Ostfriesisches Feldartillerie-Regiment Nr. 62

Ostfriesisches Feldartillerie-Regiment Nr. 62

Das Ostfriesische Feldartillerie-Regiment Nr. 62 war ein Artillerie-Regiment der königlich preußischen Armee im Deutschen Kaiserreich.

Inhaltsverzeichnis

Traditionen der Stammbatterien

Im Feldartillerie-Regiment Nr. 62 wurden die Traditionen der 1830 gegründeten oldenburgischen Artillerie weitergeführt.

Aus der Zeit von Graf Anton Günther (Oldenburg) ist nachgewiesen, dass die oldenburgische Artillerie zeitweise 173 metallene Stücke vom 1-Pfünder bis zum 36-Pfünder umfasste In der nachfolgenden Dänenzeit von 1667 bis 1777 war Oldenburg als Festung ausgebaut und verfügte über einen großen Artilleriebestand, über den aber bislang keine genauen Angaben vorhanden sind.

Anlässlich der Belagerung von Mezieres am 15. Juli 1815 wurden dem Regiment Oldenburg unter Oberst Wilhelm Gustav Friedrich Wardenburg von Fürst Blücher zwei Geschütze überwiesen. Zu diesen beiden Geschützen kamen 1820 zwei weitere hinzu, die König Friedrich Wilhelm III. von Preußen Herzog Peter Friedrich Ludwig als Anerkennung für die Dienste im Feldzug von 1815 schenkte. Diese vier Kanonen standen (vermutlich bis 1919) vor der Schlosswache und der Kaserne des Infanterie-Regiments Nr. 91.

1821 erhielt das oldenburgische Militärkontingent des Deutschen Bundes acht 6-Pfünder, die in Dresden gegossen worden waren, und drei 8-Pfünder Haubitzen. Aber erst am 8. Oktober 1830 wurde die oldenburgische Artillerie auf Veranlassung von Großherzog Paul Friedrich August als Großherzoglich Oldenburgische Artillerie-Kompanie gegründet. Innerhalb der Oldenburgisch-Hanseatischen Brigade übernahm Oldenburg ab 1834 das Artilleriekontingent. 1841 wurde eine 2. Artillerie-Kompanie aufgestellt. Offenbar dadurch erhielt die Artillerie nun den Namen Großherzoglich Oldenburgisches Artillerie-Korps.

1848 nahm das Artillerie-Korps als Teil des X. Armeekorps des Bundes am Krieg gegen Dänemark (Schleswig-Holsteinischer Krieg (1848-1851)) teil. Am 27./28. Mai 1848 war das Korps am Gefecht in der Flensburger Förde gegen dänische Flotteneinheiten beteiligt. Am 5. September 1848 rückte die Artillerie aus Schleswig ab und traf am 23. und 26. September wieder in Oldenburg ein. 1849 wurden Teile des Korps erneut in Schleswig-Holstein eingesetzt. Am 8. Juni kam es bei Arnkiels-Oere zu einem Gefecht gegen dänische Kanonenboote.

Am Deutsch-Dänischen Krieg 1864 (Deutsch-Dänischer Krieg) nahm das oldenburgische Bundeskontingent nicht teil. Ein Teil des Artillerie-Korps sollte bereitgehalten werden, um Heppens, das spätere Wilhelmshaven, notfalls gegen die dänische Flotte zu verteidigen. Die Maßnahmen beschränkten sich auf einen Übungsmarsch nach Heppens und einige Übungen am Zwischenahner Meer bei Bad Zwischenahn.

