Frank Rennicke

Frank Rennicke
Frank Rennicke, Liedermacher und zweimaliger Bundespräsidentschaftskandidat der NPD

Frank Rennicke (* 18. Dezember 1964 in Braunschweig) ist ein deutscher Liedermacher und eine der Schlüsselfiguren der rechtsextremen Szene.[1][2][3][4] In den Jahren 2009 und 2010 wurde er jeweils von der NPD als Kandidat zur Wahl des deutschen Bundespräsidenten vorgeschlagen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frank Rennicke, dessen Vater Ende der 1950er Jahre aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte, ist gelernter Elektroinstallateur, Hausgerätetechniker und Fachberater im technischen Außendienst.[5] Er lebte vorübergehend in Ehningen (Großraum Stuttgart), bis er 2005 umzog. Mit seinem Elternhaus kam es zu schwerwiegenden Auseinandersetzungen, als sich der eher bürgerlich eingeschätzte Sohn in seiner Jugend dem völkisch-nationalen Lager annäherte.[2] Rennicke ist verheiratet und hat sechs Kinder.[6]

Rennicke war Jugendführer bei der rechtsextremen Wiking-Jugend. Als diese 1994 verboten wurde, wurde er Mitglied bei der NPD. Bei der Deutschen Liga für Volk und Heimat engagierte er sich, er führte weiterhin einen Versandhandel für Medien aus dem rechten Spektrum.[2]

1996 brachte der Rechtsextremist Torsten Lemmer ein Buch mit dem Titel „Sänger für Deutschland: Die Biographie des Volkssängers Frank Rennicke“ heraus, in dem unter anderem beschrieben wird, wie die rechtsextreme Szene das Verbot der Wiking-Jugend durch Tarnmaßnahmen nachhaltig umgeht.

Im Jahr 2001 veröffentlichte die Ehefrau des Holocaustleugners Ernst Zündel, Ingrid Zündel-Rimland, eine an die kanadische Regierung gerichtete Petition zur Freilassung von Zündel, die auch vom Ehepaar Rennicke unterzeichnet wurde. Rennicke war neben Ernst Zündel, Horst Mahler, Gerd Honsik, Germar Rudolf, Manfred Roeder, Wilhelm Stäglich, Robert Faurisson und der Witwe von Otto Ernst Remer Gründungsmitglied des Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, einer Organisation, die im Jahr 2008 verboten wurde. Die 2009 verbotene Heimattreue Deutsche Jugend hielt auf einem Anwesen in Rennickes Besitz verschiedene Treffen ab.[7]

Bei der Bundestagswahl 2005 wurde Rennicke auf dem dritten Platz der rheinland-pfälzischen Landesliste der NPD geführt.[7]

Rennicke arbeitete an führender Stelle bei dem Projekt Schulhof-CD der NPD mit, bei dem Musik-CDs mit nationalistischem und rassistischem Inhalt an Schüler verteilt wurden.

Musikalische Tätigkeit

Rennicke, der bei seinen Auftritten Gitarre spielt und dazu singt, hat den musikalischen Stil in weiten Teilen von Liedermachern wie Reinhard Mey übernommen. Weitere Vorbilder in kompositorischer Hinsicht sind Wolf Biermann und Hannes Wader, wenngleich Rennicke selbst nur über einen „begrenzten Vorrat an Melodien und Gitarrengriffen“ verfügt. Sowohl Rennicke als auch seinen Anhängern ist dieses Manko bewusst, der Inhalt der Texte steht jedoch im Mittelpunkt.[2]

Rennicke hat Zugang zu den unterschiedlichsten Ausformungen der rechtsextremistischen Szene. Er wird von Altnazis und Nachwuchsneonazis beiderlei Geschlechts anerkannt.[2] Nach eigenen Angaben absolvierte er in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als eintausend Auftritte im deutschsprachigen Raum sowie in Moskau, London und Paris.[5]

