Günther Lütjens

Günther Lütjens
Lütjens 1933

Günther Lütjens (* 25. Mai 1889 in Wiesbaden; † 27. Mai 1941 im Nordatlantik) war deutscher Marineoffizier in der Kaiserlichen Marine, der Reichsmarine und der Kriegsmarine und Admiral der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lütjens trat nach seinem Abitur 1907 als Seekadett in die Kaiserliche Marine ein und fuhr zunächst auf dem Großen Kreuzer Freya. Seine Marineschulzeit schloss er als 20. von insgesamt 160 Fähnrichen ab. 1909 erhielt er sein erstes Bordkommando, 1910 wurde Lütjens zum Leutnant befördert. 1911/12 war er Seekadettenoffizier auf dem Großen Kreuzer Hansa.

1913 kam er zur Torpedobootwaffe. Im Ersten Weltkrieg war er dort zunächst Wachoffizier, später Kommandant von Torpedobooten und wurde zum Kapitänleutnant befördert. Zuletzt bewährte er sich bei mehreren Unternehmungen als Halbflottillenchef in der Torpedobootsflottille Flandern.

Nach dem Krieg hatte er in der Reichsmarine verschiedene Stabsposten inne. 1921 bis 1923 war er Dezernent des Amtes ML/A2, 1923 bis 1925 Chef der 3. Torpedoboots-Halbflottille und 1925 bis 1929 Adjutant und Personalreferent in der Marinestation der Nordsee. Von 1929 bis 1931 befehligte er die I. Torpedobootsflottille.

Am 1. Oktober 1931 zum Fregattenkapitän, am 1. Juli 1933 zum Kapitän zur See befördert, war er von 1932 bis 1934 Chef des Marinepersonalamtes im Reichswehrministerium und kommandierte vom 16. September 1934 bis 23. September 1935 den Leichten Kreuzer Karlsruhe.

Von 1935 bis 1936 war er Chef des Stabes der Marinestation der Nordsee. 1936 wurde er Chef des Personalamtes der neuen Kriegsmarine. 1937 wurde er Führer der Torpedoboote und erhielt am 1. Oktober 1937 seine Beförderung zum Konteradmiral.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war Lütjens zunächst Führer der Torpedoboote auf dem Zerstörer Wilhelm Heidkamp. Am 21. Oktober 1939 wurde er zum Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte ernannt. Seit 1. Januar 1940 Vizeadmiral, war Lütjens bei der Operation Weserübung (Besetzung Norwegens 1940) Kommandeur der Deckungsgruppe. Am 18. Juni 1940 wurde er Flottenchef und Befehlshaber der Schlachtschiffe.

In dieser Funktion führte Lütjens, seit 1. September 1940 Admiral, mit den Schlachtschiffen Gneisenau und Scharnhorst im Februar und März 1941 Operationen gegen die britische Handelsschiffahrt im Atlantik durch.

Lütjens galt persönlich als sehr klug, pflichtbewusst, diszipliniert und unerschrocken, gleichzeitig als überaus ernst und verschlossen. Er sprach wenig, dann aber schnell und lebhaft.

Lütjens als Befehlshaber beim Unternehmen Rheinübung

Mit Operationsbefehl vom 22. April 1941 gab Lütjens der bevorstehenden Unternehmung den Namen Rheinübung. Ziel der Operation war es, die Versorgung der Britischen Inseln zu stören. Als Flottenchef war er Befehlshaber an Bord des neuen Schlachtschiffes Bismarck. Als er am 5. Mai in Gotenhafen Adolf Hitler an Bord begrüßte, zeigte Lütjens sich angesichts der Stärke der Bismarck zuversichtlich, bezeichnete aber die Torpedoflugzeuge der britischen Flugzeugträger als große Gefahr.

Am 12. Mai 1941 schiffte sich Lütjens mit seinem Stab an Bord der Bismarck ein. Am 18. Mai 1941 lief sein Verband aus Gotenhafen zum Unternehmen Rheinübung in den Atlantik aus.

Am 21. Mai unterließ es Lütjens, die Möglichkeit der Treibstoffergänzung während der Liegezeit im Grimstadfjord in Norwegen zu nutzen. Diese Unterlassung konnte durch eine Auffüllung aus dem Tanker Weißenburg nicht wettgemacht werden und erwies sich in der Folge als schwerwiegend.

Am 24. Mai versenkte die Bismarck den Schlachtkreuzer HMS Hood. Lütjens’ Führung während des Gefechts und nach der Versenkung der Hood ist allerdings umstritten. Als Lütjens die Feuereröffnung zu lange hinauszögerte, sah sich der Kommandant der Bismarck Ernst Lindemann dazu veranlasst, mit dem Ausspruch:

»Ich laß mir doch nicht mein Schiff unterm Arsch wegschießen – Feuererlaubnis!«

...seinen Vorgesetzten zu übergehen, was dieser widerspruchslos hinnahm. Während zudem Lindemann den Kampf mit der als Gegner verbliebenen Prince of Wales durchziehen und dann zur Reparatur in die Heimat zurückkehren wollte, bestand Lütjens auf der Fortsetzung des Durchbruchs in den Atlantik.

