Die Westfront 1944/1945

Die Westfront 1944/1945

Mit Jahresbeginn übernahm Erwin Rommel den Oberbefehl der deutschen Heeresgruppe B an der Westfront nördlich der Loire. Am 21. Januar 1944 begann die deutsche Luftwaffe wieder mit Angriffen auf London, die bis zum April fortgesetzt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Während die Alliierten damit beschäftigt waren, Berge von Versorgungsmaterial anzuhäufen, verstärkten die Deutschen ihre Küstenbefestigungen im Atlantikwall. Auf dem Papier waren die Zahlen beeindruckend, vor allem wenn man die Rückschläge der letzten zwei Jahre in Betracht zog. Die Wehrmacht hatte noch immer 54 Divisionen in Westeuropa, 27 in Italien und 156 an der russischen Front (Deutsche Situation in der Normandie im Jahr 1944).

In Wahrheit taten jedoch nur 850.000 Männer im Westen Dienst. Den meisten Infanteriedivisionen mangelte es an motorisierten Transportmitteln, so dass sie nicht mehr als unbewegliche, so genannte bodenständige Divisionen waren. Verstärkt wurden diese durch Einheiten der Ostlegionen, die sich hier überwiegend gut schlugen, auch wenn sie ständigen Luftangriffen ausgesetzt waren. Die Panzerstärke der Wehrmacht war kaum ermutigender. Im Juni 1944 gab es nur zehn Panzerdivisionen und eine Panzergrenadierdivision, die weit hinter der Küstenlinie stationiert waren (dies kam daher, da sich Gerd von Rundstedt, General Leo Geyr von Schweppenburg und Adolf Hitler, gegen den Willen Rommels, dazu entschlossen hatten, die Panzerreserve ins Hinterland zu verlegen). Insgesamt standen ihnen nur 1.552 Panzer zur Verfügung. Nach Abzug von Fahrzeugen, die wegen Wartungsproblemen nicht einsatzbereit waren, konnte die durchschnittliche deutsche Panzerdivision sich glücklich schätzen, wenn sie 100 einsatzbereite Panzer zur Verfügung hatte.

Deutsche Panzerdivisionen (Panzerkorps „Großdeutschland“) hatten im zurückliegenden Sommer Verluste hinnehmen müssen, als sie versucht hatten, den Frontvorsprung bei Kursk von Feindkräften zu räumen (Unternehmen Zitadelle). Die Niederlage in der Schlacht von Stalingrad 1942–43 hatte gleichfalls zu einer erheblichen Schwächung der personellen und materiellen Kräfte beigetragen.

Das grundlegende Dilemma der Invasionsabwehr war die Frage, wo der Gegner geschlagen werden sollte. Rommel war aufgrund seiner Erfahrungen in Afrika der Ansicht, dass dies in der Landezone geschehen müsse. Wenn der Gegner sich einmal festgesetzt hätte, wäre es aufgrund seiner Luftüberlegenheit unmöglich, ausreichende Kräfte zu seiner Vernichtung herbeizuführen. Rundstedt hingegen (und auch Hitler) hielten es für unmöglich, alle denkbaren Landezonen ausreichend zu verteidigen. Sie wollten Reserven im Hinterland bereithalten und diese einsetzen, sobald das Invasionsgebiet klar erkennbar war. Im Grunde hatten beide recht – allerdings nur im negativen Sinn. Rundstedt sah richtig, dass nicht genügend Kräfte da waren, um alle möglichen Landezonen zu verteidigen, Rommel hatte recht, was die Beurteilung der alliierten Luftherrschaft betraf. Da eine deutsche Luftaufklärung nicht mehr existierte, gab es auch keine Möglichkeit, die Landezonen rechtzeitig zu identifizieren.

Am Landungstag erwies sich die Meinungsverschiedenheit allerdings als fast gegenstandslos, da Rommel aufgrund schlechter Wettervorhersagen in Heimaturlaub war und Rundstedt ohne Hitler nichts unternehmen durfte. Hitler weilte auf dem Berghof und durfte nicht geweckt werden. Erst um 11.00h morgens erfuhr er von der Invasion, die er anfangs für ein Ablenkungsmanöver hielt.

Operation Overlord – Die Landung in Europa am 6. Juni 1944

Gegenoffensive 1943–1945
US-Amerikaner landen bei Omaha Beach am D-Day.

