Schweriner Schloß

Schweriner Schloß
Frontansicht des Schweriner Schlosses
Thronsaal des Schweriner Schlosses
Niklot Statue in der Frontfassade
Schweriner Schloss bei Nacht (Uferblick vom Burgsee)

Das Schweriner Schloss liegt auf der Schlossinsel im Stadtzentrum von Schwerin. Es ist Sitz des Landtages des norddeutschen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Es war für lange Zeit Residenz der mecklenburgischen Herzöge und Großherzöge.

Das Schloss ist ein in einem 1000jährigen Prozess historisch gewachsenes Bauwerk, dessen ringförmige Gestalt auf eine Wallanlage einer slawischen Burg zurückgeht, die um das Jahr 965 auf einer kleinen ufernahen Insel im Schweriner See errichtet wurde. Die Umgestaltungsphasen dieses Baukomplexes durch die Jahrhunderte sind ab etwa 1500 durch eine Fülle schriftlicher und bildlicher Zeugnisse umfassend dokumentiert.

Das heutige Schloss, das als Schlüsselwerk für die Gestaltungsweise des romantischen Historismus gilt, entstand durch einen tiefgreifenden Um- und Neubau des alten Schlosses in den Jahren 1845 bis 1857 nach Plänen von vier bedeutenden Architekten: Georg Adolf Demmler, Gottfried Semper, Friedrich August Stüler und Ernst Friedrich Zwirner, wobei unter anderem französische Renaissanceschlösser als Vorbild dienten. So wurden zahlreiche Details vom Schloss Chambord an der Loire übernommen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Schweriner Schlosses

10. Jahrhundert

Der im Jahr 965 von Magdeburg zur Burg Weligrad (Burg Mecklenburg) reisende jüdische Kaufmann aus dem arabischen Andalusien Ibrahim Ibn Jakub berichtete über eine offenbar noch im Bau befindliche Burg in Ufernähe eines Süßwassersees in Aufzeichnungen von 973 über seine ins slawische Gebiet östlich der Unterelbe unternommene Reise. Seine Beschreibung der Inselburg meint wahrscheinlich die obotritische Grenzburg auf der heutigen Schlossinsel. Das Vorhandensein einer solchen Anlage untermauerten Ausgrabungen von Teilen des alten slawischen Burgwalls im Jahre 1987.

12. Jahrhundert

Die Schweriner Burg war im Jahr 1160 im Zusammenhang mit den nach Osten gerichteten Expansionsbestrebungen deutscher Feudalherren das Ziel eines Eroberungsfeldzuges unter Führung Heinrichs des Löwen (1129-1195). Die obotritischen Verteidiger unter dem Wendenfürsten Niklot zerstörten und verließen sie angesichts der feindlichen Übermacht. Doch auch die deutschen Eroberer erkannten die ausgezeichnete strategische Lage und bauten wieder eine Festung auf. Die Stadtgründung Schwerins erfolgte im gleichen Jahr. Sie erlangte besondere Bedeutung durch die Errichtung eines Bischofssitzes in ihren Mauern. 1167 belehnte Heinrich der Löwe seinen Vasallen Gunzelin von Hagen mit ehemals obotritischen Gebieten Niklots Sohn Pribislaw.

14. Jahrhundert

1358 gelangte die Grafschaft durch Kauf in den Besitz der Nachfahren Niklots, die 1348 zu Herzögen von Mecklenburg erhoben worden waren. Ihre Residenz verlagerten sie von der Mikelenburg bei Wismar auf die im Landesinneren liegende Schweriner Burginsel. Als in der Spätgotik die Fürstensitze den gestiegenen Wohnansprüchen und dem wachsenden Repräsentationsbedürfnis angepasst wurden und es zur baulichen Ausbildung des Schlosstyps kam, fand diese Entwicklung auch im Baugeschehen auf der Schweriner Burginsel ihren Niederschlag. Von den damals errichteten Gebäuden steht noch das so genannte Bischofshaus auf der Seeseite.

