Reinhard Frank

Reinhard Frank

Reinhard Frank, seit 1912 von Frank, (* 16. August 1860 in Reddighäuser Hammer; † 21. März 1934 in München) war ein deutscher Straf- und Völkerrechtler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Vater Wilhelm (1829–1889) war Hammerbesitzer im hessischen Hinterland. Ein Vetter war Otto Frank. Da der Vater wollte, dass er Kaufmann werden sollte, besuchte er seit 1871 ein Realprogymnasium in Biedenkopf. Frank wechselte dann auf die Realschule in Groß-Umstadt. Auf seinen Wusch hin um studieren zu können, besuchte er das Gymnasium Philippinum in Marburg ein und legte 1879 das Abitur ab. 1880 war er Einjährig-Freiwilliger im hessischen Jägerbataillon in Marburg. Die oftmals übliche Karriere als Reserveoffizier strebte er nicht an. Frank studierte in Marburg zunächst ein Semester Philologie und Mathematik, wechselte dann zur Rechtswissenschaft. In seiner Marburger Studienzeit war er in der Burschenschaft Germania Marburg.[1] Er studierte zwei Semester 1881/82 in München. Frank war dort Hörer von Holtzendorff, dessen Lehrstuhl er 1913 einnahm. Von Brinz Vorlesungen hatte er den Eindruck, dass dieser Jhering ablehnte. Danach ging er nach Kiel. Dort bestand er 1883 die erste juristische Prüfung. In seiner Zeit als Referendar in Battenberg und Marburg lernte er Franz von Liszt kennen, bei dem er 1886 promovierte und 1887 habilitierte in den Fächern Strafrecht, Zivilprozessrecht und Kirchenrecht. Ab 1881 rezensierte er in der Lisztschen „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“. Das Referendariat hat er nicht vollendet. Der modernen Schule Liszts gegenüber nahm er eine vermittelnde Stellung im Sinne Adolf Merkels ein. Als sein Vater 1889 starb, übernahm Frank die Leitung des Unternehmens. 1913 fusionierte er den Hammer mit der Adolfshütte in Niederscheld, das ebenfalls der Familie gehörte, zum Familienunternehmen der Frank’schen Eisenwerke. Mit nur 29 Jahren wurde Frank 1890 in Gießen ordentlicher Professor (Nachfolger Benneckes). Das angebotene „Reichschstagsmandat des Kreises Gießen“ lehnte er 1897 ab. 1899 nahm er den Ruf nach Halle auf den Lehrstuhl Liszts an. 1902 ging er nach Tübingen. In den Jahren 1902 bis 1914 arbeitete Frank an der ersten Strafrechtsreform in Deutschland seit 1871 mit. Ab 1902 bearbeitete er in dem vom Reichsjustizamt berufenen Strafrechtskomitee [2] herausgegebenen sechzehnbändigen Werk „Vergleichenden Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts“ den Abschnitt über Vollendung und Versuch im allgemeinen Teil und Erpressung und Raub im besonderen Teil. Parallel arbeitete ab 1906 eine Kommission aus Beamten[3] die 1909 einen „Vorentwurf“ vorstellte. Da ihn der von Praktikern ausgearbeitete Entwurf nicht befriedigte, beteiligte er sich an der Ausarbeitung eines Alternativentwurfs. An der zweiten Kommission von 1911 bis 1913 war beteiligt.[4] Einen Ruf an die Universität Straßburg lehnte Frank 1913 ab. 1914 ging er nach München. Mit ihm ging beinahe zeitgleich auch der befreundete Beling, der ihm seine „Lehre vom Verbrechen“ gewidmet hat. Befreundet war er auch mit Philipp Heck, der ihm sein Schuldrechtslehrbuch gewidmet hat. Während des Ersten Weltkrieges rechtfertigte Frank die Verletzung der Neutralität Belgiens und verneinte in einem Gutachten 1919 die Auslieferung Kaiser Wilhelm II. 1929 beschrieb er seinen politischen Standpunkt als demokratisch, liberal und „politisch links“, bis zu dem Zeitpunkt, da ihn „die Revolution mit ihren vaterlandslosen Untertönen stark nach rechts geschoben“ habe. [5]

1920 wurde er Rektor der Universität, nachdem er den Ruf nach Leipzig als Nachfolger Wachs abgelehnt hatte. Karl Engisch:

„Als dies geschah (1920), war ich gerade Student in München und hörte bei Frank Strafprozeß. Ich erinnere mich des minutenlangen Beifalls, den das Auditorium dem zwar im Vortrage trockenen, aber doch als Lehrer und Mensch hochverehrten Manne für die Ablehnung des Leipziger Rufs spendete. Empfehlungen meines Vaters führten mich auch als Gast in das Haus Franks. Als Mittagsessen bot er den Studenten regelmäßig Kartoffelpfannkuchen, weil man die in den Gasthäusern nicht zu essen bekomme. Die Atmosphäre, die einen umfing, war von gewinnender Familiarität.“

Oft zitiert wurde sein seit 1897 erschienenen Kommentar zum Reichs-Strafgesetzbuch, der bis zu seinem Tod 18 Auflagen hatte. Im März 1934 ist er verstorben.

