in Sachsen. Am Bahnhof wurde der Treck zusammengestellt. Es herrschten etwa -20 °C. Etliche Deutsche, die in der Zwischenkriegszeit polnische Staatsbürger waren, blieben und wurden im Juni/Juli nach Deutschland ausgewiesen.

Nachkriegszeit

Bis 1946 wird die Stadt von der Kommandantur der Sowjetarmee regiert. 15.000 sowjetische Soldaten stehen in Rawitsch. Von 1946 bis 1956 werden im Rawitscher Gefängnis etwa 19.000 politische Häftlinge, Regimegegner und Soldaten der antikommunistischen Heimatarmee inhaftiert, 142 Personen werden dort vom kommunistischen Geheimdienst Urząd Bezpieczeństwa ermordet. Durch die Verstaatlichung der Industrie und Kollektivierung der Landwirtschaft fallen die Erträge dieser Wirtschaftssektoren zurück. Ab 1970 erholt sich die Wirtschaft teilweise durch Reformen. Neue Betriebe entstehen und viele Wohnungssiedlungen (Plattenbauten) werden errichtet. Dies alles wird aber unter Edward Gierek von in Westeuropa geborgtem Geld finanziert. 1973 wird das benachbarte Städtchen Sarnowa (Sarne) mit etwa 2.500 Einwohnern wird eingemeindet. Durch die Polnische Verwaltungsreform von 1975 verliert der Ort seinen Rang als Kreissitz und wird zu einer Stadtgemeinde in der neugebildeten Woiwodschaft Leszno. 1999 wird der Powiat Rawicki wird wiederhergestellt.

Sehenswürdigkeiten

Altes Rathaus von Rawitsch

Stadtteil Sarnowa (deutsch Sarne) (bis 1973 selbständige Stadt)

  • Stadtpfarrkirche St. Andreas, Barock, erbaut 1718, Turm errichtet 1769;
  • Ehemaliges Rathaus, Klassizismus, errichtet 1837.

Schulwesen

Rawitsch hat drei Obergymnasien, ein Technisches Obergymnasium und fünf Grundschulen.

Sport

Sportvereine
  • RKS Kolejarz Rawicz
  • Rawickie Stowarzyszenie Cyklistów BIKE
  • KP Rawia Rawicz
  • RKKS Rawia Rawicz
  • Korona Rawbud Rawicz
  • RKS Pavart – speedrower
  • UPKS Wodnik Rawicz - Schwimmen
  • UKS Olimp Rawicz
  • MUKS Kadet Rawicz - Leichtsthletik

Städtepartnerschaft

Wirtschaft

Bedeutend ist die Metallindustrie mit den Betrieben GAZOMET, der Eisengießerei, DBP Ltd., Ferrpol KTM, das Waggonwerk RAWAG; sowie im Ortsteil Sarne die Maschinenfabrik POLMECH. In der Stadt sind 717 größere und etwa 1500 Ein-Mann-Unternehmen registriert.

Verkehr

Rawitsch liegt an der Eisenbahnstrecke (PKP Kurs 330) von Posen nach Breslau. Es bestehen tägliche direkte Zugverbindungen nach Danzig, Gdingen, Stettin, Kolberg, Allenstein, Przemyśl und Krakau. Nicht täglich hingegen verkehren Züge nach Białystok, Rzeszów, Schreiberhau, Stolpmünde, Swinemünde und Suwalken.

Buslinien verkehren u. a. nach Hirschberg und Krotoschin. Rawitsch befindet sich an der Landstraße (Droga krajowa 5) auf halbem Wege zwischen Posen und Breslau gelegen, welche hier von der DK 36 (Lubin-Ostrowo) gekreuzt wird.

Söhne und Töchter der Stadt

Gemeinde Rawicz

Die Stadt- und Landgemeinde Rawitsch umfasst 26 Ortschaften von überwiegend dörflichem Charakter, in welchen 7.939 Personen wohnen (3899 Männer, 4040 Frauen).

Name deutscher Name
(1815–1920)
deutscher Name
(1939–1945)
Dąbrówka Dombrowka Konarzewo
1906–1920 Eichenbronn
Eichenbronn
Dębno Polskie Damme Damme
Folwark Vorwerke Vorwerke
Izbice Izbice Stuben
Kąty Lindenhof Lindenhof
Konarzewo Konarzewo Zerbonisruh
Krasnolipka Krasnolipka Linden
Krystynki Christiänchen Christiänchen
Łąkta Lonkta Wiesenfurt
Łaszczyn Laszczyn Gutfeld
Masłowo Massel Massel
Rawicz Rawicz
1887–1920 Rawitsch
Rawitsch
Sarnówka Sarnowko Sarnchen
Sierakowo Wilhelmsgrund Wilhelmsgrund
Sikorzyn Sikorzyn
1906–1920 Wiesenbach
Wiesenbach
Słupia Kapitulna Slupia 1939–1943 Langenfeld
1943–1945 Langenreihe
Stwolno Stwolno Stolau
Szymanowo Szymanowo
1906–1920 Friedrichsweiler
Friedrichsweiler
Ugoda Ugoda Heide
Warszewo Weidenhof Weidenhof
Wydawy Wydawy Außenfelde
Załęcze Königsdorf Königsdorf
Zawady Zawady Weidhofen
Zielona Wieś Gründorf Gründorf
Żołędnica Zolendnice Eichelhof
Żylice Zylice
1906–1920 Schlitze
Schlitze

Verweise

Literatur

Weblinks

 Commons: Rawicz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2010. Główny Urząd Statystyczny (GUS), abgerufen am 23. Juni 2011.
  2. Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2010. Główny Urząd Statystyczny (GUS), abgerufen am 23. Juni 2011.

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