- Burg Tannenberg (Seeheim-Jugenheim)
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Burg Tannenberg Burgruine Tannenberg
Alternativname(n): Burg Seeheim Entstehungszeit: vor 1230 Burgentyp: Höhenburg, Gipfelburg Erhaltungszustand: Gebäudefundamente mit Mauer- und Kellerresten, Stumpf des runden Bergfrieds, Teile der Ring- und Zwingermauer Ständische Stellung: Adlige Ort: Seeheim-Jugenheim-Jugenheim Geographische Lage 49° 45′ 23,2″ N, 8° 39′ 24,5″ O49.7564527777788.6568111111111335Koordinaten: 49° 45′ 23,2″ N, 8° 39′ 24,5″ O Höhe: 335 m ü. NHN Die Burg Tannenberg ist eine Burgruine östlich von Jugenheim, in der Gemeinde Seeheim-Jugenheim, im Landkreis Darmstadt-Dieburg in Hessen.
Die Anlage liegt oberhalb von Seeheim auf einem aus dem Stettbacher Tal aufsteigenden Gipfel, dem Tannenberg, der sich geografisch in die erste Hügelkette des Odenwaldes einordnet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Anfänge
Die Burg wurde von Ulrich I. von Münzenberg um 1230 auf Lorscher Boden erbaut, um sein südliches Amtsgebiet (Amt Tannenberg und Seeheim) zu sichern. Dieses Amtsgebiet lag an der Bergstraße in Süd-Hessen. Aus Urkunden ist erkennbar, dass dessen Vater Kuno bereits 1210 mit dem Bau der Burg begonnen hat. Er nannte sich zu der Zeit nicht mehr "von Münzenberg", sondern bereits "von Tannenberg". Es ist aber auch möglich, dass die Burg bereits Anfang des 12. Jahrhundert auf einer noch älteren Befestigung erbaut wurde. Urkundlich wurde sie erstmals im Jahr 1239 als Burg Seeheim erwähnt. Mit dem Tod Ulrichs II. von Hagen-Münzenberg kam die Burg durch die Münzenberger Erbschaft zu 5/6 an Philipp von Falkenstein und danach an seine Tochter Guda, die in zweiter Ehe mit Konrad VI. von Bickenbach verheiratet war. Das restliche Sechstel erhielt Reinhard I. von Hanau. Die Burg bildete den Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft. Sie war durch die Münzenberger Erbschaft zu einer Ganerbenburg geworden, deren Anteile sich im Laufe der Zeit immer weiter aufsplitterten[1]:
- 1290
- 5/12 Philipp von Bickenbach
- 5/12 Gottfried von Bickenbach
- 2/12 Herren von Hanau
- 1333
- 2/12 Hartmud von Kronberg
- 3/12 Klaus von Scharpenstein
- 5/12 von Fleckenstein (Rechtsnachfolger des Gottfried von Bickenbach)
- 2/12 Herren von Hanau
- 1334
- 1/24 Krig von Fetzberg
- 1/24 Familie von Kronberg
- 1/12 Löwe von Steinfurt
- 3/12 Klaus von Scharpenstein, ab 1357: Kämmerer
- 5/12 v. Fleckenstein, ab 1370: Schenken von Erbach
- 2/12 Herren von Hanau; Ulrich III. von Hanau gab dieses Sechstel 1355 als Mitgift für seine Tochter Else an Graf Wilhelm II. von Katzenelnbogen.[2]
- 1377
- 1/24 Krig von Fetzberg
- 1/24 Familie von Kronberg
- 1/12 Löwe von Steinfurt
- 1/12 Johann von Frankenstein
- 1/12 Johann und Heinrich von Thann
- 1/12 Dieter II. Kämmerer
- 5/12 Schenken von Erbach
- 1/12 Eberhard von Katzenelnbogen
- 1/12 Ulrich V. von Hanau
Die Ganerben lebten nicht auf der Burg. Sie war nur mit Burgmannen besetzt.
Die Raubritterburg
Am 29. August 1379 trafen sich auf Burg Tannenberg 18 Ritter, die einen erweiterten Burgfrieden schlossen und sich gegenseitig Schutz zusagten. Zu diesen Mitstreitern zählte unter anderen Graf Wilhelm II. von Katzenelnbogen, der gleichzeitig auch zu den Gründungsmitgliedern des Löwenbundes gehörte, der am 13. Oktober 1379 gegründet wurde. Ebenfalls dazu gehörte Werner Kalb aus Reinheim, der zu dieser Zeit Verwalter von Burg Tannenberg war, als Raubritter in die Geschichtsbücher einging, sowie Johann von Cronberg als 19. Mitstreiter.[3]
Nach heftigen Fehden der Kronberger mit der Stadt Frankfurt (Kronberger Fehde) verlegte Ende des 14. Jahrhundert Hartmut der Jüngere von Kronberg mit 30 Helfern und Knechten seinen Wohnsitz auf die Tannenburg, von der er aber nur 1/8 besaß. Von da an wurde die Burg zu einem gefürchteten Sitz von Raubrittern, von dem aus Überfälle und Plünderungen unternommen wurden.
