Castor fiber

Castor fiber
Europäischer Biber
Europäischer Biber (Castor fiber)

Europäischer Biber (Castor fiber)

Systematik
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Euarchontoglires
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Unterordnung: Biberverwandte (Castorimorpha)
Familie: Biber (Castoridae)
Art: Europäischer Biber
Wissenschaftlicher Name
Castor fiber
Linnaeus, 1758

Der Europäische Biber (Castor fiber) gehört zur Gattung Biber (Castor sp.) aus der Ordnung der Nagetiere (Rodentia).

Er ist nahe mit dem Kanadischen Biber (Castor canadensis) verwandt und beide wurden früher von Zoologen als Unterarten nur einer biologischen Art angesehen. Gegen diese Auffassung spricht die Tatsache, dass der Europäische Biber 48 Chromosomen hat, der Kanadische jedoch nur 40. Der Europäische Biber ist mit einer Körperlänge von 60 bis 80 cm etwas kleiner als sein nordamerikanischer Verwandter und weist auch noch weitere morphologische Unterschiede auf.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Ursprüngliche Verbreitung

Der europäische Biber war ursprünglich fast überall in Europa und in weiten Teilen Asiens heimisch, war dann aber vor allem durch Bejagung (dichtes Fell, essbares Fleisch, Bibergeil), in geringerem Maße auch durch Vernichtung des Lebensraumes durch Rodung und Ackerbau bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgesehen von der Sowjetunion auf drei Restgebiete, nämlich an der mittleren Elbe, an der Rhône und in Südnorwegen zurückgedrängt worden.

Schutz und Wiedereinbürgerung

Durch konsequenten Schutz und Auswilderungen hat der Biber in den letzten Jahrzehnten ein großes „Comeback“ erlebt.

Schon in den 1920er und 1930er Jahren begann man sich des Problems des baldigen völligen Aussterbens des Europäischen Bibers bewusst zu werden und erste Schutz- und Umsiedelungsmaßnahmen wurden getroffen und Biber ausgewildert. Bei der Auswilderung von Bibern wurden in Finnland und Österreich auch Kanadische Biber verwandt, die heute in Finnland eigene, vom europäischen Biber getrennte Vorkommen bilden; in Österreich konnten sich die Kanadischen Biber nicht etablieren.

Bereits 1925 wurden die weißrussischen Biber unter Schutz gestellt. Zwischen 1935 und 1937 begannen die ersten Auswilderungen von Bibern in Finnland. In den 1930 Jahren wurden auch schon Biber an der Elbe umgesiedelt. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann man zuerst in den 1950er Jahren, etwa in der Schweiz, oder in den 1960er Jahren in Bayern und Österreich mit systematischer Wiederansiedelung. In den 1970er, 1980er und 1990er Jahren wurden die Bemühungen so verstärkt, dass an vielen Stellen die Eigendynamik der Ausbreitung heute so groß ist, dass auf weitere Ansiedelungsmaßnahmen verzichtet werden kann, da der Biber wohl selbständig alle für ihn geeigneten Gebiete besiedeln kann. In den meisten Gebieten in denen solches nicht auf natürlichem Wege geschehen kann, sind Auswilderungen im Gange oder geplant.

Von der IUCN wird der Gesamtbestand des Bibers in Europa und Asien auf etwa 430.000 Tiere geschätzt. Die Art wird als „gering gefährdet“ eingestuft.

Heutige Verbreitung

In Deutschland kommt der Biber heute wieder in weiten Teilen der neuen Bundesländer (bis in das Gebiet Berlins) und Bayerns vor. Ein relativ großes Vorkommen des Bibers ist an der Elbe. Die dort vorkommende Form wird als Unterart Castor fiber albicus klassifiziert. Des Weiteren gibt es Bestände im Spessart und in der Rhön, in der Eifel, im Emsland und im Saarland. In Mecklenburg-Vorpommern wurden Elbebiber in den 70er und 90er Jahren an Warnow und Peene neu angesiedelt. Zumindest der Bestand an der Peene gilt inzwischen als einer von denen, die sicher genug sind, dass die dortigen Biber sich auch ohne menschliches Zutun weiter ausbreiten werden. Am Rhein greifen die in den Nachbarländern angesiedelten Bestände an der Grenze zu Frankreich und der Schweiz sowie am Niederrhein (Bislicher Insel) wieder nach Deutschland über.

Der Gesamtbestand in Deutschland dürfte damit von etwa 200 Tieren auf wieder 13 000 bis 15 000 Tiere (2004) gestiegen sein.

