- Deutsches Hygiene-Museum
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Das 1912 gegründete Deutsche Hygiene-Museum ist ein Museum in Dresden. Es versteht sich heute als ein öffentliches Forum für Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft. Als populärer Ausstellungs- und Veranstaltungsort gehört das Haus mit jährlich rund 280.000 Besuchern zu den bestbesuchten Museen in Dresden.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Museum wurde 1912 von dem Dresdner Unternehmer und Odol-Fabrikanten Karl August Lingner nach der I. Internationalen Hygiene-Ausstellung als „Volksbildungsstätte für Gesundheitspflege“ gegründet. In dieser Zeit sollten durch zahlreiche (öffentliche) Sanitäreinrichtungen und Schulneubauten der Gesundheitszustand auch ärmerer Bevölkerungsteile verbessert werden. In einer Denkschrift äußerte er: „Das Hygiene-Museum soll Stätte der Belehrung sein für die ganze Bevölkerung, in der jedermann sich durch Anschauung Kenntnisse erwerben kann, die ihn zu einer vernünftigen und gesundheitsfördernden Lebensführung befähigen.“[1]
Damit stellte sich Lingner in die Tradition der Kantschen Aufklärungsdefinition. Insbesondere wurden hier Kenntnisse zur Anatomie des Menschen vermittelt, jedoch auch auf Fragen der gesunden Ernährung, persönlichen Hygiene und Gesundheitsvorsorge eingegangen und es wurden allgemeinverständliche Präsentationsformen entwickelt, mit deren Methodik deutschlandweite Wanderausstellungen gestaltet wurden. 1930 fand die II. Internationale Hygiene-Ausstellung statt, zu der das Museum einen von Wilhelm Kreis entworfenen Museumsbau (1928-30) im Stil zwischen Neoklassizismus und Bauhaus am Blüherpark bezog. Größte Attraktion des Museums war und ist der Gläserne Mensch. Die Museumswerkstätten haben im Laufe der Zeit zahlreiche Exemplare davon für andere Museen in aller Welt hergestellt.
Während des Dritten Reichs wurde das Museum in den Dienst der nationalsozialistischen Rassenideologie gestellt. Laut Personalakte des DHM war Hermann Vellguth hier angestellt. Dieser Vellguth aus der sächsischen Gauleitung, nun schon Oberregierungsrat, nahm teil an der Sitzung der erbbiologischen Kommission des Deutschen Gemeindetages am 14. Juni 1935 in Berlin und war als „Rassenexperte“ Mitunterzeichner des Rassengesetzes vom 14. zum 15. September 1935, also des Euthanasie-Gesetzes (dazu Klee 2003: 638), das die Grundlage für die Sterilisierung, also „Unfruchtbarmachung“ von Tausenden Frauen und Männer bildete. 1944 wurde hier der Reichsberufswettkampf durchgeführt. Große Teile des Museumsgebäudes und der Sammlungen wurden bei den Luftangriffen im Februar 1945 zerstört.
In der DDR erfüllte das Museum – ähnlich der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in der Bundesrepublik – gesundheitsaufklärende Aufgaben. Als Maskottchen zur gesundheitlichen Aufklärung von Kindern war Kundi bis 1990 im Einsatz. 1991 erhielt das Museum eine vollkommen neue Konzeption, die den Ansatz seiner Gründerjahre mit modernen Mitteln weiter verfolgt. Das Deutsche Hygiene-Museum wurde in das im Jahre 2001 erschienene Blaubuch aufgenommen. Das Blaubuch ist eine Liste national bedeutsamer Kultureinrichtungen in Ostdeutschland und umfasst zurzeit 23 sogenannte kulturelle Leuchttürme. Zwischen 2001 und 2005 wurde das Museum unter der Leitung von Peter Kulka saniert und teilweise umgebaut.
