Friedrich von Österreich-Teschen

Friedrich von Österreich-Teschen
Erzherzog Friedrich (1908)
Erzherzog Friedrich ín jüngeren Jahren

Erzherzog Friedrich von Österreich, Herzog von Teschen (* 4. Juni 1856 in Groß Seelowitz, Mähren; † 30. Dezember 1936 in Mosonmagyaróvár, Ungarn) war österreichisch-ungarischer Heerführer im Ersten Weltkrieg, Großgrundbesitzer und Unternehmer.

Inhaltsverzeichnis

Vorkriegszeit

Seine Eltern waren Karl Ferdinand von Habsburg und Elisabeth Franziska Maria von Österreich (1831–1903), Tochter von Joseph Anton Johann von Österreich. Friedrich war Erbe seines Onkels und Adoptivvaters, Erzherzog Albrecht von Österreich-Teschen, dem neben einem riesigen Vermögen auch das Palais Erzherzog Albrecht samt Sammlung in Wien, gehörte.

1874 begann Friedrich seine militärische Laufbahn. Seit 8. Oktober 1878 war er mit Prinzessin Isabella von Croy-Dülmen (1856–1931) verheiratet; das Paar hatte neun Kinder. Als dem Paar nach acht Töchtern 1897 ein Sohn geboren wurde, stiftete Friedrich in Albertkázmérpuszta (Albrecht-Kasimir), auf seinen ungarischen Gütern in Sichtweite der heutigen Ostgrenze Österreichs gelegen, eine neugotische Votivkirche.

Friedrich war ein eifriger Förderer des k.u.k. Heeresmuseums (heute Heeresgeschichtliches Museum) in Wien. Nach dem Freitod des Kronprinzen Rudolf 1889 übernahm Friedrich dessen Vorsitz und Protektorat des 1885 konstituierten Komitees, dem die Bildung und Ausgestaltung des Museums oblag. Unter seiner Patronanz wurde das Museum am 25. Mai 1891 durch Kaiser Franz Joseph eröffnet und seiner Bestimmung zugeführt.[1]

Thronfolger Franz Ferdinands unebenbürtige Gattin Sophie (Heirat 1900) war zuvor Hofdame bei Friedrichs Gattin Isabella.[2] Deren Entdeckung, dass Franz Ferdinand nicht einer Tochter Friedrichs, sondern Gräfin Choteks wegen häufig bei Friedrich in Pressburg im Palais Grassalkovich[3] zu Gast war, löste einen Skandal aus.

1905 übersiedelte Friedrich mit seiner Familie von Pressburg nach Wien und wohnte im Palais Erzherzog Albrecht, das er großzügig ausbaute. Er wurde Generaltruppeninspektor und 1907 Chef der k.k. Landwehr.

Friedrich sollte 1914 wegen seiner Disharmonie mit Franz Ferdinand sein Kommando zurücklegen. Nach der Ermordung des Thronfolgers übertrug ihm der 84-jährige Kaiser Franz Joseph nominell den Oberbefehl und ernannte ihn zum Feldmarschall[4].

Friedrich im Ersten Weltkrieg

Erzherzog Friedrich (Mitte) auf Besuch in der Festung Przemysl nach Wiedereroberung in Juni 1915
Friedrichs Marschallstab und der Befehl vom 2. Dezember 1916 im Heeresgeschichtlichen Museum.

Im Ersten Weltkrieg war Friedrich 1914 bis 1917 Armeeoberkommandant und damit Befehlshaber der gesamten k.u.k. Streitkräfte. Die tatsächliche Leitung der Operationen oblag jedoch dem Chef der Generalstabs, General Franz Conrad von Hötzendorf; die deutschen Verbündeten schätzten Friedrich daher als belanglose Galionsfigur ein.

Zu Beginn des Krieges wurde unter der Patronanz des Armeeoberkommandos (AOK) das Kriegsüberwachungsamt (KÜA) gegründet, das die Streitkräfte gegen äußere und innere Feinde schützen sollte. Das Amt hegte enormes Misstrauen speziell gegenüber den slawischen Nationalitäten. Das AOK mit Erzherzog Friedrich an der Spitze trachtete, die beiden Ministerpräsidenten Karl Stürgkh und Stephan Tisza zu überreden, dass die Zivilverwaltung in den slawischen Ländern beider Reichshälften abgeschafft werden müsse. [5]

Nach seiner Thronbesteigung übernahm Kaiser Karl I. selbst das Armeeoberkommando, was einer Entlassung Erzherzog Friedrichs gleichkam. Am 2. Dezember 1916 proklamierte der neue Souverän in einem kurzen Tagesbefehl, er übernehme „in Ausübung seiner Herrscherrechte“ den unmittelbaren Befehl über alle Land- und Seestreitkräfte der Monarchie. Die Gerüchte, wonach Erzherzog Friedrich dem Kaiser seine Entlassung übelgenommen habe, stimmten nicht. Er selbst hatte das Thema der Kommandoübergabe in den letzten Wochen der Regierung Franz Joseph mit Karl abgesprochen[6].

