- Hugo Ball
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Hugo Ball (* 22. Februar 1886 in Pirmasens; † 14. September 1927 in Sant’Abbondio-Gentilino, Schweiz) war ein deutscher Autor und Biograf. Außerdem war er einer der Mitgründer der Dada-Bewegung und ein Pionier des Lautgedichts.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hugo Ball wuchs in einer gutbürgerlich-katholischen Familie auf.[1] Sein Vater war Schuhfabrikant. Von 1895 bis 1901 besuchte er das zu diesem Zeitpunkt nur sechsklassige Königliche Progymnasium zu Pirmasens ohne Abiturrecht[2]. Nach dem Abschluss fügte sich Ball widerstrebend dem Wunsch seiner Eltern, eine Lehre bei dem Lederhändler Ferdinand Schohl zu beginnen. Aus gesundheitlichen Gründen brach Ball die Lehre ab. [3] Seine Eltern gaben jetzt seinem Wunsch nach, das Abitur in Zweibrücken am Herzog-Wolfgang-Gymnasium nachzuholen[4]
Nach dem Abitur begann er im Oktober 1906 das Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in München und wurde ein „glühender Verehrer” der Musik von Max Reger. 1907 wechselte er für zwei Semester nach Heidelberg, wo er eine Vorlesung Schopenhauer und Nietzsche hörte und sein Dissertationsprojekt entwickelte. Ab 1908 war er in München immatrikuliert. 1909/1910 studierte er wieder zwei Semester in Heidelberg und arbeitete in Schnaitsee an seiner Dissertation Nietzsche in Basel, die er jedoch nicht einreichte (und die erst 1978 veröffentlicht wurde). [5] Er brach sein Studium im Frühjahr 1910 ab. Es entstand ein offener Konflikt mit seiner Familie.
Nach dem Abbruch des Studiums zog Ball nach Berlin. Dort machte er eine Ausbildung als Hilfskraft für „Regie, Dramaturgie und Verwaltungsfragen” an Max Reinhardts Schauspielschule, wobei Paul Legband Balls Regielehrer war. Im gleichen Jahr gelang ihm beim Ernst-Rowohlt-Verlag die Veröffentlichung seiner Tragikkomödie Die Nase des Michelangelo. Am Theater Plauen arbeitete er 1911/12 als Dramaturg, zwischen 1912 und 1914 an den Münchner Kammerspielen.
Nach einer internen Krise des Theaters wurde Hugo Ball zum alleinigen Dramaturgen des Hauses. In München lernte er Hans Leybold, Leontin Sagan, später auch Richard Huelsenbeck und Emmy Hennings kennen. Durch die Uraufführung von Frank Wedekinds Franziska wurde Hugo Ball mit dem Autor bekannt. Ende 1912 nahm er die Arbeit an Der Henker von Brescia auf. Doch bereits 1913 kam es bei den Münchner Kammerspielen erneut zur Krise. Durch den Wechsel der Direktion verlor Ball an Einfluss auf den Spielplan.
Ball veröffentlichte 1913 in verschiedenen Zeitschriften (Revolution, Die Neue Kunst, Die Aktion, Phöbus). Während Die Aktion 1914 häufiger Gedichte Balls veröffentlichte, scheiterte ein Projekt mit Wassily Kandinsky. Es war ein Almanach als Ergänzung zum Blauen Reiter geplant, jedoch beendete der Kriegsausbruch das Projekt. Ball meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst, aber wurde für untauglich erklärt. Mit der Absicht einen verwundeten Freund in Lunéville zu besuchen, bekam er dennoch einen Eindruck von der Kriegsfront. Seine Erlebnisse veröffentlichte er in der Pirmasenser Zeitung. Danach ging er zurück nach Berlin und schrieb weiter für Zeitschriften. Durch seine Fronteindrücke wurde sein sein Interesse für den Anarchismus. Er las Schriften von Kropotkin und Bakunin.
Im Mai 1915 emigrierte Ball gemeinsam mit Emmy Hennings in die Schweiz, wo er zunächst in Zürich wohnte. Er tingelte mit einem Varieté-Ensemble als Klavierspieler und Texter durch das Land. Schließlich kam er in Kontakt mit der Tanzschule von Rudolf von Laban, die als Treffpunkt der Dadaismusbewegung galt. Im Februar 1916 gründete er mit Hans Arp, Tristan Tzara und Marcel Janco in Zürich das Cabaret Voltaire, die als „Wiege des Dadaismus” bezeichnet wird.
