- Greifswalder Burschenschaft Rugia
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Wappen Basisdaten Hochschulort: Greifswald, Deutschland Erstgründung: 5. April 1856 Verband: Deutsche Burschenschaft (DB) Farben: rot-weiß-grün Band: Adresse: Robert-Blum-Str. 4 Website: www.rugia-greifswald.de/ Die Greifswalder Burschenschaft Rugia ist eine 1856 gegründete Studentenverbindung an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im WS 1854 wurde in Greifswald ein Französisches Kränzchen gegründet, das sich im SS 1855 in den Wissenschaftlichen Verein umfirmierte. Neun Mitglieder des Wissenschaftlichen Vereins gründeten am 5. April 1856 die Studentenverbindung Rugia mit den Farben rot-weiß-grün. Am 5. Juni 1856 wurde die Rugia in eine Burschenschaft umgewandelt.
Im WS 1858 wurden die Farben in schwarz-rot-gold geändert und ab WS 1871 wieder ausschließlich rot-weiß-grün getragen. Am 24. Januar 1862 spaltete sich die Burschenschaft Germania Greifswald von der Rugia ab. Im SS 1864 beteiligte sich Rugia an der Gründung des Eisenacher Burschenbundes, im WS 1874 des Eisenacher Deputierten-Conventes (EDC) und SS 1881 des Allgemeinen Deputierten Conventes (ADC) - der späteren Deutsche Burschenschaft (DB). Im November 1908 wurde ein Haus in der Salinenstrasse 47 erworben. 1913/14 präsidierte Rugia als Vorsitzende der Deutschen Burschenschaft.
Juli 1919 war Rugia an der Gründung des Weißen Kreises in der DB beteiligt, mit dem im Mai 1922 die Weiße Arbeitsgemeinschaft in der DB gestiftet wurde. Am 27. Juni 1925 beteiligte sich Rugia maßgeblich an der Gründung des Altweißen Kartells. Während der Zeit des Nationalsozialismus wehrte sich die Rugia gegen die Gleichschaltung von Studentenverbindungen, trat November 1934 aus der DB aus und beteiligte sich an der Gründung der Alten Burschenschaft, welche in Opposition zum damaligen NSDStB (Nationalsozialistischer deutscher Studentenbund) stand. 1936 wurde die Rugia verboten und aufgelöst.
Auch in der 1949 gegründeten DDR waren Studentenverbindungen aus politischen Gründen generell verboten, weshalb das Verbindungsleben der Rugia in Greifswald erst seit der Wiedervereinigung 1989 wieder aufblühen konnte.
Die Greifswalder Burschenschaft Rugia wurde in Folge des Verbots der Wiedergründung in der DDR nach dem 2. Weltkrieg am 10. Juni 1950 in Hannover als Altherrenverband rekonstituiert. Im Mai 1951 beteiligen sich einzelne Alte Herren der Rugia mit der ebenfalls heimatvertriebenen Leipziger Burschenschaft Dresdensia in Frankfurt am Main an der Gründung der Burschenschaft Dresdensia-Rugia, die Februar 1969 suspendierte und am 22. Januar 1972 in Gießen rekonstituiert wurde.
Im Dezember 1989 wurde in Greifswald eine Burschenschaft Pommerania aus zwei verschiedenen Studentengruppen gegründet. Diese verschmolz im April 1990 zur Pommerania-Rugia und tritt ab September 1990 nur noch als Greifswalder Burschenschaft Rugia auf. Der Altherrenverband wurde unabhängig von der Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen neu gegründet. In der Folgezeit wird ein freundschaftliches Verhältnis zur Dresdensia-Rugia Gießen gewahrt. Daneben bestehen Freundschaftsverhältnisse zu den Burschenschaften Alania Aachen und Märker Berlin.
Die Rugia ist seit Mai 1994 wieder Mitglied im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB), in dem viele Burschenschaften in Deutschland und Österreich organisiert sind. 1997 wurde die Burschenschaft Rugia wegen Mitgliedermangels suspendiert, 1999 jedoch wieder reaktiviert.
Couleur und Haus
Die Farben der Rugia sind rot-weiß-grün und entsprechen den Farben des Greifswalder Stadtwappens. Es wird ein Burschenband mit ebendiesen Farben und silberner Perkussion getragen. Die Fuxia trägt selbiges, da es keine gesonderten Fuxenfarben gibt, um die Geschlossenheit des Bundes zu verdeutlichen. Die Rugia ist in Besitz eines eigenen Verbindungshauses in Innenstadtlage.
Grundsätze der Rugia
Der Wahlspruch lautet Nunquam Retrorsum, der zusammen mit dem Wahlspruch der Deutschen Burschenschaft Ehre-Freiheit-Vaterland geführt wird. In ihrem Grundsatzprogramm tritt die Rugia für ein „freies, gleichberechtigtes und ungeteiltes deutsches Vaterland“ ein. Die Rugia setzt sich für die Beibehaltung einer freiheitlich demokratischen Grundordnung ein und fordert von ihren Mitgliedern "unbedingtes Eintreten für persönliche, geistige, politische und akademische Freiheit". Wie andere Studentenverbindungen auch vertritt die Rugia das Conventsprinzip, d. h. dass über alle wichtigen Entscheidungen demokratisch abgestimmt wird.