Am 6. Juni 1944 landeten die Alliierten in der Normandie. Der Plan für die Operation Overlord fußte auf ab 1941 ausgearbeiteten Invasionsplänen und war vom britischen Lieutenant General (Generalleutnant) Sir Frederick E. Morgan in seiner endgültigen Fassung erarbeitet worden. Er sah vor, mit vier Armeen zu landen und dann schnell ins Landesinnere vorzustoßen. Die Deutschen waren schlecht auf die Invasion eingestellt. Der deutsche Planungsstab und Hitler erwarteten die Landung immer im Pas-de-Calais, der engsten Stelle des Ärmelkanals. Das Gebiet von Calvados, wo die Alliierten schließlich an Land gingen, wurde stellenweise nur mit einigen Metern Stacheldraht und ein paar MG-Nestern verteidigt. Aber nicht überall, denn trotz der falschen Erwartungen des OKW über den Ort der Invasion war die Normandieküste doch recht schwer befestigt. Das Invasionsgebiet war in fünf Landungsabschnitte aufgeteilt mit den Decknamen Juno, Gold, Sword (britisch/kanadische Landungsabschnitte), sowie Utah und Omaha (US-amerikanische Landungsabschnitte). Die Bombardierungen der Küste aus der Luft und von See verliefen planmäßig, verfehlten bei Omaha jedoch die erste deutsche Linie, und das führte, zusammen mit der Tatsache, dass die Deutschen in Unkenntnis der Alliierten eine zweite Division dort hatten, zu sehr schweren Verlusten der ersten Welle (ca. 70 %).

Am so genannten D-Day waren während der Operation Neptune, dem eigentlichen Landungsunternehmen, fast 6.700 Schiffe und über 13.000 Flugzeuge beteiligt. Am frühen Morgen des 6. Juni starteten mehrere Luftlandeeinheiten (die 82. und 101. US-Luftlandedivision, sowie die 6. Britische Luftlandedivision) zu ihren Einsätzen im Hinterland. Wegen Navigationsfehlern und überraschend starkem deutschen Flakfeuer erreichten viele Maschinen nicht die vorgesehenen Absprungzonen, so dass die Fallschirmjäger über weite Teile der Halbinsel Cotentin verteilt wurden.

Ein Soldat hält Ausschau nach Scharfschützen im heftig umkämpften Caen

Obwohl die Alliierten gewaltige Kräfte aufgeboten hatten, kamen sie stellenweise nur schleppend voran. Doch nicht zuletzt durch die alliierte Luftüberlegenheit und die selbst zerstörten französischen Bahngleise gelang es der deutschen Seite nicht, schnellstmöglich zusätzliche Einheiten in das Kampfgebiet der Normandie zu verlegen. Cherbourg im Norden der Cotentin-Halbinsel unter Festungskommandant Karl-Wilhelm von Schlieben fiel am 26. Juni nach starkem amerikanischen Artilleriebeschuss und heftigen Straßenkämpfen (Schlacht um Cherbourg).

Die Einnahme von Caen, ein Primärziel des ersten Landungstages, erwies sich für die alliierten Truppen der Briten und Kanadier an der Ostseite des Normandie-Brückenkopfes als ungleich schwieriger (Schlacht um Caen). Erst nach sechs Wochen verlustreicher Kämpfe konnte die Stadt am 19. Juli vollständig besetzt werden.

Am 15. August begann eine zweite Invasion in Südfrankreich an der Côte d’Azur zwischen Toulon und Cannes (Operation Dragoon). An der Landung waren 880 alliierte Seeschiffe, darunter 4 Flugzeugträger, 6 Schlachtschiffe, 21 Kreuzer und über 100 Zerstörer, insgesamt 34 französische Schiffe und 1.370 Landungsboote sowie ca. 5.000 Flugzeuge beteiligt. Drei amerikanische Divisionen bildeten die Angriffstruppen. Die Franzosen und US-Amerikaner konnten ohne entscheidenden Widerstand zügig in das Landesinnere vorstoßen.

In der Normandie unternahmen die US-Amerikaner am 25. Juli einen Ausbruchsversuch aus ihrem Brückenkopf-Sektor (Operation Cobra), der in den Folgetagen im Westen zur Abschnürung der Cotentin-Halbinsel bis nach Avranches führte. Im Osten konnten US-amerikanische Einheiten bei Saint-Lô nach anfänglicher Verzögerung schnell die deutsche Front durchbrechen. Am 6. August starteten die Deutschen zwar unter dem leitenden OB West, Generalfeldmarschall Günther von Kluge, eine Konterattacke bei Mortain (Unternehmen Lüttich). Sie wurde aber schon nach zwei Tagen wieder gestoppt, was schließlich mit Hilfe der nördlich kämpfenden Briten und Kanadier zum Kessel von Falaise führte.

Amerikanische Truppen beim Parademarsch in Paris am 29. August 1944

Am 25. August wurde Paris befreit (Schlacht um Paris). Der deutsche Stadtkommandant General Dietrich von Choltitz verweigerte Hitlers Befehl, die Stadt zu zerstören und ergab sich mit seinen Truppen kampflos. Durch die enorme Materialfülle und absolute Luftherrschaft konnten zu jeder Zeit deutsche Truppenansammlungen zerschlagen werden und kamen die Alliierten in der Folgezeit recht zügig voran. Zwar überdehnten sie bei ihrem schnellen Vorstoß zum deutschen Westwall ihre Versorgungslinien, aber durch den Aufbau neuer, schneller Nachschubwege (Red Ball Express), gelang es vor allem den in großen Mengen benötigten Treibstoff bereit zu stellen. Bereits am 3. September fiel Brüssel und am Tag darauf konnte Antwerpen besetzt werden. Einzig bei der Luftlandeoperation Market Garden konnte das II. SS-Panzerkorps den Briten und US-Amerikanern in Arnheim noch einmal eine schwere Niederlage beibringen.

