Geschichte des Kölner Theaters

Geschichte des Kölner Theaters
Terenzbühnenbild um 1496, aus einer Basler Terenz Ausgabe

Die Geschichte des Kölner Theaters hat ihre Wurzeln im Mittelalter. Zwar gibt es Hinweise auf die Existenz eines antiken Kölner Theaters [1] in der römischen CCAA, wie es auch für andere Römerstädte (z. B. Mainz, Trier, Xanten) nachgewiesen ist. Trotz dieser in römischer Vergangenheit gepflegten Kultur des Theaterspiels findet ein unmittelbares Anknüpfen an diese Zeit und Form erst nach Jahrhunderten statt, die Zwischenzeit bleibt im Dunkel. Nach dem Wiederaufleben dieser Kunst unterlag das Theaterspiel dann auch in Köln einem Wandel zur Neuzeit.

Inhaltsverzeichnis

Vorläufer des Kölner Theaters

War im Mittelalter das „Schauspiel“ vorrangig eine kirchliche Angelegenheit (Mysterien- und Passionsspiele), indem den Gläubigen meist an Feiertagen inszenierte Darbietungen der Heiligengeschichten geboten wurden, so erlebten die Kölner Bürger neben den improvisierten Burlesken und aufkommenden Fastnachtsspielen im Jahr 1539 erstmals die Aufführung eines Dramas als Aufführung eines bürgerlichen Ensembles.

Commedia dell'arte Aufführung auf einem improvisierten Spielgerüst, Gemälde von Karel Dujardin, 1657

Gezeigt wurde das Stück „Homolus oder der Sünden loin ist der Toid“ des Buchdruckers „Jaspar von Gennep“ (um 1500-1564). Sein Bühnenerfolg zeigte die fortschreitende Verweltlichung des Denkens, in dem das Bürgertum auch diese Kultur nach und nach selbst in die Hand nahm.

Da bei den kirchlichen Spielen des Mittelalters für die Darsteller weder das eigene Vergnügen an der künstlerischen Betätigung im Mittelpunkt stand, noch der Anreiz einer Gage gegeben war, waren es emotionslose kultische oder rituelle Abläufe. So waren die „Homulus“ Darsteller allesamt Laien aus der Kölner Bürgerschaft, welche mit Eifer und Talent einer kunstvoll angelegten Handlungsführung folgten. Großer Beliebtheit erfreuten sich, wie Hermann von Weinsberg berichtet, die von Bursen aufgeführten Dramen. So wurde etwa die Tragödie des St. Laurentius 1581 erstmals von den Scholaren der „Laurentianer Burse“ aufgeführt und jahrelang am Laurentiustag (10. August) vor zahlreichen Zuschauern wiederholt.

Theater der Kölner Laurentianer Burse um 1581

Das erste Druckstück, welches von „Bertram von Hilden“ aus dem Jahre 1620 überliefert ist, ist ein Programm einer Schüleraufführung am Montaner – Gymnasium, in welchem ein Programmablauf des Dramas um den König Assuerus Xerxes beschrieben wurde.[2] Erst im 17. Jahrhundert wurden die Laienschauspieler nach dem Vorbild englischer Komödiantentruppen, welche mit Wanderbühnen über Land zogen, zu Berufsschauspielern. So verbanden sie das Angenehme mit dem Nützlichen und verdienten mit schauspielerischem Talent ihren Lebensunterhalt. Die Darbietungen fanden meist an Nachmittagen und zunächst unter freiem Himmel statt. Später wurden eigens für die Vorstellungen aus Brettern ein Podium am Rand belebter Gassen oder auf Plätzen, wie dem Heumarkt, errichtet. In der Mitte des 17. Jahrhunderts standen für die Darbietungen feste Gebäude zur Verfügung, so das „Ballhaus auf der Apostelstraße“, das „Haus Quatermarkt“ (ein heutiger Platz) oder das „Gebuirhaus“ am Alter Markt. Zu dieser Zeit unterlagen alle Vorstellungen der Aufsicht des Kölner Rates. [3]

