- Teilautonomie
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Als eine Autonomie (von altgriechisch αυτονομία, (αὐτονομία) autonomía = sich selbst Gesetze gebend, Eigengesetzlichkeit, selbständig) bezeichnet man je nach Fachbereich oder Zusammenhang Bestrebungen nach Selbständigkeit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung oder Entscheidungsfreiheit, ein Beispiel für solche Bestrebungen auf dem Gebiet der Politik ist das Recht nationaler Minderheiten, einen Teil ihrer Angelegenheiten selbst zu bestimmen.
Autonomie ist ein rechtlicher, politischer, sozialwissenschaftlicher Begriff, der in vielen Wissenschaften Verwendung findet, wie der Soziologie, in den Politikwissenschaften in der Erziehungswissenschaft, in der Sozialen Arbeit und in der Psychologie und anderen. Soziologisch definiert Max Weber sie auf diese Weise: „Autonomie bedeutet, daß nicht, wie bei Heteronomie, die Ordnung des Verbands durch Außenstehende gesetzt wird, sondern durch Verbandsgenossen kraft dieser ihrer Qualität (gleichviel wie sie im übrigen erfolgt[1]
Autonomie besteht in der Regel im Rahmen eines Systems. Besondere Bedeutung hat sie in der Privat- und Tarifautonomie.
Inhaltsverzeichnis
Politik
Volle Autonomie
Staaten oder Gebiete werden als autonom angesehen, wenn sie sich außenpolitisch von anderen Staaten vertreten lassen, nach innen aber selbständig sind. Dies sind oft Gebiete innerhalb von Staaten, in denen starke Minderheiten leben:
- Autonome Region Kurdistan (Irak)
- Gagausien (zu Moldawien)
- Autonome Republik Nachitschewan (zu Aserbaidschan)
- Karakalpakistan (zu Usbekistan)
- Färöer und Grönland (zu Dänemark)
- viele Republiken der Russischen Föderation (Siehe auch Verwaltungsgliederung Russlands)
- teilweise ehemalige Kolonien, z. B. die des Vereinigten Königreiches und Frankreichs
- Vojvodina und Kosovo (zu Serbien) - wobei sich Kosovo am 17. Februar 2008 unabhängig erklärt hat, was international jedoch bisher umstritten ist
- Republika Srpska und Föderation Bosnien und Herzegowina (zu Bosnien und Herzegowina)
Teilautonomie
Bestimmte Verwaltungseinheiten eines zentralistisch regierten Staates haben gewisse Kompetenzbereiche, in denen sie frei über ihre Belange entscheiden dürfen. Zum Beispiel hat die französische Region Elsass eine Teilautonomie im sonst zentralisierten Bildungswesen. Davon betroffen sind Ausmaß und Gestaltung des Deutschunterrichts sowie bei der Benutzung der deutschen Sprache im Unterricht.
Sonderfall Italien
Der Staat Italien hat in den letzten Jahren einige seiner Kompetenzen an die Regionen durch Devolution übertragen. Diese genießen seither eine gewisse Autonomie. Das Gesundheitswesen und der Tourismus zum Beispiel fallen nun mehr in den regionalen Zuständigkeitsbereich.
Die Inseln Sizilien und Sardinien und die von Minderheiten bewohnten Grenzregionen Friaul-Julisch Venetien, Aostatal und Trentino-Südtirol verfügen über eine von einem Sonderstatut (ein Gesetz in Verfassungsrang) geregelte Autonomie. In Italien werden diese Regionen als autonome Regionen bezeichnet. In der Tat geht vor allem die finanzielle Autonomie weiter als die etwa der deutschsprachigen Bundesländer, da 60 bis sogar 100 Prozent aller Steuern den genannten Regionen zustehen. (Siehe auch Südtirol-Paket)
Sonderfall Spanien
Nach 1978 entstanden in Spanien 17 Autonome Regionen. Die Verfassung garantiert den Regionen ausdrücklich ihre Autonomie. Sie stellt aber für die jeweiligen Autonomiestatute nur einen flexiblen Rahmen dar, der für jede Region individuell eine weitergehende oder engere Autonomie ermöglicht. Das Baskenland, Navarra und Katalonien, mit dem Autonomiestatut von Katalonien, nehmen daher eine Sonderstellung ein. Die drei Regionen haben ihren eigenen Polizeikörper, die Ertzaintza im Baskenland, die Policía Foral in Navarra und die Mossos d’Esquadra in Katalonien. Diese besondere Rolle ist vor allem auf die jeweilige Geschichte zurückzuführen, die jahrhundertelang von Bevormundung und Unterdrückung durch die Zentralregierung in Madrid geprägt war.
