Robert Wurtz

Robert Wurtz

Robert Wurtz [wyrtz] (* 16. Dezember 1941 in Straßburg) ist ein ehemaliger französischer Fußballschiedsrichter, der in den 1970er und 1980er Jahren auch auf internationalem Parkett tätig war. Nach seiner sportlichen Karriere arbeitete er als Fernsehmoderator.

Inhaltsverzeichnis

Sportliche Laufbahn

Der Elsässer hat selbst nie auf höherem Niveau Fußball gespielt, sondern als 20-Jähriger mit der Schiedsrichterei begonnen. Im Mai 1969 pfiff er mit der Begegnung RC Paris-Sedan gegen Olympique Marseille sein erstes Spiel in der Division 1. In der Folge wurde Robert Wurtz fünf Mal zum „Schiedsrichter des Jahres“ in Frankreich gewählt (1971, 1974, 1975, 1977 und 1978). 1973 und 1976 leitete er jeweils das französische Pokalendspiel, wobei er sich 1973 den Spott beider Mannschaften zuzog, weil er zwei Treffer anerkannte, denen ein offenkundiges Handspiel der Torschützen Bernard Lacombe (Olympique Lyon) und Didier Couécou (FC Nantes) vorausgegangen war. Couécou wurde nach dem Spiel mit den Worten zitiert: „Heute hieß der Schiedsrichter Ray Charles“.[1] Diese Episode tat Robert Wurtz' Karriere jedoch keinen Abbruch: schon 1970 wurde er zunächst als UEFA-, ab Mitte des Jahrzehnts als FIFA-Schiedsrichter eingesetzt. Seine guten Leistungen verhalfen Wurtz schon früh auch zu Einsätzen als Profischiedsrichter: im Sommer 1971 brachte er es auf elf Spielleitungen in der mexikanischen Liga, und im Frühjahr 1974 verpflichtete ihn der brasilianische Verband als Referee für drei Vorbereitungsspiele der Seleção auf die WM in Deutschland (gegen Griechenland, Paraguay und Rumänien).[2]

Er leitete zahlreiche Europapokalbegegnungen, darunter das Finale im Pokalsiegerwettbewerb 1975/76 zwischen RSC Anderlecht und West Ham United sowie das Endspiel im Landesmeisterwettbewerb 1976/77, das der FC Liverpool mit 3:1 gegen Borussia Mönchengladbach gewann.[3] Des Weiteren stand er 1976 im Rückspiel um den Weltpokal, in dem Bayern München bei Cruzeiro Belo Horizonte ein 0:0 zum Titelgewinn reichte, an der Seitenlinie. Diese und seine Auftritte bei der Weltmeisterschaft 1978 – die Vorrundenbegegnung Brasilien gegen Österreich, in der zweiten Runde Argentinien gegen Peru sowie als Linienrichter bei Niederlande gegen Iran –[4] machten ihn weit über Frankreichs Landesgrenzen hinaus bekannt. Bei der Europameisterschaft 1980 kam er als Spielleiter der Begegnung Deutschlands gegen die Niederlande zum Einsatz. 1979 pfiff er das Finale der Südpazifik-Spiele (Tahiti gegen Fidschi) in Suva; im Mai 1984 wurde er mit der Leitung des Finalrückspiels der U-21-Europameisterschaft zwischen England und Spanien betraut. Zur Weltmeisterschaft 1982 allerdings nominierte der französische Fußballverband nicht Wurtz, sondern Michel Vautrot, und vier Jahre später erhielt Joël Quiniou den Vorzug vor dem inzwischen 44-Jährigen.

Robert Wurtz war berühmt für seine theatralische Gestik und seinen nahezu tänzerischen Laufstil, die ihm den Spitznamen „Nijinsky der Trillerpfeife“ eintrugen.[5] Außerdem sprach er während der Begegnungen viel mit Spielern, feuerte sie gelegentlich sogar an. Legendär ist eine Szene aus einem Ligaspiel des Jahres 1989 im Prinzenparkstadion, das von Seiten der Spieler aus dem Ruder zu laufen drohte, wozu auch die permanent in das Spiel hineinrufenden Trainer von Paris Saint-Germain und AJ Auxerre beitrugen. Bei einer Spielunterbrechung lief Wurtz zu Auxerres Trainer Guy Roux an die Seitenlinie, sank kurz bevor er ihn erreichte auf die Knie, hob Roux die wie zum Gebet gefalteten Hände entgegen und forderte ihn auf, diese Unsitte endlich einzustellen. Das Publikum, mehrere Spieler und auch beide Trainer applaudierten ihm dafür und das Spiel beruhigte sich anschließend schlagartig.[6] Sein letztes offizielles Spiel pfiff er im März 1990; allerdings trat er danach noch häufig bei Benefiz- und Jubiläumspartien auf.

Schiedsrichterstatistik

  • in Frankreich zwischen 1962 und 1990 insgesamt 450 Erst-, 100 Zweitliga- und 50 Pokalbegegnungen (darunter zwei Endspiele)
  • international zwischen 1970 und 1987 80 Einsätze, unter anderem auch bei der WM 1978 und der EM 1980 sowie in einem Welt- und zwei Europapokalfinals
  • fünf Mal „Schiedsrichter des Jahres“ in Frankreich (1971, 1974, 1975, 1977 und 1978)

Leben nach der sportlichen Karriere

Der promovierte, seit 1980 verheiratete und im nordelsässischen Climbach lebende Robert Wurtz[2] fungierte ab 1998 als Schiedsrichter bei Intervilles, der französischen Version von Spiel-ohne-Grenzen-Nachfolger Deutschland Champions, die auf verschiedenen Kanälen von France Télévisions (zunächst bei TF1, ab 2004 auf France 2 und ab 2006 auf France 3) ausgestrahlt wurde, sowie bei Intervilles Junior auf dem TV-Sender Gulli. Aufgrund eines Schlaganfalles im Juli 2007 musste er diese Tätigkeit beenden; den Anfall kommentierte er anschließend mit den Worten „Ich bekam die dunkelgelbe Karte gezeigt“.[7] 1990 veröffentlichte er seine Erinnerungen in dem Buch Au cœur du football. 25 ans d’arbitrage.

Anmerkungen

  1. L'Équipe/Gérard Ejnès: Coupe de France. La folle épopée. L'Équipe, Issy-les-Moulineaux 2007 ISBN 978-2-915-53562-4, S. 389; ähnlich Hubert Beaudet: La Coupe de France. Ses vainqueurs, ses surprises. Alan Sutton, Saint-Cyr-sur-Loire 2003 ISBN 2-84253-958-3, S. 113
  2. a b nach http://robertwurtz.site.voila.fr/
  3. UEFA-Endspiele nach http://www.uefa.com/search/index.htmx?q=Robert+Wurtz
  4. WM-Auftritte nach Hardy Grüne: Fußball-WM-Enzyklopädie 1930-2006. AGON, Kassel 20042 ISBN 3-89784-261-0, S. 276-283 und 624
  5. auf Französisch „le Nijinski du sifflet à roulette“
  6. http://www.footcitoyen.org/v2/article.php3?id_article=225
  7. „J'ai reçu un sacré carton jaune. Et même un peu teinté de rouge!“ – http://www.jeanmarcmorandini.com/news.php?id=7054

Weblinks


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