Rainer Oefelein

Rainer Oefelein

Rainer Oefelein (* 23. August 1935 in Dresden; † 19. Januar 2011 in Kremmen) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer, er lehrte als Professor für Baukonstruktion an der Technischen Fachhochschule Berlin.

Oefelein entwarf und realisierte mehrere Wohnungsbauprojekte in Berlin, darunter die Pfarrland-Siedlung in Rudow und als sein größtes Projekt die High-Deck-Siedlung in Neukölln. Das Konzept der Großsiedlung mit heute rund 6000 Bewohnern (Stand 2011) galt zu ihrer Bauzeit in den 1970er und 1980er Jahren als städtebaulich innovativ. In seinen letzten Lebensjahren beteiligte er sich an den Forschungen zur Reinstallation des Pilgerweges Berlin-Wilsnack.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Rainer Oefelein studierte in München und Berlin Architektur. Zwischen 1965 und 1970 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent und Lehrbeauftragter an der Technischen Universität Berlin. 1980/1981 war er Dozent an der Hochschule der Künste Berlin. 1993 erhielt er eine Professur für Baukonstruktion an der Technischen Fachhochschule Berlin.

Daneben arbeitete er seit 1968 als freischaffender Architekt, in den 1970er Jahren in einer Architektengemeinschaft mit dem Architekten Bernhard Freund.[1] Die Sozietät war vor allem im Städtebau und Wohnungsbau in Berlin tätig. 1987 nahm Oefelein an der Internationalen Bauausstellung Berlin teil. 2005 war er Teilnehmer der internationalen Fotoausstellung (Iza Dokumenta) in Poreč, Kroatien, und 2006 einer Wanderausstellung der Brandenburger Architektenkammer. Daneben forschte er seit 2004 zur Reinstallation des Pilgerweges Berlin-Wilsnack und organisierte begleitende Ausstellungen in Havelberg, Potsdam, Bernau und Berlin.[2] Er war zudem 1. Vorsitzender der 2006 gegründeten St. Jakobusgesellschaft Berlin-Brandenburg e.V., die sich der Erforschung, Erhaltung und Pflege des mit dem Jakobsweg und der örtlichen Wallfahrtstraditionen in Verbindung stehenden Kulturgutes und religiösen Brauchtums widmet.[3]

Oefelein starb am 19. Januar 2011 im Alter von 75 Jahren in seinem Wohnort Kremmen. Er wurde auf dem Friedhof in den Kisseln in Berlin-Spandau beigesetzt.[4]

Bauten (Auswahl)

1970 gewannen Oefelein und Freund einen städtebaulichen Wettbewerb des Westberliner Senats zur Errichtung einen Großwohnsiedlung im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus beiderseits der Sonnenallee im Südosten Berlin-Neuköllns. Das vorgelegte und in den 1970er und 1980er Jahren realisierte Konzept wandte sich gegen das in Berlin zu dieser Zeit gängige Hochhaus-Konzept der „Urbanität durch Dichte“ wie im Märkischen Viertel oder in der Gropiusstadt und setzte auf eine baulich-funktionale Trennung von Fußgängern und Autoverkehr. Hochgelagerte, begrünte Wege, die High-Decks, verbinden in der nach ihnen benannten High-Deck-Siedlung die überwiegend fünf- bis sechsgeschossigen Gebäude. Die Straßen mit Stellplätzen und Garagen liegen unter den High-Decks. Die Siedlung wurde in der Öffentlichkeit und von Architekten als positives und innovatives Beispiel neuen Wohnungsbaus hochgelobt.[5][6] Bereits in den 1990er Jahren galt das städtebauliche Konzept allerdings als gescheitert. Die High-Decks blieben meist menschenleer und die gewünschte multifunktionale Kommunikationszone hat sich nicht herausgebildet.[7][8]