Hugo Ball zog sich schon bald wieder aus dem Kreis der aktiven Dadaisten zurück und arbeitete von 1917 bis 1919 als Mitarbeiter, schließlich als Verlagsleiter der Freien Zeitung, für die er politische Tageskommentare und kritische Beiträge verfasste, auch unter dem Einfluss von Bakunin. Nach dem Konkurs des Verlags verlor er das Interesse an der politischen Aktion, rekonvertierte zum Katholizismus,[6][7] widmete sich einer streng orthodoxen Linie und studierte die alten Mystiker. Vortragsreisen führten ihn durch Deutschland und die Schweiz.
Nach seiner Heirat am 21. Februar 1920 mit Emmy Hennings wohnte Ball, unterbrochen von einem Italien-Aufenthalt in Rom und bei Salerno von Herbst 1924 bis Frühjahr 1926, in dem kleinen Dorf Agnuzzo unterhalb von Montagnola im Kanton Tessin und ab 1926 in der Casa Schori in Sorengo. Seit seinem Umzug ins Tessin verband ihn eine enge Freundschaft mit Hermann Hesse, dessen Biografie er in seinen letzten drei Lebensjahren schrieb. Ab 1924 beschäftigte er sich vermehrt mit katholischen Themen und schrieb für die katholische Zeitschrift Hochland über katholische Theologie.
Ball starb am 14. September 1927 an einem Magenkarzinom und wurde auf dem Friedhof Sant’Abbondio in Gentilino beigesetzt, auf dem auch seine Frau Emmy, die 1948 starb, und Hermann Hesse begraben sind.
Werke
Originalausgaben
- Die Nase des Michelangelo. Tragikomödie in vier Auftritten, 1911
- Der Henker von Brescia. Drei Akte der Not und Ekstase, 1914
- Flametti oder Vom Dandysmus der Armen. Roman. Reiss, Berlin 1918 (Digitalisat)
- Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Der Freie Verlag, Bern 1919 (Digitalisat)
- umgearbeitete Fassung als: Die Folgen der Reformation. Duncker & Humblot, München 1924
- Byzantinisches Christentum. Drei Heiligenleben (zu Joannes Klimax, Dionysius Areopagita und Symeon dem Styliten). Duncker & Humblot, München 1923
- Neuauflage 2011: herausgegeben und kommentiert von Bernd Wacker, Wallstein Verlag, Göttingen ISBN 978-3-89244-779-5
- Hermann Hesse. Sein Leben und sein Werk. S. Fischer, Berlin 1927
- Die Flucht aus der Zeit (Tagebuch). Duncker & Humblot, München 1927
Postum erschienen:
- Gesammelte Gedichte mit Photos und Faksimiles, hg. v. Annemarie Schütt-Hennings. Arche, Zürich 1963
- Tenderenda der Phantast. Roman. Arche, Zürich 1967; Haymon, Innsbruck 1999, ISBN 3-85218-272-7
Briefwechsel
- Briefe 1911–1927. Mit einem Vorwort von Hermann Hesse. Benziger, Einsiedeln/Köln/Zürich 1957
- Hugo Ball & Emmy Hennings: Damals in Zürich. Dada. Briefe aus den Jahren 1915–1917. Mit Fotos und Faksimiles. Arche, Zürich 1977
- Hermann Hesse: Briefwechsel 1921–1927 mit Hugo Ball und Emmy Ball-Hennings. Kommentiert und herausgegeben von Bärbel Reetz. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-41467-4
Gesamtausgabe
- Sämtliche Werke und Briefe, Wallstein Verlag, Göttingen. Auf zehn Bände angelegt; bisher erschienen:
- Band 1: Gedichte, hg. v. Eckhard Faul, 2007, ISBN 978-3-89244-775-7
- Band 2: Dramen, hg. v. Eckhard Faul, 2008, ISBN 978-3-89244-713-9
- Band 4: Michael Bakunin. Ein Brevier, hg. v. Burkhard Schlichting, 2008, ISBN 978-3-89244-778-8
- Band 5: Die Folgen der Reformation. Zur Kritik der deutschen Intelligenz, hg. u. komm. v. Hans Dieter Zimmermann, 2005, ISBN 978-3-89244-777-1
- Band 8: Hermann Hesse. Sein Leben und sein Werk, hg. v. Volker Michels, 2006, ISBN 978-3-89244-780-1
- Band 10: Briefe 1904–1927. 3 Bände, hg. u. komm. v. Gerhard Schaub und Ernst Teubner, 2003, ISBN 978-3-89244-701-6
Gedenkpreise und Widmungen
1957 wurde die von Harald Szeemann kuratierte Ausstellung Dichtende Maler – Malende Dichter im Kunstmuseum St. Gallen Hugo Ball gewidmet. 1976 rief seine Heimatstadt Pirmasens - als Forum der Hugo-Ball-Forschung - das Hugo-Ball-Almanach ins Leben. 1990 lobte Pirmasens den Hugo-Ball-Preis aus, mit dem im Drei-Jahres-Rhythmus Persönlichkeiten geehrt werden, die geisteswissenschaftlich oder künstlerisch im Sinne Hugo Balls arbeiten. Außerdem wurde in seiner Heimatstadt das Neusprachliche Gymnasium in Hugo-Ball-Gymnasium umbenannt. Im Mainzer Walk of Fame des Kabaretts ist Ball ein Stern gewidmet.
