- Wiederbelebungsgerät
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Unter einer Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) oder Kardiopulmonalen Reanimation (CPR), vereinfacht auch oft Wiederbelebung oder Reanimation genannt, versteht man das Durchführen von Maßnahmen, die einen Atem- und Kreislaufstillstand beenden sollen. Dabei lassen sich Basismaßnahmen, die im Rahmen der lebensrettenden Sofortmaßnahmen durchgeführt werden, von erweiterten Maßnahmen unterscheiden. Gelegentlich bezieht sich der Begriff auch nur auf die Basismaßnahmen.
Basismaßnahmen, die sowohl von Laien als auch von professionellen Helfern durchgeführt werden müssen, umfassen das Erkennen des Kreislaufstillstandes, Absetzen eines Notrufes, Freimachen der Atemwege, Beatmung des Patienten und die Durchführung einer Herzdruckmassage bzw. das Anwenden eines automatisierten externen Defibrillators (AED). Das Ziel dieser Maßnahmen ist die Versorgung lebenswichtiger Organe mit Sauerstoff.
Erweiterte Maßnahmen, die von Mitarbeitern des Rettungsdienstes, Notarzt und medizinischem Fachpersonal im Krankenhaus durchgeführt werden, haben zum Ziel, den Kreislaufstillstand zu beenden und eine regelmäßige Herzaktion wiederherzustellen. Dabei kommen die Gabe von Medikamenten, die endotracheale Intubation, die Defibrillation und äußere (transkutane) Herzschrittmacher zum Einsatz.
Die Durchführung der Reanimation wird in wissenschaftlich basierten Richtlinien beschrieben. Aktuell sind die Reanimationsrichtlinien des European Resuscitation Council (ERC) von 2005, die diesem Artikel zu Grunde liegen. Die praktische Umsetzung und Durchführung wird in verschiedenen Ländern, medizinischen Institutionen und Hilfsorganisationen davon abweichen.
Ursachen und Formen des Kreislaufstillstandes
Siehe auch: Kreislaufstillstand
Die häufigste außerklinische Ursache eines Kreislaufstillstand ist in westlichen Industrienationen mit über 82 % der plötzliche Herztod, bedingt durch Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen. Weitere innere Erkrankungen wie Lungenerkrankungen (beispielsweise Lungenembolie), Erkrankungen des Gehirns (beispielsweise Schlaganfall) und andere haben einen Anteil von etwa 9 %. In weiteren 9 % sind äußere Einwirkungen wie Unfall, Ersticken, Vergiftung, Ertrinken, Suizid oder Stromunfall die Ursache des Kreislaufstillstandes.[1]
Besonders für die Maßnahmen der erweiterten Therapie ist die Unterscheidung von hyperdynamen (defibrillierbaren, elektrisch aktiven, hypersystolischen) und hypodynamen (nicht-defibrillierbaren, elektrisch inaktiven, asystolischen) Kreislaufstillständen wichtig. Bei der hyperdynamen Form zeigen Muskel und Erregungsleitungssystem des Herzens eine Aktivität, die jedoch ungeordnet ist. Es findet keine koordinierte Herzarbeit und damit kein wesentlicher Auswurf von Blut in den Kreislauf mehr statt. Pulslose ventrikuläre Tachykardie (ventricular tachycardia, VT), Kammerflattern und Kammerflimmern (ventricular fibrillation, VF) sind mögliche Ursachen dieser Art des Kreislaufstillstandes. Sie geht nach einigen Minuten unweigerlich in die hypodyname Form über, bei der keine elektrische Aktivität mehr nachweisbar ist und die als Asystolie bezeichnet wird. Eine Sonderform ist die elektromechanische Entkoppelung (EMD, PEA), bei der zwar eine geordnete elektrische Aktivität beobachtet wird, diese jedoch keine Auswurfleistung in Form einer Pulswelle mehr bewirkt.[2]
Die Datenlage über die Häufigkeit von Wiederbelebungsmaßnahmen bei Kreislaufstillstand ist unvollständig. Die jährliche Inzidenz der Reanimation bei außerklinischem Kreislaufstillstand mit kardialer Ursache lag in einer schottischen Studie zwischen 50 und 66 pro 100.000 Einwohnern. Die Rate der innerklinischen Fälle variiert von 1,5 (Norwegen) bis 3,5 (England) pro 1000 aufgenommenen Patienten.[3]
Erkennen eines Kreislaufstillstandes
Siehe auch: Diagnostischer Block
Um einen Kreislaufstillstand zu erkennen, werden die Vitalfunktionen Bewusstsein und Atmung des Patienten überprüft. Eine Überprüfung der Kreislauftätigkeit entfällt für Laienhelfer, da bei Atemstillstand meist auch kein Kreislauf vorhanden ist und die Überprüfung für einen Ungeübten nicht sicher durchführbar ist. Unter Beachtung der eigenen Sicherheit prüft der Helfer die Reaktion des Patienten durch Ansprechen und Schütteln an der Schulter. Bei bewusstlosem Patienten wird ein Notruf abgesetzt oder veranlasst. Anschließend wird der Kopf des Patienten durch den lebensrettenden Handgriff überstreckt, d. h. nach hinten geneigt und die Atemtätigkeit geprüft, indem auf das Atemgeräusch gehört wird, die Ausatemluft an der Wange gefühlt wird und die Atembewegungen des Brustkorbes beobachtet werden. Findet sich beim Patienten keine normale Atmung, beginnt der Ersthelfer mit den Basismaßnahmen der Reanimation. Ein atmender Patient wird in die stabile Seitenlage gebracht.[2]