Die Zerstörung
Einem Bündnis von Erzbischof Johann von Mainz, Pfalzgraf Ruprecht III., Bischof Raban von Speyer, sowie den Städten Worms, Mainz, Friedberg und Gelnhausen hatten Hartmut und sein Bruder Johann nichts entgegenzusetzen. Am 22. Juni 1399 wurde unter der Führung von Graf Philipp von Nassau die Burg belagert. Mit schweren Waffen, darunter fünf Geschützen, setzte man der Burg, die mittlerweile mit 65 Mann besetzt war, stark zu. Jedoch konnte die Besatzung die ersten Angriffe abwehren, da sie schon Handfeuerbüchsen besaß. Die Wende brachte erst das schwere Frankfurter Geschütz. Mit 20 Pferden wurde die rund 3500 kg schwere Steinbüchse gezogen. Rund 40 Kugeln mit je 50 cm Durchmesser und einem Gewicht von 170 kg schlugen Breschen in die Burg. Aber erst als der Bergfried durch eine Pulverexplosion zerstört wurde, gab die Besatzung auf.
Die Burg Tannenberg war damit eine der ersten deutschen Burgen, deren Zerstörung durch Feuerwaffen sehr eindeutig im archäologischen Fundmaterial zu erkennen ist. Sie wurde nicht wieder aufgebaut und diente der Bevölkerung der umliegenden Orte als Steinbruch.
Baubeschreibung
Die Burg Tannenberg war eine kleine ovale Höhenburg mit offenem Zwinger und zylinderförmigem Bergfried. Die günstige Lage am Westrand des Odenwaldes ermöglichte Sichtachsen in das Rheintal, die angrenzenden Täler und zu den nächsten Burgen (Starkenburg, Veste Otzberg). Die Burg war umgeben von einer Wall- und Grabenanlage, der Palas an der gefährdeten Ostseite war durch eine starke Schildmauer geschützt. Im 14. Jh. wurde sie an der West- und Nordseite durch eine Vorburganlage mit Mauer und Turm erweitert, in der Wohn-, Vorrats- und Stallgebäude nachgewiesen wurden. Eine weitere Vorburg an der Ostseite blieb unvollendet. Der Zugang war durch eine Zugbrücke und zwei Toranlagen gesichert. Die Ausstattung der Burg war vergleichsweise sehr komfortabel. Aufgrund der Funde wird deutlich, dass sie mit zu der Zeit seltenen Flachglasfenstern, eleganten gotischen Kachelöfen ("Typ Tannenberg" aus Dieburger Töpfereien) und schmuckvollen Bodenfliesen ausgerüstet war. Die Wasserversorgung war durch eine interne Zisterne mit perfekter Kiesfilteranlage und durch eine externe Quelle sichergestellt. Auf ein - wenigstens zeitweise - ritterliches Leben deuten auch formschöne Gebrauchsgegenstände wie Trinkbecher ("Tannenbergkrug") und Keramik-Kochtöpfe sowie sehr aufwändig geschmückte Pferde-Zaumzeuge hin. Heute sind noch Teile der Ring-, Zwinger- und Vorburgmauern, Gebäudefundamente mit Mauer- und Kellerresten sowie der Stumpf des zylinderförmigen Bergfrieds erhalten. Ein Burgmodell und interessante Funde findet man im Bergsträßer Museum Seeheim-Jugenheim (sonntags 15-17 Uhr).
Seit Jahren versucht ein Verein, die Burgmauern freizulegen und zu sichern sowie die Gesamtanlage in einem besuchenswerten Zustand zu erhalten.
Ausgrabungen der Burg Tannenberg
Die Ausgrabungen 1849 durch Hefner und Wolf und ihre anschließende vorbildliche Publikation gehören zu den Pionierleistungen archäologischer Forschung. Es handelt sich um die früheste Untersuchung einer Archäologie des Mittelalters. Bei Ausgrabungsarbeiten wurde unter anderem die bronzene Tannenberger Handbüchse, eine der ältesten bekannten Handfeuerwaffen der Welt gefunden. Sie befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.
Grabungen im Oktober 2002 im Burghof durch Prof. Dr. Norbert Wand und Studenten der Universität Mainz sowie von Mitgliedern des Heimat- und Verschönerungsvereins Seeheim und des Museumsvereins Seeheim-Jugenheim mit dem Ziel der Freilegung der Reste der Burgkapelle hatten folgende Ergebnisse.
- Grundmauern von Kapelle mit Altarfundament und Nebenraum wurden freigelegt.
Alle Teile wurden bis auf Oberflächenniveau durch vorhandene Natursteine ergänzt, so dass jetzt Mauern und Altarfundament im Rasen erkennbar sind.
- Das Gebäude ist rechteckig und misst ca. 9 x 5 m in Nordost-Südwest-Richtung. Bei dem südlichen Gebäudeteil handelt es sich um die Kapelle St. Johannes der Täufer, der Nebenraum ist nördlich durch eine dünnere Mauer abgetrennt. Türelemente wurden nicht gefunden.