Bestand der Biber im Jahr 2003 für die einzelnen Bundesländer (Schätzungen[1])
Baden-Württemberg ca. 300-500 Tiere, durch Zuwanderer aus Bayern, Frankreich und der Schweiz
Bayern ca. 7000 Tiere, durch Zuwanderer aus Hessen und Einbürgerung von 120 Bibern gemischter Herkunft zwischen 1966 und Ende der 1970er
Brandenburg/Berlin ca. 1700 Tiere, durch natürliche Ausbreitung entlang der Elbe und Havel und verschiedene Wiederansiedlungen (z.B Schorfheide 1934-35)
Berlin ca. 30 Tiere, vor allem im Müggelsee und Tegeler See durch natürliche Ausbreitung aus Brandenburg [2]
Hessen ca. 145 Tiere, durch Wiedereinbürgerung von Elbebibern 1987/88 an den Flüssen Jossa und Sinn im Spessart und seit einigen Jahren Einzelvorkommen entlang der Fulda, Kinzig und Nidda
Mecklenburg-Vorpommern ca. 800 Tiere, durch Wiedereinbürgerung entlang der Warnow und Peene
Niedersachsen/Bremen ca. 100-150 Tiere, durch Einwanderer entlang der Elbe (Nordosten) und deren Zuflüssen (Südosten) sowie an der Weser und durch Wiedereinbürgerung an der Hase
Nordrhein-Westfalen ca. 200 Tiere, durch Wiedereinbürgerung polnischer Biber an der Eifel und am Niederrhein durch Einbürgerungen in den Niederlanden.
Rheinland-Pfalz einzelne Nachweise im Süden (Grenze zu Frankreich an Rhein und Zuflüssen)
Saarland ca. 250 Tiere, durch Einbürgerung von 50 Elbebibern zwischen 1994 und 2000
Sachsen ca. 500 Tiere, natürliche Ausbreitung entlang der Elbe aus Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt ca. 2500-3000 Tiere, Kernpopulation der autochthonen Biber, weite Verbreitung entlang der Elbe und Zuflüssen
Schleswig-Holstein/Hamburg wenige Tiere, seit Jahren Einwanderer entlang der Elbe
Thüringen sporadisch vorkommende Tiere, Ausbreitung entlang der Saale und Mulde
Biber in Europa außer Russland im Jahre 2003

In der Schweiz gibt es im Jahre 2008 aufgrund von Auswilderungen, mit denen schon 1957 begonnen wurde und die 1977 abgeschlossen waren, wieder rund 1600[3] Biber. Insgesamt wurden in der Schweiz 141 Biber aus Norwegen, Frankreich und Russland freigelassen. Die Biber kommen vor allem in den Kantonen Thurgau, Zürich, Aargau, Freiburg, Waadt, Solothurn und Wallis vor.

In Österreich wurde der Biber in den Jahren zwischen 1967 und 1985 wieder eingebürgert. Mehr als 45 Biber[4] wurden in den Donau-March-Auen ausgesetzt, wo sie sich gut vermehrten und wo heute noch ein Verbreitungsschwerpunkt liegt. Einige der ausgesetzten Biber waren Kanadische Biber, die man aber später wieder - soweit möglich - einfing. Heute geht man davon aus, dass keine Kanadischen Biber mehr in diesen Bereichen leben. Weitere Tiere wurden 1972 und 1983 in Oberösterreich und Salzburg freigelassen[5] oder wanderten aus Bayern ein und bildeten eine zweite Population im Inn-Salzach-Tal. Beide Populationen sind 2003 bereits zusammengewachsen. Insgesamt lebten im Jahre 2003 in Österreich etwa 2000 Biber[6], 2006 bereits zwischen 2800 und 3000 Biber[7].

Biber kommen heute in Teilen Frankreichs, vereinzelt auch in Belgien, den Niederlanden, Kroatien, Slowenien, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien sowie verbreitet in Polen, den baltischen Staaten, Weißrussland, Russland und Skandinavien vor.

Biber fehlen bisher noch auf der iberischen Halbinsel, den britischen Inseln, in Italien und auf dem südlichen Balkan, Auswilderungen sind aber auch dort schon im Gange oder geplant.

Lebensweise

Biberburg an einem flachen Moorsee, Praviršulio tyrelis, Litauen

Biber leben immer in Gewässernähe, an deren Ufer sie aus abgenagten Ästen und Zweigen sowie Schlamm ihre Burg bauen. Der günstigste Lebensraum sind Flüsse und Seen mit ausgedehnten Weichholzauen. Nach neueren Erkenntnissen sind Biber aber wesentlich flexibler was Lebensraum und Nahrung angeht, als man früher glaubte.

