Doktor der Rechte

Doktor der Rechte

Doktor der Rechte, seltener Doktor des Rechts oder Doktor der Rechtswissenschaft(en) (lat. Doctor juris (Dr. jur.) oder Doctor iuris (Dr. iur.), Doctor iurisprudentiae) ist der akademische Grad eines Doktors im Bereich der Rechtswissenschaft.

Die Pluralform verweist auf das mittelalterliche Verständnis zweier getrennter Rechtsmaterien, des weltlichen (Zivil-) Rechts und des kanonischen Kirchenrechts. Hat der Kandidat auch Leistungen im Kirchenrecht erbracht, so verleihen wenige Fakultäten den Grad Doktor beider Rechte (Doctor iuris utriusque (Dr. iur. utr.), J. V. D.: Juris Utriusque Doctor)). Bekannte Träger dieses Grades sind Alessandro Verde, Cajetan von Thiene, Sebastian Brant, Thomas Murner, Nikolaus von Prüm, Mario Francesco Pompedda, Luigi Poggi, Maximilian von Sachsen, Józef Glemp, Salvatore Pappalardo, Günter Kuhfuß, Peter Wichert, Oskar von Bülow [1], Andreas Burckhardt und als Ehren Doktorwürde die Frauenrechtlerin Camilla Jellinek.

Im Gebiet des kanonischen Rechts wird der Grad Doktor des kanonischen Rechts (Doctor iuris canonici (Dr. iur. can.), auch Juris Canonici Doctor (J.C.D.); Iuris Canonici Doctor (I.C.D.), Doctor of Canon Law (D.C.L., D.Cnl., D.D.C., D.Can.L.)) verliehen.

Einige Doktorgrade der Rechtswissenschaft aus anderen Staaten gelten nicht als äquivalent zu einem Doktorgrad in Deutschland und Österreich. In manchen Staaten werden etwa juristische Doktorgrade als Berufsdoktorate verliehen, die als Abschluss des Studiums und nicht aufgrund einer wissenschaftlichen Promotionsleistung erworben werden, beispielsweise der Juris Doctor (J.D.) in den USA. Hier existieren dann in der Regel weiterführende Forschungsdoktorate, wie etwa der Doctor of Juridical Science, Doctor of the Science of Law (J.S.D. oder S.J.D).

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

In Deutschland richten sich die Voraussetzungen zum Erwerb des Doktorgrades nach den Promotionsordnungen der einzelnen Fakultäten. Der Doktor der Rechte bzw. Doktor der Rechtswissenschaft wird von den juristischen Fakultäten verliehen. Gleiches gilt für den akademischen Grad Dr. iur. utr., der allerdings nur noch von den juristischen Fakultäten der Universitäten Köln, Würzburg und seit 2004 auch Potsdam verliehen wird. Die Universitäten Erlangen-Nürnberg und Heidelberg verleihen den Grad nicht mehr.

Im Bereich des kanonischen Rechts muss der Doktorand ein Studium des kanonischen Rechts mit dem Grad eines Lizentiaten des kanonischen Rechts (Lic. iur. can.) abgeschlossen haben. Dies setzt seinerseits ein vorheriges abgeschlossenes Studium der Theologie oder der Rechtswissenschaft voraus. Er wird in Deutschland derzeit nur noch am Klaus-Mörsdorf-Institut für Kanonistik in München verliehen.

Voraussetzung mit 1. Staatsexamen

Im Bereich der Rechtswissenschaft muss der Doktorand in der Regel ein Erstes juristisches Staatsexamen bestanden haben, häufig mit einer Mindestpunktzahl (i.d.R. vollbefriedigend). Daneben können besondere Kenntnisse wie z. B. Lateinkenntnisse verlangt werden.

Voraussetzung ohne 1. Staatsexamen

Universitäts- und Fachhochschulabsolventen mit dem Studienabschluss Master of Laws bzw. LL.M. (lat. Legum Magister) können unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls zur Promotion berechtigt sein. Da Fachhochschulen kein eigenes Promotionsrecht haben, müssen Fachhochschulabsolventen sich an einer juristischen Fakultät um die Annahme als Doktorand bewerben, so dass deren Promotionsordnungen die (teils sehr restriktiven) Voraussetzungen festlegen, unter den Fachhochschulabsolventen zugelassen werden. Auch die Voraussetzungen, unter denen die Absolventen juristischer bzw. wirtschaftsjuristischer Masterprogramme zur Promotion zugelassen werden, sind derzeit in der Regel noch sehr restriktiv. Zum Teil sehen die Promotionsordnungen eine Promotion zum Dr. iur. jedoch nur für Absolventen vor, die in allen Bereichen der Rechtswissenschaften Kenntnisse, also umfassende materiellrechtliche Grundkenntnisse in den drei Rechtsgebieten Bürgerliches Recht, Strafrecht und öffentliches Recht sowie der juristischen Methoden erlangt haben; für Absolventen der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaften bleibt dann die Möglichkeit, zum Dr. rer. pol. zu promovieren (so zum Beispiel im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel, § 1 Abs. 1 Bes_BestFB07[2]).