Medizinisches Personal führt die Überprüfung der Vitalfunktionen mit ausführlicheren Maßnahmen durch. Vor der Überprüfung der Atmung wird zusätzlich der Mundraum auf das Vorhandensein von Fremdkörpern oder Erbrochenem inspiziert. Diese werden gegebenenfalls entfernt. Dies kann mit Hilfe der Finger, einer Absaugpumpe oder einer Magill-Zange geschehen. Nach der Überprüfung der Atmung erfolgt zusätzlich eine Kreislaufkontrolle. Dabei wird neben der Beachtung allgemeiner Lebenszeichen von ausgebildetem Personal auch der Carotis-Puls getastet. Beim Eintreffen eines EKG/Defibrillator-Gerätes wird der Herzrhythmus elektrokardiografisch analysiert. Die einzuleitenden Maßnahmen unterscheiden sich nicht wesentlich von der Durchführung durch Laien. Eine Ausnahme ist der Patient, der keine Atmung aufweist, aber einen tastbaren Puls hat; dieser wird initial beatmet, ohne dass eine Herzdruckmassage durchgeführt wird.[2]
Basismaßnahmen der Reanimation
Die Basismaßnahmen, in der internationalen Fachsprache auch als basic life support (BLS) bezeichnet, dienen der Aufrechterhaltung eines minimalen Kreislaufes im Körper des Patienten mittels Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung oder Mund-zu-Nase-Beatmung (siehe Atemspende).[2] Sie sollen die Zeit bis zur Anwendung erweiterter Therapiemaßnahmen überbrücken, ohne dass lebenswichtige Organe des Patienten irreversibel geschädigt werden. Dies betrifft vor allem das Gehirn, welches durch Sauerstoffmangel schon nach wenigen Minuten Schäden nimmt. Der durch die Basismaßnahmen erzielbare Blutfluss entspricht etwa 30 % des gesunden Kreislaufes.
Die Abfolge nach der Feststellung eines Atem-Kreislaufstillstands (siehe oben) lautet wie folgt:
Herzdruckmassage (30x) – Überstreckung des Kopfes und Beatmung (2x)
Die Basismaßnahmen können von einem oder auch zwei Helfern durchgeführt werden. Das Verhältnis von Herzdruckmassage zu Beatmung ist davon unabhängig und wurde in den neuesten Empfehlungen auf 30 Herzdruckmassagen zu 2 Atemspenden geändert. Der Herzdruckmassage kommt ein höherer Stellenwert zu. Sie soll auch allein angewandt werden, wenn eine Beatmung nicht möglich ist. Zunehmend stehen auch an zentraler Stelle in öffentlichen Gebäuden speziell für den Einsatz durch Ersthelfer konzipierte, halbautomatische Defibrillatoren (Automatisierter externer Defibrillator, AED) zur Verfügung. Diese führen den ungeschulten Anwender mit Sprachanweisungen durch die Defibrillation und geben teilweise auch Anweisungen zur Durchführung von Herzdruckmassage und Beatmung.[2]
Zu den Basismaßnahmen zählt auch, mittels eines Notrufes unverzüglich den Rettungsdienst anzufordern. Dieser führt die Basismaßnahmen auf dieselbe Art durch, allerdings mit einigen Ergänzungen, wie dem präkordialen Faustschlag, der nur für professionelle Helfer und nur, wenn dieser das Eintreten des Kreislaufstillstandes direkt beobachtet, empfohlen wird. Zusätzlich stehen technische Hilfsmittel wie beispielsweise Beatmungsbeutel zur Verfügung.
Jeder, der eine reglose Person auffindet, ist verpflichtet, nach bestem Wissen unverzüglich mit lebensrettenden Sofortmaßnahmen zu beginnen, da er sich ansonsten der unterlassenen Hilfeleistung schuldig macht. Ausnahmen sind Körper, welche bereits starke Anzeichen einer Verwesung aufweisen oder Verletzungen, die mit dem Leben unvereinbar sind. Einmal begonnen ist die Herz-Lungen-Wiederbelebung ohne Unterbrechung bis zum Eintreffen von Hilfe fortzuführen, über einen Abbruch der Maßnahmen entscheidet nur ein Arzt. Davon ausgenommen ist eine Unterbrechung der Maßnahmen aus gesundheitlicher Belastung.
Freimachen der Atemwege
verschlossene Atemwege freie Atemwege Atemwege am Kopfschnittmodell, links vor, rechts nach Überstrecken des Kopfes In neutraler Kopfposition fällt beim liegenden Patienten die Zunge in den Rachenraum zurück und verlegt die Atemwege. Um eine Atmung oder Beatmung zu ermöglichen muss daher der Kopf überstreckt werden. Weitere Maßnahmen zur Sicherung der Atemwege werden vom Laien nicht durchgeführt. Besteht der Verdacht, dass Fremdkörper die Atemwege verlegen, wird bei Bewusstlosen mit der Reanimation begonnen. Ist ein Patient mit Fremdkörpern in den Atemwegen noch bei Bewusstsein, wird versucht, diese durch hustenauslösende, kräftige Schläge zwischen die Schulterblätter oder durch wiederholten Druck auf den Oberbauch (Heimlich-Handgriff) zu entfernen. Das letztgenannte Manöver ist zwar umstritten, wird aber in den Leitlinien neuerdings wieder empfohlen.
