Eberhard Rebling

Eberhard Rebling
Eberhard Rebling (1963)

Eberhard Rebling (* 4. Dezember 1911 in Berlin; † 2. August 2008 in Königs Wusterhausen) war ein deutscher Pianist, Musik- und Tanzwissenschaftler sowie Antifaschist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und als junger Erwachsener

Rebling, der aus einer preußischen Offiziersfamilie stammt, der Vater war Major,[1] begann mit 7 Jahren das Klavierspielen zu erlernen. Später erhielt er Unterricht bei Lydia Lenz in Berlin-Friedenau und konnte 1929 den 1. Preis beim „Interpretenwettbewerb des Deutschen Künstlerverbandes“ gewinnen. Er spielte Stücke von Sergej Prokofjew und Ernst Toch. Nach dem Abitur am Goethe-Gymnasium in Berlin-Wilmersdorf,[1] studierte Rebling Musikwissenschaft, unter anderem bei Friedrich Blume, Curt Sachs und Erich Moritz von Hornbostel, sowie Germanistik und Philosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. 1932 verfolgte er Ernst Busch und Hanns Eisler live auf der Bühne und lernte den niederländischen Kunsthistoriker Leo Balet kennen und begann sich in Folge mit dem Marxismus zu beschäftigen. Er lernte Georg Lukács und Andor Gábor kennen. 1933 erlebte er den Reichstagsbrand in Berlin und wählte daraufhin die KPD. Er beendete sein Studium 1935 mit einer Dissertation zur Erlangung des Dr. phil. bei Arnold Schering zum Thema Die soziologischen Grundlagen der Stilwandlung der Musik in Deutschland um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Während des zweiten Weltkrieges

1936 emigrierte Rebling aus Opposition zum nationalsozialistischen Regime nach Den Haag. Im gleichen Jahr erschien in Straßburg und Leiden das zusammen mit Leo Balet verfasste Buch Die Verbürgerlichung der deutschen Kunst, Literatur und Musik im 18. Jahrhundert. Im Jahre 1937 unternahm er eine Konzertreise als Klavier-Begleiter einer kleinen Tanzkompanie nach Java und Sumatra. Im gleichen Jahr lernte er in Den Haag seine Frau, die jüdische Schauspielerin, Tänzerin und Sängerin Lin Jaldati kennen, mit der er in der Nachkriegszeit zu jiddischen Liedern auftrat.

Rebling nahm als Pianist, Musikkritiker und -wissenschaftler am Niederländischen Musikleben teil. Aufmerksamkeit erregte er 1937 mit einem Artikel über „De burgerlijke muziekopvattingen van Willem Mengelberg“, der in der Monatszeitschrift Politiek en Cultuur erschien. Rebling hielt in den Jahren 1938 bis 1940 Vorträge an den Volksuniversitäten und an der Hochschule für bildende Kunst in Den Haag. Er schrieb Beiträge für die Musikzeitschrift Maandblad voor hedendaagse Muziek und die Tageszeitung Vooruit.[2]

Rebling kaufte sich Anfang 1943 in den Niederlanden unter falschem Namen ein Haus und bot bis zu 20 jüdischen Flüchtlingen Unterschlupf. Das Versteck wurde 1944 verraten, er wurde von der Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt. Rebling konnte fliehen, doch der Großteil der in dem Haus lebenden Juden wurde verhaftet und in Konzentrationslager deportiert, unter ihnen Lin, die das Durchgangslager Westerbork, das KZ Auschwitz und KZ Bergen-Belsen überlebte. 1945 trafen sie sich wieder. Sechs der versteckten Juden überlebten den Holocaust jedoch nicht. Dafür, dass er den Flüchtlingen geholfen hatte, wurde Rebling am 11. Oktober 2007 von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.[3] Rebling lernte 1945 Otto Heinrich Frank, den Vater von Anne Frank kennen.[4] Er schenkte ihm nach der Veröffentlichung des Tagebuchs der Anne Frank ein Exemplar. Rebling und seine Frau bereisten Westdeutschland, Frankreich, Israel und die USA mit einem Anne-Frank-Programm.

Nachkriegszeit

Nachdem die deutsche Besatzung der Niederlande beendet worden war, wurde Rebling zunächst Musikredakteur der Tageszeitung der Kommunistischen Partei der Niederlande, De Waarheid.[2] Er trat 1946 der Kommunistischen Partei der Niederlande (CPN) bei.