Da die Bismarck von britischen Kräften beschädigt worden war, entließ er das Begleitschiff, die Prinz Eugen und versuchte mit seinem Flaggschiff Saint-Nazaire zu erreichen, um es reparieren zu lassen. Wegen der enormen Anstrengungen der Briten, die Bismarck zu versenken, schlug dies jedoch fehl.

Am 25. Mai setzte Lütjens zwei Funkmeldungen ab, die vom Gegner eingepeilt wurden. Durch eine Kreisfahrt war es gelungen, die britischen Fühlungshalter abzuschütteln. Möglicherweise aufgrund einer falschen Deutung der weiterhin fortbestehenden britischen Funkmessimpulse funkte er um 7.00 Uhr: „Ein Schlachtschiff, zwei schwere Kreuzer halten weiter Fühlung.“ Kurz nach 9.00 Uhr funkte er mit einer Sendedauer von über 30 Minuten erneut an die Gruppe West, da er davon ausging, die Fühlung bestehe weiterhin. Die Gruppe West funkte dagegen um 8.46 Uhr an Lütjens: „Es besteht Eindruck, daß Fühlung abgerissen.“ Nachdem diese Meldung eingegangen war, wahrte Lütjens Funkstille.

Ebenfalls am 25. Mai trafen an Bord der Bismarck eine herzliche Geburtstagsgratulation von Erich Raeder und eine zurückhaltende von Adolf Hitler ein. Letztere hatte den Wortlaut: „Beste Wünsche zu Ihrem Geburtstag – Adolf Hitler.“ Lütjens hielt eine fatalistische Ansprache an die Besatzung, die er mit den Worten beendete: „Für uns Soldaten heißt es jetzt: Siegen oder Sterben!“

Am 26. Mai 1941 erhielt die von den Briten in Folge der Entscheidungen Lütjens’ wiedergefundene Bismarck einen schwerwiegenden Rudertreffer durch den Torpedo einer Fairey Swordfish. Lütjens sandte darauf mehrere Funksprüche ab. Um 21.40 Uhr meldete er: „Schiff manövrierunfähig. Wir kämpfen bis zur letzten Granate. Es lebe der Führer.“

Um 23.58 Uhr funkte er an den Führer des Deutschen Reiches Adolf Hitler: „Wir kämpfen bis zum Letzten im Glauben an Sie, mein Führer, und im felsenfesten Vertrauen auf Deutschlands Sieg.“

Am 27. Mai 1941 wurde die Bismarck von schweren britischen Flottenverbänden gestellt. Das Schlachtschiff wurde zum Wrack geschossen und torpediert, zudem wurden Maßnahmen zur Selbstversenkung getroffen. Lütjens’ letzter Funkspruch um 7:10 Uhr an die Gruppe West lautete: „U-Boot schicken zum Wahrnehmen Kriegstagebuch.“

Die Bismarck sank um 10:36 Uhr. Lütjens selbst blieb allem Anschein nach bis zuletzt auf seiner Gefechtsstation. Zusammen mit Lütjens starben 2105 Soldaten der Besatzung der Bismarck, es wurden nur 116 Soldaten lebend geborgen.

Da Lütjens seine taktischen Überlegungen und Absichten in der Regel für sich behielt und das Kriegstagebuch mit dem Schiff versank, blieben die Gründe für mehrere Entscheidungen von Lütjens unbekannt. Es ist möglich, dass er unter Depressionen litt oder aus anderen Gründen das Unternehmen für aussichtslos hielt, was sein für einen Flaggoffizier ungewöhnlich fatalistisches Verhalten erklären könnte.

Zerstörer Lütjens

1969 wurde ein Zerstörer der Bundesmarine nach Günther Lütjens benannt, siehe Lütjens (D 185).

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Manfred Dörr: Die Ritterkreuzträger der Überwasserstreitkräfte der Kriegsmarine. Band 2: L–Z. Biblio Verlag, Osnabrück 1996, ISBN 3-7648-2498-0, S. 19–23
  2. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 903 und 904.
  3. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 896.
  4. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 898.
  5. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 906.
  6. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 907.
  7. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 909.
  8. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 912 und 913.
  9. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 922.
  10. Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989, Nr. 920.

Literatur

  • Gerhard Hümmelchen: Admiral Günther Lütjens. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. Vom Kriegsbeginn bis zum Weltkriegsende. Band 2. Primus Verlag, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-089-1, ISBN 3-534-12678-5 (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), S. 136–142.
  • Hanseatisches Auktionshaus für Historica Hüsken / Schäfer OHG (Hrsg.): Auflösung des Nachlasses von Admiral Günther Lütjens. Sonderauktion. (19. Auktion, II. Teil). Selbstverlag, Hamburg 1989.
  • Hans H. Hildebrand, Albert Röhr, Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe, Mundus Verlag, Ratingen 1979, ISBN 3-88385-028-4.
  • Burkhard Freiherr von Müllenheim-Rechberg: Schlachtschiff Bismarck. Ullstein Buch-Verlage, Berlin 1987, Lizenzausgabe Bechtermünz Verlag für Weltbild Verlag, Augsburg 1999, ISBN 3-8289-5340-9.

Weblinks

 Commons: Günther Lütjens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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