Der professionelle Helfer führt zusätzliche Maßnahmen wie den Esmarch-Handgriff durch. Im Gegensatz zum Laien stehen ihm in dieser Phase zudem einige Hilfsmittel zur Verfügung. Er kann beispielsweise durch Einlegen eines Guedeltubus verhindern, dass die Zunge zurückfällt.[2]
Herzdruckmassage
Bei der Herzdruckmassage wird das Herz durch Druck auf das Brustbein in Richtung Wirbelsäule gepresst. Dabei erhöht sich der Druck im Brustkorb und Blut wird aus dem Herzen in den Kreislauf ausgeworfen. In der Entlastungsphase füllt sich das Herz erneut mit Blut.
Als vorbereitende Maßnahme wird der Patient flach in Rückenlage auf einer harten Fläche gelagert und sein Brustkorb frei gemacht. Der Druckpunkt befindet sich in der Mitte des Brustkorbes auf dem Brustbein.
Das Brustbein wird 30-mal in Folge kurz und kräftig herunter gedrückt. Die Eindrucktiefe beträgt etwa vier bis fünf Zentimeter. Zwischen zwei Pumpstößen soll der Brustkorb komplett entlastet werden, damit sich das Herz wieder mit Blut füllen kann. Die angestrebte Frequenz der Herzdruckmassage liegt bei gut 100 Kompressionen pro Minute. Die richtige Körperhaltung erleichtert dem Helfer die Arbeit. Er kniet aufrecht neben dem Patienten, seine Schultern befinden sich senkrecht über dem Brustbein des Patienten. Der Helfer drückt rhythmisch mit dem Gewicht seines Oberkörpers, während seine Arme gestreckt und die Ellenbogen durchgedrückt sind.[2]
Beatmung
Siehe auch: Beatmung
Die Beatmung ohne weitere Hilfsmittel erfolgt als Mund-zu-Nase- oder Mund-zu-Mund-Beatmung (siehe Atemspende). Üblich in Deutschland und Europa ist die Mund-zu-Nase-Beatmung, da diese sicherer durchführbar ist. Der Kopf des Betroffenen wird dabei überstreckt. Der Mund muss bei der Mund-zu-Nase-Beatmung, die Nase bei der Mund-zu-Mund-Beatmung verschlossen werden. Das Volumen ist richtig gewählt, wenn sich der Brustkorb sichtbar hebt. Die Beatmungsphase sollte etwa eine Sekunde betragen, die Beatmung wird sofort einmal wiederholt.
Um die Hygiene zu verbessern und eventuell vorhandenen Ekel zu überwinden, gibt es verschiedene Beatmungshilfen wie Beatmungsfolien mit einem Filter und verschiedene Arten von Taschenmasken, deren Einsatz allerdings Übung erfordert. Wenn der Verdacht einer Vergiftung mit Kontaktgiften (beispielsweise Pflanzenschutzmitteln wie Parathion) besteht, sollte auf die Atemspende verzichtet werden.
Mitarbeiter des Rettungsdienstes verwenden zur Beatmung einen Beatmungsbeutel, oft in Verbindung mit einem Guedeltubus oder nach einer Intubation. Die Atemluft lässt sich dabei zusätzlich mit Sauerstoff anreichern, wobei Konzentrationen von fast 100 % erreicht werden können.[2]
Erweiterte Maßnahmen
Ziel der erweiterten Maßnahmen, auch als advanced life support (ALS, Begriff des European Resuscitation Council) oder advanced cardiac life support (ACLS, Bezeichnung der American Heart Association) bezeichnet, ist die Wiederherstellung eines physiologischen Herzrhythmus des Patienten. Dergleichen sind die Atemwegssicherung mittels Intubation, Anlage eines venösen Zuganges, die medikamentöse Basistherapie sowie die Therapie reversibler Ursachen des Kreislaufstillstandes. Bei der Therapie wird zudem, wie bereits beschrieben, zwischen defibrillierbaren und nicht-defibrillierbaren Formen des Kreislaufes unterschieden. Bei einem defibrillierbaren Rhythmus, meist Kammerflimmern, hat die schnelle Anwendung eines Defibrillators oberste Priorität. Auch die Gabe von antiarrhythmischen Medikamenten kommt in Frage.