16. Jahrhundert

Johann Albrecht I. von Mecklenburg

Seinen Fassadenschmuck aus roten Terrakottaplatten erhielt es aber erst, als unter Herzog Johann Albrecht I. (1525-1576) das sich nördlich anschließende Neue Lange Haus von 1553 bis 1555 umgestaltet wurde. Beide Gebäude sind echte Schlossbauten, denn bei ihnen sind zugunsten einer höchsten Wohnansprüchen genügenden Gestaltung jegliche Rücksichten auf etwaige Verteidigungsfunktionen unterblieben. Die Verwendung von Terrakotten in der Bauplastik ist zur Renaissancezeit in Deutschland besonders in der norddeutschen Baukunst der Backsteinrenaissance dominant, so am Fürstenhof in Wismar und am Schloss Gadebusch. Das Material lieferte die Werkstatt des aus Lübeck stammenden Meisters Statius von Düren (erwähnt 1551-1566). Wenige Jahre später veranlasste Herzog Johann Albrecht I. den Neubau der Schlosskapelle. Dieser erste protestantische Kirchenbau Mecklenburgs wurde unter Baumeister Christoph Haubitz (erwähnt 1549-1587) rechtwinklig an das Neue Lange Haus angefügt. Von 1560 bis 1563 entstand der Kapellenraum mit rechteckigem Grundriss und Emporen an den Längs- und Schmalseiten nach dem Vorbild der nur wenige Jahre vorher erbauten Schlosskirchen in Torgau und Dresden. Das in den Formen der venezianischen Frührenaissance gehaltene Sandsteinportal an der Hofseite mit dem Relief der Kreuztragung im Giebelfeld stammt aus der Werkstatt des Dresdner Bildhauers Hans Walther (1526-1600). In die Fensternischen der nördlichen Empore sind Alabasterreliefs mit biblischen Darstellungen eingelassen. Fünf von ihnen schuf der in seiner Zeit sehr bekannte Niederländer Willem van den Broeck (1530-1580), genannt Paludanus. Schwerin besitzt mit der von ihm signierten „Erhöhung der ehernen Schlange“ eine seltene Kostbarkeit. Da das Schloss trotz seiner Insellage zusätzlicher Verteidigungsanlagen bedurfte, sind um die Mitte des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich durch jene italienischen Festungsbaumeister, die unter Francesco a Bornau in Dömitz arbeiteten, die Bastionen im Nordwesten, Südosten und -westen angelegt worden, die später noch mehrfach verändert wurden, sich aber bis heute erhalten haben.

17. Jahrhundert

Der 1612 in mecklenburgische Dienste getretene Baumeister Ghert Evert Piloot (gest. 1629) erarbeitete vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges Pläne für einen vollständigen Neubau des Schweriner Schlosses in den Formen einer niederländisch geprägten Renaissance. Tatsächlich begann man 1617 unter seiner Leitung mit den ersten Arbeiten, musste sie jedoch wegen der kriegerischen Ereignisse bald einstellen. Nach den Plänen Piloots wurden zwischen 1635 und 1643 das Haus über der Schlossküche und das Haus über der Schlosskirche aufgestockt und erhielten Fassaden im Stile der Niederländischen Renaissance.

18. Jahrhundert

In dieser Zeit entstanden vor der Westseite des Kapellenflügels ein Fachwerkbau für die herzogliche Gemäldesammlung und auf der nordöstlichen Bastion der Teepavillon, für dessen Freitreppe der Bildhauer Johann Christoph Lücke (1703-1780) 1742 vier Putten schuf. 1764 verließ der Hof unter der Regierung Herzog Friedrichs des Frommen Schwerin und siedelte in die neu entstehende Residenz Schloss Ludwigslust über.

19. Jahrhundert (erste Hälfte)

Steindruck um 1845
Stahlstich um 1850

Als die Residenz 1837 nach Schwerin zurückverlegt wurde, befanden sich die Schlossgebäude in einem schlechten baulichen Zustand. Außerdem entsprachen die aus verschiedenen Stilepochen stammenden einzelnen Bauten und die ihnen zugeordneten Wirtschaftsgebäude nicht den Vorstellungen des Landesherrn von seiner zukünftigen Residenz. Der Großherzog Paul Friedrich I. (1800-1842) entschloss sich deshalb, am Alten Garten, am Platz des heutigen Museums, einen Schlossneubau errichten zu lassen. Der nach Plänen des Hofbaumeisters Georg Adolph Demmler (1804-1886) begonnene Bau wurde nach wenigen Monaten eingestellt, da der Nachfolger des 1842 plötzlich verstorbenen Großherzogs, der erst 19jährige Friedrich Franz II. (1823-1883), von diesem Neubau Abstand nahm und sich für eine tiefgreifende Umgestaltung der historischen Anlage auf der Schlossinsel entschied.

