- Ringstraßenstil
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Die Ringstraße rund um die Innere Stadt in Wien ist mit zahlreichen historischen Bauwerken eine der Hauptsehenswürdigkeiten der österreichischen Bundeshauptstadt. Die Gesamtlänge der annähernd kreisförmigen Straße beträgt etwa 5,2 km (den Franz-Josefs-Kai mitgerechnet).
Der Ringstraßenstil als besondere Ausprägung des Historismus war stilbildend für die Architektur der 1860er bis 1890er Jahre.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Vorgeschichte
Ab dem 13. Jahrhundert umgab die Wiener Stadtmauer die Stadt. In Folge der ersten Türkenbelagerung 1529 wurde diese Wehranlage noch weiter ausgebaut und verstärkt und außen ein rund 500 Meter breiter Glacisstreifen angelegt, der nicht verbaut werden und auch nicht bewachsen sein durfte. Militärisch bewährte sich diese Anlage während der zweiten Türkenbelagerung im Jahr 1683, verlor aber danach an Bedeutung und war ab dem späten 18. Jahrhundert veraltet. 1820 wurde das Äußere Burgtor errichtet. Erst in Folge der Revolution von 1848/49 im Kaisertum Österreich wurden grundsätzliche Änderungen in die Wege geleitet.
1850 wurden die Vorstädte (die heutigen Bezirke II-IX) eingemeindet, so dass die Basteien Wiens vor allem ein Verkehrshindernis darstellten. Das unter Kaiser Joseph II. begrünte Glacis war allerdings als Erholungsraum allseits geschätzt.
Schleifung der Stadtmauer und Anlage der Ringstraße
1857 wurde unter Kaiser Franz Joseph I. schließlich die Schleifung der Stadtmauer, der Stadttore, der Basteien und des Glacis sowie die Anlage eines Boulevards an dieser Stelle angeordnet. In seinem Erlass Es ist Mein Wille[1] verfügte der Kaiser über die genaue Größe und Verwendung für das neu gewonnene Areal sowie einen Wettbewerb für die Pläne.
Da dieser Boulevard von Anfang an als Repräsentationsmeile geplant war, wurde parallel eine „Lastenstraße“ für den Gewerbeverkehr geplant. Diese Lastenstraße ist heute noch eine belebte Durchzugsstraße und im Volksmund als Zweierlinie bekannt. Der Name rührt von den lange Zeit hier verkehrenden Straßenbahnen-Linien 2, zuletzt noch E2, G2 und H2, die 1980 zwischen Karlsplatz und Alser Straße von der U-Bahn-Linie U2 abgelöst wurden.
Nach Kompetenzstreitigkeiten zwischen Regierung und Stadtgemeinde wurde der Stadterweiterungsfonds geschaffen, der von der Regierung (dem Ärar) verwaltet wurde. Er verkaufte die durch den Wegfall des Verteidigungszwecks frei werdenden Grundstücke im ehemaligen Basteien- und Glacisbereich an private Investoren und finanzierte damit die staatlichen Repräsentationsbauten. Nur das Rathaus wurde von der Stadt geplant. Weil die Stadt bei dieser groß angelegten Immobilienoperation leer ausging, vertrat sie aber mit umso größerer Entschiedenheit die Teilerhaltung der vorhandenen Erholungsräume. Bis zur Gegenwart existieren mit Stadtpark, Rathauspark, Volksgarten und Burggarten im Verlauf der Ringstraße vergleichsweise große Grünflächen.
Bauten
Entlang der gesamten Ringstraße wurden zahlreiche sowohl öffentliche wie auch private Bauten errichtet. Adelige und wohlhabende Privatleute beeilten sich repräsentative Palais (Ringstraßenpalais) zu bauen. Diese Architektur war stil- und namensprägend für den Ringstraßenstil der österreich-ungarischen Monarchie.
Eines der ersten Gebäude war der Heinrichshof des Ziegelfabrikanten Heinrich von Drasche-Wartinberg, der, zuletzt kriegsbeschädigt, bis 1954 gegenüber der Wiener Oper stand.
Die meisten der Gebäude entstanden vor 1870. Bemerkenswert sind vor allen die Neue Hofoper (nunmehr Staatsoper) im Stil der Neorenaissance von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll, das Parlamentsgebäude in einem neo-attischen Stil (ein Verweis auf die altathenische Demokratie) und das Palais Epstein von Theophil von Hansen, das Rathaus im Stil der Flämischen Gotik von Friedrich von Schmidt, das Burgtheater von Karl von Hasenauer und Gottfried Semper sowie das neue Universitätsgebäude von Heinrich von Ferstel. Der einzige Sakralbau ist die Votivkirche im neogotischen Stil (von Heinrich von Ferstel), die anlässlich der Errettung des Kaisers Franz Joseph vor einem Attentat im Jahr 1853 gestiftet wurde.