Der Ablauf der Maßnahmen wird in den Richtlinien des ERC als Algorithmus beschrieben, wodurch eine standardisierte und einheitliche Durchführung ermöglicht wird.[4]
Defibrillation und Schrittmachertherapie
Siehe auch: Defibrillation, Defibrillator
Die Defibrillation ist bei Kammerflimmern, Kammerflattern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie das Mittel der Wahl, bei Asystolie jedoch nicht angezeigt. Bei Defibrillatoren mit monophasischem Impuls wird ein Schock von 360 Joule appliziert, bei solchen mit biphasischem Schockverlauf 100–150 Joule beim ersten, 150–200 bei allen weiteren Schocks. Durch diesen Stromstoß kann die ungeordnete elektrische Aktivität des Herzmuskels durchbrochen und ein Neustart mit regulärem Rhythmus ermöglicht werden. Direkt nach einer jeden Defibrillation wird zunächst mit Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2 für zwei Minuten fortgefahren. Erst dann wird eine erneute Rhythmus- und Pulskontrolle durchgeführt. Bei pulsloser elektrischer Aktivität oder bei Asystolie mit P-Wellen im EKG kann der Einsatz eines transkutanen Schrittmachers erwogen werden.[4][5]
Eine Entwicklung der letzten Jahre ist die zunehmende Verbreitung von automatisierten Defibrillatoren an öffentlichen Plätzen. Diese Automatisierten externen Defibrillatoren (AED) verfügen über eine automatisierte Rhythmuserkennung und ermöglichen mittels akustischer Anleitung auch dem Ersthelfer, eine Defibrillation durchzuführen. Das Gerät diagnostiziert selbstständig das vorliegende Problem und gibt dem Anwender genaue Anweisungen. Ist eine Defibrillation notwendig, braucht der Helfer nur der Ansage folgend den Auslöseknopf zu drücken.[2]
Atemwegssicherung
Die endotracheale Intubation gilt als Goldstandard bei der Atemwegssicherung im Rahmen der Reanimation. Dabei wird ein Tubus durch Mund oder Nase zwischen den Stimmlippen des Kehlkopfes (Larynx) hindurch in die Luftröhre (Trachea) geschoben. Vorteile der Intubation sind Schutz vor Aspiration von Mageninhalt, die Möglichkeit der kontrollierten manuellen oder maschinellen Beatmung sowie die mögliche Medikamentengabe durch den Tubus. Da die endotracheale Intubation einen erhöhten Schwierigkeitsgrad aufweist, sollen laut Richtlinien nur geübte und erfahrene Helfer diese Methode anwenden. Als Alternativen werden der Einsatz von Larynxtubus, Combitubus oder Larynxmaske empfohlen.
Für die Intubation sollte die HLW nicht oder nur kurz unterbrochen werden. Ein Intubationsversuch soll nicht länger als 30 Sekunden dauern, bevor mit der Beutelbeatmung fortgefahren wird. Die korrekte Lage des Tubus muss klinisch (etwa Atemgeräusch über den Lungen) oder durch den Nachweis von CO2 (Kapnometrie) in der ausgeatmeten Luft überprüft werden. Nach erfolgreicher Intubation wird die Herzdruckmassage kontinuierlich, die Beatmung mit einer Frequenz von 10/min fortgeführt.[4]
Medikamente
Die Medikamentengabe erfolgt bevorzugt intravenös, da dieser Zugang schnell und sicher ist. Eine Alternative ist die Gabe über einen intraossären Zugang durch Punktion des Knochenmarks, die oft bei kleinen Kindern angewandt wird. Die Gabe von Medikamenten durch den Tubus (endobronchiale Applikation) ist ebenfalls möglich, wobei aber eine sichere Resorption und ein Anstieg des Plasmaspiegels nicht gewährleistet sind. Eine intrakardiale Gabe direkt in das Herz ist veraltet und wird nicht durchgeführt.
Adrenalin ist das Standardmedikament der Reanimation. Es wird aufgrund seiner α-adrenergen vasokonstriktorischen Eigenschaften gegeben, die zu einer Verengung der peripheren Blutgefäße führen, was die Durchblutung von Herz und Gehirn verbessert.
Die Hoffnungen, die in das ebenfalls gefäßverengende Vasopressin als Alternative zu Adrenalin gesetzt wurden, haben sich nicht erfüllt. Mehrere große randomisierte Studien konnten keinen Überlebensvorteil bei der Gabe von Vasopressin nachweisen.[6] Da die Datenlage insgesamt jedoch als ungenügend bewertet wird, gibt es weder eine Empfehlung für noch gegen die Gabe von Vasopressin.
Bei anhaltendem Kammerflimmern oder Kammertachykardie und dreimaliger erfolgloser Defibrillation wird das Antiarrhythmikum Amiodaron gegeben. Es hat das zuvor übliche Lidocain in den Empfehlungen abgelöst.[7].
Bei einer Asystolie oder einer pulslosen elektrischen Aktivität mit einer Frequenz von weniger als 60/min ist die Gabe von Atropin angezeigt. Dadurch wird eine Blockierung des parasympathischen Nervensystems erreicht (Parasympathikolyse).
Die früher praktizierte „Pufferung“ der Azidose (Übersäuerung) des Kreislaufs im Rahmen eines Kreislaufstillstandes mit Natriumbicarbonat ist routinemäßig nicht mehr gerechtfertigt. Bei schweren Azidosen kann die Gabe von kleinen Dosen erwogen werden. Bei speziellen Rhythmusstörungen kann weiterhin die Gabe von Magnesiumsulfat in Betracht kommen. Für den Einsatz eines Thrombolytikums bei Verdacht auf einen Herzinfarkt liegen nur ungenügende Daten vor; er sollte jedoch bei Verdacht auf Lungenembolie erwogen werden.[4]
Kausale Behandlung
Neben den Reanimationsmaßnahmen, die eine symptomatische Therapie darstellen, muss auch versucht werden, die Ursache des Kreislaufstillstandes zu diagnostizieren und ursächlich zu behandeln (kausale Therapie). Dazu zählt der mögliche Einsatz von Thrombolytika bei einem Herzinfarkt oder einer Lungenembolie, die Behandlung eines akuten Blutverlustes durch Infusionstherapie, weiterhin die Korrektur von Elektrolytstörungen, das Aufwärmen von unterkühlten Patienten, die Verabreichung von Antidota bei Vergiftungen, die Entlastung von Spannungspneumothoraces sowie die Therapie weiterer spezieller Krankheitsbilder wie akuten obstruktiven Atemwegserkrankungen (Asthma-Anfall) oder Anaphylaxien. Die Maßnahmen werden in der Postreanimationsphase (s. u.) fortgesetzt.[4][8]
Besonderheiten bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen; daher gilt es bei der Reanimation einige Besonderheiten zu beachten. Es wird zwischen Säuglingen (bis etwa 12 Monate) und älteren Kindern (ab etwa 12 Monate bis zum Erreichen der Pubertät) unterschieden.