Die Rugia in der Öffentlichkeit
Die Rugia wurde wiederholt mit rechtsextremen Tendenzen in Verbindung gebracht. Dem Verfassungsschutz im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern liegen keine Erkenntnisse zu rechtsextremen Tendenzen der Rugia vor.
Am 18. Januar 2003 veranstaltet die Junge Landsmannschaft Ostpreußen gemeinsam mit der Burschenschaft Rugia in Greifswald unter Federführung der damaligen Mitglieder der Rugia und ehemaliger NPD-Politiker Stefan Rochow und Mathias Rochow eine Feier zum Jahrestag der Gründung des Deutschen Kaiserreiches. Die Gebrüder Rochow organisierten als Mitglieder der Burschenschaft Rugia zahlreiche Veranstaltungen und Presseaktionen für die vom Verfassungsschutz beobachtete Junge Landsmannschaft Ostpreußen.[1]
Im Jahr 2004 hielt der ehemals linksextreme, inzwischen laut Hamburger Verfassungsschutz rechtsextreme Reinhold Oberlercher einen Vortrag bei der Greifswalder Burschenschaft Rugia.[2] [3]
In den Jahren 2005 bis 2009 kam es zu Presseberichten, wonach die Rugia über Kontakte in die rechtsextreme Szene verfüge.[4] [5] [6] [7] Zwei der betroffenen Mitglieder, Mathias Rochow wurden nicht wegen seiner NPD-Mitgliedschaft, sondern wegen disziplinarischer Verstöße im Jahr 2008 aus der Burschenschaft ausgeschlossen. Stefan Rochow trat 2009 aus der Burschenschaft aus.[8]
Ein geplanter Vortrag von Gerd Schultze-Rhonhof (Generalmajor der Bundeswehr a. D.) im November 2005 rief die Kritik von Teilen der Greifswalder Studierendenschaft hervor. Schultze-Rhonhof sollte auf Einladung der Greifswalder Burschenschaft Rugia im Audimax der Universität Greifswald einen Vortrag über sein Buch „1939 - der Krieg, der viele Väter hatte“ halten. Die zunächst von Universitätskanzler Dr. Behrens erteilte Erlaubnis hierfür wurde jedoch durch den Rektor Rainer Westermann wenige Stunden vor Beginn der Veranstaltung widerrufen und musste deshalb im Verbindungshaus der Rugia stattfinden.[9][10]
Im April 2009 wurde bekannt, dass der CDU-Kommunalwahlkandidat in Neubrandenburg, Steffen Bülow, ein Alter Herr der Burschenschaft Rugia ist. Nachdem die lokale Presse darüber berichtete und eine Verbindung Bülows ins rechtsextreme Lager vermutete, gab die CDU bekannt, an Steffen Bülow als Kandidaten festzuhalten.[11] Dieser räumte ein, Mitglied der Rugia zu sein, aber nach eigener Aussage nicht mit den rechtsextremen Tendenzen anderer Mitglieder der Rugia konform zu gehen.
Bekannte Mitglieder
- Rudolf Arndt (1835–1900), Prof. Dr. med., Direktor des psychiatrischen Instituts in Greifswald.
- Paul Bergholz (1845–1909), deutscher Meteorologe und Begründer des bremischen Meteorologischen Observatoriums.
- Ehrenfried Boege (1889–1965), General der Infanterie, Träger des Eichenlaub zum Ritterkreuz.
- Adolf Brieger (1832–1912), Dr. phil., Gymnasialprofessor und deutscher Dichter.
- Maximilian Curtze (1875–1903), Gymnasialprofessor aD in Thorn, Mathematik-Historiker, Kopernikus-Forscher sowie Übersetzer und Herausgeber zahlreicher mathematischer Schriften.
- Karl Glässing (1866–1952), Oberbürgermeister und Ehrenbürger der Stadt Wiesbaden.
- Walter Goehtz (1878–1943), Bürgermeister in Plathe, Bürgermeister in Greifenberg i. Pom..
- Dietrich Groffebert (1907–1996), Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse und des Goldenen Kronenkreuzes des Diakonischen Werkes wegen seiner Arbeit in karitativen Vereinen der evangelischen Kirche (Matthias Claudius und Verein für Schwerbehinderte).
- Paul Hagemeister (1868–1941), erster Bürgermeister in Suhl/Thüringen und Regierungspräsident.
- Rigolf Hennig (* 1935), rechtsextremer Publizist und NPD-Politiker[12][13]
- Ernst Hilzheimer (1901–1986), Mitbegründer der LDPD in Mecklenburg, Ehrenbürger der Hansestadt Rostock.
- Hugo Jaesschin (1866–1943), Erfinder auf dem Gebiet der Teerfarbenindustrie.