Die Anordnung der Gebäudeteile ist im Burgmodell in der Dauerausstellung „Die mittelalterliche Welt der Burg Tannenberg und der Region um Seeheim-Jugenheim“ im Bergsträßer Museum Seeheim-Jugenheim muss korrigiert werden (Das Modell stammt aus den 1970er Jahren.). Dort ist der nördliche Teil als Kapelle dargestellt.
- Die Grabungen haben außerdem ergeben, dass die Kapelle freistehend im Burghof angeordnet, also auch nicht an die westliche Mauer angebaut, und mit roten Ziegelsteinen (Mönch und Nonne) gedeckt war.
Das ist ein sehr bemerkenswertes Ergebnis und fast ein Alleinstellungsmerkmal der Burg Tannenberg, weil bei Burgkonstruktionen dieser Größe und Bedeutung christliche Andachtsräume fast nie freistehend als Kapelle im recht engen Burghof, sondern meist im Obergeschoss z. B. des Eingangsbauwerks in den Burghof angeordnet waren.
- Die Grabungen haben keine kapellenspezifischen Funde zutage gefördert.
Das ist nicht verwunderlich, wurde dieser Bereich des Burghofs doch im 19. Jh. mit einem Holzpavillon (mit Aussicht in die Seeheimer Rheinebene) überbaut, dessen Betonfundamente 2002 ausgegraben und beseitigt wurden. Das Aussehen dieses Pavillons ist aus eine Skizze des Burghofs aus dem 19. Jh. bekannt.
- Tiefengrabungen unter der Kapelle bis auf den Odenwaldfels (ca. 1,5 bis 2 m) führten Schnitte zutage, die mehrere Brandschichten enthalten (4?). Daraus kann man schließen, dass der Tannenberg schon vor 1210 (mehrfach) bebaut war.
Mutmaßungen gehen soweit, die erste Bebauung der Karolingerzeit zuzuordnen. Dafür spricht, dass zum einen bei den Sicherungsarbeiten des Heimat- und Verschönerungsvereins Seeheim ab 1970 eine Mauer im Burghof freigelegt wurde, deren Konstruktion und Mauertechnik viel älter ist als die übrigen Mauern im Burghof und zum anderen bei Arbeiten zur Freilegung der südlichen Zwingermauer im Jahr 2009 eine kunstvolle Eisenspange gefunden wurde (jetzt restauriert im oben genannten Museum), die von der betreuenden Archäologin Dr, Astrid Schmitt in die Zeit zwischen 7. und 9. Jh. datiert wurde.
- Die Grabungsergebnisse wurden wissenschaftlich und sehr detailliert von Prof. Wand und Studenten der Uni Mainz in zahlreichen Skizzen, Beschreibungen und Vermessungsergebnissen festgehalten. Die Fundstücke wurden dreidimensional zugeordnet, beschriftet und verpackt. Originalskizzen und Funde sind seit dem Tod von Prof. Wand unauffindbar. Die Ergebnisse sind in hessenARCHÄOLOGIE 2003 Theiss, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1912-5, S. 132–135, zusammengefasst.
Literatur und Quellen
- Thomas Biller: Burgen und Schlösser im Odenwald. Ein Führer zu Geschichte und Architektur. Schnell und Steiner, Regensburg 2005, ISBN 3-7954-1711-2, S. 59–62.
- Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen: 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Aufl. Wartberg-Verlag. Gudensberg-Gleichen 2000. ISBN 3-86134-228-6, S. 528f.
- Alois Meixlsperger: Burg und Ruine Tannenberg einst und jetzt. Seeheim 1977.
- Astrid Schmitt: Burg Tannenberg bei Seeheim-Jugenheim/Lkr. Darmstadt-Dieburg. Eine spätmittelalterliche Ganerbenburg im Licht der archäologischen Funde. Habelt, Bonn 2008, ISBN 978-3-7749-3549-5, (Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 151).
- Hefner und Wolf: Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen. Frankfurt 1850.
- Norbert Wand: Die Kapelle St. Johannes der Burg Tannenberg bei Seeheim-Jugenheim. In: hessenARCHÄOLOGIE 2003 Theiss, Stuttgart 2004 ISBN 3-8062-1912-5 S. 132–135.
- Urkunden der Herrschaften Kirchheim und Stauf In: Hessisches Archiv-Dokumentations- und Informations-System, Hessisches Hauptstaatsarchiv, Stand: 3. Januar 2007, Hadis Hessen
Einzelnachweise
- ↑ Angaben nach Astrid Schmitt, S. 22.
- ↑ Hadis Hessen Stand: 3. Januar 2007
- ↑ Arthur Funk: Zur Geschichte des Schlossbergs bei Nieder Modau, Ober-Ramstadt 1985 nach Demandt (Reg, Nr. 1720 und Stamm-Tafeln des Hauses Erbach von Daniel Schneider Frankfurt a. M. 1736, S. 590)
Weblinks
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