Challet-Venel

Challet-Venel
Jean-Jacques Challet-Venel

Jean-Jacques Challet-Venel (* 11. Mai 1811 in Genf; † 6. August 1893 ebenda) war ein Schweizer Politiker. Vor dem Einstieg in die Politik arbeitete er als Lehrer. Er gehörte der Genfer Kantonsregierung und dem Nationalrat an. 1864 wurde er als Vertreter der liberal-radikalen Fraktion (der heutigen FDP) in den Bundesrat gewählt. Da er sich entschieden gegen eine Totalrevision der Bundesverfassung ausgesprochen hatte, wählte ihn das Parlament 1872 ab.

Inhaltsverzeichnis

Kantonspolitik

Der Sohn des Uhrmachers Barthélémy Challet lebte während seiner Jugend in bescheidenen Verhältnissen. Er schloss 1830 ein Literaturstudium an der Genfer Akademie ab und arbeitete daraufhin als Französischlehrer am Pensionat Venel in Genf. Er heiratete Antoinette Venel, die Tochter des Gründers der Schule, und fügte ihren Nachnamen seinem eigenen zu. Kurz darauf wurde er zum Schuldirektor befördert. 1847 war er am Sonderbundskrieg beteiligt, als er eine Artilleriebatterie kommandierte.

1851 gründete Challet-Venel die konservative Lokalpartei Cercle national, die in Opposition zu den Radikalen von James Fazy stand und danach strebte, die Beziehungen Genfs zu den übrigen Kantonen zu vertiefen. 1854 wurde Challet-Venel in das Kantonsparlament, den Genfer Grossrat, gewählt. Nachdem er 1856 wiedergewählt worden war, bekannte er sich öffentlich zu seinem einstigen politischen Gegner Fazy. 1858 folgte die Wahl in die Kantonsregierung, den Staatsrat. Als Regierungsmitglied war er zunächst für das kantonale Heer zuständig, ab 1861 für die Finanzen.

Bundespolitik

Challet-Venel wurde 1857 in den Nationalrat gewählt. 1863 gehörte er einer Delegation an, die in Paris mit der französischen Regierung den Abschluss eines Handelsvertrages vorbereitete. Nachdem Giovanni Battista Pioda als Bundesrat zurückgetreten war, gehörte Challet-Venel zu den meistgenannten Favoriten für dessen Nachfolge. Die Wahl am 12. Juli 1864 wurde erst im sechsten Durchgang entschieden: Challet-Venel erhielt er 86 von 163 Stimmen, sein Gegenkandidat, der Freiburger Katholisch-Konservative Alfred von der Weid, kam auf 77 Stimmen.

Bis 1867 führte Challet-Venel zunächst das Finanzdepartement. Er konnte die Schulden verringern und 1865 eine internationale Währungskonvention unterzeichnen. 1867 gelang es ihm, bei den Genfer Banken zu sehr günstigen Konditionen eine Anleihe von 12 Millionen Franken aufzunehmen. 1868 wechselte er ins Postdepartement, 1869 zurück zum Finanzdepartement. Ab 1870 leitete er wiederum dem Postdepartment und bereitete die Gründung des Weltpostvereins vor.

Als Bundesrat zeichnete sich Challet-Venel durch eine umsichtige und straffe Amtsführung aus. Er stolperte aber letztlich über seine Überzeugungen. In der Frage um eine Totalrevision der Bundesverfassung lehnte er als überzeugter Föderalist kategorisch jegliche Zentralisierung ab. Damit brachte er zahlreiche Deutschschweizer Parlamentarier gegen sich auf, die seine Ersetzung durch Eugène Borel forderten. Bei den Bundesratswahlen am 7. Dezember 1872 wurde Challet-Venel, der nicht anwesend war und sich auf der Jagd befand, als zweiter Bundesrat nach Ulrich Ochsenbein abgewählt und durch Borel ersetzt.

Nach seiner Abwahl betätigte sich Challet-Venel in der Wirtschaft. Er gründete die Magasins Généraux und präsidierte ab 1885 die Genfer Handelskammer.

Literatur

  • Urs Altermatt (Hrsg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. Artemis Verlag, Zürich / München 1991 (2. Auflage), S. 174–177. ISBN 3-7608-0702-X.

Weblinks



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jean-Jacques Challet-Venel — (* 11. Mai 1811 in Genf; † 6. August 1893 ebenda) war ein Schweizer Politiker. Vor dem Einstieg in die Politik arbeitete er als Lehrer. Er gehörte der Genfer Kantonsregierung und dem Nationa …   Deutsch Wikipedia

  • Jean-Jacques Challet-Venel — Mandats 14e conseiller fédéral 12 juillet  …   Wikipédia en Français

  • Jean-Jacques Challet-Venel — (May 11, 1811 – August 6, 1893) was a Swiss politician and member of the Swiss Federal Council (1864 1872). Challet was elected to the Federal Council of Switzerland on July 12, 1864 as the first member from the Canton of Geneva. He handed over… …   Wikipedia

  • Jean-jacques challet-venel — Jean Jacques Challet Venel, né le 11 mai 1811, décédé le 6 août 1893, est un homme politique suisse, bourgeois de Genève et conseiller fédéral de 1864 à 1872. Parti radical démocratique …   Wikipédia en Français

  • Venel — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Patronyme Venel est un nom de famille notamment porté par : Gabriel François Venel (1723 1775), médecin, pharmacien et chimiste français ; Jean… …   Wikipédia en Français

  • Eugene Borel — Eugène Borel Pour les articles homonymes, voir Borel. Conseiller fédéral suisse Eugène Borel conseiller fé …   Wikipédia en Français

  • List of members of the Swiss Federal Council — For a chronological list of Councillors serving together, see List of members of the Swiss Federal Council by date. The Swiss Federal Council in 2011 This is a list of members of the Swiss Federal Council (German: Schweizerischer Bundesrat;… …   Wikipedia

  • Eugène Borel — (* 17. Juni 1835 in Neuchâtel; † 14. Juni 1892 in Bern) war ein Schweizer Politiker und Jurist. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Staatsanwalt war er auf Gemeinde und Kantonsebene politisch aktiv. Acht Jahre lang gehörte er der Regierung des …   Deutsch Wikipedia

  • Joseph Munzinger — Josef Munzinger Martin Josef Munzinger (* 11. November 1791 in Olten; † 6. Februar 1855 in Bern, meist Josef Munzinger genannt) war ein Schweizer Kaufmann, Revolutionär und Politiker. Er führte 1830 den Sturz der konservativen Regierung des …   Deutsch Wikipedia

  • Martin J. Munzinger — Josef Munzinger Martin Josef Munzinger (* 11. November 1791 in Olten; † 6. Februar 1855 in Bern, meist Josef Munzinger genannt) war ein Schweizer Kaufmann, Revolutionär und Politiker. Er führte 1830 den Sturz der konservativen Regierung des …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”