Einzelnachweise
- ↑ Ernst Teubner: Hugo Ball (1886-1986) Leben und Werk, Wasgauhalle Pirmasens, Städtische Galerie im Lenbachhaus München, Kunsthaus Zürich, Publica Verlag, 1986 ISBN 978-3-89087036-6, S. 45. Zitat: „Geboren bin ich von Eltern, die ebenso echten Katholiken als begeisterte Deutsche waren [...]”.
- ↑ Geschichte des Altsprachlichen Gymnasiums Pirmasens
- ↑ Gerhard Schaub (Hrsg.): Hugo Ball, Briefe 1904–1927, Band 1, Wallstein Verlag, 2003 ISBN 978-3-89244701-6, S. 44
- ↑ Eugen Egger, Historisches Lexikon der Schweiz
- ↑ Die Schwester seines Freundes August Hofmann war in Schnaitsee als Lehrerin beschäftigt. Sie beschaffte Ball „ein nettes Zimmer in der Villa eines Bauern”.
- ↑ Wilpert, Lexikon der Weltliteratur, Ball, Hugo
- ↑ Hugo Ball: Hermann Hesse : sein Leben und sein Werk. (Gesamtausgabe ; 8). Nachwort von Volker Michels. Seite 223
Literatur
- Emmy Ball-Hennings: Hugo Balls Weg zu Gott. Ein Buch der Erinnerung. Kösel & Pustet, München 1931
- Sabine Werner-Birkenbach: Hugo Ball und Hermann Hesse – eine Freundschaft, die zu Literatur wird. Kommentare und Analysen zum Briefwechsel, zu autobiographischen Schriften und zu Balls Hesse-Biographie. Akademischer Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-88099-316-5
- Bernd Wacker: Dionysios DADA Areopagita. Hugo Ball und die Kritik der Moderne. Schöningh, Paderborn 1996, ISBN 3-506-79505-8
- Cornelius Zehetner: Hugo Ball. Portrait einer Philosophie. Turia & Kant, Wien 2000, ISBN 3-85132-246-0
- Eugen Egger: Ball, Hugo im Historischen Lexikon der Schweiz. 2001
- Christoph Schmidt: Die Apokalypse des Subjekts. Ästhetische Subjektivität und politische Theologie bei Hugo Ball. Aisthesis, Bielefeld 2003, ISBN 3-89528-313-4
- Eva Zimmermann u. a. (Hrsg.): Hugo Ball. Dichter, Denker, Dadaist. Nimbus, Wädenswil 2007, ISBN 3-907142-19-5
Weblinks
Commons: Hugo Ball – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Hugo Ball – Quellen und VolltexteWikiquote: Hugo Ball – Zitate- Literatur von und über Hugo Ball im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Wege aus dem Dadaismus. Am Beispiel von Hugo Ball und Kurt Schwitters Magisterarbeit von Herbert Braun
- Aufsätze, Gedichte, Interviews über und von Hugo Ball in der Literaturzeitschrift karawa.net
- Werke von Hugo Ball im Projekt Gutenberg-DE
- Werke von Hugo Ball bei Zeno.org
Kategorien:- Autor
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