Während bei Erwachsenen Kreislaufstillstände meist kardial bedingt sind, ist bei Säuglingen und Kindern häufig eine Störungen der Atmung ursächlich („sekundärer Herzstillstand“).[9] Aus diesem Grund werden bei Kindern deshalb vor Beginn der Herzdruckmassage zunächst fünf initiale Atemhübe hintereinander gegeben. Als eine weitere Besonderheit wird zur Beatmung speziell bei Säuglingen der Kopf nicht überstreckt, sondern nahezu in der Neutralposition belassen (Schnüffelstellung). Die Beatmung erfolgt wegen der Körpergröße der Patienten bei Neugeborenen und Säuglingen über Mund und Nase gleichzeitig (Mund zu Mund und Nase).
Zur Durchführung der Herzdruckmassage wird bei Kindern nur ein Handballen benutzt. Für Säuglinge verwendet man zwei Finger oder umfasst den Brustkorb mit beiden Händen und drückt ihn mit den Daumen ein (bei Zusammenarbeit von zwei Helfern). Die Drucktiefe sollte etwa 1/3 des Brustkorbumfanges betragen. Die Abfolge nach den fünf initialen Atemhüben beträgt für den Ersthelfer – wie beim Erwachsenen – 30 Herzdruckmassagen zu zwei Beatmungen; für medizinisches Personal gilt ein Druckverhältnis von 15:2, wenn mehrere Helfer anwesend sind.
Prinzipiell erfolgt die Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung wie beim Erwachsenen und wird lediglich dem Körperbau von Kindern und Säuglingen angepasst. Im Zweifelsfall ist nach dem Schema für Erwachsene zu verfahren, da, wie die Richtlinien ausdrücklich betonen, das zeitige Beginnen von Maßnahmen wichtiger ist als eine an das Alter angepasste Durchführung.[10]
Beim Einsatz eines automatischen externen Defibrillators (AED) sollten nach Möglichkeit Kinderelektroden verwendet werden. Erweiterte Maßnahmen verlaufen entsprechend der Durchführung beim Erwachsenen in angepasster Form. Da es bei Kindern oft schwierig ist, einen venösen Zugang zu finden, wird alternativ eine intraossäre Punktion durchgeführt.[10]
Postreanimationsphase
Die Versorgungsphase nach einer erfolgreichen Reanimation (Postreanimationsphase, post-resuscitation care) beginnt mit dem Wiedereinsetzen eines spontanen Kreislaufes (return of spontaneous circulation, ROSC). Sie beinhaltet eine weitere präklinische Stabilisierung, den Transport in ein geeignetes Zentrum sowie eine erweiterte intensivmedizinische Behandlung und Überwachung. Die Maßnahmen in dieser Phase beeinflussen die Prognose signifikant.[4][11]
Im Vordergrund stehen in dieser Phase kausale Therapiemaßnahmen wie z. B. eine Reperfusionstherapie nach Herzinfarkt oder die operative Versorgung von Verletzungen. Daneben erfolgt die symptomatische Behandlung von Atmungs- und Herz-Kreislauffunktion, um eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff, insbesondere des Gehirns, sicherzustellen. Dazu ist unter Umständen eine Beatmungstherapie unter Sedierung, eine Schrittmachertherapie sowie der vielfältige Einsatz von Medikamenten notwendig. Daneben werden weitere wichtige Körperparameter überwacht und Störungen gegebenenfalls behandelt.
Zur Minderung des zerebralen Schadens wird für bewusstlose Erwachsene mit einem überlebten Kammerflimmern eine Abkühlung auf 32–34 °C für 12–24 Stunden empfohlen (therapeutische Hypothermie). Für diese Patientengruppe wird dadurch die Prognose verbessert, während der Nutzen solcher Maßnahmen nach nicht-defibrillierbarem Kreislaufstillstand und bei Kindern von Nutzen sein könnte, jedoch noch nicht nachgewiesen ist.[4]
Prognose
Die Überlebensraten bei einem Kreislaufstillstand hängen von vielen Faktoren ab. Die zugrunde liegende Ursache, Alter und Vorerkrankungen des Betroffenen wie auch der Zeitpunkt bis zur Einleitung von Reanimationsmaßnahmen sind unter anderen für diese Rate entscheidend, weswegen allgemeine Aussagen zur Prognose schwierig sind. Die langfristige Prognose nach einer primär erfolgreichen Reanimation wird von der Grunderkrankung bestimmt.
Von den menschlichen Organen reagieren die Nervenzellen des Gehirns am empfindlichsten auf Sauerstoffmangel. Schon drei bis fünf Minuten nach Beginn des Kreislaufstillstands besteht die Gefahr von bleibenden Hirnschäden. Deshalb sind neben dem Überleben die neurologischen Folgeschäden ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Wiederbelebung. Eine Vielzahl von Patienten, die einen Kreislaufstillstand überlebt haben, trägt solche Schäden davon.
