- Theophil von Hansen
-
Theophil Edvard Hansen, ab 1884 in Österreich Freiherr von Hansen (* 13. Juli 1813 in Kopenhagen; † 17. Februar 1891 in Wien) war ein dänisch-österreichischer Baumeister und Architekt des Klassizismus und Historismus.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Theophil Hansen war eines von sechs Kindern des Violinisten und Versicherungsangestellten Rasmus Hansen Braathen (1774-1824) aus Eiker (Buskerud, Norwegen) und der Sophie Elisabeth Jensen aus Nyboder bei Kopenhagen. Sein Bruder war der Architekt Hans Christian Hansen (1803-1883). Mit dem 1756 geborenen, eher römisch inspirierten dänischen Klassizismus-Vorreiter Christian Frederik Hansen waren sie nicht verwandt, lehnten sich jedoch mit ihrem starkem Bezug zu Griechenland an sein Werk an: beide Brüder bauten in Athen, also in Nachbarschaft der originalen Vorbilder auf der Akropolis).
Nach einer Lehrzeit bei Karl Friedrich Schinkel und einem Studium in Wien, zog er 1837 nach Athen, wo er vor allem die byzantinische Baukunst studierte. Hansen hatte begonnen klassizistische Gebäudeentwürfe zu zeichnen, die den Athener Stadtplaner Eduard Schaubert (einem Geschäftspartner seinen Bruders Hans Christian Hansen) überzeugten, ihn für Bauaufgaben zu empfehlen.[1] Die Sternwarte von Athen war sein erster Bauauftrag, es folgten weitere Bauten. Hansen blieb acht Jahre in Athen. Hansens Bauführer in Athen war ab den 1860er Jahren der aus Sachsen stammende Architekt Ernst Ziller, ein Schüler Hansens.
Der griechische-österreichische Bankier Georg Simon von Sina der Hansens Bauten in Athen schätzte, holte ihn nach Wien, um seine dortigen Bauprojekte in "griechischem Stil" umzusetzen. Hansen arbeitete in Wien auch als Assistent von Ludwig Förster, dessen Tochter er geheiratet hatte, welche aber nach gerade einmal halbjähriger Ehe verstarb.[2] [3]
In seinen Anfängen, so beim Arsenal in Wien, noch eher auf einen romantischen Stil ausgerichtet, wurde er später zum herausragendsten Vertreter des an der Renaissance orientierten strengen Historismus (Neorenaissance), von ihm auch Wiener Stil genannt. Dieser Stil erstreckte sich bis in die kleinsten Details der Inneneinrichtung und nahm teilweise die Züge eines Gesamtkunstwerkes an.
Hansen war einer der wichtigsten Architekten der Wiener Ringstraße. Sein bekanntestes Werk ist das Reichsratsgebäude (Parlament), das im Stil eines attischen Tempels erbaut ist und so auf die griechischen Anfänge der Demokratie verweist.
Das von ihm erbaute Gebäude des Wiener Musikvereins verfügt mit dem sogenannten Goldenen Saal über einen der besten Konzertsäle der Welt, dessen vielbewunderte Akustik oftmals noch heute bei Konzertbauten nachgeahmt wird.
Das „k.u.k.-Hofwaffenmuseum“ (heute Heeresgeschichtliches Museum) war der erste als solcher geplante Museumsbau in Wien und wurde unter der Leitung Hansens zwischen 1850 und 1856 erbaut. Hansen zog hier als Vorbild ein historisches Bauwerk heran, nämlich das ab dem Jahr 1104 errichtete Arsenal in Venedig. Er übernahm davon die byzantinischen Stilelemente und setzte noch gotisierende hinzu. Weiters wurde bei diesem Werk die Backsteinbauweise übernommen.
Hansen arbeitete bevorzugt mit dem Bildhauer Vincenz Pilz und dem Maler Carl Rahl zusammen, auch der junge Otto Wagner und Hans Wilhelm Auer waren unter seinen Mitarbeitern.
Im Jahr 1863 wurde Hansen Ehrenbürger der Stadt Wien, 1868 Professor an der Akademie und 1884 in den österreichischen Freiherrenstand erhoben. Er wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt (Gruppe 14A, Nummer 20). 1894 benannte man die Hansenstraße in Wien-Innere Stadt und 1928 die Theophil-Hansen-Gasse in Wien-Liesing nach ihm.