1951 überzeugte ihn Paul Wandel in die DDR zu kommen. 1952 übersiedelte er mit Lin Jaldati und den zwei Töchtern Kathinka und Jalda nach Berlin (DDR), wo er 1960 Mitglied der SED wurde.[5] In den Jahren von 1952 bis 1959 war er Chefredakteur der Zeitung Musik und Gesellschaft und ab 1959 Professor und Rektor der Hochschule für Musik, die durch seine Initiative den Namen „Hanns Eisler“ erhielt. Reblings Interesse galt dem Ballett, und nach mehreren Reisen und seiner Emeritierung 1976 verfasste er umfassende Werke zur Tanzkunst Indiens und Indonesiens. Sein Archiv übergab er 2002 der Berliner Akademie der Künste. 1959 begleitete er Paul Robeson am Klavier.[5] 1960 gehörte er zu den Mitbegründern der Singebewegung. 1976 ist er mit Ernst Busch und Gisela May im Filmtheater Kosmos aufgetreten.

Rebling war seit 1963 Mitglied der Volkskammer und des Forschungsrats für musikalische Berufsausbildung beim Ministerium für Kultur. Er war Mitglied des Friedensrates der DDR und des Präsidialrates des Kulturbundes der DDR. Bis zu seinem Tode war er Mitglied der PDS und später der Linkspartei und hielt auf politischen Veranstaltungen Vorträge über seine Zeit und Situation während des Zweiten Weltkriegs. Er gehörte dem „Ältestenrat“ der Partei an.

Rebling ist auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden beigesetzt.

Seine jüngere Tochter Jalda Rebling ist als Sängerin tätig, die ältere Kathinka Rebling ist Violinistin und Musikprofessorin.

Auszeichnungen

Werke

  • Die soziologischen Grundlagen der Stilwandlung der Musik im 18. Jahrhundert, (Dissertation) 1935
  • Leo Balet und E. Gerhard [d. i. Eberhard Rebling]: Die Verbürgerlichung der deutschen Kunst, Literatur und Musik im 18. Jahrhundert,
1. Ausgabe: Straßburg und Leiden, Heitz 1936,
2. Ausgabe durch Gert Mattenklott: Frankfurt am Main, Berlin und Wien, Ullstein 1973, 2., erweiterte Auflage, 1979
  • Revolutionnaire Liedern uit Nederlands Verleden, Amsterdam 1938
  • Den lustelijken Mai - Musik im 17. Jahrhundert in den Niederlanden, Amsterdam 1948
  • Een Eeuw Danskunst in Nederland, Amsterdam, Querido 1950
  • Johann Sebastian Bach en de overwinning van de barok, Arnhem 1951
  • Ballett Gestern und Heute, Berlin, Henschel 1956
  • Hans Joachim Moser, Eberhard Rebling (Hrsg.): Robert Schumann, aus Anlass seines 100. Todestages, Breitkopf und Härtel 1956
  • Musikbücherei für Jedermann - "Ballett", Leipzig, Reclam 1963
  • Lin Jaldati und E. Rebling: Es brennt, Brüder, es brennt - Jiddische Lieder, Berlin 1966
  • Ballett heute, Berlin, Henschel; Bremerhaven, Heinrichshofen 1970
  • Tanz der Völker, Berlin, Henschel; Bremerhaven, Heinrichshofen 1972
  • Ballettfibel, Berlin, Henschel 1974
  • Marius Petipa, Meister des klassischen Balletts, Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1980
  • Ballett A - Z (1970); Berlin, Henschel 1984, 5., veränderte Auflage; Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1980, 4. Aufl.
  • Die Tanzkunst Indiens, Berlin, Henschel 1981; Wilhelmshaven, Heinrichshofen 1982
  • Lin Jaldati und E. Rebling: Sag nie, du gehst den letzten Weg, Berlin, Der Morgen,1986, 1. Aufl.; Marburg, BdWi-Verlag 1995
  • Die Tanzkunst Indonesiens, Berlin, Henschel 1989; Wilhelmshaven, Noetzel, Heinrichshofen 1989
  • Eberhard Rebling im Gespräch mit Peter Schleuning: Entstehung und Wirkung des frühen Versuchs einer marxistischen Kunst- und Musikhistoriografie,
pp.89-97 in: Wolfgang Martin Stroh, Günter Mayer (Hrsg.): Musikwissenschaftlicher Paradigmenwechsel? Zum Stellenwert marxistischer Ansätze in der Musikforschung, Oldenburg, BIS 2000, ISBN 3-8142-0726-2, auch als Online-Ausgabe

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Regina Scheer: Musik und die Stille zwischen den Tönen. In: Der Freitag, 22. Dezember 2006.
  2. a b K. Hermsdorf, H. Fetting, S. Schlenstedt: Exil in den Niederlanden und in Spanien 1981, S. 58-59
  3. Professor Dr. Eberhard Rebling als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt., Pressemitteilung der Linken Brandenburg (pdf)
  4. Eberhard Rebling über Anne Frank in der DDR, Interview mit Wouter van der Sluis (2003)
  5. a b Interview von Jochen Voit mit Prof. Dr. Eberhard Rebling am 23. Februar 2006

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