Frank'sche Formeln

Zur Unterscheidung, ob der Rücktritt vom Versuch aus autonomen oder heteronomen Motiven geschieht:

„Ich will nicht zum Ziele kommen, selbst wenn ich es könnte“ (autonom), „ich kann nicht zum Ziele kommen, selbst wenn ich es wollte“ (heteronom). [6]

Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit:

Erste Formel:

„Kommt man zu dem Ergebnis, daß der Täter auch bei bestimmter Kenntnis gehandelt hätte, ....so ist der Vorsatz zu bejahen; kommt man zu dem Ergebnis, daß er bei bestimmter Kenntnis die Handlung unterlassen hätte, so ist der Vorsatz zu verneinen."

Zweite Formel:

In einem hypothetischen Urteil sage sich der Täter: „mag es so oder anders sein, so oder anders werden, auf jeden Fall handle ich.“[7]

(Die Merksätze, "Es wird schon gutgehen!" für bewusste Fahrlässigkeit; "Na wenn schon!" für dolus eventualis geht der erstere auf Diethelm Kienapfel zurück.)[8]

Werke

  • Des Regnerus Engelhard peinliches Recht: ein Beitrag zur Kenntniss und Beurteilung der Wolff'schen Rechtsphilosophie, Diss. Marburg 1886.
  • Die Wolff'sche Strafrechtsphilosophie und ihr Verhältnis zur kriminalpolitischen Aufklärung des XVIII. Jahrhunderts, Habil. Marburg 1887.
  • Naturrecht, geschichtliches Recht und soziales Recht, Leipzig 1891.
  • Die neueren Disciplinargesetze der deutschen evangelischen Landeskirchen systematisch dargestellt, Marburg 1890.
  • Studien zum Polizeistrafrechte Giessen 1897.
  • Der Kampf um ein deutsches Auslieferungsgesetz; unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes der freien Stadt Frankfurt vom 6. Juni 1866, Berlin
  • Mitherausgeber des „Pitaval der Gegenwart“, (8 Bände, ab 1904).
  • Über den Aufbau des Schuldbegriffs 1907, (Neudruck 2009).
  • Vergeltungsstrafe und Schutzstrafe; Die Lehre Lombrosos, Tübingen 1908.
  • Die belgische Neutralität, Tübingen 1915.
  • Das Seekriegsrecht in gemeinverständlichen Vorträgen, Tübingen 1916.
  • Das Saargebiet im Friedensschluss, München 1919.
  • Kann Kaiser Wilhelm II, ausgeliefert werden? (Gutachten im Auftrag der Deutschen Burschenschaft), Berlin 1919.
  • Wesen und Tragweite der Neutralitätsgesetze; Rede zum Antritt des Rektorats der Universität München im Winter-Semester 1920/21, München 1921.
  • Festgabe für Reinhard von Frank zum 70. Geburtstag, Band I und II, Tübingen 1930 (Neudruck 1969).
  • Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 1. Auflage 1897, 18. Auflage Tübingen 1931 (Neudruck 1975).
  • Beziehungen zwischen Naturwissenschaften und Jurisprudenz, Leipzig 1931.
  • Strafrechtliche Fälle für Übungen an Universitäten und bei Justizbehörden, 1. Auflage 1897, 9. Auflage Giessen 1933.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Fritz Hartung: Jurist unter vier Reichen, Köln, Berlin, Bonn, München 1971, S. 13, 21.
  2. Hermann Seuffert (1836–1902), Karl von Birkmeyer (1847–1920), Fritz van Calker (1864–1957), Wilhelm Kahl (1849–1932), Karl von Lilienthal (1853–1927), von Liszt, Wach
  3. Hermann Lucas (1883–1931), Hans von Tischendorf (1850–1923), Konrad Schulz (1855–1912), Lucian Ernst Alexander Kleine (1861-), Wilhelm Ditzen (1852–1937), Karl Meyer (1862–1937), Curt Joël, Kammergerichtsrat Oelschlaeger.
  4. Tischendorf, Joël und Ludwig Ebermayer (Reich), Lucas, Schulz, Paul Cormann (1868–1952), Georg Lindenberg (–1915), Kleine und Rechtsanwalt Friedmann (Preußen). Meyer (Bayern), Heinrich von Feilitsch (1856–1933) (Sachsen), Erwin von Rupp (1855–1916) (Württemberg), Ernst Duffner (Baden), Rüster (Hessen), Hermann Louis Niemeyer (1855–1940) (Hamburg) und Frédéric Pfersdorff (1874–1956) (Elsaß-Lothringen). Die Hochschulen vertraten Kahl, Frank und Robert von Hippel (1866–1951).
  5. Sein Großvater väterlicherseits Christian Frank (1787–1851) war liberaler Abgeordneter des Vorparlaments 1848 und der hessischen 2. Kammer. Der Großvater mütterlicherseits war der Gießener Schwarze und kurhessische Innenmister Johann Hermann Koch (1795-1862).
  6. „Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich“, 18. Auflage 1931, Anm. II, zu § 46, S. 95.
  7. „Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich“, 18. Auflage 1931, Anm. V, zu § 59, S.182.
  8. AT Z. 27 Rn. 23.

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