Die Zeit, die bis zum Beginn von Reanimationsmaßnahmen vergeht, ist der wichtigste der die Prognose beeinflussenden Faktoren. Pro Minute, die bis zum Beginn der Herz-Lungen-Wiederbelebung verstreicht, verringert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten um etwa 10 %. So sind bei Herzdruckmassage mit Beatmung und einer Defibrillation innerhalb der ersten drei bis fünf Minuten Überlebensraten von 50–75 % möglich, die danach stark abfallen. Da in den europäischen Ländern die Frist bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes meist bei acht Minuten oder mehr liegt, sind die Maßnahmen von anwesenden Laien für das Überleben des Patienten entscheidend. Ein schneller Notruf, ein schneller Beginn von Basismaßnahmen und erweiterten Maßnahmen, insbesondere der Defibrillation, verdoppeln bis verdreifachen insgesamt die Überlebensquote, bei Erwachsenen wie bei Kindern.[2][12]
Die Ursache des Kreislaufstillstandes ist ein weiterer wichtiger prognostischer Faktor. Während kardiale Ursachen eine Gesamtüberlebensrate von etwa 7 % aufweisen (bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus), liegt diese bei den anderen Ursachen bei nur etwa 2 %.[1]
Eine besonders schlechte Erfolgsquote haben Reanimationen bei Kreislaufstillständen, die durch Traumata verursacht sind. Das Gesamtüberleben liegt hier bei nur 2,2 % (0–3,7 % in verschiedenen Studien). Fast alle Überlebenden dieser Gruppe tragen Hirnschäden davon (> 99 %).[8]
Ethische, rechtliche und psychische Aspekte
- „There remains a widespread divergence of views on ethical aspects of resuscitation with the countries of Europe that are largely unpredictable according to commonly perceived national characteristics. [...] For many ethical questions there can be no clear and correct didactic answers.“[13]
- (In vielen ethischen Aspekten der Reanimation herrscht ein weites Spektrum an Sichtweisen in Europa, die schwer einschätzbar und von nationalen Einflüssen geprägt sind. [...] Für viele ethische Fragen kann es deshalb keine eindeutigen und richtigen Antworten geben.)
Bei einem Kreislaufstillstand stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Sinn von Reanimationsmaßnahmen und deren Abbruch. Diese Entscheidungen werden durch individuelle, international und lokal kulturelle, rechtliche, traditionelle, religiöse, soziale und ökonomische Faktoren beeinflusst.[13] [14] Sie ist neben vielen anderen Fragen Thema der Medizinethik bzw. der Ethik allgemein.
An eine Patientenverfügung, in der die Unterlassung von Wiederbelebungsmaßnahmen formuliert sein kann, ist der behandelnde Arzt zur Berücksichtigung der Patientenautonomie gebunden. Derartige Willensäußerungen eines Patienten werden in der Regel berücksichtigt, wenn die Patientenverfügung bekannt ist und Anweisungen für die tatsächlich eingetretene Situation enthält. Im präklinischen Bereich jedoch ist eine Prüfung unter dem situationsbedingten Zeitdruck oft schwierig bis unmöglich, so dass trotz einer Verfügung eine Reanimation begonnen wird. In der Haltung des medizinischen Personal zu schriftlichen Vorausverfügungen gibt es international erhebliche Abweichungen. Das gleiche gilt auch für gesetzliche Regelungen zur Verbindlichkeit solcher Patientenverfügungen.
Neben dem Beginn von Reanimationsmaßnahmen wird auch deren Beendigung kontrovers diskutiert. Eindeutige Zeichen, die mit einem möglichen Erfolg oder Misserfolg einer Wiederbelebung korrelieren, sind bisher in keiner Studie eindeutig belegt worden. Sind die therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft, dauert eine erfolglose Reanimation lange an oder sind keine Aussichten auf ein akzeptables Überleben gegeben, kann der behandelnde Arzt die Maßnahmen beenden.[15] Allgemeine Entscheidungsregeln zu dieser in den meisten Ländern legalen passiven Sterbehilfe beim Abbruch der Maßnahmen, sowie auch zur Beendigung der Behandlung im persistierenden vegetativen Zustand nach einer Reanimation, kann es nicht geben.
Vor allem in den Ländern des angelsächsischen Sprachraums wird die Entscheidung zur Nicht-Aufnahme oder Beendigung der Wiederbelebung durch nichtärztliches Personal getroffen.[16] Diese Vorgangsweise wird in anderen Ländern strikt abgelehnt.
Sehr unterschiedliche Sichtweisen gibt es bei der Frage der Forschung und Ausbildung an gerade Verstorbenen.[17] Insbesondere im islamisch geprägten Kulturkreis, zunehmend aber auch in westlichen Staaten, insbesondere in den USA, wird dies abgelehnt. Verschiedene Fachgesellschaften sehen die Zukunft der Forschung in diesem Bereich durch die zunehmend striktere Gesetzgebung in vielen Ländern gefährdet.
Das Konzept der Anwesenheit von Angehörigen während der Reanimation entstand in den 1980er Jahren. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass es zur Bewältigung dieses belastenden Ereignisses beitragen kann. Dieses Vorgehen ist in vielen europäischen Ländern dabei, akzeptierte Praxis zu werden.[18][19] Eine wichtige Entwicklung ist die Unterstützung von traumatisierten Angehörigen nach erfolgloser Reanimation durch Kriseninterventionteams.
Auch für Ärzte und Mitarbeiter des Rettungsdienstes stellt eine Reanimation einen psychisch belastenden Einsatz dar. In besonderem Maße betrifft dies die Wiederbelebung von Kindern. Mögliche Folge bei diesen Berufsgruppen ist die Ausbildung von posttraumatischen Belastungsstörungen und Burnout-Syndrom. Parallel zur Krisenintervention bei Angehörigen stehen für die Bewältigung besonders traumatisierender Erfahrungen Methoden für die Helfer zur Verfügung, die Critical Incident Stress Management (CISM) oder Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SbE) genannt werden.