Im Deutschen Krieg von 1866 nahm das Korps als Teil der Oldenburgisch-Hanseatischen Brigade teil, die der 13. preußischen Division unter Goeben unterstellt war. Diese gehörte zur preußischen Main-Armee unter General Freiherr von Manteuffel. Die oldenburgischen Truppen wurden von Großherzog Nikolaus Friedrich Peter im Beisein der gesamten Großherzoglichen Familie verabschiedet. Am 24. Juni nahm das Korps an dem Gefecht von Werbach teil und kämpfte dort gegen badische Artillerie. Am 26. Juli nahmen zwei Batterien des Korps an der Schlacht um Würzburg teil und beschossen die Festung Marienberg, trafen aber auch Teile der Innenstadt. Der Waffenstillstand wurde am gleichen Tag geschlossen.

1867 wurde die oldenburgische Artillerie aufgrund der oldenburgisch-preußischen Militärkonvention Teil des preußischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 10.

Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 nahm das Feld-Artillerie-Regiment Nr. 10 an der Schlacht bei VionvilleMars la Tour am 14. August 1870 teil sowie der Schlacht bei Gravelotte und wurde im November gegen die Loirearmee eingesetzt, so auch am 28. November in der Schlacht bei Beaune-la-Rolande.

Aufstellung

Das Regiment wurde am 25. März 1899 (Stiftungstag) aufgestellt und erhielt ursprünglich lediglich den Namen „Feldartillerie-Regiment Nr. 62“. Es wurde aus Teilen des „2. Hannoverschen Feldartillerie-Regiment Nr. 26“ in Verden gebildet, dessen I. Abteilung in Oldenburg stationiert war. Diese Abteilung verblieb als I. Abteilung des neuen Regiments in Oldenburg, die II. Abteilung wurde 1903 von Verden nach Osnabrück verlegt. Am 27. Januar 1902 erhielten die neu gebildeten Feldartillerie-Regimenter aus Anlass des Kaisergeburtstags Beinamen, die sich auf die Landesteile bezogen, in denen sie standen oder aus denen sie ihren Ersatz bezogen. Das Feldartillerie-Regiment Nr. 62 erhielt daher den Beinamen „Ostfriesisches“, obwohl sich seine Standorte Oldenburg und Osnabrück nicht in Ostfriesland befanden und nur ein Teil des Ersatzes aus Ostfriesland stammte. Der Regimentsstab befand sich bis zur Auflösung des Regiments am 31. Mai 1919 in Oldenburg.

Im Sommer 1900 meldeten sich zum Eintritt in das Ostasiatische Expeditionskorps zur Niederschlagung der Yi he tuan-Bewegung (Boxeraufstand) in China freiwillig sechs Offiziere, sechs Unteroffiziere und 18 Mann, die teilweise an verschiedenen Gefechten teilnahmen. Die Beteiligten erhielten die China-Denkmünze.

Zwischen 1904 und 1906 meldeten sich sechs Offiziere, ein Sanitätsoffizier, zwei Zahlmeisteraspiranten, acht Unteroffiziere, ein Trompeter und 15 Mann freiwillig zur Niederschlagung des Hereroaufstands (Aufstand der Herero und Nama) in Deutsch-Südwestafrika. Es gab offenbar mehrere Tote durch Krankheiten wie Typhus. Zwar war die Anzahl der Offiziere und Unteroffiziere an den Freiwilligenmeldungen recht hoch, die der normalen Wehrpflichtigen jedoch auffallend niedrig.

Erster Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg war das Regiment sowohl an der West- wie der Ostfront eingesetzt. Nach der Regimentsgeschichte lassen sich die Einsätze folgendermaßen strukturieren:

  • Vormarsch und Stellungskrieg im Westen 1914/15
  • Sommerfeldzug an der Ostfront 1915
  • Champagne und Chemin des Dames (Damenweg) 1915/16
  • Ostfront 1916 (Kowel)
  • Abwehrschlacht im Westen 1916-1918
  • Angriffskampf im Westen 1918
  • Endkampf im Westen im Sommer und Herbst 1918

Im Krieg verlor das Regiment:

Gefallene: 49 Offiziere und 304 Unteroffiziere und Mannschaften; Verwundete: 990.