Eingeschränkte Autonomie
Eine Verwaltungseinheit oder ein Bundesstaat eines Staates, kann in bestimmten Kompetenzbereichen vollständig unabhängig über seine eigenen Belange entscheiden. Zum Beispiel haben die Kantone der Schweiz Entscheidungsfreiheit in allen Bereichen, die nicht ausdrücklich an die Eidgenossenschaft delegiert wurden und solange die Entscheidungen nicht der Bundesverfassung widersprechen. Hierunter fallen Teile des Bildungswesens, der inneren Sicherheit, des Sozialwesens und des Gesundheitswesens.
Autonomie als Protest
Der Begriff „Autonomie“ zur Kennzeichnung einer politischen oder kulturellen Protesthaltung kam in den 70er Jahren auf, ausgehend von der italienischen Bewegung Autonomia Operaia. In den USA gab es jedoch schon in den 40er Jahren literarische Protestbewegungen gegen die politischen und moralischen Ansichten der Mittelschicht. Gemeint war, den herrschenden Werten und Regeln in Form einer „zweiten Gesellschaft“ entgegenzutreten, und diese gegen die Mehrheitsgesellschaft durchzusetzen.
Konflikte mit dem staatlichen Gewaltmonopol, die sich aus diesem Konzept ergaben, führten zur Militarisierung von Teilen der Protestbewegung, die in Deutschland seit den frühen 80er Jahren als „Autonome“ bekannt wurden.
Autonomie in der Psychologie
Die Psychologie betrachtet das Spannungsverhältnis zwischen Fremdbestimmung (Heteronomie) und Selbstbestimmung (Autonomie), während die Entwicklungspsychologie die Entwicklung des Kindes thematisiert, das eine „frühe Bindung“ (L. Ahnert: Frühe Bindung, München 2004) zu einer erwachsenen Person zustande bringt, um später zu einer Person zu reifen/zu werden, die autonom Entscheidungen zur eigenen Lebensplanung und zur Gestaltung zu treffen imstande ist.
Für eine sozial eingebundene Person steht eine partielle Fremdbestimmung nicht grundsätzlich im Widerspruch zur eigenen Entwicklung. Als Anschauungsbeispiel wird unter anderem das eines Orchesters angeführt, in dem verschiedene Musiker als Teil des Ganzen beitragen. Eine ausgeprägte Selbstbestimmung kann sogar Probleme bereiten, wenn sie aus sozialer Perspektive als soziale Isolation betrachtet wird.[2]
Autonomie als zentrales Ziel der Erziehung
Erziehung und Sozialisation haben, wenn sich Erziehung legitimieren muss, vor allem das Ziel, das Kind/den Jugendlichen letztendlich von den Erziehenden zu emanzipieren (Psychologie), sodass ein Leben in Unabhängigkeit und Freiheit möglich ist. Das Ziel muss nicht zwangsläufig gelingen. Der Erziehungsprozess kann so strukturiert sein, dass er das Ziel (weitgehend) verfehlt.
- Mangelnde Autonomie eines jungen Erwachsenen kann auf einem Beziehungsproblem mit den Erziehenden beruhen.
- Es kann auch am situativen Kontext liegen, der Autonomie grundsätzlich be- oder verhindert.
- Auch mangelnde Fähigkeiten (des Erzogenen) können dazu führen, dass Autonomie nicht gewollt oder (faktisch) herbeigeführt wird. (Die Abhängigkeit von Erziehenden mag z. B. bequemer sein als eine Selbstständigkeit, die die letzten intellektuellen und emotionalen Reserven fordert.)
Gesellschaftliche und politische Verantwortung kann nur auf der Grundlage von autonomer Handlungsmöglichkeit der Mitglieder einer sozialen Gruppe oder Gemeinschaft gedacht werden.
