Helle Thorning-Schmidt

Helle Thorning-Schmidt
Helle Thorning-Schmidt (2010)

Helle Thorning-Schmidt [ˈhɛlə ˈtoɐ̯neŋ ˈsmed] (* 14. Dezember 1966 in Rødovre) ist eine dänische Politikerin. Seit dem 12. April 2005 ist sie als erste Frau Vorsitzende der dänischen sozialdemokratischen Partei und seit 3. Oktober 2011 ebenfalls als erste Frau dänische Ministerpräsidentin (Statsminister).

Helle Thorning-Schmidt unterlag als Oppositionsführerin Anders Fogh Rasmussen in der Folketingswahl 2007,[1] setzte sich aber am 15. September 2011 in der Folketingswahl 2011 mit ihrem Mitte-Links-Bündnis gegen die Koalition von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen durch.[2]

Inhaltsverzeichnis

Jugend, Familie und Ausbildung

Helle Thorning-Schmidt wuchs in Ishøj südlich von Kopenhagen auf. Als sie zehn Jahre alt war, ließen ihre Eltern sich scheiden und sie wohnte bei ihrer Mutter. Im Gymnasium von Ishøj erlebte sie ihre Politisierung in eine „sehr rote Richtung“, wie sie selbst sagt.

In den 1980er Jahren war sie in der Friedensbewegung engagiert, für den ANC, bei den Festivals der DKP-Zeitung Land og Folk und der Studentenpolitik.

An der Universität Kopenhagen studierte sie Politikwissenschaft. Besonderes Interesse entwickelte sie dabei für die Europäische Union. Noch heute ist sie nach eigenen Angaben überzeugt davon, dass die EU das richtige Werkzeug sei, Europa sozialer und umweltbewusster zu machen.

Durch die Beschäftigung mit der Europabewegung kam sie in Kontakt mit den Sozialdemokraten und lernte die Politikerin Ritt Bjerregaard kennen, in deren Kaffeeklub sie aufgenommen wurde.

Ihre weitere Ausbildung absolvierte Helle Thorning-Schmidt beim Europakolleg in Brügge. Dort lernte sie ihren späteren Mann Stephen Kinnock kennen, den Sohn des früheren Vorsitzenden der britischen Labour-Partei, Neil Kinnock. Das Europakolleg schloss sie 1993 als MA in Europastudien ab. 1994 folgte der MA in Politikwissenschaft an der Uni Kopenhagen.

Ihre erste „richtige Arbeit“ hatte sie 1994–1997 als Sekretariatsleiterin der dänischen Sozialdemokraten im Europaparlament in Brüssel. In dieser Zeit heiratete sie und bekam ihre erste Tochter.

1997 kehrte sie zurück nach Dänemark, wo sie Beraterin des dänischen Gewerkschaftsbundes (Landsorganisationen i Danmark) für internationale Angelegenheiten wurde. Diese Stelle hatte sie bis 1999 inne, als sie selbst für das Europaparlament kandidierte. Während des Wahlkampfs zur Europawahl 1999 war sie mit ihrer zweiten Tochter schwanger.

Die vierköpfige Familie wohnt in Østerbro, einem Stadtteil von Kopenhagen.

Politische Laufbahn

Europaparlament

1999 wurde Helle Thorning-Schmidt für die dänischen Sozialdemokraten ins Europäische Parlament gewählt. Während dieser fünften Wahlperiode war Thorning-Schmidt somit Mitglied der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas. Sie war Mitglied des Beschäftigungs- und Sozialausschusses und des Verfassungsausschusses des Europaparlaments. Als Arbeitsmarktpolitikerin engagierte sie sich z.B. gegen Sozialdumping. Sie war Mitbegründerin des European Council on Foreign Relations.

Mit dem Ende der Wahlperiode endete ihr Mandat im Sommer 2004, danach kandidierte sie zur dänischen Folketingswahl 2005.

Parteivorsitzende

Am 8. Februar 2005 wurde Helle Thorning-Schmidt ins Folketing gewählt. Sie holte in ihrem Wahlkreis das erste Direktmandat für die Sozialdemokraten seit 25 Jahren. Die Partei erlebte landesweit aber eines der schlimmsten Debakel in ihrer Geschichte, da sie nur noch 25,8 % der Stimmen erhielt (2001 noch 29,1 %).