Rainer Oefelein sagte 1987 in einem Interview, es hätte „schlechteres“ als die High-Deck-Siedlung gegeben und insgesamt betrachte er die Lösung als für die damalige Zeit „zufriedenstellend“, aber bereits bei seinem nächsten Großprojekt, der Pfarrland-Siedlung in Berlin-Rudow, habe er die Lehren aus den Defiziten der High-Deck-Siedlung gezogen.[9] Auch die Pfarrland-Siedlung ging auf einen gewonnenen Wettbewerb (1980) zurück. Sie entstand 1985 an der Rudower Höhe im Stil einer Gartenstadt mit rund 500 Mietwohnungen in Form von Stadtvillen. Landschaftsgestalter statteten die Siedlung mit viel Grün und einem Grünzug bis zur Rudower Höhe, einem 70 Meter hohen künstlichen Trümmerberg, aus. Mit 280 Gärten verfügten die Wohnungen über mehr Gärten als die Schrebergartensiedlung, auf der die Gartenstadt entstanden war.[10]

Unter den weiteren Berliner Bauten und Projekten Rainer Oefeleins befinden sich die Sanierung und weitgehende Neuerrichtung der Neuköllner Rollbergsiedlung (1980er Jahre) – wie die High-Deck-Siedlung heute ein Sozialer Brennpunkt mit Quartiersmanagement – , ferner ein Wohn- und Geschäftshaus am Kurfürstendamm (ab 1980), die Doppelsporthalle an der Hohenstaufenstraße (ab 1991) und die Wohnungsbauten am Schöneberger Nelly-Sachs-Park (ab 1994). Zu seinen wenigen Bauten außerhalb Berlins zählen unter anderem elf Reihenhäuser serieller Fertigung in Erkrath-Hochdahl bei Düsseldorf (ab 1977) und sieben Reihenhäuser im Rahmen der Europäischen Bauausstellung in Bonn-Hardtberg (ab 1978).[11]

Schriften

  • Brandenburg. Mittelalterlicher Pilgerweg Berlin–Wilsnack-Tangermünde. 2. Auflage, Conrad Stein, Welver 2008, ISBN 978-3-86686-189-3. (= Outdoor Handbuch, Band 189.)

Literatur

  • Ute Birk im Gespräch mit Rainer Oefelein, dem Architekten der Highdeck- und Pfarrland-Siedlung. In: Brigitte Jacob, Harald Ramm (Hrsg.): Vom Ilsenhof zum Highdeck. Modelle sozialen Wohnens in Neukölln. Transit Buchverlag, Berlin 1987, ISBN 3-88747-039-7, S. 122–131. (Begleitbuch zu einer Ausstellung des Neuköllner Kulturvereins e.V. in Zusammenarbeit mit dem Kunstamt Neukölln, 2. Oktober – 29. November 1987)
  • Heiko Haberle: Highdecksiedlung und Rollbergviertel – Zwei Wohnkonzepte der 1970er Jahre. In: Matthias Seidel, Thorsten Dame (Hrsg.): weiterbauen 70. Universität der Künste Berlin, Fakultät Gestaltung, Studiengang Architektur Fachgebiet Geschichte, Theorie und Kritik der Architektur, Seminardokumentation Studienjahr 2005–2006 (PDF-Datei, darin S. 191–217, Abschnitt Die High-Deck-Siedlung S. 191−208, die Seitenangaben unter „Einzelnachweise“ beziehen sich auf diesen Gesamttext. Keine ISBN).