Rückkehr und Auflösung des Regiments

Vom 5. November bis 13. Dezember 1918 marschierte das Regiment von Frankreich über Belgien zurück nach Deutschland. Am 13. Dezember wurden die Jahrgänge bis 1895 entlassen und das Fahrzeug- und Pferdematerial soweit wie möglich reduziert, um Kapazitäten für den Eisenbahntransport frei zu bekommen. Vom 25. bis 27. Dezember 1918 wurde das Regiment in Zimmersrode verladen und nach Oldenburg und Osnabrück transportiert. Am 10. Januar 1919 begann die Demobilisierung des Regiments, das am 31. Mai 1919 aufgelöst wurde.

Die Tradition führte in der Reichswehr die 3. Eskadron der 6. (Preußische) Fahr-Abteilung in Osnabrück fort.[1]

In der Stadt Oldenburg sind die Hochhauser Straße, die Würzburger Straße und die Werbach-Straße in der so genannten Gründerzeit nach dem Einsatz des Oldenburgischen Artilleriekorps im Deutschen Krieg von 1866 benannt. Die Ehren-Gedenkhalle der Oldenburger Artillerie befindet sich bis heute an der Ofener Straße nahe der Hauptfeuerwehrwache und der Fachhochschule Oldenburg, die beide in ehemaligen Gebäuden der Oldenburgischen Artillerie untergebracht sind.

Uniform

Das Feld-Artillerie-Regiment Nr. 62 trug die Uniform nach Muster der preußischen Feldartillerie. Die 2. und 3. (Oldenburgische) Batterie führten als Nationalitätsabzeichen die blau-rote Landeskokarde des Großherzogtums sowie auf den Achselstücken bzw. Schulterklappen den Namenszug A des Großherzogs Paul Friedrich August und am Helm auf der Brust des preußischen Wappenadlers einen neusilbernen Stern mit dem oldenburgischen Landeswappen in Neusilber.

Siehe auch

Literatur

  • August Tecklenburg: Die Hannoveraner, Braunschweiger und Oldenburger im Kriege gegen Frankreich 1870-71. Ein Kriegs- und Ehrenbuch des X. Armeekorps und ein Volksbuch für Niedersachsen und Ostfriesland, Hannover 1908.
  • Westerkamp: Unser Regiment. Eine Sammlung von Briefen, Tagebuchblättern und Aufzeichnungen aus der Zeit des großen Krieges. Im Auftrag der Offiziervereinigung ehemal. FAR 62, Melle 1925.
  • Max Simon Eberhard: Königl. Preußisch. Ostfriesisch. Feldartillerie-Regiment Nr. 62, Oldenburg i. O./Berlin 1922.
  • Albert Benary: Ehemaliges Ostfriesisches Feldartillerie-Regiment Nr. 62 (Tradition des deutschen Heeres Heft 442), Berlin 1938.
  • Oberleutnant Gähde: Geschichte des Ostfriesischen Feldartillerie-Regiments Nr. 62 und seiner Stammbatterien. Für die Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments auf dienstliche Veranlassung zusammengestellt, Berlin o.J. (1912).
  • Peter Galperin: In Wehr und Waffen. Wehrbürger, Söldner und Soldaten in Oldenburg und den Hansestädten, Stuttgart 1983.
  • Wilhelm Gilly de Montaut: Festung und Garnison Oldenburg, Oldenburg 1980.
  • Louis von Weltzien: Militärische Studien aus Oldenburgs Vorzeit und Geschichte des Oldenburgischen Contingents, Oldenburg 1858.
  • Udo Elerd (Hg.): Von der Bürgerwehr zur Bundeswehr. Zur Geschichte der Garnison und des Militärs in der Stadt Oldenburg, Oldenburg 2006.
  • Frank Langer: Die Uniformierung und Ausrüstung des Oldenburgischen Truppenkorps 1813-1867, Schortens 2009.

Einzelnachweise

  1. Rangliste des Deutschen Reichsheeres, Hrsg.: Reichswehrministerium, Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1930, S.207

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