Hofjude

Hofjude

Ein Hoffaktor oder Hofjuwelier war ein für finanzielle Angelegenheiten am Hof beschäftigter Kaufmann.

Hoffaktoren arbeiteten im 16. bis 18. Jahrhundert als selbstständige Kaufleute an Fürstenhöfen. Sie halfen den Potentaten bei der Beschaffung von Geld- und Sachmitteln zur Durchführung ihrer Interessen, aber auch bei der Beschaffung von Luxusgütern und der Herstellung von Münzen. Nicht alle Hoffaktoren waren Juden, aber sie stellten die große Mehrheit. Deshalb wurde auch die Bezeichnung Hofjuden verwendet. Ein wichtiger Grund für deren Überwiegen war das Zinsverbot für Christen, das ihnen versagte, Geld gegen Zinsen an andere Christen auszuleihen. Deshalb hatten die Christen weniger Gelegenheit gefunden, Erfahrung in der Geldleihe zu entwickeln, die lange das Privileg der Juden blieb.

Erst nach der Vertreibung der Juden in der Zeit der Kreuzzüge gelang es auch christlichen Familien wie den Fuggern, der Welsern und den Thurn und Taxis mit Finanzierungsgeschäften und Fernhandel zu beginnen. Martin Luther wandte sich schon sehr früh gegen die Tätigkeit von Hoffaktoren wie Michael von Derenburg. Kennzeichnend für die Stellung des Hoffaktors war sein großer Einfluss auf die Politik und andererseits seine Abhängigkeit von den absoluten Fürsten und Kirchenfürsten, die aber besonders für die Finanzierung von Kriegen eben auch auf diese Finanziers angewiesen waren. Denn die Tätigkeit der Hoffaktoren fand auch und besonders in der Finanzierung von Kriegen ihren Niederschlag.

Besonders während des Dreißigjährigen Krieges nahm dieses Geschäft einen verhängnisvollen Aufschwung.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutende Hoffaktoren

Prag

Wien

Dessau

  • Moritz von Cohn beginnt seine Tätigkeit in Dessau und wechselt später nach Berlin.

München

  • Aron Elias Seligmann (1747–1824) zum Freiherrn von Eichthal geadelt. Kurfürst Max Joseph - ab 1806 bayerischer König - machte 1799 Aron Elias Seligmann zu seinem Hoffaktor, der sogleich einsprang und den Sold für die Truppen vorschoss, ohne die Max Joseph seinen Krieg nicht hätte weiter führen können.
  • Jakob von Hirsch (1765–1840) wird mit dem Prädikat „auf Gereuth“ in den Adelsstand erhoben.

Dresden

Stuttgart

  • Als bekanntester Hoffaktor, nicht nur in Stuttgart, gilt Joseph Süß Oppenheimer, der am Hofe des württembergischen Herzogs Karl Alexander wirkte und einem Justizmord zum Opfer fiel.
  • Ebenfalls zur Zeit Oppenheimers wirkte in Stuttgart der Hoffaktor Marx Nathan, auch Mardochai Schloß genannt, der als Vorsteher der israelitischen Gemeinde in Stuttgart Süß Oppenheimer vor seiner Hinrichtung noch seelischen Beistand leistete.
  • Später – unter König Wilhelm I. – arbeitete hier sehr erfolgreich auch Karoline Kaulla als Hoffaktorin, für diese Zeit eine ganz außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmerin.

Hamburg

  • Zu den einflussreichsten Hofjuden in Hamburg zählte die Familie Fürst. Vor allem die Kaufleute Chajim Fürst und sein Nachfahre Moses Israel Fürst brachten es zu Ansehen und Wohlstand.

Hannover

  • In Hannover wirkte der Hofjude Leffmann Behrens im Dienst der drei Welfenherzöge Johann Friedrich, Ernst August und Georg Ludwig.

Kassel

  • In Kassel war als einflussreicher Hofbankier Benedikt Goldschmidt (ca.1575-1642) tätig. Ihm gelang 1635 die Ausweisung aller, nicht zu seiner Familie gehörenden Juden aus Kassel.
  • Simon Goldschmidt (1600-1658), der Sohn Benedikts, war ebenfalls Hofbankier und Vorsteher der übrig gebliebenen jüdischen Gemeinde.
  • Oberhofagent Moses Joseph Büding (1748/49-1811) war der Gründer des gleichnamigen Bankhauses „M. J. Büding“ in Kassel.
  • Mayer Amschel Rothschild verwaltete das durch den Verkauf der Soldaten erworbenen Geld und legte damit die Grundlage für das Bankhaus Rothschild.

Lissabon

  • David de Pury (1709-1786) aus dem damals preußischen Neuchâtel am portugiesischen Hof. Wie Schimmelmann besonders in den Sklavenhandel und die Plantagenwirtschaft involviert. Durch den preußischen König in den Adelsstand erhoben.

London

  • Paul Julius Reuter von Queen Viktoria zum Baron ernannt. Brachte den Iran unter englische Kontrolle, in dem er Nāser ad-Dīn Schah in finanzielle Abhängigkeit brachte und dadurch von ihm 1872 mehrere Monopole auf die iranische Wirtschaft erhielt. Das Tabakmonopol führte zu einem landesweiten Aufstand der Iraner und musste vom Nāser ad-Dīn Schah von Geld, das er nicht hatte zurückgekauft werden. So entstanden die ersten persischen Staatsschulden.

Mannheim

  • Elias Hayum (1709-1766), der Stammvater der Mannheimer Bankiers- und Fabrikantenfamilie Mayer, war Hof- und Milizfaktor.
  • Sein Sohn Elias Mayer (1733/37-1803) wurde sogar Oberhof- und Milizfaktor.
  • Gottschalk Mayer (1761-1835), Gründer der Firma „Gebr. Mayer Zigarrenfabriken“, setzte die Familientradition als Hoffaktor anschließend in dritter Generation fort.

Berlin

Zur Zeit des Nationalsozialismus

Während des Nationalsozialismus wurden das Wirken der Hoffaktoren benutzt, um antisemitische Gefühle zu wecken. Bekannte Beispiele sind der Film Jud Süß von Veit Harlan und das Buch Hofjuden von Peter Deeg.

Siehe auch

Weblinks


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