Grunewald (Forst)

Grunewald (Forst)
Neuer Schildhornweg im Grunewald mit typischer Vegetation

Der Grunewald ist ein rund 3000 Hektar großes Waldgebiet in den westlichen Berliner Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. Der Wald ist Namensgeber der Villenkolonie, des Ortsteils Grunewald und des örtlichen Forstamtes Grunewald der Berliner Forsten.

Nach Westen hin wird der Forst Grunewald von der Havel begrenzt. Er wird von einer Kette kleinerer Seen durchzogen, der danach benannten Grunewaldseenkette. Die größten davon sind der Grunewaldsee, der Schlachtensee und die Krumme Lanke. An der Havel gelegen befindet sich auf dem Karlsberg der Grunewaldturm.

Auf dem Gelände des Grunewalds liegen auch die mit 114,7 m ü. NN neben den Müggelbergen höchste Erhebung Berlins, der aus Trümmerschutt des Zweiten Weltkriegs aufgeschüttete Teufelsberg, und der alte Friedhof Grunewald-Forst.

Inhaltsverzeichnis

Eiszeit, Sand und Kiefer

Bodenprofil im Grunewald
Geologische Übersichtskarte des Teltow mit Grunewald (rot eingerahmt)

Der Grunewald gehört geologisch zur Berlin-Brandenburger Landschaft Teltow, dessen Name auf den ursprünglichen Begriff „Telte“ für das Bäkefließ zurückgeht. Der Teltow ist eine typische Platte nördlich der Brandenburger Eisrandlage. Er entstand vor etwas mehr als 20.000 Jahren in der Weichseleiszeit. Größtenteils wird er von flachwelligen Grundmoränenflächen eingenommen. Das besondere am Grunewald ist, dass der für Grundmoränen typische Geschiebemergel weitgehend fehlt und deshalb ältere Ablagerungen, Schmelzwassersande aus der Vorstoßphase des Inlandeises an der Erdoberfläche anstehen. Im Grunewald sind sie außerdem außergewöhnlich mächtig (20 Meter und mehr) sowie großflächig durch den Druck des vorstoßenden Eises gestört (Stauchmoräne, siehe Karte).

Die Landschaft des Grunewalds wird von mehreren Glazialen Rinnen, zum Beispiel die Grunewaldseenkette, durchschnitten, die dem Gebiet ein für Berliner Verhältnisse recht bewegtes Relief verleihen.

Auf den Sanden entwickelten sich in der Nacheiszeit Braunerden, die meistens Merkmale der Podsolierung tragen und nur eine geringe Ertragsfähigkeit aufweisen. Die für den Teltow typischen trockenen Sandböden prägen heute den Charakter des Grunewaldes.

Der Baumbestand wird überwiegend aus Kiefern (56 %) und Eichen (26 %) gebildet, daneben finden sich vereinzelt Birken und Buchen.[1] Der Forst wird holzwirtschaftlich genutzt, die Bedeutung als Erholungsraum sowie die Berücksichtigung der ökologischen Funktion nimmt allerdings zu. Seit der bereits im Mittelalter eingesetzten forstwirtschaftlichen Nutzung hat sich die Zusammensetzung der Vegetation verändert, so war der Grunewald ursprünglich ein eher kiefernarmer Mischwald.

Geschichte

Überblick

In dem zunächst „Teltower Heide“ oder „Spandower Heide“ genannten Waldgebiet wurde im Jahre 1542 vom Baumeister Caspar Theiss ein Jagdschloss für den Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg errichtet. Fortan wurde der Grunewald bis zum Jahre 1904 hauptsächlich als herrschaftliches Jagdgebiet genutzt.

Nach der Fertigstellung der Havelchaussee und mit der Verkehrsanbindung über den Bahnhof Grunewald an der den Grunewald durchschneidenden Wetzlarer Bahn im Jahr 1879 entwickelte sich der Grunewald zum Berliner Naherholungsgebiet. Einige Gebiete des Grunewalds wurden in den folgenden Jahren zum Siedlungsbau umgewidmet, so etwa die gleichnamige Villenkolonie Grunewald im Jahr 1889 und die Siedlung Eichkamp 1919. Andere Teile, die wie die Murellenberge, die Murellenschlucht und der Schanzenwald ursprünglich zur Spandauer Heide gehörten, wurden nach dem Bau der Heerstraße 1910 nach und nach vom Grunewald abgeschnitten.

Schildhorn

Die Landzunge Schildhorn am Ostufer der Havel und die benachbarten Ausflugslokale an der Jürgenlanke galten in den 1880er-Jahren als „Lieblingsziel der Berliner Sonntagsausflügler“.[2] Das Schildhorn gilt zudem als Symbol der Gründung der Mark Brandenburg. Die Schildhornsage, nach der sich der Slawenfürst Jaxa von Köpenick 1157 auf der Flucht vor Albrecht dem Bären durch die Havel auf die Landzunge gerettet haben soll, setzte 1845 Friedrich August Stüler nach eigenhändigen Bleistiftskizzen Friedrich Wilhelms IV. im Schildhorn-Denkmal künstlerisch um. Wilhelm Schwartz schrieb 1869 im Stil der Zeit:

„Am Schildhorn beginnt die deutsche Geschichte unseres Landes, am Schildhorn wurde der Grund gelegt zur Mark Brandenburg, so ruft uns die Sage zu, und gern glaubt das patriotische und poetische Gefühl ihren Klängen.“

Wilhelm Schwartz: Das Schildhorn bei Spandau und der letzte Wendenkönig[3]

Ankauf 1915 im Dauerwaldvertrag

Mit dem „Dauerwaldvertrag“, „Dauerwaldkaufvertrag“ oder auch „Jahrhundertvertrag“ kaufte 1915 der kommunale Zweckverband Groß-Berlin erhebliche Waldflächen in der Berliner Umgebung vom Königlich-Preußischen Staat, darunter auch Teile des Grunewalds. Die heutige Großstadt Berlin, die fünf Jahre später aus dem Zweckverband hervorging, trat als Rechtsnachfolgerin in den Vertrag ein, sodass der Grunewald seither im Besitz Berlins beziehungsweise der Berliner Forsten ist.