Ausstellungen, Sammlung und weitere Aktivitäten
Permanent zu sehen sind die Dauerausstellung „Abenteuer Mensch“ und das „Kinder-Museum Unsere fünf Sinne“. Die Dauerausstellung thematisiert den Menschen, seinen Körper und seine Gesundheit in seinen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten. Das Kinder-Museum informiert spielerisch über die menschlichen Sinne und ihre Leistungsfähigkeit. Das Deutsche Hygiene-Museum verfügt über eine umfangreiche Sammlung. Sie dokumentiert das öffentlich propagierte Körperwissen und Körperpraktiken im Alltag mit dem Schwerpunkt auf Objekten seit Beginn des 20. Jahrhunderts.
Wechselnde Sonderausstellungen beschäftigen sich mit aktuellen oder historischen Fragestellungen aus Wissenschaft und Gesellschaft, Kunst und Kultur. Diese Projekte werden in der Regel von interdisziplinär zusammengesetzten Teams aus Kuratoren, Künstlern, Szenografen und Gestaltern entwickelt. Das Museum kooperiert hierbei mit wissenschaftlichen Institutionen und internationalen und nationalen Partnern und Leihgebern. Zu den wichtigsten Projekten der letzten zehn Jahre gehörten: Kosmos im Kopf – Gehirn und Denken (2000), Der (im-)perfekte Mensch – Vom Recht auf Unvollkommenheit (2000/2001), Die Zehn Gebote. Politik – Moral – Gesellschaft. (2004/2005), Tödliche Medizin – Rassenwahn im Nationalsozialismus (2006/2007), Glück – welches Glück (2008) und 2° Das Wetter, der Mensch und sein Klima (2008/2009). Gegenwärtig (2010) finden die Sonderausstellungen Arbeit – Sinn und Sorge und Was ist schön? statt. Ergänzend zu den Ausstellungen organisiert das Museum ein breit gefächertes wissenschaftliches und kulturelles Veranstaltungsprogramm aus jährlich rund 80 Vorträgen und Tagungen, Diskussionen, Lesungen und Konzerten. Das Tagungszentrum des Museums kann für externe Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmern genutzt werden.
Ausstellungen ab 2010
- 2011: Images of the Mind. Bildwelten des Geistes. Diese Ausstellung wurde anschließend in der Mährischen Galerie in Brünn gezeigt.
- 2011: Auf die Plätze! Sport und Gesellschaft
Persönlichkeiten am Museum (Auswahl)
- Ernst Bursche, Ausstellungsgestalter
- Marta Fraenkel, Medizinerin
- Wolfgang Knorr, Mediziner
- Rudolf Neubert, Mediziner
- Ferdinand von Reitzenstein, Sexualwissenschaftler
- Arthur Schloßmann, Mediziner
- Georg Seiring, Direktor
- Werner Spalteholz, Anatom
- Fritz Stopp, Botaniker
Siehe auch
Literatur
- Klaus Vogel: Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden. 1911 bis 1990. Sandstein, Dresden 2003, ISBN 3-930382-99-7.
- Sabine Schulte: Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden von Wilhelm Kreis. Biographie eines Museums der Weimarer Republik. Dissertation, Bonn 2001, urn:nbn:de:hbz:5-02407.
- Susanne König: Bilder vom Menschen – Geschichte und Gegenwart. Die Dauerausstellung des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden. In: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, 4 (2007), H. 1 u. 2 (Online-Ausgabe).
- Christoph Wingender: Stiftung Deutsches Hygiene-Museum. In: AsKI-Kulturberichte, Heft 1/2001, Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e. V., Bonn (Online-Archiv).
Weblinks
Commons: Deutsches Hygiene-Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Website des Deutschen Hygiene-Museums
- Lingner-Archiv über K. A. Lingner, den Gründer des Deutschen Hygiene-Museums
- Deutsches Hygiene Museum – Monumentale Mischung aus Neoklassik und triumphierender Moderne bei das-neue-dresden.de
Einzelnachweise
- ↑ K. A. Lingner: Denkschrift zur Errichtung eines National-Hygiene-Museums in Dresden. Dresden 1912, S. 5.
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