Dieser Umbau sollte sich nach den Vorstellungen des Großherzogs zunächst auf die gesamte Anlage erstrecken. Später wurde, auf Betreiben Demmlers hin der Beschluss gefasst, die vier historischen Schlossbauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert auf der Seeseite zu schonen. Eine weitere Forderung des Bauherrn war die Ausbildung einer repräsentativen Eingangsfront in der Achse der durch mehrere Neubauten bereits deutlich aufgewerteten, von der Stadt zum Schloss führenden Schlossstraße. Demmler war von der Aufgabe, das Schloss in einem älteren Stil umzugestalten, nicht begeistert. Seine diesbezüglichen Entwürfe im Windsor-Castle-Stil und im Stil Piloots waren auch unzulänglich und wurden abgelehnt. Daher wurde der Dresdner Architekt Gottfried Semper (1803-1879) 1843 mit einem Konkurrenzentwurf beauftragt, der höchstes Lob erntete, aber dennoch nicht angenommen wurde. Parallel dazu fertigte Demmler einen neuen Entwurf an. Nach einer längeren Studienreise, unter anderem nach Frankreich, fertigte Demmler unter Einbeziehung von Ideen des ihn begleitenden Hermann Willebrand einen letzten Entwurf, der Elemente von Sempers Vorschlägen enthielt, aber ein eigenständiges Konzept darstellte. In seiner Grundhaltung war er deutlich an französischen Renaissanceschlössern, insbesondere an Schloss Chambord, orientiert.

Georg Adolf Demmler

Mit dem Umbau des Schweriner Schlosses schuf Demmler sein bedeutendstes Werk. In Berlin 1804 geboren und in Güstrow aufgewachsen, studierte er an der Berliner Bauakademie und erhielt 1823 seine erste Anstellung in Schwerin. Von seinem Berliner Lehrer Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) gefördert, übertrug man ihm 1825/26 die Leitung des in der Schlossstraße zu errichtenden Regierungsgebäudes (heute Staatskanzlei M-V), das im wesentlichen nach seinen Entwürfen entstand. Diesem Auftrag folgten bald weitere, so die Fassadengestaltung am Altstädtischen Rathaus, der Neubau von Arsenal und Marstall und städtebauliche Planungen, denn Schwerin wuchs in jenen Jahren rasch über seine noch mittelalterlichen Grenzen hinaus.

Demmler leitete den Schlossbau einschließlich dem Neubau der Schlossbrücke vom Beginn der Abbrucharbeiten 1843 bis zum Jahresbeginn 1851. In dieser Zeit bemühte sich der Baumeister auch, soziale Härten für die vielen am Schlossbau beschäftigten Arbeiter durch die Gründung einer Unfall- und Krankenkasse zu mildern, und mehrfach setzte er sich für eine gerechte Entlohnung der Beschäftigten ein. Sein Engagement in der bürgerlich-demokratischen Bewegung 1848/49 und sein Kampf um den Erhalt der errungenen Verfassung nutzten konservative Kreise des Hofes aus und setzten schließlich 1851 seine Entlassung aus dem Staatsdienst durch. Demmler erhielt keine öffentlichen Aufträge mehr und beschäftigte sich in der Folgezeit vor allem mit städtebaulichen und -planerischen Vorhaben, die zu seinen Lebzeiten allerdings nicht verwirklicht wurden. In den Jahren 1877/78 vertrat er als ein der Sozialdemokratie nahestehender Abgeordneter einen sächsischen Wahlkreis im Reichstag. 1886 starb er in Schwerin. Sein von ihm selbst entworfenes Mausoleum auf dem Alten Friedhof Schwerin steckt voller Freimaurersymbolik und ist einzigartig in der Welt.

19. Jahrhundert (zweite Hälfte)

Grundriss des Schlosses mit Burggarten nach Ende der Bauarbeiten
Das Schweriner Schloss im Jahr 1887

Demmlers Nachfolge als Leiter des Schlossbaus übernahm der Berliner Baumeister Stüler. Er veränderte den Entwurf seines Vorgängers an der stadtseitigen Front entscheidend, indem er die Fassade durch plastische Elemente und um das große Niklot-Reiterstandbild bereicherte. Als krönenden Abschluss setzte er an die Stelle der von Demmler gedachten Laterne eine monumentale Prunkkuppel. Bei einigen innenarchitektonischen Entwürfen versicherte er sich der Mitarbeit von Heinrich Strack (1805-1880) aus Berlin. Schweriner und Berliner Werkstätten lieferten die meisten Teile des plastischen Schmucks und der Innenausstattung. Als Bildhauer sind insbesondere zu nennen: Christian Genschow, Gustav Willgohs, Heinrich Petters und Georg Wiese, Entwürfe lieferte auch Albert Wolff. Die festliche Einweihung des Schlosses fand im Mai 1857 statt. Eigens zu diesem Anlass hatte der Komponist Friedrich von Flotow (1821-1883) seine Oper Johann Albrecht geschaffen.