Die häufig nicht von Rennicke selbst, sondern von ungenannten Autoren stammenden Texte zu seiner hauptsächlich für Gitarre komponierten Musik greifen rechtsextreme Themen und Wertvorstellungen auf. So besingt Rennicke die Wehrmacht, nennt die Oder-Neiße-Grenze eine „Schandgrenze“[8], bezeichnet die Polen als „Beschmutzer deutscher Erde“ und greift antiamerikanische Themen auf. Rassismus, Ausländerhass und die Verächtlichmachung linker Gruppierungen sowie einer Vielzahl von Minderheiten sind Inhalt seiner Lyrik. Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß besingt er als Helden, Lehrer und Vorbild. Einige seiner Produktionen sind von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgrund des festgestellten jugendgefährdenden Inhalts indiziert worden. Zur Begründung heißt es dabei unter anderem „Gereimte Texte zu eingängigen Melodien prägen die revisionistische Aussage der Lieder unauslöschlich in das Gedächtnis des Zuhörers. [...] Die Texte der Musikkassette[n] laufen dem den Frieden zwischen den Völkern erstrebenden Grundgesetz zuwider“. Rennicke propagiere in seinen Liedern zudem ausdrücklich Gewaltanwendung „als Mittel zur Wiederherstellung des Reiches“.[7]

Rennicke gilt rund 30 rechtsextremen Liedermachern in der bundesdeutschen Neonaziszene als Vorbild.[7] Er ist eine der Schlüsselfiguren für den Einstieg in die rechte Szene und in der Lage, „bei der ‚deutschfühlenden Zuhörerschaft‘ ein gefährliches Konglomerat aus Emotionen, militantem Tatendrang und neonationalsozialistischen Einstellungsmustern [zu] produzier[en]“.[2]

Gerichtsverfahren

Das Amtsgericht Böblingen verurteilte Rennicke im November 2000 wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht Stuttgart hob in zweiter Instanz dieses Urteil auf und verurteilte Rennicke am 15. Oktober 2002 wegen achtfacher Volksverhetzung und wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (heute: Jugendschutzgesetz) zu einer 17-monatigen Freiheitsstrafe. Diese wurde ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.

Rennicke legte nach Ablehnung seiner beim Oberlandesgericht Stuttgart beantragten Revision Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, dessen zuständige Kammer dem Gesuch durch einstimmigen Beschluss am 25. März 2008 stattgab und die drei zuvor ergangenen Urteile des Amtsgerichts Böblingen vom 22. November 2000, des Landgerichts Stuttgart vom 15. Oktober 2002 und des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2003 aufhob und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwies. Die Gerichte hätten bei der Abwägung der Meinungsfreiheit die verfassungsrechtlich geforderte sorgfältige Begründung dafür vermissen lassen, warum der Liedtext als strafbarer Angriff auf die Menschenwürde zu werten sei. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Verbreitung einer volksverhetzenden Broschüre wurde die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.[9]

Bundespräsidentschaftskandidat der NPD und DVU

Nachdem Rennicke am 26. Februar 2009 im Ausschuss für Wissenschaft, Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtags als Experte zum Thema „Jugendmusikförderung in Sachsen“ sprechen durfte[10], setzte sich Rennicke gegen Bernd Rabehl, Gerhard Frey und Horst Mahler durch[10] und wurde am 5. April 2009[11] auf dem NPD-Parteitag als gemeinsamer Kandidat der NPD und der DVU für die Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2009 nominiert.[12] Die rechtsextremen Parteien entsandten insgesamt vier Delegierte aus den Landtagen von Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in die Bundesversammlung.

Zehn Tage vor der Wahl am 23. Mai 2009 wurden Teile der am Vortag publizierten Angaben zu seiner Kandidatur von der Internetseite des Deutschen Bundestages entfernt.[13] Bei der Wahl erhielt Rennicke in der Bundesversammlung die erwarteten[14] vier der 1223 abgegebenen Stimmen.[15]

Zur Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2010 wurde er von der NPD erneut als Kandidat vorgeschlagen. Im ersten und zweiten Wahlgang entfielen auf ihn je drei Stimmen, im dritten Wahlgang verzichtete er auf eine Kandidatur.

