Fatih Akın

Fatih Akın
Fatih Akın, 2009

Fatih Akın (* 25. August 1973 in Hamburg) ist ein deutsch-türkischer Filmregisseur, Drehbuchautor, Schauspieler und Produzent. Für seinen vierten Spielfilm Gegen die Wand mit Birol Ünel und Sibel Kekilli in den Hauptrollen wurde er 2004 mit dem Goldenen Bären, dem Deutschen Filmpreis und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet und dadurch international bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Fatih Akın ist der Sohn türkischer Einwanderer. Sein Vater, Enver Akın, später auch als Darsteller in Filmen Fatih Akıns zu sehen, siedelte 1965 nach Deutschland über und arbeitete in einer Teppich-Reinigungsfirma. Seine Mutter, eine Grundschullehrerin, folgte drei Jahre später. Beide Elternteile Fatih Akıns stammen aus der türkischen Provinz Zonguldak. Geboren und aufgewachsen ist Akın im multikulturellen Hamburger Stadtteil Altona und war Schüler des Gymnasiums Allee. Zeitweise war er Mitglied in einer Jugendbande.[1] Nach ersten Schauspielerfahrungen an der Schule stand für ihn als Sechzehnjähriger sein Berufsziel Regisseur fest. Er wurde Mitglied einer Off-Theatergruppe am Hamburger Thalia Theater. Seit seiner Schulzeit schrieb Akın Kurzgeschichten und kurze Drehbücher. Seine ersten Filmversuche machte er mit einer Super-8-Kamera.

Karriere

DVD-Veröffentlichungen der eigenen Spielfilme Fatih Akıns

1993 begann Akın mit Aushilfstätigkeiten vor und hinter den Filmkulissen bei der Wüste Filmproduktion der Hamburger Produzenten Stefan Schubert und Ralph Schwingel und arbeitete zunehmend als Autor, Regisseur und Schauspieler. Nach dem Abitur absolvierte er von 1994 bis 2000 das Studium Visuelle Kommunikation an der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HfbK). Aus der Zusammenarbeit mit Schwingel gingen zunächst zwei Kurzfilme hervor, Sensin (1995) und Getürkt (1996). 1998 debütierte Akın als Spielfilmregisseur mit Kurz und schmerzlos, danach folgten mit Im Juli (2000) und Solino (2002) weitere Regiearbeiten, in denen er jeweils Moritz Bleibtreu die männliche Hauptrolle anvertraute.

2004 gründete Akın zusammen mit Andreas Thiel und Klaus Maeck die Filmproduktionsfirma Corazón International. Im selben Jahr realisierte er mit dem Spielfilm Gegen die Wand den ersten Teil einer geplanten Trilogie über Liebe, Tod und Teufel und verfilmte das Heinrich-Heine-Lied Die alten bösen Lieder als deutschen Beitrag für den von Lars von Trier produzierten Film Europäische Visionen, zu dem unter anderem auch Tony Gatlif, Theo van Gogh, Aki Kaurismäki und Jan Troell Episoden beisteuerten. Für Gegen die Wand erhielt Akın den Goldenen Bären auf der Berlinale 2004, später den Deutschen Filmpreis und den Europäischen Filmpreis.

Als Anerkennung seines Filmschaffens wurde Fatih Akın 2005 in die Jury der Filmfestspiele von Cannes eingeladen, dem wichtigsten europäischen Filmfestival, während er Monate später im Wintersemester 2005/06 eine Gastprofessur an der HfbK annahm.[2] Im selben Jahr veröffentlicht Fatih Akın seinen ersten abendfüllenden Dokumentarfilm Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul, in dem er über die musikalische Vielfalt Istanbuls berichtet, und zeigte sich mit für das Drehbuch der interkulturellen Komödie Kebab Connection verantwortlich.

Seit 2007 ist Fatih Akın Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg.

2007 realisierte Akın mit Auf der anderen Seite den zweiten Teil seiner „Liebe, Tod und Teufel“-Trilogie. Das Drama feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des 60. Filmfestivals von Cannes und der Filmemacher wurde dort für sein Drehbuch und mit dem Sonderpreis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Neben weiteren Preisen erhielt Auf der anderen Seite den Deutschen Filmpreis in den Kategorien Film, Regie und Drehbuch, den Drehbuchpreis bei der Europäischen-Filmpreisverleihung 2007 und war als offizieller deutscher Beitrag für den besten nichtenglischsprachigen Film bei der Oscar-Verleihung 2008 vornominiert, ebenso wie der von Akın koproduzierte Takva – Gottesfurcht (2006) als türkischer Beitrag.

Während seiner Arbeit zu Auf der anderen Seite hat Akın ein dokumentarisches Langzeitfilmprojekt, mit dem Titel Müll im Garten Eden, über eine geplante Mülldeponie im Heimatdorf seiner Großeltern gestartet.

Regelmäßig kehrt der Filmemacher auch zur Schauspielerei zurück, mit der er seine Filmkarriere 1993 eingeleitet hatte. Neben zum Teil umfangreichen Cameoauftritten in seinen Regiearbeiten, aber auch in Filmen wie Oliver Hirschbiegels Das Experiment, bekleidete Akın als Schauspieler auch Hauptrollen, zum Beispiel im eigenen Kurzfilm Getürkt, in Andreas Thiels Thriller Kısmet (1999; auch unter dem Titel Black Souls bekannt), Idil Üners Kurzfilm Die Liebenden vom Hotel von Osman (2000) oder in der türkischen Kinokomödie Hırsız var! (2004). 2008 wurde er für seine Verdienste um Integration und Identitätsbildung in Europa, gemeinsam mit dem französischen Filmemacher Abdellatif Kechiche, mit der Karlsmedaille für europäische Medien ausgezeichnet.