20. Jahrhundert

Photochromdruck um 1890-1905

Im Dezember 1913 zerstörte ein verheerender Brand etwa ein Drittel des Baues. Der Burgseeflügel brannte bis auf die Grundmauern, der nach Süden liegende Schlossgartenflügel in den Obergeschossen aus. Der prunkvolle Goldene Saal und das reich gestaltete Haupttreppenhaus wurden völlig zerstört. Letzteres wurde 1926 — 1931 durch die Rote Marmortreppe nach einem Entwurf von Paul Ehmig ersetzt.

Als der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin 1918 infolge der Ereignisse der Novemberrevolution abdankte, war erst die äußere Wiederherstellung des Schlosses beendet. 1919 ging das Schloss in den Besitz des Staates über, ab 1921 wurden historische Räume der Öffentlichkeit als Schlossmuseum zugänglich gemacht. Nach Entwürfen des Architekten Friedrich Schmidt entstand 1948 im Burgseeflügel der Plenarsaal mit den entsprechenden Nebenräumen für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Von 1952 bis 1981 nutzte eine Pädagogische Schule zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen den größten Teil des Schlosses. Das Museum für Ur- und Frühgeschichte war bis 1993 im Burgseeflügel etabliert. Ein polytechnisches Museum existierte von 1961 bis 1994 in der Orangerieanlage. 1974 setzte mit der beginnenden Restaurierung wertvoller Innenräume die erneute Nutzung des Schweriner Schlosses als Kunstmuseum ein.

Seit Herbst 1990 hat der Landtag Mecklenburg-Vorpommern wiederum seinen Sitz im Schloss Schwerin. Der als Museum genutzte Teil gehört zum Staatlichen Museum Schwerin.

21. Jahrhundert

Seit 2007 ist das Schweriner Schloss auf einer Sonderprägung der deutschen 2-Euro-Münze zu sehen, da 2006/2007 Mecklenburg-Vorpommern den Bundesratsvorsitz innehatte.

Sagenfigur Petermännchen

Petermännchenfigur von Heinrich Petters in der Hoffassade vom Schloss

Das Petermännchen ist der Geist des Schweriner Schlosses, der nach mehreren Sagen eine seiner Wirkungsstätten in den Kellergewölben des Schweriner Wahrzeichens hatte. Die Gewölbe waren laut einer Überlieferung durch Gänge mit dem Petersberg in Pinnow verbunden, wo der gutmütige Kobold mit finsterem Gesichtsausdruck als Schmied arbeitete. In anderen Versionen überwindet die Figur den Weg von Pinnow bis zum Schloss auf dem See- oder gar dem Luftweg.[1] Auch der Schlafplatz wird je nach Version an verschiedenen Stellen vermutet. Die zwergenförmige Figur, die mit Laterne, Schwert und Schlüsselbund ausgerüstet war, soll Diebe und Eindringlinge mit Plagen, Späßen und nächtlichem Poltern bestraft und in die Flucht getrieben haben, während sie ehrliche Menschen belohnte. Außerdem weckte der Kobold eingeschlafene Soldaten, die zur Nachtwache eingeteilt waren. Das Petermännchen soll unter anderem Wallenstein, den Kaiser Ferdinand II. während des Dreißigjährigen Krieges 1628 mit dem Herzogtum Mecklenburg belehnte, während seiner ersten Nacht im Schloss Schwerin so arg gepiesackt haben, dass der große General am nächsten Morgen vollkommen übernächtigt wieder abreiste und Schwerin nie wieder betrat. Stattdessen war während der Herrschaft Wallensteins Güstrow Residenzstadt.

Bei heutigen Veranstaltungen treten als Petermännchen verkleidete Personen als eine Art Maskottchen auf. Ein Petermännchen-Museum auf dem Schweriner Markt zeigt die Geschichte zur Sagenfigur.

Literatur

  • Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. II. Band: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin. Schwerin 1898, Neudruck Schwerin 1992, S. 601 ff. ISBN 3910179061

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sagen zum Petermännchen - petermaennchenmuseum-schwerin.de

53.62416666666711.4188888888897Koordinaten: 53° 37′ 27″ N, 11° 25′ 8″ O


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