Promotionsleistungen

Die Promotionsleistung selbst besteht aus einer Abhandlung, der Dissertation, die veröffentlicht wird und eine selbständige wissenschaftliche Arbeit ist, und einer mündlichen Prüfung. Diese Prüfung kann als Rigorosum oder Verteidigung der Arbeit (Disputatio) ausgestaltet sein. Soll der Grad eines Doktors beider Rechte (Dr. iur. utr.) erworben werden, so wird zusätzlich eine kirchenrechtliche oder kirchenrechtshistorische Prüfungsleistung verlangt.

Ist die Promotion angenommen und veröffentlicht, bekommt der Doktorand das – häufig auf Latein verfasste – Doktordiplom ausgehändigt und erlangt damit das Recht, den Doktorgrad zu führen.

Österreich

In Österreich beträgt die Regelstudiendauer zum Erwerb des Dr. iur. derzeit oft noch zwei - vier Semester. Nach neuem Recht, nach der Umsetzung des Bologna-Prozesses, sind mindestens sechs Semester vorgesehen, und die Universitäten können zukünftig wählen, ob sie weiterhin den traditionellen Grad Doctor iuris oder den „internationaler“ klingenden Grad Doctor of Philosophy (PhD) für das Doktoratsstudium verleihen.[3] Neben der Dissertation sind Lehrveranstaltungen (insb. Seminare) und Rigorosen vorgesehen. Für die Zulassung zum Studium sind ein abgeschlossenes rechtswissenschaftliches Diplomstudium (Mag. iur.) oder ein gleichwertiger in- oder ausländischer Universitäts- oder Fachhochschulabschluss erforderlich.

Tschechien, Slowakei

Der akademische Grad eines Doktors der Rechte (tschechisch und slowakisch doktor práv), abgekürzt als JUDr., wird von den juristischen Fakultäten einiger Universitäten in Tschechien und der Slowakei verliehen. Seit der Umsetzung des Prozess von Bologna wird der Titel nur noch sehr vereinzelt angeboten. Bis zu dem Jahr 1996 in der Slowakei bzw. bis 1998 in Tschechien wurden sie direkt nach einer mündlichen sogenannten rigorosen Prüfung in einem Rechtsfach vergeben. Zwischen 1980 und 1990 haben Hochschulabsolventen entsprechender Magisterstudiengänge, die das Studium mit Auszeichnung beendet haben, diesen Doktorgrad sogar unmittelbar zusammen mir ihrem Hochschuldiplom ohne die zusätzliche rigorose Prüfung erhalten. Erst nach 1994 in der Slowakei bzw. 1998 in Tschechien ist Bestandteil der rigorosen Prüfung auch die Verteidigung einer eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit [4]. Dieses rigorose Verfahren benötigt derzeit durchschnittlich etwa 2 bis 4 Semester, wobei weder eine Mindest- noch Höchstdauer vorgegeben ist. Zulassungsvoraussetzung zu dem Verfahren zur Erlangung des JUDr. ist ein absolviertes Magisterstudium der Rechte oder ein ausländisches Äquivalent wie etwa das erste juristische Staatsexamen in Deutschland.[5] [6] [7]

Einstufung

Dieser Titel berechtigte bis zur Umsetzung des Prozesses von Bologna zur Anfertigung einer Habilitation, so dass eine Vielzahl Professoren an den juristischen Fakuläten Ihre Habilitation auf Ihrer Thesis im Rahmen des JuDr. aufgebaut haben [8]. Heute wird allerdings erst der wissenschaftliche Forschungsdoktorgrad Ph.D., der nach Abschluss eines mindestens 3-jährigen Doktoratsstudiums mit u.a. obligatorischen Veranstaltungen und Examina sowie Anfertigung und Verteidigung einer Dissertation erworben werden kann, der 3. Stufe der Bologna-Klassifikation (Bachelor-Master-Doktor) zugeordnet.[7]

