Frau im Mond

Frau im Mond
Filmdaten
Originaltitel Frau im Mond
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1929
Länge restaurierte Fassung:
161 Minuten
Altersfreigabe FSK 6
Stab
Regie Fritz Lang
Drehbuch Thea von Harbou
Produktion Fritz Lang Film für die Universum Film AG
Musik Willy Schmidt-Gentner
Kamera Curt Courant und Otto Kanturek
Besetzung

Die Science-Fiction-Erzählung Frau im Mond ist der letzte Stummfilm des Regisseurs Fritz Lang und einer der letzten deutschen Stummfilme überhaupt. Er hatte am 15. Oktober 1929 im Ufa-Palast am Zoo in Berlin Premiere.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Mondexperte Professor Georg Manfeldt vermutet Wasser, Sauerstoff und große Goldvorkommen auf der erdabgewandten Seite des Mondes – eine Theorie, für die er in der Wissenschaft ignoriert und ausgelacht wird. Allein der Ingenieur und Flugwerftbesitzer Wolf Helius glaubt auch daran. Gemeinsam mit dem Ingenieur Windegger und dessen Verlobter, der Astronomiestudentin Friede Velten arbeitet Helius an der Verwirklichung der ersten Mondexpedition. In den „Helius-Werften“ entsteht dafür ein imposantes Raketenschiff namens „Friede“, in dem Helius, Windegger, Manfeldt und Velten aufbrechen wollen.

Der Ganove Turner erpresst durch Bombenanschläge auf die Raketenwerft und den zeitweiligen Diebstahl der Konstruktionspläne den Mitflug. Er soll im Auftrag eines Quintetts von zwielichtigen Geschäftsleuten (den „Gehirnen und Scheckbüchern“) die kommerzielle Goldausbeute des Mondes vorbereiten. Außerdem fliegt der kleine Gustav, Sohn von Helius’ Fahrer, als blinder Passagier mit.

Die Expedition verläuft zunächst glatt, aber auf dem Mond beginnt eine Kette von verhängnisvollen Ereignissen. Zuerst wird bei einer Beinahe-Bruchlandung des Schiffes das Triebwerk im Mondsand verschüttet; außerdem gehen die Wasservorräte verloren. Windegger, der sich schon kurz vor dem Start als psychisch labil erwiesen hat, bringt durch panische Überreaktionen immer wieder Unruhe in die Expedition. Dann verunglückt Professor Manfeldt, nachdem er in einer Grotte tatsächlich – mittels einer Wünschelrute – Gold gefunden hatte.

Schließlich wird bei einer Schießerei Turner, der das Raumschiff in seine Gewalt bringen will, getötet und durch eine verirrte Kugel einer der Sauerstofftanks zerstört. Als Konsequenz müssen Helius und Windegger ausknobeln, wer von beiden auf dem Mond zurückbleiben muss, damit der verbliebene Sauerstoff für die Rückreise der anderen Passagiere reicht. Zunächst zieht der verzweifelte Windegger den kürzeren, aber Helius, der unglücklich in Friede Velten verliebt ist, bleibt freiwillig zurück. Er betäubt Windegger und Friede Velten und lässt den Jungen das Raumschiff steuern. Das Raketenschiff verlässt ohne Helius den Mond mit der Hoffnung, dass er bald gerettet werden kann. Zu seiner Überraschung ist aber auch Friede zurückgeblieben, um ihm Gesellschaft zu leisten.

Produktion

Drehbuch und Titel

Fritz Lang mit Kameramann Curt Courant (Mitte) bei den Dreharbeiten zum Film Frau im Mond (1929)

Der Titel des Films, der den Mitflug einer Frau bei dem gewagten Unternehmen herausstreicht, dürfte auf Thea von Harbou zurückgehen, Drehbuchautorin und damals Ehefrau von Fritz Lang. Die Figur Friede ist eine fürs damalige Kino ungewöhnlich tatkräftige Frau. Zur Darstellerin der Friede, Gerda Maurus, unterhielt Lang eine von seiner Ehefrau geduldete Liebesbeziehung.