Biber sind für ihre Dammbauten bekannt, mit denen sie Bäche aufstauen, und künstliche Teiche anlegen. Die Dämme regulieren den Wasserstand, und stellen sicher, dass der Eingang zur Biberburg ständig unter der Wasseroberfläche liegt. Gleichzeitig wachsen im Teich Wasserpflanzen und im gerodeten Uferbereich junge Weichhölzer, die dem Biber als Nahrung dienen. Im Winter, wenn die Teichoberfläche gefriert, kann der Biber im Herbst gefällte Äste unter dem Eis erreichen, und sich von der Rinde ernähren.

Der Europäische Biber hat einen weniger ausgeprägten Dammbauinstinkt als der Kanadische Biber.

Untersuchungen haben ergeben, dass Biber durch plätscherndes Wasser veranlasst werden, Dämme anzulegen. In genügend tiefen Gewässern oder an langsam fließenden Flüssen legen Biber daher keine Dämme an; im allgemeinen sind in solchen Lebensräumen Wasserstandsschwankungen geringer, so dass eine Wasserstandskontrolle nicht zum Überleben notwendig ist.

Europäische Biber bringen für gewöhnlich zwei bis drei Junge zur Welt, etwas weniger als ihre nordamerikanischen Verwandten, die es auf drei bis vier und manchmal auch fünf Junge bringen.

Mensch und Biber

Nutztier

Ein mittelalterliches Papstedikt definierte den Biber aufgrund seines flachen, beschuppten Schwanzes und seiner amphibischen Lebensweise als zu den Fischen gehörend. Damit durfte Biberfleisch an Fastentagen gegessen werden.

Das dichte Biberfell war begehrt und führte zur intensiven Bejagung. Noch begehrter war das Bibergeil, der Duftstoff mit dem Biber ihre Reviere markieren. Es wurde in der Volksmedizin als Wundermittel angesehen und teuer bezahlt. Im litauischen Statut (Kapitel 9, Paragraph 9) von 1529 wird die Biberburg unter besonderen Schutz gestellt: bis auf die Entfernung, wie man von der Biberburg aus einen Stock werfen kann, darf weder gepflügt, noch gemäht, noch Holz geschlagen werden. Auf Vertreibung oder gar Töten bzw. Diebstahl der Biber war eine hohe Strafe ausgesetzt.

Verlandete Biberteiche bieten nach einigen Jahrhunderten oft ausgezeichneten Ackerboden.

Konfliktart

Von Bibern gefällter Baum in Norwegen

Biber sind in der Kulturlandschaft nicht immer willkommen. Durch ihre sehr aktive Lebensraumgestaltung kann es zu Konflikten mit Grundeigentümern kommen. Gängige Konflikte sind[8]:

  • Unterminierung von Uferbereichen und Fahrwegen (Einbruchgefahr)
  • Unterminierung von Schutzwasserbauten (Dämme)
  • Unterminierung aufgesattelter Teiche (Fischteiche, Löschteiche)
  • Verklausung durch Treibholz (Wehr- und Mühlgänge, Kläranlagen,…)
  • Vernässung (Land- und Forstwirtschaft, Siedlungsgebiet)
  • Überflutung von Infrastruktur (Kellern,...)
  • Überstauung von Wasserentnahmestellen
  • Beeinträchtigung von Garten- und Freizeitanlagen

In Ländern wie Deutschland, Österreich und Schweiz werden die Aktivitäten des streng geschützten Bibers überwacht und Managementpläne im Natur- und Artenschutz stellen eine Palette von Gegenmaßnahmen bereit, um Konflikte mit Menschen zu minimieren. Bibermanagement umfasst Öffentlichkeitsarbeit, Populationsüberwachung, Präventions- und Akutmaßnahmen, sowie zum Teil Beihilfen für finanzielle Einbußen bei Grundstückseigentümern.

Referenzen

  1. Schwab, G. 2003.Manuskript zur Bibertagung der ANN, März 2003, Schneverdingen.
  2. Grünblick, Umweltblatt Nr. 51 der Naturschutzstation MALCHOW, November 2002
  3. Meldung auf www.news.admin.ch, aufgerufen am 23. 8. 2008
  4. Sieber, J. 2003. Wie viele Biber sind zu viel? Denisia 9:3-11.
  5. Slotta-Bachmayr, L. & H. Augustin. 2003. Der Biber im Bundesland Salzburg. Denisia 9:85-90.
  6. Sieber, J. 2003. Wie viele Biber sind zu viel? Denisia 9:3-11.
  7. Parz-Gollner, R. & Vogl, W. 2006. Numbers, distribution and recent beaver conflicts in Austria. 4th European Beaver Symposium, 3rd Euro-American Beaver Congress, 11.-14.Sep.2006, TU-Weihenstephan, Freising.
  8. Nitsche, K.-A.. 2003. Biber - Schutz und Probleme, Dessau.

Weblinks


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