Aus diesen Gründen entsteht in Erziehungsprozessen fortwährend die Frage, durch welche Erziehungsmethoden die autonome Persönlichkeit gefördert werden kann. Dies muss eine der zentralen Fragestellungen der am Erziehungsprozess beteiligten oder gar verantwortlichen Personen sein.
- Weitgehend besteht Einverständnis darüber, dass in der Erziehung lenkende Methoden ungeeignet sind, wobei der Teufel im Detail liegt: Wie viel Lenkung ist in Erziehungsprozessen notwendig? Wie viel Lenkung darf im Sinne der Autonomie realisiert werden? Wie viel Selbständigkeit (Autonomie) ist z. B. in Gruppen möglich und akzeptabel?
- Andererseits ist auch eindeutig, dass eine extreme Gängelung und Unselbständigkeit in der Erziehung Abhängigkeiten schaffen, die die Entstehung von Autonomie verhindern.
Letztendlich kann Autonomie nur durch denjenigen erarbeitet oder erstritten werden, der sich Autonomie wünscht. Insofern spielt die Eigendynamik des Betroffenen (Entwicklungspsychologie) beim Erreichen der Autonomie die bedeutende Rolle. Ein Kind/ein Jugendlicher, das/der keine Vision von Autonomie hat, wird es schwer haben, sich von Eltern/Erziehenden zu emanzipieren.
Auch der verantwortungsvollste Erzieher hat zur Autonomie des Zöglings ein zwiespältiges Verhältnis, da die faktische Autonomie des Kindes/Jugendlichen emotional als Verlust bewertet werden kann, ganz abgesehen von den Risiken, die sich aus der ersten Zeit der Autonomie für das Kind/den Jugendlichen ergeben.
Autonome Kirchen
Als autonome Kirchen werden in der Orthodoxie Kirchen bezeichnet, die nach innen selbständig sind, während sie nach außen einem Patriarchat unterstehen. Bei der Besetzung eines neuen Kirchenoberhaupts hat das zuständige Patriarchat ein Mitspracherecht. Voll selbständige, unabhängige Kirchen werden demgegenüber als autokephal bezeichnet.
Autonomie in der Technik
Der Begriff der Autonomie findet auch in der Fahrzeugtechnik zunehmend an Bedeutung. Hier bezieht er sich auf selbsttätig fahrende Fahrzeuge. Vor allem im Bereich der Straßenfahrzeuge konnten in den letzten Jahren verstärkte Forschungsaktivitäten beobachtet werden. Diese sind auf eine Kombination aus in aktuellen Fahrzeugen häufig serienmäßiger by-wire Technologie (z.B. eine EPS) und der Förderung dieser Aktivitäten durch Veranstaltungen wie die DARPA Grand Challenge. Das autonome Fahrzeug Stanley hat es aufgrund des Gewinns der Grand Challenge 2005 zu hoher Popularität gebracht.
Literatur
- Thomas Benedikter, Autonomien der Welt - Eine Einführung in die Regionalautonomien der Welt mit vergleichender Analyse, ATHESIA, Bozen 2007
Siehe auch
- Autarkie
- Autokephalie
- Cornelius Castoriadis
- Emanzipation
- Heteronomie
- Politik der ersten Person
- Self-reliance
- Souveränität
Weblink
Einzelnachweise
- ↑ Max Weber in: Wirtschaft und Gesellschaft, Teil 1, Kap. 1, § 12
- ↑ Günter Burkart (Hrsg.): Die Ausweitung der Bekenntniskultur – neue Formen der Selbstthematisierung?. ISBN 3531147595 (http://books.google.com/books?id=myhILq4manQC&pg=PA327&lpg=PA327&dq=selbstbestimmung+fremdbestimmung+einssein&source=web&ots=5WS6sFXfvn&sig=rcTugxN_6Pf2KfzcCO3z2zL-C3c#PPA327,M1 ; Stand: 28. Januar 2008). . Darin: Günter Burkart, Melanie Fröhlich, Marlene Heidel und Vanessa Watkins: Gibt es Virtuosen der Selbstthematisierung?, S. 27.
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