Wie bei Drehbüchern von Thea von Harbou üblich, leidet auch dieser Film an Längen und Sprüngen in der dünnen Geschichte. So wird das Ausknobeln am Ende des Films in die Länge gezogen (dreimaliges Ziehen des Streichholzes) und es bleibt undeutlich, warum Turner, der durch Erpressung die Besatzung in der Gewalt hat, sich plötzlich dazu entscheidet, alleine mit dem Raumschiff zurückzufliegen: Der Hinflug hatte gezeigt, dass er nicht in der Lage dazu ist, das Raumschiff zu steuern; dies dürfte auch dem Jungen schwerfallen, Helius hatte nur mit äußerster Mühe die nötigen Hebel umlegen können. Außerdem ist Turner bloß der Handlanger fünf mächtiger Persönlichkeiten, die nur einmal kurz auftauchen und dann nicht mehr erwähnt werden.

Technische Elemente und Tricktechnik

Langs langjähriger Freund Willy Ley war Autor einiger Bücher über Weltraumfahrt. Die Filmemacher legten im Rahmen des damaligen Kenntnisstandes größten Wert auf eine wissenschaftlich fundierte Darstellung der technischen Details von Start, Flug und Landung sowie der Mondlandschaft. Deshalb wurde als technischer Berater Professor Hermann Oberth, ein Pionier der Raketenforschung, engagiert. Aus den technischen Elementen in Verbindung mit einer guten Tricktechnik entstanden die besten Szenen des Films. Getreu der Theorie des Astronoms Peter Andreas Hansen und damals noch verbreiteter wissenschaftlicher Annahmen kommen in dieser Geschichte auf der Rückseite des Mondes tatsächlich Sauerstoff, Wasser und Gold vor.

Von Fritz Lang anlässlich dieses Films erfunden wurde der Countdown, der den Start der Rakete wie bei den späteren wirklichen Mondflügen einleitet: „Als ich das Abheben der Rakete drehte, sagte ich mir: Wenn ich eins, zwei, drei, vier, zehn, fünfzig, hundert zähle, weiß das Publikum nicht, wann die losgeht. Aber wenn ich rückwärts zähle (count down), zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins, NULL! – dann verstehen sie.“

Wie schon in früheren Filmen von Fritz Lang waren Otto Hunte und Karl Vollbrecht für die Bauten verantwortlich. In den Filmstudios Babelsberg wurde eine Mondlandschaft und eine imposante schwarz-weiße Mondrakete erbaut. Um die Mondlandschaft möglichst realistisch darzustellen soll seinerzeit für die Dreharbeiten eine ganze Güterzugladung Ostseesand in die Filmstudios Babelsberg geschafft worden sein. Den Darstellern wurden spezielle Schuhe mit Attrappen von Bleisohlen angepasst. Diese sollten im Film den Ausgleich der geringeren Anziehungskraft des Mondes andeuten.

Originalgetreue Bemalung "Frau im Mond" der V2-Nachbildung im HIT Peenemünde

Das Aussehen der Filmrakete mit ihrem schwarz-weißen Anstrich (für eine Absorption oder Reflexion der Sonnenstrahlung, je nach Drehung) erinnert an die V2, die spätere „Wunderwaffe“ des Zweiten Weltkrieges. Das ist vermutlich dem Umstand zu verdanken, dass an diesem Film als technische Berater Hermann Oberth und Willy Ley mitwirkten. Sie waren überzeugt, dass ein Mondflug, wie er im Film gezeigt wird, schon in unmittelbarer Zukunft realisiert werden könne: "Es ist nicht 'Kintopp', was hier gespielt wird", schrieb Ley zur Uraufführung, "es ist eine, wenn auch praktisch noch nicht vollkommen erreichte Wahrheit."