Am 11. Februar 1917 enthob der Kaiser Friedrich von seiner nunmehrigen Funktion als stellvertretender Armeekommandant und stellte ihn zur Disposition meines Oberbefehls[7]. Friedrich lebte hierauf in Pressburg und Halbturn, beide in Altungarn.

Am 13. November 1918, einen Tag nach der Ausrufung der Republik in Deutschösterreich, berichtet die Wiener Polizei über die Stimmung in der Hauptstadt: Insbesondere werden gegen Erzherzog Friedrich heftige Anwürfe wegen der ihm zugeschriebenen Unfähigkeit als Armeekommandant, wegen seines angeblichen Geizes und wegen der ungemein großen Kriegsgewinne laut, die ihm durch die in seinem Besitz befindlichen Latifundien und Industriebetriebe zugeflossen sein sollen[8].

Vor allem ihm gelten der beißende Spott und die scharfe Kritik, mit denen der Satiriker Karl Kraus in seinem Drama Die letzten Tage der Menschheit die intellektuellen und moralischen Qualitäten der österreichischen Führungselite im Ersten Weltkrieg illustriert.[9] Andererseits beschrieb Ludwig Ganghofer, der im Krieg patriotische Stimmung verbreitete, Friedrich als liebenswürdigen und wohlwollenden Fürsten von ruhiger Schlichtheit und gütigem Menschentum[10]. Feldmarschall Conrad erinnert sich anders: [...] bezeichnend, dass ich [...] nicht das kleinste Andenken erhielt. [...] Von Erzherzog Friedrich außer ein paar Amateurfotografien nichts, selbst kein geringfügiges Andenken. [...] Während meiner langen schweren Krankheit [...] habe ich von keinem Mitglied des Kaiserhauses eine Frage des Befindens, des Bedauerns, einen Wunsch zur Genesung erhalten. Auch von Erzherzog Friedrich nicht, dessen Chef des Generalstabes ich zweieinhalb Jahre lang im Weltkrieg war [...].[11]

Im Vertrag von Saint-Germain war 1919 in Art. 173–176 festgelegt worden, dass Österreich an die Siegermächte Personen auszuliefern habe, die sich gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges vergangen hätten. Diese Personen sollten vor Militärgerichte gestellt werden. Auf den von der Tschechoslowakei, dem Staat der Serben, Kroaten und Slowenen und Italien an Österreich gerichteten Kriegsverbrecherlisten befand sich auch Erzherzog Friedrich. Dem Auslieferungsbegehren wurde in keinem Fall entsprochen[12].

Enteignung in Österreich, Alterssitz in Ungarn

Erzherzog Friedrich hatte seinen Besitz zum beträchtlichen Teil in eine Stiftung, den Erzherzog-Friedrich-Fideikommiss, eingebracht. Dieser wurde, soweit er sich auf dem Gebiet der Republik Österreich (ohne das Burgenland) befand, mit dem Habsburgergesetz 1919 zu Gunsten des Staates enteignet. Friedrich verlor somit seinen Wiener Wohnsitz, die Albertina, mit ihrer riesigen grafischen Sammlung an den Staat. Einrichtungsgegenstände, die sich in seinem persönlichen Eigentum befanden (Tische, Sessel, Luster, Teppiche, Uhren, Kästen usw.), konnte er jedoch behalten und mitnehmen[13].

Da er es vermied, sich dem Habsburgergesetz entsprechend als „getreuer Bürger der Republik“ zu bekennen, musste er aus Österreich ausreisen. Friedrichs Herrschaften in der nunmehrigen TschechoslowakeiTeschen im ehemaligen Österreichisch-Schlesien und Seelowitz in Mähren – sowie im Staat der Serben, Kroaten und Slowenen – Béllye an der Mündung der Drau in die Donau – wurden von diesen Staaten enteignet. Friedrich Habsburg-Lothringen übersiedelte auf seine Herrschaft Ungarisch-Altenburg, unweit von Pressburg am südlichen Donauufer gelegen.