Fachgesellschaften und Richtlinien
Fachgesellschaften wie die American Heart Association (AHA), das European Resuscitation Council (ERC) sowie das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) veröffentlichen regelmäßig gemeinsame Richtlinien zur Durchführung der Reanimation, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen fußen. Aktuell sind die Richtlinien von 2005, die von den Ärztekammern einzelner Länder in verschiedenem Ausmaß übernommen und von Hilfsorganisationen, Krankenhäusern und anderen Institutionen mit Verzögerung und oft mit Unterschieden umgesetzt werden.
In Deutschland haben sich die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) vertretenen Hilfsorganisationen und der „Deutsche Beirat für Erste Hilfe und Wiederbelebung bei der Bundesärztekammer“ im Jahr 2002 auf einen nationalen Konsens geeinigt, der auf der vorhergehenden Version der Reanimationsrichtlinien von 2000 basierte. Im März 2006 veröffentlichte die Bundesärztekammer Eckpunkte für eine Aktualisierung, die auf den ERC-Richtlinien von 2005 basieren.[20] In Österreich und der Schweiz haben sich die ärztlichen Organisationen und die Organisationen, die den Rettungsdienst und die Breitenausbildung in Erster Hilfe durchführen, darauf verständigt, die neuen ERC-Richtlinien anzuwenden.
Um einen wissenschaftlichen Vergleich von Reanimationen weltweit zu ermöglichen, schufen die führenden Verbände Mitte der 90er Jahre mit Festlegung des Utstein-Style-Protokolls einen einheitlichen Datensatz.[21] Zahlreiche Veröffentlichungen zu Reanimationsabläufen orientieren sich daran. In Deutschland baut die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) seit 2003 ein bundesweites Reanimationsregister auf.
Geschichte der Wiederbelebung
Altertum
Schon seit Jahrhunderten wird versucht, Menschen, die keine klaren Lebenszeichen mehr zeigen, wieder ins Leben zurückzurufen. Dabei gab es verschiedene Versuche, leblose Personen durch laute Ansprache, Berührung, Atemspende und Thoraxkompression zu reanimieren.
Von Konfuzius (China, 500 v. Chr.) ist das folgende Zitat überliefert: „Der Retter eines Menschen ist größer als der Bezwinger einer Stadt.“
Der Ursprung der Atemspende ist nicht bekannt, man weiß nur, dass die Methode sehr alt ist. Möglicherweise hatten die Ägypter schon vor etwa 5000 Jahren erste Kenntnisse von Beatmungstechniken, worauf Funde hindeuten.[22] Im 2. Buch der Könige im Alten Testament (etwa 700 v. Chr.) heißt es:
- „Als Elischa in das Haus kam, lag das Kind tot auf seinem Bett. Er ging in das Gemach, schloss die Tür hinter sich und dem Kind und betete zum Herrn. Dann trat er an das Bett und warf sich über das Kind; er legte seinen Mund auf dessen Mund, seine Augen auf dessen Augen, seine Hände auf dessen Hände. Als er sich so über das Kind hinstreckte, kam Wärme in dessen Leib.“[23]
Neuzeit
Lange Zeit bestimmte die Lehre des Galen von Pergamon aus der Zeit der Spätantike die Vorstellungen von den Vorgängen im menschlichen Körper. Erst im 17. Jahrhundert wurde Galens Lehre von William Harveys Entdeckung des Blutkreislaufes abgelöst. Dieser beschrieb zum ersten Mal schlüssig und zusammenhängend den Blutkreislauf und die Aufgabe des Herzens als Druckpumpe. Zuvor hatte bereits Andreas Vesalius Galens Fehler aus der Tieranatomie verbessert.[24] Die Londoner Royal Society demonstrierte 1667 die Beatmung anhand des geöffneten Brustkorbs eines Hundes und die dabei sichtbaren Belüftung der Lunge. An einem Bergmann führte 1744 der Chirurg Tossach erstmals eine erfolgreiche Mund-zu-Mund-Beatmung durch. Man erkannte die Bedeutung der Atmung für die Wiederbelebung, neue Erkenntnisse wurden jedoch nicht konsequent in der Wiederbelebung umgesetzt.