Ein Holzhaus am Neumarkt

Nachdem der Kölner Rat den Versuchen, eine feste Bühne in der Stadt zu errichten, immer ablehnend gegenübergestanden hatte, erhielt im Jahr 1768 „Joseph von Kurz“, der auf Erfahrung im Theaterbau in Frankfurt verweisen konnte, eine entsprechende Genehmigung. Ein in Frankfurt errichtetes Holzhaus ließ er wieder abreißen, transportierte es nach Köln und ließ es am Neumarkt erneut aufbauen. Bevor er die ersten Theatervorstellungen präsentierte, lud er die „feine“ Gesellschaft zu einem Maskenball ein. Diesen Bau übernahm noch im selben Jahr eine Schaubühne. Diese eröffnete auf dem Neumarkt unter dem Namen „Deutsche Schaubühne“ ihr Programm mit der Oper „la serva padrona“ von Giovanni Battista Pergolesi. In der Folgezeit bot das „Komödienhaus“ in unregelmäßigen Abständen Aufführungen an, wurde aber in der Regel als Heu- und Strohmagazin genutzt. Des Weiteren fanden seit dem 17. Jahrhundert hin und wieder in einigen Zunfthäusern Theateraufführungen statt. [4]

Das erste feste Haus

Theater an der Schmierstraße um 1829

Planungen im Jahr 1781/82 sahen einen Neubau vor, der den unbefriedigenden Zustand beenden sollte. So erhielt „Franz Caspar Rhodius“ durch den Kölner Rat die Erlaubnis, nach Plänen des Stadtbaumeisters „Dechen“ ein neues Schauspielhaus zu errichten. Das 1783 fertiggestellte Haus war die erste feste Bühne der Stadt. Zur Premiere, an Ostern in Jahr 1783, wurde Shakespeares „Richard II. aufgeführt. [5] Das im Jahr 1782/83 erbaute „Comödienhaus“ stand in der nördlichen Vorstadt Niederich an der „Schmierstraße“ [6] der heutigen Komödienstraße. Unter dem Giebelfries an der Portalseite stand in großen Lettern: LUDIMUS EFFIGIEM VITAE (Wir spielen ein Bild des Lebens). Die Besatzer in der Franzosenzeit nahmen das an der Schmierstraße stehende Komödienhaus zum Anlass, der Straße den Namen „Rue de la Comédie“ zu geben. Der der Kunst und seiner Stadt verbundene Kölner Sammler und Mäzen „Ferdinand Franz Wallraf“ setzte sich später erfolgreich für den Erhalt der geänderten Bezeichnung ein. In der Folgezeit brannte das neue Haus 1859 und 1869 nieder. Nach neun Monaten Bauzeit wurde das Theater, nun ausgestattet mit 1540 Plätzen, an seinem angestammten Platz wiedererrichtet. Zur Eröffnung wurde Ludwig Spohrs Oper Jessonda (1823), gegeben.[7] Die Bevölkerung Kölns stieg in dieser Zeit stetig an. Um 1867 lebten circa 125.000 Bürger in der Stadt, 1871 schon etwa 130.000 und nach der Eingemeindung mehrerer Vororte bereits über 280.000. Diese Zahlen, einhergehend mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, sind als Erklärung für den Bau eines weiteren Theaters zu sehen.

Stadttheater Glockengasse

Theater an der Glockengasse um 1872

An der Glockengasse wurde 1872 das von dem Kölner Stadtbaumeister Julius Carl Raschdorff entworfene neue Stadttheater mit 1300 Plätzen errichtet. Hier sollten nunmehr Oper, Operette, Schauspiel und Ballett ihren Platz finden. „Heinrich Behr“, erster Direktor des Hauses und selbst Opernsänger, ließ zur Eröffnung Gotthold Ephraim Lessings Minna von Barnhelm aufführen. Das Haus hatte Bestand bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.[8]

Nebenschauplätze

Szene aus „Der Talisman“ von Johann Nestroy (1840)
  • Als eine der letzten großen privaten Bühnen wurde 1888 auf der Schildergasse das „Wilhelmtheater“ abgerissen.
  • 1894 gründete der Theaterleiter „Julius Hofmann“ eine Pensionsanstalt des Kölner Stadttheaters, desgleichen eine weitere für die Orchestermitglieder.
  • Im Mai 1895 wurde das „Flora Theater“ mit einer Operettengesellschaft im Wiener Stil eröffnet.
  • Ebenfalls 1895 wurde im Reichshallen-Theater in der Gertrudenstraße durch Wilhelm Joseph Millowitsch (1854-1909) das Stück „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“ nach Jules Verne in Kölner Mundart aufgeführt.

Für die Kölner Bürger gehörte im ausgehenden 19. Jahrhundert der Theaterbesuch zu den beliebtesten Freizeitvergnügungen.

