Erich Hartmann (Jagdflieger)

Erich Hartmann (Jagdflieger)

Erich Alfred „Bubi“ Hartmann (* 19. April 1922 in Weissach; † 20. September 1993 in Weil im Schönbuch) war Jagdflieger und Offizier der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg und der Luftwaffe der Bundeswehr. Mit 352 bestätigten Abschüssen ist er der erfolgreichste Jagdflieger in der Geschichte des Luftkrieges.[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Hartmann wurde als älterer von zwei Söhnen des Arztes Alfred Hartmann und seiner Frau Elisabeth geboren und verbrachte einen Teil seiner Kindheit in China, wohin seine Familie aus wirtschaftlichen Gründen ausgewandert war. 1928 nach Deutschland zurückgekehrt, besuchte er vier Jahre lang die Volksschule in Weil im Schönbuch und vier weitere Jahre das Gymnasium in Böblingen. Nach einem Schuljahr an der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt in Rottweil besuchte er drei Jahre das Gymnasium in Korntal, wo er das Abitur ablegte und seine spätere Frau kennenlernte.

Schon in seiner frühen Jugend war Hartmann als Segelflieger aktiv. Seine Mutter war eine der ersten deutschen Gleitflugzeugpilotinnen. Sie gab ihm Flugunterricht. 1937 wurde er Segelfluglehrer in der Flieger-Hitlerjugend. 1939 erwarb er seine Motorfluglizenz. 1940, ein Jahr nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, meldete sich der 18-jährige Hartmann freiwillig als Offizieranwärter bei der deutschen Luftwaffe.

Zweiter Weltkrieg

Seine fliegerische Grundausbildung absolvierte Hartmann ab 1940 an verschiedenen Ausbildungsstätten der Deutschen Luftwaffe, unter anderem dem Ausbildungsregiment 10 der Luftwaffe in Neukuhren und der Luftkriegsschule in Berlin-Gatow. An der Jagdfliegerschule in Zerbst/Anhalt lernte Hartmann, die Messerschmitt Bf 109 zu fliegen.

Nach Abschluss seiner Ausbildung wurde Hartmann im Oktober 1942 zur 7. Staffel des Jagdgeschwader 52 an die Ostfront in den Kaukasus versetzt, wo er am 5. November 1942 zum ersten Mal ein Flugzeug (Iljuschin Il-2[3]S. 55,56) abschoss. Seinen Spitznamen „Bubi“ bekam er von Oberleutnant Krupinski wegen seines jugendlichen Aussehens.[3]S. 63 Ab dem 2. September 1943 führte er die 9. Staffel[3]S. 75 des Verbandes. Seit dem 1. Oktober 1944 war er Staffelkapitän der 6. Staffel des JG 52[3]S. 342.
Am 29. Oktober 1943 gelang ihm sein 150. Luftsieg. Ihm wurde das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.[3]S. 73
Als Karaya 1, ein mit einem Pfeil durchbohrtes Herz (als Staffelzeichen an seinem Flugzeug), und als „Der schwarze Teufel“ (weil Hartmann die Spitze seiner Bf 109 mit einem schwarz gezacktem Muster anmalen ließ) wurde er in der Roten Armee bekannt.[3]S. 88 f.

Seine Staffel wurde häufig in Richtung Westen verlegt, davon allein 13 Mal in den letzten Monaten des Jahres 1943) und Ende März 1944 nach Lemberg (Ukraine).[3]S. 121 Am 2. März 1944 erzielte er seinen 202. Luftsieg, wofür ihm auf dem Berghof bei Berchtesgaden von Adolf Hitler das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen wurde.[3]S. 120, 121
Im April 1944 folgte die Verlegung nach Zarnesti, von wo aus er auch Einsätze gegen Bomber und Mustangs flog.[3]S. 122 | S.176 ff. Die Schwerter zum Ritterkreuz verlieh ihm am 3. August 1944 Adolf Hitler persönlich im Führerhauptquartier Wolfsschanze bei Rastenburg/Ostpreußen.[3]S. 131 Am 23. August 1944 hatte er 301 Luftsiege erzielt. Darauf folgte am 25. August 1944 die Verleihung der Brillanten zum Ritterkreuz in der Wolfsschanze. Er war der 18. Soldat mit dieser höchsten Auszeichnung.[3]S. 163

Unter seinen Abschüssen befanden sich 261 einmotorige Jagdflugzeuge und Jagdbomber, darunter viele der stark gepanzerten Il-2 „Schturmowik“, 90 zweimotorige Maschinen sowie ein schwerer russischer Bomber.

