- Teufelsberg
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Teufelsberg Höhe 114,7 m ü. NN Lage Berlin (Deutschland) Geographische Lage 52° 29′ 51″ N, 13° 14′ 28″ O52.49743313.241007114.7Koordinaten: 52° 29′ 51″ N, 13° 14′ 28″ O Typ Trümmerberg Besonderheiten Überschüttung des Rohbaus der Wehrtechnischen Fakultät Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg im Westen Berlins und mit 114,7 Meter über NN nach dem Großen Müggelberg die zweithöchste Erhebung des Stadtgebiets. Der Hügel – mit Aussicht über das Naturschutzgebiet Grunewald und die Havel – liegt im Ortsteil Grunewald (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf) an der Teufelsseechaussee zwischen den S-Bahn-Bahnhöfen Grunewald und Heerstraße. Er hat seinen Namen vom nahe gelegenen Teufelssee. Auf dem Berg befinden sich die markanten Bauten einer Flugüberwachungs- und Abhörstationen der US-amerikanischen Streitkräfte. Nach dem Abzug der Militärs wurde die Anlage von 1991 bis 1999 als Flugsicherungsradar-Station genutzt. Seitdem stehen die Gebäude leer.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Aufschüttung des Berges
An der Stelle des heutigen Teufelsbergs stand in den 1940er Jahren der Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät, die im Rahmen des nationalsozialistischen Projektes „Welthauptstadt Germania“ gebaut werden sollte. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage gesprengt, teilweise abgerissen und als Baumaterial genutzt. Die verbleibenden Gebäudereste wurden ab 1950 mit Trümmerschutt aufgefüllt. Weitere Deponien wie der Insulaner, das Wilmersdorfer Stadion an der Fritz-Wildung-Straße (früher Lochowdamm), auf dem Gelände der ehemaligen Gasanstalt) hatten die vorgesehene Kapazität erreicht und konnten nicht weitergenutzt werden. 22 Jahre lang luden bis zu 800 Lastzüge täglich bis zu 7000 Kubikmeter Schutt ab; am 14. November 1957 wurde der zehnmillionste Kubikmeter angefahren. Bis 1972 wurden insgesamt 26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt hier abgeladen. Das entspricht grob einem Drittel der Trümmer zerbombter Berliner Häuser und etwa 15.000 Gebäuden; dazu kam ein kleiner Anteil an Industrieabfällen und Bauschutt, der am Messedamm anfiel. Der künstlich aufgeschütte Teufelsberg wurde zum höchsten Berg im damaligen West-Berlin.
Nach Beendigung der Ablagerung im Jahr 1972 wurde die Landschaft mit Sand und Mutterboden gestaltet und mit rund einer Million Bäumen bepflanzt. Auch Wintersportmöglichkeiten wie einen Skihang, eine Rodelbahn, eine Sprungschanze und einen Schlepplift ließ der Senat herrichten.[1] Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 wurde am 28. Dezember 1986 auf dem Skihang ein Promotionswettbewerb im Parallelslalom mit bekannten Skifahrern ausgetragen. Sieger wurde der ehemalige Weltmeister und Olympiasieger von 1980 Leonhard Stock aus Österreich.[2][3]
Zeit des Kalten Krieges
Nachdem das Freizeitgelände fertiggestellt war, entdeckte die US-Armee den Berg als hervorragenden Standort für eine Abhöranlage. Die anfangs mobile Installation zur Überwachung des Luftraums – insbesondere der drei Flugkorridore zwischen Berlin und der Bundesrepublik – wurde bald durch feste Gebäude abgelöst. Dazu wurden mit der Zeit fünf Antennenkuppeln errichtet, die Überwachungsaufgaben zur Zeit des Kalten Kriegs bis weit in das Gebiet des Warschauer Paktes übernahmen. Die Anlage auf dem Teufelsberg wurde nun hauptsächlich von der National Security Agency (NSA) betrieben und diente als Teil des weltweiten Spionagenetzes Echelon. Ab 1957 wurde die Anlage zusätzlich von folgenden US-amerikanischen und britischen Aufklärungs- und Sicherheitsdiensten genutzt:
- 1957 280th ASA Company of the U.S. Army Security Agency
- 1961 78th ASA Special Operations Unit
- 1966 54th Special Operations Command
- 1967 USASA Field Station Berlin
- 1977 U.S. Army Intelligence and Security Command (INSCOM)
- National Security Agency (NSA) 6912 Electronic Security Group of the U.S. Air Force
- RAF No 26 Signal Unit
- RAF No 13 Signal Regiment.
Ein kleiner Teil der Teufelsberg-Grünanlage blieb von der militärischen Nutzung verschont. In den 1970er und 1980er Jahren wurde am Südhang des Teufelsberges Wein angebaut, aus dem das Wilmersdorfer Teufelströpfchen gekeltert wurde.