2008 stellte Akın seine erste Produktion in Hollywood fertig und begann die Zusammenarbeit mit Emir Kusturica an dem Projekt Mamarosch. Zum Episodenfilm Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation steuerte Akın das Stück Der Name Murat Kurnaz bei.

Akın bei der Präsentation von Soul Kitchen in Wien (2009)

Für seine Filmkomödie Soul Kitchen wurde Akın 2009 bei den 66. Filmfestspielen von Venedig mit dem Spezialpreis der Jury geehrt.[3] Der Film mit Adam Bousdoukos in der Hauptrolle war bereits in den Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes berufen worden, konnte aber nicht rechtzeitig zum Filmfestival fertiggestellt werden. Soul Kitchen wurde Monate später für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Film nominiert.

Der Hamburger Filmemacher führte Anfang 2010 einen Rechtstreit mit dem Braunschweiger Schriftsteller Alexander Wallasch, der „auffällige Ähnlichkeiten“ zwischen seinem Debütroman „Hotel Monopol“ und Akins Komödie Soul Kitchen gesehen haben wollte. Wallasch unterlag im Rechtsstreit, sodass eine einstweilige Verfügung bestehen blieb. Thomas Lindemann schrieb bereits am 9. November 2009 in DIE WELT unter der Überschrift Streit um Fatih Akins neuen Film „Soul Kitchen“: „Das ist etwas abenteuerlich, denn auffällige Ähnlichkeiten gibt es nun einmal“.[4]

Privatleben

Akın ist deutscher und türkischer Staatsbürger[5] und wohnt in Hamburg-Ottensen. Er ist mit der Deutsch-Mexikanerin Monique Obermüller verheiratet, sie haben einen im Jahr 2005 geborenen Sohn. Obermüller ist ebenfalls Regisseurin (unter anderem Fatih Akın – Tagebuch eines Filmreisenden, TV-Film von 2007), sie tritt in einigen seiner Filme auf und unterstützt ihren Mann organisatorisch. Akıns älterer Bruder Cem Akın, der hauptberuflich im türkischen Konsulat arbeitet, tritt gelegentlich als Darsteller in seinen Filmen auf und hilft als Regie-Assistent aus. Fatih Akın gilt als zielstrebig und temperamentvoll. In seiner Freizeit legt er in Szene-Kneipen als „DJ Superdjango“ Platten auf und beteiligt sich an Events und Partys.

Aus Protest gegen das Schweizer Bauverbot für Minarette sagte Akın die Teilnahme an der Schweiz-Premiere von Soul Kitchen ab. „Dieser Volksentscheid widerspricht meinem Verständnis von Humanismus, Toleranz und dem Glauben daran, dass ein harmonisches Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Rasse und Religion möglich sein muss“, schrieb er in einem offenen Brief an die Schweizer Presse. „Da ich Kind moslemischer Eltern bin, die in Minaretten keinen politischen Islam, sondern lediglich die vollständige Architektur ihrer Gotteshäuser sehen, fühle ich mich durch den Volksentscheid auch persönlich betroffen.“[6]

Fatih Akın unterstützt seit 2009 gemeinsam mit anderen Freunden den Verein soul kids.[7] Der Verein sammelt mit Veranstaltungen und Aktionen jeglicher Art Spendengelder, die an ausgesuchte gemeinnützige Vereine, Einrichtungen und Projekte gespendet werden. Auf diese Weise will soul kids e.V. auf die unterschiedlichen Nöte, Probleme und Bedürfnisse von Kindern in Hamburg und weltweit aufmerksam machen und gleichzeitig all jenen eine Öffentlichkeit schaffen, die sich im Kleinen wie im Großen für Kinder und Jugendliche einsetzen.

Filmografie (Auszug)

Kurzfilme

Spielfilme

Dokumentarfilme

Musikvideo

Auszeichnungen (Auswahl)

Akın auf der Berlinale 2011
Akıns Star auf dem Boulevard der Stars (2011)

Siehe auch

Weblinks

Wikinews Wikinews: Fatih Akın – in den Nachrichten
 Commons: Fatih Akın – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Hexenkessel Hamburg-Altona“, Kultur Spiegel, 28. September 1998, L 10, S. 18
  2. „Fatih Akin wird Professor“, Hintergrundartikel im Hamburger Abendblatt, 11. Oktober 2005
  3. vgl. Official Awards bei labiennale.org, (aufgerufen am 12. September 2009)
  4. Streit um Fatih Akins neuen Film Soul KItchen
  5. http://www.hamburg.de/ausgabe-dezember/8154/interview-akin-yildirim.html
  6. Akin protestiert gegen Minarett-Bauverbot in der Schweiz (nicht mehr online verfügbar) (Zugriff am 3. Dezember 2009)
  7. Vereinswebsite soul kids e.V.
  8. Das Ende bei talent-film.net
  9. „Soul Kitchen“ – Jasmin Ramadans Roman zum Film von Fatih Akın, Website des Goethe-Instituts, November 2009
  10. Ordensverleihungen zum Tag der Deutschen Einheit, Pressemitteilung des Bundespräsidialamtes, abgerufen am 3. Oktober 2010
  11. Seite des Festivals abgerufen am 18. März 2011

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