In dieser Kleinstadt, von der aus er seine restlichen Güter verwaltete (er zählte auch im kleiner gewordenen Ungarn zu den Großgrundbesitzern), hielt Friedrich das Patronat der römisch-katholischen Pfarrkirche und war als erster Bürger der Stadt angesehen. Als die in den Friedensverträgen mit Österreich 1919 und Ungarn 1920 vorgesehene Angliederung Deutsch-Westungarns an Österreich eine neue Grenzziehung zwischen den beiden Staaten erforderte, soll Friedrich bzw. seine Gattin, was den Seewinkel östlich des Neusiedler Sees betrifft, im Interesse seines Grundbesitzes in diesem Gebiet die ungarischen Vorschläge bzw. Forderungen an Österreich beeinflusst haben[14].

1926 klagte Erzherzog Friederich die polnische Regierung auf Rückgabe seiner Besitzungen in Polnisch-Schlesien im Ausmaß von etwa vierzigtausend Hektar. [15]

Friedrich wurde 1936 in der Pfarrkirche St. Gotthard neben seiner 1931 gestorbenen Ehefrau bestattet. An seinem Begräbnis nahm u.a. der ungarische Reichsverweser Admiral Miklos Horthy teil.

Nachkommen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heeresgeschichtliches Museum (Hrsg.): 100 Jahre Heeresgeschichtliches Museum. Bekanntes und Unbekanntes zu seiner Geschichte. Heeresgeschichtliches Museum, Wien 1991, S. 8 f.
  2. Friedrich Weissensteiner: Franz Ferdinand. Der verhinderte Herrscher. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1983, S. 121 ff.
  3. Imperiale Reisen abgerufen am 27. Mai 2010
  4. Felix Czeike, Hrsg.: Historisches Lexikon Wien in fünf Bänden, Band 2, Wien 1993, S. 415
  5. Zbynek A. Zeman: Der Zusammenbruch des Habsburgerreiches 1914-1918. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1963 (Originalausgabe: The Break-Up of the Habsburg Empire. Oxford University Press, Oxford 1961
  6. Gordon Brook-Shepherd: Um Krone und Reich. Die Tragödie des letzten Habsburgerkaisers. Molden, Wien/München/Zürich 1968, S. 73 (Originalausgabe: The Last Habsburg)
  7. Handschreiben des Kaisers vom 11. Februar 1917, zitiert nach der Aussendung des Kriegspressequartiers vom 15. Februar 1917
  8. Bericht der Polizeidirektion Wien vom 13. November 1918 über die Stimmung der Wiener. In: Rudolf Neck, Hrsg.: Österreich im Jahre 1918. Berichte und Dokumente. R. Ouldenburg Verlag, München 1968, S. 155
  9. vgl. etwa Karl Kraus, Die letzten Tage der Menschheit, Frankfurt/Main 1986 (= Schriften, Bd. 10), S. 365 f. (III 23) und Die Fackel, Wien, XXII. Jahr, Nr. 551, August 1920
  10. Ludwig Ganghofer: Die Front im Osten, zitiert nach [1]
  11. Franz Conrad von Hötzendorf: Private Aufzeichnungen. Erste Veröffentlichungen aus den Papieren des k.u.k. Generalstabs-Chefs, hrsg. von Kurt Peball, Amalthea, Wien / München 1977
  12. Hans Hautmann: Die Verbrechen der österreichisch-ungarischen Armee im Ersten Weltkrieg und ihre Nicht-Bewältigung nach 1918, Referat auf der 23. Jahrestagung der amerikanischen "German Studies Association" in Atlanta, 7.–10. Oktober 1999, zitiert nach [2]
  13. Quelle: Website der Albertina
  14. Gutachten des Landesverwalters für das Burgenland, Sektionschef Dr. Norbert Davy, zum Memorandum der ungarischen Regierung vom 4. August 1921. In: Eduard Hochenbichler: Republik im Schatten der Monarchie. Das Burgenland, ein europäisches Problem. Europa-Verlag, Wien 1971, S. 133
  15. Ausland. Der ehemalige Erzherzog Friederich klagt die polnische Regierung. Badener Zeitung, 6. November 1926, S. 8, links unten [3]

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