Publikationen

Musik

  • 1987: Protestnoten für Deutschland (indiziert[16])
  • 1989: Unterm Schutt der Zeit (indiziert[16])
  • 1990: Sehnsucht nach Deutschland (indiziert[16])
  • 1990: An Deutschland (indiziert[16])
  • 1992: Wir singen Kampf- und Soldatenlieder (indiziert[16])
  • 1993: Ich bin nicht modern... Ich fühle Deutsch (indiziert[16])
  • 1994: Auslese (Kompilation, indiziert[16], Indizierung wieder aufgehoben[17])
  • 1994: Lieder gegen die Zensur - Sehnsucht
  • 1994: Wir singen deutsche Soldatenlieder
  • 1994: Für Deutschland
  • 1995: Trotz alledem
  • 1995: Sehnsucht
  • 1996: Andere(r) Lieder
  • 1996: Sehnsucht nach der Heimat
  • 1996: Gegen den Schutt
  • 1997: Der Väter Land – Lieder für Familie, Volk und Vaterland
  • 1997: Deutsche Freiheitslieder 1848
  • 1997: Frühwerk-Edition Teil 1 (indiziert[16], Indizierung wieder aufgehoben[17])
  • 1997: Frühwerk-Edition Teil 2 (indiziert[16], Indizierung wieder aufgehoben[17])
  • 1997: Kameraden
  • 1999: Hautnah (Live in Biblis)
  • 2001: Anderes aufgelegt – Andere(r) Lieder Teil II
  • 2001: Nur unsere Gedanken sind frei!
  • 2010: Frank und Frei
  • 2010: Das Lied der Deutschen

Bücher

  • 1995: Liederbuch: alle meine Lieder von Anfang an. Texte mit Gitarrengriffen.

Literatur

Weblinks

 Commons: Frank Rennicke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Rechtsextreme Liedermacher und Balladensänger – Zum Beispiel Frank Rennicke“ auf der Internetseite des IDA-NRW
  2. a b c d e f Margitta Fahr: [http://www2.hu-berlin.de/fpm/popscrip/themen/pst04/pst05_fahr02.htm Frank Rennicke – Der Nationale Barde. In: PopScriptum 5 - Rechte Musik, Schriftenreihe herausgegeben vom Forschungszentrum Populäre Musik der HU Berlin, 1995, S. 116-137
  3. Anton Maegerle und Holger Kulick: Ein völkischer Bundespräsident? auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung, 10. April 2009
  4. Tagesspiegel: Neonazi-Propaganda auf der Homepage des Bundestages, 14. Mai 2009
  5. a b [http://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/weitereaufgaben/bundesversammlung/rennicke.html „Sänger und Handwerker: Frank Rennicke“] bei www.bundestag.de (nicht mehr abrufbar)
  6. http://www.sueddeutsche.de/politik/bundespraesidentenwahl-npd-propaganda-auf-bundestagsseite-1.455319
  7. a b c d Anton Maegerle und Holger Kulick: Der gescheiterte völkische Bundespräsidentschaftskandidat im Angebot von Mut gegen rechte Gewalt, 1. Mai 2009
  8. Die Grenze – Polen ist Binnenland. In: Sehnsucht nach Deutschland. Zitiert in Margitta Fahr: Frank Rennicke – Der „Nationale Barde“. In: Rechte Musik. PopScriptum 5. Zyankrise, Berlin 1995, ISBN 3-928835-42-4
  9. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, 1 BvR 1753/03 25. März 2008
  10. a b Patrick Gensing: Wahl zum Bundespräsidenten: NPD und DVU schicken Rennicke ins Rennen. Auf: NPD-Blog, 5. April 2009.
  11. Anton Maegerle und Holger Kulick: Rechtsextremismus. Ein völkischer Bundespräsident? Auf: bpb.de, 10. April 2009.
  12. Deutscher Bundestag: [http://www.bundestag.de/parlament/wahlen/146/bundesversammlung/index.html Köhler, Schwan, Sodann oder Rennicke], eingesehen am 15. Mai 2009 (nicht mehr verfügbar)
  13. „Dieser [ursprüngliche] Text übernahm – im Konjunktiv – zahlreiche Formulierungen, die auch auf der NPD-Seite stehen.“ Sebastian Christ: Wahl des Bundespräsidenten. Der braune Kandidat. Auf: stern.de, 20. April 2009.
  14. Sebastian Christ: Wahl des Bundespräsidenten. Der braune Kandidat. Auf: stern.de, 20. Mai 2009.
  15. Wahl des Bundespräsidenten. Köhler im ersten Wahlgang bestätigt (nicht mehr online verfügbar). Auf: tagesschau.de, 23. Mai 2009.
  16. a b c d e f g h i Indizierte Tonträger.
  17. a b c Listenstreichungen.

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