Weblinks

 Commons: Rainer Oefelein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bernhard Freund schied später aus der Architektengemeinschaft aus und arbeitete in leitender Position bei einem großen Berliner Wohnungsbauunternehmen. Seit 1998 ist er ausschließlich als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK Berlin tätig.
  2. Kurzbiographie Rainer Oefelein
  3. St. Jakobusgesellschaft Berlin-Brandenburg e.V. gegründet.
  4. Rainer Oefelein gestorben. In: Die-Mark-Online. 24. Januar 2011.
  5. Heiko Haberle: Highdecksiedlung und Rollbergviertel …, S. 193f.
  6. Ute Birk im Gespräch mit Rainer Oefelein, dem Architekten der Highdeck- und Pfarrland-Siedlung. S. 122f.
  7. Heiko Haberle: Highdecksiedlung und Rollbergviertel …, S. 205f.
  8. Sonnenallee / High-Deck-Siedlung. In: Evaluation des Berliner Quartiersmanagements in der Pilotphase 1999–2002. Band 2. Ergebnisse für die Gebiete. Empirica Wirtschaftsforschung und Beratung GmbH, Berlin Mai 2003. S. 121–124 (Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin; Abteilungen I und IV. Koordination: Heidrun Nagel. Bearbeitung: Stefan Geiss, Marie-Therese Krings-Heckemeier, Ulrich Pfeiffer, Darja Reuschke, Annamaria Schwedt. Projektnummer: 20090, PDF-Datei).
  9. Ute Birk im Gespräch mit Rainer Oefelein, dem Architekten der Highdeck- und Pfarrland-Siedlung. S. 126, 129.
  10. Ute Birk im Gespräch mit Rainer Oefelein, dem Architekten der Highdeck- und Pfarrland-Siedlung. S. 127ff.
  11. Rainer Oefelein: Bauten und Projekte.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Oefelein — ist der Familienname folgender Personen: Rainer Oefelein (1935–2011), deutscher Architekt und Professor für Baukonstruktion William Anthony Oefelein (* 1965), ehemaliger US amerikanischer Astronaut Diese Seite ist eine Begriffskl …   Deutsch Wikipedia

  • High-Deck-Siedlung — Die High Deck Siedlung ist eine Großsiedlung mit rund 6000 Bewohnern im Berliner Ortsteil Neukölln. Die Siedlung entstand in den 1970er/1980er Jahren im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus. Das städtebauliche Konzept wandte sich gegen die… …   Deutsch Wikipedia

  • In den Kisseln — Trauerhalle In den Kisseln ist ein landeseigener Friedhof im Berliner Bezirk Spandau. Er liegt im Ortsteil Falkenhagener Feld auf einem annähernd rechteckigen Areal zwischen der Pionierstraße, der Radelandstraße, der Kisselnallee und der… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Söhne und Töchter der Stadt Dresden — Inhaltsverzeichnis 1 Die folgenden Personen sind in Dresden geboren 1.1 bis 1699 1.2 1700 bis 1799 1.3 1800 bis 1835 …   Deutsch Wikipedia

  • Pilgerweg Berlin-Wilsnack — Symbol des Pilgerwegs mit drei stilisierten Hostien und zwei Kreuzen Der Pilgerweg Berlin–Wilsnack wurde vom Ende des 14. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert begangen und war damals das wichtigste Pilgerziel Nordeuropas. Ausgangspunkt war die… …   Deutsch Wikipedia

  • Pilgerweg Berlin–Wilsnack — Symbol des Pilgerwegs mit drei stilisierten Hostien und zwei Kreuzen Der Pilgerweg Berlin–Wilsnack wurde vom Ende des 14. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert begangen und war damals das wichtigste Pilgerziel Nordeuropas. Ausgangspunkt war die… …   Deutsch Wikipedia

  • Rollberg-Quartier — Die Rollbergsiedlung ist eine Ortslage des Berliner Ortsteils Neukölln und wird im Westen von der Hermannstraße, im Osten von der Bornsdorfer Straße, im Norden von der Rollbergstraße und im Süden vom Mittelweg begrenzt. 5800 Einwohner, darunter… …   Deutsch Wikipedia

  • Rollbergkiez — Die Rollbergsiedlung ist eine Ortslage des Berliner Ortsteils Neukölln und wird im Westen von der Hermannstraße, im Osten von der Bornsdorfer Straße, im Norden von der Rollbergstraße und im Süden vom Mittelweg begrenzt. 5800 Einwohner, darunter… …   Deutsch Wikipedia

  • Rollbergsiedlung — Straßenbarrikade in der Briesestraße, Mai 1929 Die Rollbergsiedlung (auch Rollbergviertel genannt) ist eine Ortslage des Berliner Ortsteils Neukölln und wird im Westen von der Hermannstraße, im Osten von der Bornsdorfer Straße, im Norden von der… …   Deutsch Wikipedia

  • Sonnenallee — Die Sonnenallee ist eine Straße in Berlin, gelegen in den Bezirken Neukölln (Ortsteil Neukölln) und Treptow Köpenick (Ortsteil Baumschulenweg). Nordwestlicher Blick Richtung Hermannplatz …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”