Mit dem Verlust der Atlantikhäfen am Ärmelkanal und vor allem in der Bretagne (Schlacht um die Bretagne) setzte die deutsche Marine ihren U-Boot-Krieg von Norwegen aus fort. Bis zum 1. September griffen die Deutschen von Abschussrampen in Nordfrankreich aus mit Raketen (V1, V2) London an. Mit Arbeiten an dem Projekt „Friesenwall“ sollte dem direkten Eindringen der Alliierten an der deutschen Nordseeküste entgegengewirkt werden.

Am 21. Oktober eroberten die Alliierten nach heftigen Kämpfen mit Aachen die erste deutsche Stadt. (Schlacht um Aachen) Im Anschluss daran wurden die Industrie-Stützpunkte und verkehrstechnisch wichtigen Städte Euskirchen und Düren, sowie die Stadt Jülich vollständig zerstört und Heinsberg schwer verwüstet. Am 22. November erreichten weiter südlich US-amerikanische Kräfte Metz und Straßburg. Im Dezember versuchten die Deutschen mit der Ardennen-Offensive die Oberhand im Westen zu gewinnen. Das Operationsziel, die Linien der Alliierten zu spalten und in breiter Front nach Belgien vorzustoßen, wurde jedoch nicht erreicht.

1945

Zwei Panzerabwehrinfanteristen des 101. Infanterieregiments ducken sich, nachdem ein deutscher Benzintank-Anhänger auf dem Marktplatz von Kronach explodierte. Anmerkung: Die Szene wurde für die Aufnahme gestellt. Photograph war W. J. Rothenberger.

Alliierte Truppen erreichten am 7. März die nicht zerstörte Rheinbrücke von Remagen südlich des Ruhrgebiets, am 23. März begann die Rheinüberquerung nördlich des Ruhrgebiets bei Wesel (Operation Plunder). Die Heeresgruppe B der Wehrmacht unter Feldmarschall Model wurde am 1. April eingeschlossen (Ruhrkessel) und kapitulierte am 18. April, am selben Tag nahmen die US-Truppen Magdeburg ein, einen Tag später Leipzig.

Amerikanische Truppen überqueren in der Nacht vom 22. auf den 23. März 1945 bei Oppenheim den Rhein und stoßen durch das Hessische Ried, das bis zum 24. März 1945 unter teils schweren Kämpfen erobert wird, vor. Anschließend kesseln die Truppen unter General Patton das am 11. September 1944 durch einen Luftangriff der sogenannten Brandnacht, zerstörte Darmstadt ein, das am Palmsonntag den 25. März 1945 kapituliert.

Am 25. April trafen sich US-amerikanische und sowjetische Truppen in Torgau an der Elbe. Nach dem Elbe Day war der Einflussbereich der Deutschen zweigeteilt. Am 26. April fiel Bremen an die Briten, die weiter nach Nordosten zogen. Sie nahmen Lübeck (2. Mai), während die US-Armee in Wismar einmarschierte, wohl auch, um die Rote Armee daran zu hindern, bis Schleswig-Holstein vorzustoßen. Am 3. Mai ergab sich Hamburg.

Am 5. Mai kapitulierte Generaloberst Johannes Blaskowitz, dessen Truppen in Holland eingekesselt waren.

Während die britischen Einheiten Norddeutschland eroberten, wandten sich die US-Amerikaner nach Süden: Sie besetzten am 30. April München. Stuttgart fiel am 22. April an die französische Armee, die nach Süden bis Vorarlberg vordrang. Die US-Armee wandte sich zu den Alpen und traf am 3. Mai am Brennerpass mit ihren Landsleuten zusammen, die von Süden her Oberitalien besetzt hatten.

In Italien fiel Bologna am 19. April an die US-Truppen, während Genua am 27. April erobert wurde; einen Tag später ergriffen italienische Partisanen in Dongo den gestürzten „Duce“ Benito Mussolini und erschossen ihn. Am 2. Mai kapitulierten die deutschen Einheiten in Italien, am selben Tag marschierte die britische Armee in Triest ein.

Am 8. Mai 1945 kapitulierten die letzten verbliebenen deutschen Einheiten. Jodl unterschrieb die Kapitulation in Reims und Keitel in Berlin Karlshorst. Damit war der Krieg in Europa beendet.

Literatur

  • Helmut Ritgen: Westfront 1944. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613-02409-8
  • Peter Lieb: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-48657-9925.

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