Oberth war Mitglied des späteren V2-Konstruktionsteams von Wernher von Braun. Es ist nicht verbürgt und darf als Legende eingeordnet werden, dass Adolf Hitler sich durch diesen Film zur späteren V2-Gestaltung inspirieren ließ.

Im Film wird der tatsächliche Start der Rakete nicht gezeigt, denn bis dahin war noch niemandem gelungen, eine gesteuerte Rakete zu starten. Theoretische Überlegungen von Hermann Oberth führten zu dem Schluss, dass eine größere bemannte Rakete aus einem Wasserbecken heraus gestartet werden müsse, weil sie zu leicht sei, um frei zu stehen. Das Schiff ist in mehreren Etagen mit Kabinen ausgerüstet, in denen Betten stehen, in denen sich die Besatzung zum Start festschnallt. An den Decken und auf den Böden befinden sich Schlaufen, damit sich die Besatzung in der Schwerelosigkeit halten kann. Wie bereits bei Jules Verne ging man davon aus, dass es Schwerelosigkeit nur kurzzeitig gebe, an einem Punkt, an dem sich die Gravitation der Erde und des Mondes gegenseitig aufheben würden.

Die Besatzung wirft auch einen Blick auf die Erdkugel, die hier als Kreis mit klarem Blick auf die Kontinente gezeigt wird, umgeben von einer dünnen Aura der Atmosphäre. Dass die Erdkugel von Wolkenbändern überzogen ist, konnte man sich damals offenbar nicht vorstellen. Weil man Sauerstoff auf der Rückseite des Mondes vermutet hat, muss das Schiff auf der erdabgewandten Seite landen. Die Erdkugel verschwindet aus dem Blickfeld. Das löst bei einem Besatzungsmitglied sofort Beklemmungen und Heimweh aus. Lang hat den Überflug über den Mond so realistisch wie möglich gefilmt, der Boden rollt sich unter der Kamera hinweg, und es wird dabei die im Vergleich zur Erde größere Krümmung der Mondkugel deutlich. Die Mondlandschaft selbst besteht aus Sand und Sanddünen und sehr steilem Gebirge. Die Besatzung trägt, um der geringeren Schwerkraft zu begegnen, so etwas wie Bleischuhe mit dicken Sohlen. Die zunächst verwendeten Raumanzüge, die wie altmodische Taucheranzüge aussehen, erweisen sich als überflüssig, da man auf Langs Mond atmen kann.

Tontechnik

Da zur Zeit der Fertigstellung des Werks der Tonfilm schon begonnen hatte, den Stummfilm rasch zu verdrängen, wünschten die Vertreter der Verleiherin UFA, dass Lang es nachträglich um Toneffekte ergänzt. Dieser wehrte sich aus künstlerischen Überlegungen heftig gegen das Ansinnen, was zum vollständigen Zerwürfnis in der ohnehin schon abgekühlten Beziehung zur Ufa führte.

Erfolg und Rezeption

Bei der Premiere des Films war auch der Nobelpreisträger Professor Albert Einstein zugegen.

Kommerziell war Die Frau im Mond eher enttäuschend,[1] ging aber als einer der letzten großen Stummfilme in die deutsche Filmgeschichte ein.

In den 1960er Jahren wurde Fritz Lang wegen seiner innovativen Verdienste mit Frau im Mond im Umfeld der US-Raumfahrt wiederholt als Ehrengast und Referent eingeladen.

Restaurierung

Im Gegensatz zu anderen deutschen Stummfilmen der 1920er Jahre hat sich Frau im Mond ohne große Verluste erhalten. Der Film wurde 2001 von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restauriert. Eine DVD-Edition der restaurierten Fassung ist mit einer neu eingespielten Musikimprovisation des Pianisten Javier Pérez de Azpeitia erschienen.

Veröffentlichungen

Einzelverweise

  1. McGilligan, Patrick: Fritz Lang. The nature of the beast. Faber and Faber, London 1997, ISBN 0-571-19175-4, S. 145.

Weblinks


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