Kölns erste Oper am Habsburger Ring

Oper am Habsburgerring

Nach den großen Eingemeindungen bestand im Stadtrat an der Notwendigkeit eines weiteren Bühnenhauses kein Zweifel. So wurde im Mai 1898 ein Neubau am Habsburger Ring auf dem Gelände zwischen Aachener- und Richard Wagner Straße beschlossen. Den Architektenwettbewerb gewann der in Köln als Stadtbauinspektor beim städtischen Hochbauamt tätige Berliner Carl Moritz. Nach seinem Entwurf entstand ein Gebäude mit Restaurant und Gartenterrasse im Neobarock- oder Wilhelminischen Stil. Das im Jahre 1902 fertig gestellte Haus verfügte über 1800 Plätze, seine Baukosten betrugen 3,9 Mio. Reichsmark. Köln hatte nun zwei große Bühnen, die zuerst als „Vereinigte Stadttheater“, ab der Spielzeit 1906/07 als Opernhaus und Schauspielhaus firmierten, aber gemeinsam geführt wurden. Im neuen Theater wurden nun vor allem Oper und Drama, im „alten“ Haus in der Glockengasse Schauspiel und Operette aufgeführt. Den Betrieb beider Häuser übernahm Julius Hofmann, der Direktor des Schauspielhauses. Da Theaterbetriebe mittlerweile als einträgliche Unternehmen galten, übernahm Hofmann die Leitung zunächst als Pächter auf eigene Rechnung. Weil jedoch schon bald die beiden Häuser durch das Entstehen von neuen Vergnügungsstätten wie Varietés und Lichtspieltheatern weniger Zuspruch erfuhren, wurden die städtischen Bühnen ab 1905 subventioniert.

Am 27. November 1926 wurde in der Oper am Habsburger Ring eines der bedeutendsten Werke der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts uraufgeführt, Béla Bartóks Ballettpantomime Der wunderbare Mandarin. Das Stück löste einen Theaterskandal aus, und der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer untersagte weitere Aufführungen.

Das Opernhaus wurde im letzten Weltkrieg am 22. November 1943 beziehungsweise am 14. Mai 1944 durch Bombenangriffe stark beschädigt und, obwohl wiederaufbaufähig,[9] 1958 abgebrochen. Provisorische Spielstätte war danach die Aula der städtischen Universität.[10]

Heutige Situation

Schauspielhaus und Oper wurden nicht wieder aufgebaut. Für beide Institutionen wurden Neubauten errichtet. Die Geschichte der beiden heutigen Häuser wird in eigenen Artikeln behandelt. Mittlerweile ist die Zahl der städtischen Bühnen weiter gewachsen. Die Bühnen der Stadt Köln fassen alle städtischen Aufführungsorte für Schauspiel, Ballett und Theater etc. zusammen. Daneben findet der interessierte Besucher eine Vielzahl privater Kleinkunstbühnen mit breitgefächertem auch anspruchsvollem Repertoire.

Literatur / Quellen

  • Adam Wrede: Neuer Kölnischer Sprachschatz. 3 Bände A – Z, Greven Verlag, Köln, 9. Auflage 1984, ISBN 3-7743-0155-7
  • Carl Dietmar: Die Chronik Kölns, Chronik Verlag, Dortmund 1991, ISBN 3-611-00193-7
  • Carl Dietmar: Das Mittelalterliche Köln , J. P. Bachem Verlag, Köln 2004, ISBN 3-7616-1589-2
  • Elmar Buck u.A.: Köln - Die Stadt und ihr Theater. Oper, Schauspiel, Tanz, Köln, M. Faste Verlag, 2007

Anmerkungen

  1. W. Binsfeld: Zwei neue Inschriften zum Kölner Amphitheater. Bonner Jahrbücher, 160. 1960
  2. Carl Dietmar, Das mittelalterliche Köln, Seite 155
  3. Die Chronik Kölns, Seite 159
  4. Die Chronik Kölns, Seite 210
  5. Die Chronik Kölns, Seite 214
  6. Adam Wrede, Band III, Seite 45, Ab dem 12. Jahrhundert werden Ansiedler dort nach der Bezeichnung „smer“ (Fett, Talg) „smerrenger“ genannt, daher Schmierstraße, die Straße der Fetthändler.
  7. Die Chronik Kölns, Seite 236
  8. Die Chronik Kölns, Seite 263
  9. Werner Jung: Das neuzeitliche Köln : 1794 - 1914 ; von der Franzosenzeit bis zum Ersten Weltkrieg. Bachem, Köln 2004, ISBN 3761615906, Seite 215
  10. Die Chronik Kölns, Seite 301

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