- Paul Jeske (1906–1982), hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Leba, Bürgermeister von Kellinghusen.
- Alwin Knapp (1918–1995), Dermatologe und Professor der Universität Greifswald, Leiter der Universitäts-Hautklinik in Greifswald, Promotor des PKU-Screenings in der DDR.
- Ernst August Wilhelm Krause (1878–1967), Bürgermeister in Rethem (Aller).
- Ferdinand Krüger (1843–1915), westfälischer Mundartdichter (plattdeutsch).
- Gustav Kühn (1840–1892), Prof. Dr. phil., Vorsteher der landwirtschaftlichen Versuchsstation Möckern, bedeutender Agrarwissenschaftler.
- Klaus Lankheit (1913–1992), Professor für Kunstgeschichte, bedeutender Franz Marc Kenner.
- Hugo Lemcke (1835–1925), Dr. phil. h.c., Gymnasialprofessor und Schuldirektor, Geheimer Regierungsrat, Altertumsforscher in Stettin, Vorsitzender der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde.
- Karl Michel (1843–1930), Hals-Nasen-Ohrenarzt, Schauspieler und Schriftsteller.
- Wilhelm Moldenhauer (1845–1898), Prof. Dr. med., Hochschullehrer in Leipzig.
- Felix Oberländer (1851–1915), Professor an der TU Dresden, Begründer der modernen Urologie.
- Carl Pauli (1839–1901), bedeutender Forscher der etruskischen Sprache.
- Bernhard Sprickmann Kerkerinck (1837–1915) , Ehrenbürger der Stadt Emmerich am Rhein, Urenkel des westfälischen Dichters und Juristen Anton Matthias Sprickmann.
- Otto Wenzel (1840–1929), bekannter Journalist, Genossenschaftsdirektor, Gründungsmitglied des Reichsverband der Deutschen Presse.
- Richard Werth (1850–1918), Professor der Gynäkologe an der Universität Kiel, bedeutender Gynäkologe, Vorbild des Professor Gervasius in dem Roman "Nur wer die Sehnsucht kennt" von Ida Boy-Ed.
- Eduard Wrobel (1851–1931), Dr. phil., Königlicher Gymnasialdirektor in Rostock und Mathematiker.
- Wilhelm Zahn (1848–1911), bedeutender Altertumsforscher für die Altmark.
Literatur
- AHV Rugia: Rugia-Album und Stammrolle der Greifswalder Burschenschaft Rugia 1856-1936, Greifswald 2006
- Deutsche Burschenschaft: Handbuch der Deutschen Burschenschaft, diverse Jahrgänge
- Macdonald, Paul (Hrsg.): Geschichte der Greifswalder Burschenschaft Rugia, Gießen 1981
- Möllers, Elmar: Festschrift zum 120. Stiftungsfest der Greifswalder Burschenschaft Rugia, Essen 1976
- Ostsee-Zeitung: Greifswalder Burschenschaft Rugia wurde 145 Jahre alt - In: Ostsee-Zeitung, Bd. 49 (2001), 125, S.14
- Polikowski, Fritz: Nunquam retrorsum! zum 110. Stiftungsfest der Greifswalder Burschenschaft Rugia, Wuppertal 1966
- Schmeling, Friedrich: Die Greifswalder Burschenschaft Rugia - In: Pommern, ISSN 0032-4167, Bd. 7 (1969), 3, S.6-7
Einzelnachweise
- ↑ Flugblatt der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen vom 15. Januar 2005 mit damaliger Anschrift von Mathias Rochow, der Adresse der Burschenschaft Rugia Greifswald
- ↑ Semesterprogramm der Burschenschaft Rugia Greifswald WS 2004/2005
- ↑ Likedeeler Sonderausgabe Frühjahr 2006
- ↑ "Stramme Burschen", Frankfurter Rundschau, Artikel vom 15. März 2005
- ↑ "Verbindungen mit Rechts", Ostseezeitung, Artikel vom 30. März 2006
- ↑ "Allgemeine Kritik an Burschenschaften" Referat für politische Bildung
- ↑ "Deutschland über alles! Burschenschaften heute" Deutschlandfunk, Sendung vom 5. Februar 2008
- ↑ "Ehre–Freiheit–Vaterland!" Pressemitteilung des AStA Greifswald von 2008
- ↑ "Staatsschützer werfen Schatten auf Rugia", Ostseezeitung, Artikel vom 25. November 05
- ↑ Pressemitteilung des Studierendenparlaments der Universität Greifswald Samstag, 3. Dezember 2005
- ↑ "CDU stellt sich hinter Bülow", Nordkurier, Artikel vom 9. April 2009
- ↑ Anton Maegerle: "Völkische Männerbünde", blick nach rechts, Ausgabe 03/2006
- ↑ Gabriele Nandlinger: "Ehre, Freiheit, Vaterland!", Bundeszentrale für politische Bildung, 23. April 2007
Weblinks
Kategorien:- Studentenverbindung (Greifswald)
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