Werke
- Kathedrale Mariä Verkündigung, Athen 1842
- Sternwarte, Athen, 1843-46 (?)
- Universität Athen, 1839-49 (erstes Gebäude der späteren "Athener Trilogie")
- Palais Klein, Brünn, 1847-1848 (gemeinsam mit Ludwig Förster)
- Akademie von Athen, ab 1856
- Griechenkirche zur heiligen Dreifaltigkeit, Wien, 1856-1860 (Umbau)
- Heeresgeschichtliches Museum im Arsenal, Wien, 1856
- Schloss Hernstein, Niederösterreich, 1856-1880
- Krankenhaus der Stadt Patras, 1857
- Evangelische Christuskirche auf dem Matzleinsdorfer Friedhof, Wien, 1858
- Heinrichshof, Wien, 1861-1862 (1954 abgerissen)
- Hotel Grande Bretagne, Athen, 1862 (ex Palais Dimitriou)
- Landeskrankenhaus St. Anna, Brünn, 1864-1868
- Palais Erzherzog Wilhelm (heute Sitz des OPEC Fund), Wien, 1864-1868
- Palais Epstein, Wien 1868-1872
- Palais Ephrussi, Wien 1872/73
- Palais Hansen, Wien 1869 bis 1873 (ab 2012 Kempinski - Hotel)
- Musikverein, Wien, 1867-1870
- Hotel, 1., Schottenring 20–26 (später Amtshaus der Stadt Wien, nunmehr „Palais Hansen“ genannt, Umbau in ein Kempinski-Hotel 2009 angekündigt), Wien, 1870–1873
- Schloss Rappoltenkirchen (Umbau), Sieghartskirchen, Niederösterreich, 1870-1874
- Akademie der Bildenden Künste, Wien, 1871-1876
- Vereinshaus, Brünn, 1871-1873 (heute Staatsphilharmonie Brünn)
- Palais Pražák, Brünn, 1872-1874
- Börse Wien, 1874-1877
- Zappeion, Athen, 1874-1888
- Reichsratsgebäude (Parlament), Wien, 1874-1883
- Villa Nadelburg für die Industriellenfamilie Mohr und Hainisch, Lichtenwörth bei Wiener Neustadt, 1880-1882
- Evangelische Schulen, 4., Karlsplatz 14, Wien 1861
- Rudolf-Hof, 9., Hörlgasse 15 (im Auftrag des Vereins zur Erbauung von Familienhäusern für k.k. Beamte, Benennung nach Kronprinz Rudolf), Wien, 1860-1883
- Palais Todesco, 1., Kärntner Straße 51 (Innenausstattung), Wien, 1861–1864
Einzelnachweise
- ↑ Wolf Seidl: Bayern in Griechenland, S. 237 (über Google-Books)
- ↑ Einer anderen Quellen nach, wurde Hansen von Förster nach Wien geholt: [1]
- ↑ http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=arc&datum=18950005&seite=00000020&zoom=2 Der Architekt, 1895, S. 20
Literatur
- George Niemann und Ferdinand von Feldegg: Theophil Hansen und seine Werke. A. Schroll & Co., Wien 1893
- Renate Wagner-Rieger und Mara Reissberger: Theophil von Hansen. (= Die Wiener Ringstraße VIII; Band 4). Steiner, Wiesbaden 1980 ISBN 3-515-02676-2
- Manfred Leithe-Jasper: Hansen, Theophilos Edvard Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 634 f.
- Julius Leisching: Hansen, Theophilos Edvard Freiherr von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 49, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 762–766.
- Hansen Theophil Edvard Frh. von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 181 f. (Direktlinks auf S. 181, S. 182).
- Robert Bachtrögl: Die Nadelburg - Geschichte ab 1747. 224 Seiten, 2010 (Theophil Hansen ab S.77)
Weblinks
Commons: Theophil von Hansen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Theophil von Hansen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Theophil von Hansen. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
- Eintrag über Theophil von Hansen im Lexikon des Niederösterreichischen Landesmuseums
Wikimedia Foundation.