An der Hofburg entstand als Teil eines nie fertig gestellten Kaiserforums ein monumentaler Anbau, die Neue Hofburg, in der heute das Museum für Völkerkunde und die Österreichische Nationalbibliothek untergebracht sind. Weitere realisierte Teile dieses Forums sind das Kunsthistorische Museum und das Naturhistorische Museum. Ursprünglich hätte gegenüber der Neuen Hofburg ein spiegelgleicher Flügel angebaut werden sollen, der an das Naturhistorische Museum anschließen hätte sollen. Der Heldenplatz und der Maria-Theresien-Platz wären somit Teil dieses quer zur Ringstraße angeordneten Kaiserforums geworden. Dieser Plan geriet aus Geldmangel ins Stocken, außerdem war zu Beginn des Ersten Weltkriegs nicht einmal der Innenausbau der "Neuen Burg" abgeschlossen, und die geänderten politischen Verhältnisse nach 1918 ließen ihn obsolet erscheinen.
Der Abschluss der Bautätigkeit am Ring wurde erst 1913 mit der Fertigstellung des Kriegsministeriums erreicht, als der Ringstraßenstil schon ein wenig unmodern geworden war, wie das etwa gleichzeitig von Otto Wagner im Jugendstil gebaute Postsparkassengebäude zeigt.
Die größte Katastrophe war der Brand des Ringtheaters 1881, der mehrere hundert Todesopfer forderte.
Unterteilung
Die Ringstraße gliedert sich in (im Uhrzeigersinn bzw. Fahrtrichtung):
- Stubenring von Urania bis Dr.-Karl-Lueger-Platz
- Parkring von Dr.-Karl-Lueger-Platz bis Johannesgasse
- Schubertring (ehemals Kolowrat Ring) von Johannesgasse bis Schwarzenbergplatz
- Kärntner Ring von Schwarzenbergplatz bis Kärntner Straße
- Opernring von Kärntner Straße bis Eschenbachgasse
- Burgring von Eschenbachgasse bis Bellariastraße
- Dr.-Karl-Renner-Ring (ehemals Franzensring) von Bellariastraße bis Stadiongasse
- Dr.-Karl-Lueger-Ring (ehemals Franzensring) von Stadiongasse bis Schottengasse
- Schottenring von Schottengasse bis Franz-Josefs-Kai
Gelegentlich wird auch der Franz-Josefs-Kai zur Ringstraße dazugezählt, streng genommen ist er aber kein Teil davon.
Bauwerke
Die bedeutendsten Gebäude der Ringstraße sind:
- Universität (im Neorenaissance-Stil erbaut)
- Votivkirche (Neugotik)
- Wiener Rathaus (Neugotik)
- Naturhistorisches und Kunsthistorisches Museum Wien (Neorenaissance)
- Parlament (Neoklassizistisch)
- Neue Burg (Neobarock)
- Burgtheater (Neobarock)
- Wiener Staatsoper (Neorenaissance)
- Wiener Musikverein (Neoklassizistisch)
- ehem. Kriegsministerium (Neobarock)
- Börse (Neorenaissance)
- Ringstraßenpalais
Neue Burg am Heldenplatz
Äußeres Burgtor, Ringstraßenseite
Einzelnachweise
- ↑ s:de:Die Erweiterung der Stadt Wien – Wikisource
Film
- Alfred Vendl, Otto Schwarz: Hinter den Fassaden. Die Geheimnisse der Wiener Ringstraße. (Dokumentation mit Maximilian Schell als Sprecher). At, 50 Min., 2004.
Literatur
- Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche. (Band I - XI). Steiner Franz Verlag, Wien 1998, ISBN 978-3-515-02482-2
- Barbara Dmytrasz. Die Ringstrasse. Amalthea, Wien 2008, ISBN 978-3-85002-588-1.
- Otto Schwarz: Hinter den Fassaden der Ringstrasse. Amalthea, Wien 2007, ISBN 978-3-85002-589-8
- Markus Kristan: Die Architektur der Wiener Ringstrasse 1860-1900. Album Verlag für Photographie, 2003, ISBN 978-3-85164-130-1
- Janos Kalmar, Andreas Lehne: Die Wiener Ringstraße. Pichler Verlag, Wien 1999, ISBN 978-3-85058-167-7
- Marianne Bernhard: Zeitwende im Kaiserreich. Die Wiener Ringstrasse. Architektur und Gesellschaft 1858-1906, ISBN 978-3-7917-1332-8
- Fred Hennings: Die Ringstraße. Symbol einer Epoche. Amalthea Verlag, Wien 1989, ISBN 978-3-85002-077-0
- Peter Müller: Die Ringstrasse auf alten Ansichtskarten, ISBN 978-3-85058-047-2
- Karlheinz Rossbacher: Literatur und Liberalismus. Zur Kultur der Ringstrasse in Wien, ISBN 978-3-224-16011-8
- Elisabeth Lichtenberger: Wirtschaftsfunktion und Sozialstruktur der Wiener Ringstrasse. Boehlau Verlag, Wien 1998, ISBN 978-3-205-08265-1
- Renate Wagner-Rieger, Johanna Fiegl: Die Wiener Ringstrasse. Das Kunstwerk im Bild. Böhlau Verlag, Wien 1997, ISBN 978-3-205-08260-6
- Herbert Schiefer (Fotos), Hans Wanzenböck (Text): Die Ringstrasse: als Wien zur Weltstadt wurde, Herder Verlag, Wien – Freiburg im Breisgau – Basel 1988, ISBN 3-210-24914-8
Weblinks
48.20463888888916.362694444444Koordinaten: 48° 12′ 17″ N, 16° 21′ 46″ O
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