Führbarkeit

Der Doktorgrad kann in Deutschland und Österreich in der verliehenen Form „JUDr.“ (vor dem Namen) ohne Herkunftszusatz geführt werden. Das Führen dieses Grades als „Dr.“ ist zumeist nicht möglich (bis auf wenige Ausnahmen mit Bestandsschutz in Bayern und Berlin bei Beginn des Studiums bis 2007).[9] [10] [11] [12]

JUDr. vor 1939

Die Abkürzung JUDr. war auch in der ersten Tschechoslowakischen Republik (vor dem zweiten Weltkrieg) in Gebrauch. Sie wurde jedoch, anders als heute, ausschließlich für die wissenschaftlichen Forschungsdoktorgrade verwendet, da in damaliger Zeit keine „kleinen Doktorgrade“ existierten. Die Abkürzung war analog der in Deutschland „Dr. jur.“ und man konnte damals im Gegensatz zu heute wählen, ob man den Grad als „Dr.“ oder als „JUDr.“ schreiben und führen möchte. Der heutige Doktorgrad JUDr., der seit dem Jahre 1966 verliehen wird, hat, bis auf die vier Buchstaben, mit dem ehemaligen "Forschungsdoktorgrad" JUDr. aus der Zeit vor 1939 nichts gemeinsam.

Doktor des kanonischen Rechts

Der akademische Grad eines Doktors des kanonischen Rechts (tschechisch doktor kanonického práva und slowakisch doktor kánonického práva), abgekürzt als ICDr., wurde in der Vergangenheit von den theologischen Fakultäten der meisten Universitäten in Tschechien und der Slowakei in einem 1- bis 2-semestrigen Promotionsverfahren nach einem Rigorosum vergeben. Zulassungsvoraussetzung zu dem Promotionsverfahren zur Erlangung eines ICDr. war ein abgeschlossenes Magisterstudium.

Der ICDr. wird als sogenannter „kleiner Doktorgrad“ eingestuft und ist nicht mit einem Doktorgrad in Deutschland äquivalent. "Aufgrund des Fehlens einer als eigenständige wissenschaftliche Forschungsarbeit ausgewiesenen Dissertation ist Gleichwertigkeit mit einem deutschen Doktorgrad nicht gegeben." [13]

Dieser Grad kann in Deutschland und Österreich in der verliehenen Form „ICDr.“ ohne Herkunftszusatz geführt werden. Das Führen des Grades als „Dr.“ ist in Deutschland nicht möglich (bis auf wenige Ausnahmen für „Altfälle“ mit Bestandsschutz in Bayern und Berlin).[14] [15]

Literatur

Quellen

  1. De praejudicialibus exceptionibus … Von Oskar Bülow
  2. - Besondere Bestimmungen des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel zu den Allgemeinen Bestimmungen für Promotionen an der Universität Kassel (AB_PromO) vom 25. Januar 2006
  3. § 54 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002. Siehe dazu auch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 15: Ordentliche Studierende, die Doktoratsstudien betreiben, welche mit einem Arbeitsaufwand von mindestens 120 ECTS-Anrechnungspunkten vor dem In-Kraft-Treten des § 54 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 74/2006 eingerichtet wurden, sind berechtigt, diese Studien bis längstens 30. September 2017 nach diesen Vorschriften abzuschließen. Ab dem Studienjahr 2009/10 darf eine Zulassung zu einem Doktoratsstudium, dessen Mindeststudiendauer weniger als drei Jahre beträgt, nicht mehr erfolgen.
  4. § 53 Absatz 8 des Hochschulsgesetzes spricht wörtlich sogar von einer "Verteidigung einer Dissertation, im akademischen Bereich des Magisterstudims"
  5. Tschechisches Hochschulgesetz 111/1998 vom 22. April 1998 (in Englisch)
  6. Slowakisches Hochschulgesetz 131/2002 vom 21. Februar 2002 (in Slowakisch)
  7. a b anabin - Informationssystem zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse
  8. Verzeichnis der größten jur. Fakultät der Slowakei
  9. Führung ausländischer Hochschulgrade, Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Juli 2008
  10. Infoblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom April 2008
  11. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21. September 2001 i.d.F. vom 15. Mai 2008
  12. Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 27. Juli 2011 - 9 K 259/09 -; noch nicht rechtskräftig
  13. anabin - Informationssystem zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse
  14. Infoblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom April 2008
  15. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21. September 2001 i.d.F. vom 15. Mai 2008

Weblinks


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