Ab Februar 1945 bis zum Kriegsende war er Gruppenkommandeur. Aufgrund seiner hohen Abschusszahlen wurde von der NS-Propaganda mehrfach in Zeitungsartikeln und der Deutschen Wochenschau über Hartmann berichtet.

Kurz vor Kriegsende am 8. Mai 1945 wurde er vom Geschwaderkommodore des Jagdgeschwaders 52, Oberst Hermann Graf, zum Major befördert. Eine dazu notwendige Verfügung des Luftwaffenpersonalamtes lag jedoch nicht vor. Darüber kam es bei der Übernahme Hartmanns in die Bundeswehr später zu kleinen Meinungsverschiedenheiten zwischen Luftwaffenführung und der Zivilverwaltung des Bundesministerium der Verteidigung.

Nachkriegsjahre

Am 8. Mai 1945 ergab sich Hartmann zusammen mit seiner Einheit und einer Gruppe deutscher Flüchtlinge der 90. U.S.-Infanteriedivision. In Übereinstimmung mit den Vereinbarungen der Jalta-Konferenz lieferte die US-Armee die Kolonne geschlossen an die Rote Armee aus.[4] Während seiner Gefangenschaft wurde Hartmann zunächst am 24. Dezember 1949 verhaftet und drei Tage später von dem Militärtribunal der MWD-Truppen des Bezirkes Iwanowo zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Ermittlungsverfahren in seiner Strafsache verlief nur formell. Hartmann wurde „ohne jeglichen Grund wegen Greueltaten gegen sowjetische Bürger, Beschießung von Militärobjekten sowie Abschuss von sowjetischen Flugzeugen und damit Schädigung der sowjetischen Wirtschaft verurteilt. Hartmann protestierte gegen das Urteil und betonte, dass er als Militärflieger nur an den Kämpfen mit den Luftstreitkräften des Gegners teilgenommen und keine Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung begangen habe“.[1] Er erhob mehrmals Protest, trat in den Hungerstreik, weigerte sich zu arbeiten, verlangte, dass er als Unschuldiger zurück in die Heimat geschickt oder erschossen werden solle. Mehrmals wurde er mit Folterhaft bestraft. Im Juni 1951 wurde er als angeblicher Angehöriger einer antisowjetischen Gruppe, die die Befreiung aller deutschen Kriegsgefangenen aus der Internierung und ihre Repatriierung nach Deutschland zum Ziel habe, vom Militärtribunal des Don-Militärbezirkes zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.[1] Nach mehr als zehnjährigem Arrest, u. a. in Lagern in Sibirien, wurde Hartmann zusammen mit den letzten deutschen Kriegsgefangenen 1955 bei der „Heimkehr der Zehntausend“ entlassen.

F-86 Sabre des Jagdgeschwaders 71 der Bundesluftwaffe mit der für Hartmann typischen Bugbemalung

Erich Hartmann trat im Jahre 1956 der im Zuge der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik neu aufgestellten Bundeswehr bei und wirkte maßgeblich an der Schulung junger Piloten und an der Aufstellung neuer Einheiten mit. Anfangs war er, nach der Umschulung auf amerikanische Kampfflugzeuge, Ausbildungsleiter der Waffenschule der Luftwaffe 10 in Oldenburg. Dort wurden die künftigen Jagdflugzeugführer der Luftwaffe ausgebildet. Auf dem Fliegerhorst Ahlhorn stellte Hartmann 1959 mit dem Jagdgeschwader 71 „Richthofen“ das erste Düsenjäger-Jagdgeschwader der neu aufgestellten Luftwaffe auf, das er bis 1962 führte.

Er wurde am 12. Dezember 1960 zum Oberstleutnant und am 26. Juli 1967 zum Oberst befördert.