Nach der Wiedervereinigung
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die elektronischen Einrichtungen der Anlage entfernt, da sie nach dem Ende des Kalten Krieges nutzlos geworden waren. 1991 zogen Amerikaner und Briten ab. Die Gebäude blieben stehen bzw. wurden sogar erneuert und neue Radaranlagen installiert, denn sie konnten ab 1999 zur zivilen Luftüberwachung des Flugverkehrs genutzt werden.
Als Besitzer des 4,7 Hektar großen Areals der Abhörstation verkaufte es der Berliner Senat für 5,2 Mio. DM an die Kölner Investorengemeinschaft Teufelsberg KG (IGTB). Das Architektenbüro Von Gruhl & Partner führte in deren Auftrag 1998 Planungsarbeiten für die Errichtung eines Hotels mit Tagungszentrum, eines Spionagemuseums, exklusiver Wohnungen und einer Gaststätte durch. Das Bauprojekt scheiterte wegen des massiven Widerstandes von Umweltschützern und an den explodierenden Baukosten, der Investor meldete Insolvenz an. Bis zum Abbruch der Arbeiten wurden bereits einige Fundamente, ein Keller-Rohbau und das Muster einer Loftwohnung errichtet. Die Bauruinen sind mit einem Zaun gesichert und wurden bis Anfang 2003 bewacht. Aus finanziellen Gründen gab der Senat die Bewachung auf, was zu massivem Vandalismus führte. So ist seit 2005 wieder eine Wachgesellschaft mit den Sicherungsaufgaben betraut.
Aktuelle Nutzung des Teufelsbergs und Ausblick
Der Hügel wird von Mountainbikern genutzt und ist bei entsprechenden Windverhältnissen Übungsgelände für Drachen- und Gleitschirmflieger. Seit den 1980er Jahren diente er bis zum Nutzungsverbot Mitte 2011 Longboardern zum Downhill-Skaten.
Die früher existierende Rodelbahn ist geschlossen und teilweise gesperrt, dennoch wird der Berg im Winter von Rodlern und Snowboardern genutzt. Jährlich findet ein Silvesterlauf über das Gelände statt. Der Deutsche Alpenverein betreibt am Teufelsberg einen Kletterfelsen.
Spaziergänger nutzen den Teufelsberg gern als Naherholungsgebiet. Neugierige besuchen die ehemaligen Spionageanlagen, die jedoch auf Grund des schlechten Geländezustandes einschließlich ungesicherter Gebäudeteile offiziell abgesperrt sind.
Weil bis Ende 2004 keine weiteren Baumaßnahmen durchgeführt wurden, verfiel die Baugenehmigung. Seit April 2006 ist das Gelände entsprechend dem Berliner Flächennutzungsplan als „Wald“ ausgewiesen, also als nichtbebaubares Gelände.[4]
Das Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin fordert eine Renaturierung des Geländes. Das setzt den Rückkauf des Geländes durch das Land voraus, eine Entscheidung, die nach Ansicht beteiligter Behörden nur von der Finanzverwaltung und dem Liegenschaftsfonds getroffen werden kann. Die Senatsverwaltung schließt einen Rückkauf aus, da auf dem Gelände Hypotheken von rund 33 Mio. Euro lasten.[5][6]
Die Maharishi-Stiftung plante Ende Februar 2008 den Kauf des Geländes und erwartete, dass der Bezirk das Baurecht für eine „vedische Friedensuniversität“ mit insgesamt 24.000 Quadratmetern Nutzfläche und einem zwölfstöckigen und 50 Meter hohen „Turm der Unbesiegbarkeit“ für insgesamt 1000 Studenten erteilen würde.[7] Der Filmregisseur David Lynch wollte sich mit seiner Stiftung „David Lynch Foundation for Consciousness-Based Education and World Peace“ an der Finanzierung des Projekts beteiligen und legte einen symbolischen Grundstein.[8][9][10]
Im Dezember 2008 gab die Maharishi-Stiftung die Verantwortung für den Bau der Friedensuniversität an das Bundeskanzleramt ab mit der Begründung, sie stelle lediglich das Wissen zur Verfügung. Das Bundeskanzleramt konnte den Eingang entsprechender Schreiben nicht bestätigen.[11] Der Justiziar der Stiftung, Reinhard Buchzik, erklärte, man wolle den Amtsweg nicht weiterbeschreiten: Er sei „zu schwierig“. Der Teufelsberg bleibe aber weiterhin „Pilotprojekt“ für entsprechende Einrichtungen in jedem Bundesland, mit geschätzten bundesweiten Kosten von fünf Milliarden Euro. Inzwischen läuft ein Rechtsstreit zwischen Eigentümer und der Stiftung, in dem die Stiftung den Kaufvertrag anficht. Der Eigentümer plant die Gebäude der Abhöranlage zu erhalten und plant dort etwas noch nicht konkretes im Freizeitbereich.[12]
Zwei Veteranenvereine („The U.S. Field Station Berlin Veterans Group“ [USA] und der Verein „West-Alliierte in Berlin“) fordern hingegen die Umwidmung des Militärgeländes: Sie wünschen sich ein Denkmal, das an die Unterstützung der West-Alliierten erinnert[13] und haben im Berliner Abgeordnetenhaus eine Petition zum Erhalt der Anlage eingereicht.[14]
Seit Februar 2011 werden Führungen über das ansonsten offiziell nicht zugängliche Gelände angeboten.[15]
Der Teufelsberg im Film
1979 wurden auf dem Teufelsberg die Hängegleiterszenen zu Rudolf Steiners Film Aufwind gedreht, in dem ein Drachenflieger abstürzt und sich dann querschnittgelähmt ein neues Leben aufbaut. Seitdem wurde der Teufelsberg regelmäßig als spektakuläre Kulisse für Filme aller Art verwendet. Der Regisseur Thomas Nennstiel drehte hier die 2006 erschienene Kriminalkomödie Entführ' mich Liebling.