Havel am Schildhorn im Grunewald

Grund für den Dauerwaldvertrag war unter anderem die ausufernde Bodenspekulation zu Beginn des 20. Jahrhunderts gerade auch im Grunewald, die dadurch verursachte Waldvernichtung sollte aus ökologischen und gesundheitspolitischen Gründen eingedämmt werden. Als Ausdruck der ersten deutschen Umweltbewegung kamen auf Initiative zweier Berliner Zeitungen im Jahr 1904 rund 30.000 Unterschriften bei einer Protestaktion gegen die Vernichtung des Grunewalds zusammen. An den dennoch weitergehenden Spekulationen beteiligten sich sowohl der Staat (auch mit der angrenzenden Domäne Dahlem) als auch private Waldbesitzer. Im Jahr 1909 erreichte die Spekulation mit Waldflächen im Berliner Raum einen Umfang von rund 1800 Hektar. Der „Zweite Berliner Waldschutztag“ vom 16. Januar 1909 wandte sich vehement gegen die rücksichtslose Spekulation und Waldvernichtung. Laut Forstrat Martin Klees fand die „Beunruhigung der Bevölkerung […] ihren erneuten Niederschlag in einem von einer Groß-Lichterfelder Zeitung herausgebrachten Sonderabzug mit der Überschrift: »Der Grunewald ist dem Verderben geweiht«“.

Der Abschluss des Dauerwaldvertrages mit dem Ankauf auch des Grunewalds geht somit nicht zuletzt auf den Druck der ersten deutschen Umweltbewegung zurück.

Nutzung durch US-Streitkräfte während des Kalten Krieges

Während des Kalten Krieges sperrten die in West-Berlin stationierten US-amerikanischen Besatzungstruppen erhebliche Teile des in ihrem Sektor gelegenen Grunewaldes für verschiedene militärische Zwecke: Auf dem 15 Fußballfelder großen Schießplatz Keerons Range nahe der südlichen AVUS-Kurve übten die GIs das Schießen vor allem mit Gewehren, Pistolen und sogar Panzern. Durch unkontrollierte Geschosse kam es dabei in der unmittelbaren Umgebung zu Querschlägern, so wiederholt im etwa zwei Kilometer entfernten Strandbad Wannsee, wo nicht nur Gebäude getroffen wurden, sondern im Juli 1951 ein Badegast einen Steckschuss erlitt, im August 1952 ein siebenjähriges Kind von einem verirrten Infanteriegeschoss schwer verletzt wurde und 1955 trotz zwischenzeitlich errichteter Schutzwände erneut eine Frau durch einen Schuss in ihre Leber berufsunfähig wurde.[4]

Weiterhin befanden sich im Grunewald die Munitionsdepots Dachsberg Area und Grunewald Area sowie eine Antennenstation im Jagen 87 und eine Abhörzentrale auf dem Teufelsberg. Mit Ausnahme des letzteren sind alle ehemaligen Militärstützpunkte abgerissen und deren Flächen inzwischen weitgehend renaturiert worden, sodass sich das Landschaftsschutzgebiet Grunewald um mehr als 40 Hektar vergrößerte.[5] Bis heute genutzt wird hingegen noch der Sprengplatz Grunewald für die (Zwischen-)Lagerung und Unschädlichmachung von Fundmunition durch den Berliner Kampfmittelbeseitigungsdienst.

Literatur

  • Martin Klees: Der Berliner Waldbesitz im Wandel der Zeiten. In: AFZ – Allgemeine Forstzeitschrift 29, 1963, S. 450ff
  • Reiner Cornelius: Geschichte der Waldentwicklung, Hrsg. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz Berlin, Reihe Monitoringprogramm Naturhaushalt, Heft 3, Vertrieb durch Kulturbuchverlag Berlin, 1. Aufl. 1995, ISSN 0946-3631

Weblinks

 Commons: Grunewald (Forst) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der virtuelle Waldspaziergang – Havelhöhenweg – Im Berliner Forst Grunewald Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin.
  2. Kurt Pomplun: Schildhorn – „Lieblingsziel der Berliner Sonntagsausflügler“. In: Kurt Pomplun: Von Häusern und Menschen. Berliner Geschichten. 2. Aufl., Bruno Hessling, Berlin 1976, S. 55–59
  3. In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 4 (IV. Theil). Herausgegeben von Louis Schneider, Gropius’sche Buch- und Kunsthandlung (A. Krausnick), Potsdam 1869, S. 282
  4. Schüsse am Wannsee. In: Tagesspiegel, 30. April 2007.
  5. Am Schießplatz brütet schon die Bachstelze. In: Berliner Zeitung, 29. Mai 1997.
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