In der Bundeswehr galt Hartmann trotz seiner hohen Qualifikation als Flugzeugführer als schwieriger Untergebener, der mehr auf Einsatzeffektivität achtete als auf den friedensmäßigen Ausbildungsbetrieb und seine Verantwortung als militärischer „Führer, Erzieher und Ausbilder“ seines Geschwaders. Dies wurde ihm mehrfach in Beurteilungen zum Vorwurf gemacht, ohne dass man seine Einwände akzeptierte.

Als die Bundesregierung sich für die Beschaffung des Starfighter entschied, sprach er sich dagegen aus, da ihm Erfahrungen der amerikanischen Luftwaffe mit der F-104 bekannt waren. Anlässlich eines Aufenthaltes in den USA hatte er enge Verbindungen zu den Piloten der F-104 einer Ausbildungsstaffel auf dem Luftwaffenstützpunkt Nellis bei Las Vegas geknüpft. Im Dienst voll des Lobes über dieses Flugzeug, offenbarten sie abends in den Fliegerclubs ihre täglichen Erfahrungen. Ärger mit dem Triebwerk, Probleme mit dem Bugfahrwerk und der Regulierung des Strahlquerschnitts hatten bereits dort zu einer geringen Einsatzbereitschaft geführt.[2] Als sich nach Einführung in Deutschland die Unfälle mit diesem Flugzeugtyp häuften und sich daraus die Starfighter-Affäre entwickelte, nahm Hartmann eine kritische Haltung gegenüber seinen Vorgesetzten und der politischen Führung ein. Militärisch isoliert und auf für ihn wenig attraktive Dienstposten abgeschoben, resignierte Hartmann und schied 1970 vorzeitig als Oberst der Luftwaffe aus dem Dienst. Von 1971 bis 1974 war er als Fluglehrer auf dem Flugplatz Hangelar tätig.

Im Januar 1997, mehr als drei Jahre nach seinem Tod, wurde Erich Hartmann von der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitiert und von allen gegen ihn erhobenen Anschuldigungen entlastet. Die Behörde stellte dabei ausdrücklich fest, dass Hartmann zu Unrecht abgeurteilt worden war.[5]

Privates

Erich Hartmann heiratete im Jahr 1944 seine Jugendliebe Ursula Paetsch. Er hatte zwei Kinder, von denen eines nach dem Krieg starb.

Ehrungen

Siehe auch

Literatur

  • Walther Killy, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 4. Saur, London, München, New Providence, Paris 1996, ISBN 3-598-23164-4.
  • Edward H. Sims: Jagdflieger. Die Großen Gegner von einst. 12. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 1982, ISBN 3-87943-115-9.
  • Raymond F. Toliver, Trevor J. Constable: Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. 60. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 2001, ISBN 3-87943-216-3.
  • Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-13086-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Günther Wagenlehner: Die russischen Bemühungen um die Rehabilitierung der 1941–1956 verfolgten deutschen Staatsbürger – Dokumentation und Wegweiser. Bonn 1999, ISBN 3-86077-855-2, S. 36f.
  2. a b Raymond F. Toliver, Trevor J. Constable: Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. 60. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 2001, ISBN 3-87943-216-3.
  3. a b c d e f g h i j k Raymond F. Toliver, Trevor J. Constable: Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. Motorbuch-Verlag, 16. Auflage, Stuttgart 2001, ISBN 3-87943-216-3,
  4. Raymond F. Toliver, Trevor J. Constable: Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. Motorbuch-Verlag, 60. Auflage, Stuttgart 2001, ISBN 3-87943-216-3, S. 209
  5. Günther Wagenlehner: Die russischen Bemühungen um die Rehabilitierung der 1941–1956 verfolgten deutschen Staatsbürger – Dokumentation und Wegweiser. Bonn 1999, ISBN 3-86077-855-2, S. 78 f.
  6. a b Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger 1939–1945. Scherzers Militaer-Verlag, Ranis, Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 368
  7. Jörg Nimmergut: Deutsche Orden und Ehrenzeichen bis 1945. Band 4. Württemberg II – Deutsches Reich. Zentralstelle für wissenschaftliche Ordenskunde, München 2001, ISBN 3-00-001396-2, S. 2441

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