Es gab aus heutiger Sicht kuriose Empfehlungen zur Wiederbelebung, beispielsweise die Empfehlung, warme Luft mit einem Blasebalg oder einer Klistierspritze in die Gedärme zu blasen, oder das Einblasen von Tabakrauch in den Darm. Der spätere Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, Carl August, erließ 1776 die folgende Anweisung zur Wiederbelebung:
- „Hierauf muss man Luft in den Mund blasen, entweder mittels eines Blasebalgs oder, welches besser, auf die Weise, dass ein Mensch, der eine gesunde Lunge hat, seinen Mund auf den Mund des Ertrunkenen einbringt und dazu sich eines abgebrochenen Pfeifenstils oder einer anderen Röhre bedient, bei diesem sowohl des Odems, als auch Tabakrauch aber muss ein anderer mit der einen Hand die Nase des Ertrunkenen zuhalten und mit der anderen über die Brust hin und her streichen und vornehmlich von der Herzgrube nach der Brust reiben und rücken.“[25]
Im 19. Jahrhundert wurde eine Vielzahl verschiedener manueller Verfahren der Atemspende durch direkte oder indirekte Thoraxkompression ausprobiert und beschrieben, wie etwa die Methode nach Silvester, bei der die Beatmung durch aktive Armbewegungen des Patienten praktiziert werden soll.[26]
Auch zur Frage der Herzdruckmassage gab es verschiedene Ansätze. 1904 erschien das Buch „Die Frau als Hausärztin“ von Anne Fischer-Dückelmann, in dem eine Anleitung zur Herzmassage zu finden ist:
- „Indirekte Herzmassage: Das Zwerchfell wird beeinflusst, ebenso das Herz, wenn man mit beiden Handflächen die Eingeweide in die Höhe schiebt und nach links aufwärts drückt, dann plötzlich loslässt. – Dadurch wird das Herz hinauf und hinunter geschoben, durch die Erhebung des Zwerchfelles aber die Brusthöhe zuerst verengt, und, wenn es plötzlich wieder herabsinkt, erweitert. Ist noch ein Funken Leben vorhanden, so sind solche Anregungen wohl imstande, Atmung und Herzschlag wieder in Gang zu bringen. Bei verunglückten Kindern können Frauen diese 'erste Hilfe bei Unglücksfällen' wohl zur Anwendung bringen.“[27]
Entwicklung der modernen Reanimation im 20. Jahrhundert
Anfang der 1960er Jahre führten verschiedene Forschungsergebnisse zur Entwicklung der im Prinzip bis heute gültigen Reanimationstechnik. 1957 gelang es Greene nachzuweisen, dass mit der Ausatemluft des Helfers ein ausreichender Gasaustausch erzielt werden konnte und dass die Mund-zu-Mund-Beatmung den vorher benutzten Beatmungsverfahren überlegen ist.[28] 1960 erkannte man die Effektivität der äußeren Herzdruckmassage, die zuvor nur als Verfahren bei eröffnetem Brustkorb eingesetzt worden war.[29]
Der entscheidende Schritt erfolgte jedoch durch Peter Safar. Der amerikanische Anästhesist und gebürtige Wiener hatte die geringen Erfolge der bisherigen Methoden erkannt und konnte zeigen, dass eine Kombination aus Herzdruckmassage und Beatmung höhere Erfolgsraten aufweist. Dazu erprobte er die Wirksamkeit seiner kardiopulmonalen Reanimation an freiwilligen Kollegen aus seinem Forschungsteam.[30] Aufgrund dieser Forschungsergebnisse, die die Grundlage der modernen Wiederbelebungstechniken bilden, wird Safar oft auch als „Vater der kardiopulmonalen Reanimation“ bezeichnet.
Parallel hierzu war in den 1950er Jahren durch den Ingenieur Hesse und den Arzt Ruben der Beatmungsbeutel erfunden worden.[31] Um die Handhabung des Beutels üben zu können, entwickelten die beiden Erfinder eine Puppe, die damit beatmet werden konnte. Das erste Trainingsgerät wurde dann 1958 an das dänische Rote Kreuz verkauft (Ambu-Phantom). Im Jahre 1960 wurde das Gerät dann um die Funktion der Thoraxkompression und der Mund-zu-Mund-Beatmung ergänzt, so dass das weltweit erste „Übungs-Phantom“ entstanden war. Bei einer Reise nach Norwegen lernte Safar den Spielzeugfabrikanten Asmund Laerdal kennen. Gemeinsam entwickelten Safar und Laerdal die so genannte Resusci-Anne. Mit dieser einfachen Puppe wurde es möglich, auch Laien in der Herz-Lungen-Wiederbelebung auszubilden.
Die ersten Versuche von Elektroschockbehandlung bei Herzrhythmusstörungen wurden schon in den 1940er Jahren unternommen, anfangs mit Wechselstrom.[32] Anfang der 1960er-Jahre ist von dem US-amerikanischen Kardiologen Bernard Lown die Defibrillation und elektrische Kardioversion durch Gleichstrom entwickelt worden.[33] Eine solche Methode war aufgrund des kalten Krieges unabhängig davon schon 1946 in der Sowjetunion beschrieben worden.[34] Die Weiterentwicklung der Defibrillatoren führte in den 1990er Jahren schließlich zu Geräten, die auch zur Anwendung durch den Ersthelfer geeignet sind.
In den letzten Jahren zeichnet sich ein zunehmender Stellenwert der Herzdruckmassage gegenüber der Beatmung ab. Es wurden Reanimationskonzepte entwickelt, bei denen kontinuierliche Herzdruckmassage eingesetzt wird, wie etwa die kardiozerebrale Reanimation (auch 'Continous-Chest-Compression-(CCC)-Resuscitation genannt).[35] Diese erhöhen in einigen Einsatzbereichen möglicherweise die Überlebensrate (SOS-KANTO Study Group).[36] Aufgrund nicht vorliegender Vergleichsdaten mit der Durchführung nach den aktualisierten Richtlinien stehen die Fachgesellschaften dieser Entwicklung abwartend gegenüber.[37]
Literatur
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Einzelnachweise
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- ↑ Stellungnahme des European Resuscitation Council (ERC) bezüglich der „Compression-only CPR Studie“
Weblinks
- European Resuscitation Council
- Bundesweites Reanimationsregister der deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
- Austrian Resuscitation Council Homepage des Austrian Resuscitation Council mit Download der kompletten Guidelines auf deutsch
- Die wichtigsten Neuerungen der Leitlinien 2005 für medizinisches Fachpersonal (Arbeitskreis Notfallmedizin und Rettungswesen der Universität München)
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