2007 wurde der Film Die Spieler von Sebastian Bieniek gedreht, der ausschließlich auf dem Gelände und in den Gebäuden auf dem Teufelsberg spielt und der im gleichen Jahr für den höchsten Preis „Goldener Pokal“ des Shanghai International Film Festival nominiert war. Auch in dem 2008 erschienenen Psychothriller Der Seelenbrecher von Sebastian Fitzek spielt der Teufelsberg eine Rolle, da dort eine fiktive Privatklinik angesiedelt ist, in der der größte Teil der Handlung spielt.
In seinem Film David wants to fly von 2010 begleitet Regisseur David Sieveking auch die Aktivitäten der Maharishi Foundation auf dem Teufelsberg: so die Grundsteinlegung in der Dunkelheit, bei der vom gekrönten Statthalter der Organisation „Unbesiegbares Deutschland“ skandiert wird. Der Bogen der filmischen Recherche schließt ernüchternd – und beinahe gleichnishaft – mit Bildern aus der Militärruine.
2010 wurde der Film Wir sind die Nacht von Dennis Gansel gedreht. Das Endszenario spielt auf dem Teufelsberg.
Siehe auch
Literatur
- Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 1945 bis 1955. Eigenverlag, Berlin 2002, ISBN 3-00-009839-9.
- Friedrich Jeschonnek, Dieter Riedel, William Durie: Alliierte in Berlin 1945–1994. Berliner Wiss.-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-8305-0397-2.
- Klaus Behling, Andreas Jüttemann: Der Berliner Teufelsberg – Trümmer, Truppen und Touristen. Berlin Story Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86368-023-7.
Weblinks
Commons: Teufelsberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Oliver Ohmann: Die Berliner bauen ihre Berge selber. Edition Luisenstadt, 1999.
- Hans W. Korfmann: Schnee am Monte Klamotte. In: Die Zeit. 2002.
- NSA Field Station Teufelsberg – a late post mortem, Bericht über die Abhörstation (CCC.de, auf Englisch)
- Webseite der Berliner Bezirksverwaltung Charlottenburg-Wilmersdorf zum Thema Teufelsberg
Einzelnachweise
- ↑ Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 1945–1955. Selbstverlag, ISBN 3-00-009839-9, S. 265 ff
- ↑ Wilmersdorf statt Watzmann. In: Spiegel Online vom 12. Januar 2010
- ↑ Ski-Weltcup in München – Toronto, Québec, New York In: sueddeutsche.de vom 2. Januar 2011
- ↑ Flächennutzungsplan Berlin, Änderung Nr. 06/04, Teufelsberg (Charlottenburg-Wilmersdorf)
- ↑ Teurer Teufelsberg. In: Berliner Zeitung vom 4. November 2005
- ↑ Wem gehört der Berliner Teufelsberg? In: NZZ-online vom 22. Dezember 2007
- ↑ Bezirk mauert gegen David Lynchs Friedens-Uni. In: Der Tagesspiegel vom 9. Januar 2008
- ↑ Kult-Regisseur Lynch baut umstrittene Yoga-Uni. In: Die Welt vom 15. November 2007
- ↑ David Lynch baut Uni auf dem Teufelsberg. In: Der Tagesspiegel vom 15. November 2007
- ↑ Yogi-Flieger stellen Bauantrag für Teufelsberg. In: Berliner Morgenpost vom 10. Januar 2008
- ↑ Merkel soll Yogi-Projekt retten. In: Der Tagesspiegel vom 17. Dezember 2008
- ↑ Teufelsberg – Die Ruine auf dem Trümmerhaufen. In: Der Tagesspiegel vom 9. Januar 2010
- ↑ Unterschriften für Denkmal auf dem Teufelsberg. In: Welt online, 29. Januar 2009
- ↑ Petition
- ↑ Auf der Spur der Spione In: Berliner Zeitung vom 11. Februar 2011
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