Helle Thorning-Schmidt löste am 12. April 2005 Mogens Lykketoft als Parteivorsitzenden der dänischen Sozialdemokraten ab, der noch am Abend nach den verlorenen Parlamentswahlen sein Amt zur Verfügung stellte. Zum ersten Mal in der Geschichte fand die Vorsitzendenwahl der Sozialdemokraten in Form einer Urabstimmung statt, bei der sich Helle Thorning-Schmidt mit 53,2 % vor Frank Jensen, der dem linken Parteiflügel angehörte, durchsetzte. Gleichzeitig ist sie die erste Frau auf diesem Posten.

Thorning-Schmidt gilt als Vertreterin des rechten Parteiflügels um den ehemaligen Premierminister Poul Nyrup Rasmussen und Henrik Dam Christensen.

Spitzenkandidatin 2007

Nachdem am 25. Oktober 2007 eine Neuwahl des Folketings angekündigt wurde, trat Thorning-Schmidt als Spitzenkandidatin der Oppositionsparteien (Sozialdemokraten, Sozialisten, Radikale Venstre) für das Amt des dänischen Regierungschefs auf. Trotz eines intensiven Wahlkampfes unter dem Motto „Wir wählen Wohlstand“ verlor ihre Partei nochmals Stimmenanteile (nun nur noch 25,5 %). Mangels einer Personenalternative für den Parteivorsitz wurde ihr Amt jedoch nicht in Frage gestellt.

Seit der Wahl folgt sie der Regierungslinie in der Außen- und Ausländerpolitik, versucht sich aber durch klare Forderungen nach Festhalten am dänischen Sozialstaatsmodell innenpolitisch deutlicher von der Regierung abzusetzen.

Spitzenkandidatin 2011 und Ministerpräsidentin

Für die Wahl am 15. September 2011 nominierten die Sozialdemokraten wieder Thorning-Schmidt als Spitzenkandidatin. Obwohl die Partei mit 24,8 Prozent der Stimmen das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erreichte, legte das von Thorning-Schmidt angeführte Mitte-Links-Bündnis insgesamt zu. Königin Margrethe II. beauftragte sie am 2. Oktober 2011 offiziell mit der Regierungsbildung. Thorning-Schmidt gab bekannt, dass sie eine Drei-Parteien-Regierung mit den Sozialliberalen und der Sozialistischen Volkspartei bilden werde.[3] Am 3. Oktober stellte Thorning-Schmidt ihr Kabinett vor und wurde zur Ministerpräsidentin ernannt.[4]

Trivia

Wegen ihres modischen Auftretens ist in den Boulevardblättern gerne von „Gucci-Helle“ die Rede.[5]

Publikationen

  • Bjarke Larsen, Flemming Ytzen (Hrsg.): En dollar om dagen – 17 essays om danskerne, globaliseringen og verdens fattige. Pressto, 2001.
  • Tine Aurvig Brøndum, Morten Bødskov, Villy Dyhr, Lars Olsen, Helle Thorning-Schmidt: Forsvar for fællesskabet. Forlaget Fremad, 2002.
  • Epostler (Briefe und Gespräche). Gyldendal, 2003.
  • Charlotte Antonsen, Ole Buchardt Olesen (Hrsg.): Europas værdier og rolle i verden, Peter la Cours Forlag, 2007.
  • Matthias Platzeck, Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier (Hrsg.): Auf der Höhe der Zeit – Soziale Demokratie und Fortschritt im 21. Jahrhundert, 2007.

Weblinks

 Commons: Helle Thorning-Schmidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kurier.at: „Zweikampf“ bei Wahlen in Dänemark (Archivversion vom 10. Dezember 2007), 5. November 2005
  2. Die Presse: Dänemark: „Roter Block" erringt die Macht, 16. September 2011.
  3. Thorning-Schmidt kündigt Drei-Parteien-Regierung an. Rheinische Post, 2. Oktober 2011
  4. Kongelig resolution af 3. oktober 2011. Statsministeriet, 3. Oktober 2011, abgerufen am 3. Oktober 2011 (pdf, dk).
  5. Gucci-Helle schreibt Geschichte. Die Presse, 3. Oktober 2011

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