Höhle von Lascaux

Höhle von Lascaux
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Höhle von Lascaux (Frankreich)
Höhle von Lascaux
Höhle von Lascaux

Die jungpaläolithische Höhle von Lascaux im Tal der Vézère bei Montignac im französischen Département Dordogne enthält einige der ältesten bekannten abbildenden Kunstwerke der Menschheitsgeschichte. Sie gehört zum Umkreis der Frankokantabrischen Höhlenkunst.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Höhlenmalerei aus Lascaux

Die Höhle liegt auf der linken Talseite der Vézère an einem aus Kalken des Coniaciums gebildeten Hang, etwa zwei Kilometer südlich von Montignac, zu dessen Gemeindegebiet sie gehört. Sie kann über die D 704 und anschließend über die rue la Grande Bechade erreicht werden.

Im Vergleich zu anderen Höhlen des Périgord Noir (Schwarzer Périgord) ist die Höhle von Lascaux relativ trocken, da sie von einem Mergelhorizont gegen Wasserinfiltritation abgedichtet wird und somit auch kein nennenswerter Kalzitüberzug entstehen konnte.

Geschichte

Die Höhle wurde am 12. September 1940 von Marcel Ravidat, Jacques Marsal, Georges Agnel und Simon Coencas entdeckt. Bereits am 21. September traf Henri Breuil ein und veröffentlichte noch im selben Jahr eine erste wissenschaftliche Beschreibung. Er sah die Kunstwerke als zum Périgordien gehörig an. Bereits 1948 wurde die Höhle für die Allgemeinheit geöffnet. Zu diesem Anlass wurde der Höhlenboden ausgeschachtet und abgesenkt, eine elektrische Beleuchtung installiert, eine Treppe eingebaut und eine schwere Bronzetür an den Eingang gesetzt, um das Höhlenklima (von konstanten 14 °C) nicht allzu stark zu destabilisieren. Die von etwa 1.200 Besuchern pro Tag abgegebene Atemluft beschädigte die Bilder jedoch deutlich. Kondenswasser und organische Substanzen führten zur Bildung von Schimmel. Deshalb wurde die Höhle 1963 für den Publikumsverkehr geschlossen und mit einem aufwändigen Belüftungs- und Klimaregulierungssystem versehen. Die Bilder wurden restauriert und seither täglich überwacht.

Eine mehrere Millionen Euro teure exakte Nachbildung der Höhle wurde 1983 für die Allgemeinheit eröffnet. Abbildungen und Reproduktionen anderer Kunstwerke aus Lascaux können im Museum für Prähistorische Kunst Le Thot bei Montignac besichtigt werden.

Räumlicher Aufbau

Lageplan der Höhle von Lascaux

Die Höhle von Lascaux ist relativ klein; ihr gesamtes Gangsystem mit einem maximalen Höhenunterschied von 30 Meter ist nicht länger als 250 Meter. Die Höhle besteht aus zwei Niveaus, wobei sich die Kunstwerke ausschließlich im oberen, kohlendioxidfreien Niveau befinden.

Über den nach Ostsüdost ausgerichteten Eingang, der in drei Schleusenkammern umgewandelt wurde, erreicht man den 17 Meter langen, 6 Meter breiten und 7 Meter hohen Saal der Stiere (franz. Salle des taureaux). Dahinter verengt sich die Höhle zum etwa gleich langen Diverticule axial (Axialer Seitengang). Vom hinteren Ende des Saals der Stiere zweigt rechter Hand in nordnordwestlicher Richtung ein Seitengang ab, die 15 Meter lange Passage. Hinter der Passage folgt das 20 Meter lange, höher liegende Nef (Schiff). Das Schiff geht in einen nicht bemalten Gang über und endet schließlich im Diverticule des Félins (Seitengang der Raubkatzen), einem engen, 20 Meter langen Gang. Zwischen Passage und Schiff öffnet sich ein weiterer, nach Osten führender Seitengang. Er beginnt mit der Abside, einem halb runden, nach Westen öffnenden Saal. Am hinteren Ende der Abside liegt der Puits (Brunnen), eine 4 bis 5 Meter tiefe Schachtöffnung, die ins tiefere Netzwerk der Höhle führt.

Wissenschaftliche Untersuchungen

1949 führen Breuil, Séverin Blanc und Maurice Bourgon Grabungen in der Höhle durch, in deren Verlauf sie verzierte Speerspitzen aus Rentiergeweih entdecken. Zwischen 1952 und 1963 nahm André Glory eine Bestandsaufnahme der Kunstwerke vor und realisierte 1433 Abpausungen (heutiger Stand: 1900). Es folgten Untersuchungen von Annette Laming-Emperaire, ab 1975 von André Leroi-Gourhan und seinem multidisziplinären Team und zwischen 1989 und 1999 von Norbert Ajoulat.

Datierung

Ursprünglich wurden die Höhlenmalereien dem Magdalénien zugerechnet, etwa dem Zeitraum zwischen 17.000 und 15.000 v. Chr. Durch das Auffinden von älteren Artefakten aus dem Solutréen sind inzwischen Zweifel an dieser Zuordnung laut geworden. Autoren wie Norbert Aujoulat[1] halten die Höhle sogar noch für älter und nähern sich somit wieder der bereits von Breuil geäußerten Datierung (Périgordien).

Aufteilung der Felsbilder

Die etwas rätselhafte Szene am Brunnen

Die Felsbilder verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Höhlenabschnitte:

Saal der Stiere (franz. Salle des taureaux)

Der Saal der Stiere stellt zweifellos den spektakulärsten Abschnitt der Höhle von Lascaux dar. Er enthält nur Malereien, da die Wände von Kalzit überzogen sind und sich für Ritzzeichnungen nur schlecht eignen. Einige der Abbildungen können beeindruckende Dimensionen annehmen, wie beispielsweise der berühmte „Stier“ – Wahrzeichen der Dordogne – mit 5,20 Meter.

Auf den beiden Wandseiten sind große Auerochsen dargestellt, zwei auf der Nordseite und drei auf der Südseite. Die Auerochsen auf der Nordseite werden von zehn Wildpferden und einem etwas rätselhaften Tier, dem sogenannten Licorne (Einhorn) begleitet. Die drei großen Auerochsen auf der Südseite werden von drei kleineren, in rot gemalten Auerochsen, sechs kleineren Hirschen und dem einzigen in Lascaux vorhandenen Bären umrahmt. Der Bär, nur sehr schlecht zu erkennen, überdeckt den Bauch eines Auerochsen.

Axialer Seitengang (Diverticule axiale)

Der axiale Seitengang ist ebenfalls mit Rindern und Pferden ausgeschmückt, welche hier aber von Hirschen und Steinböcken begleitet werden. In 2,50 Meter Höhe befindet sich ein mit Manganoxid gezeichnetes Wildpferd. Sogar über die Decke ziehen sich Tierabbildungen, die nur mittels eines Gerüsts angebracht werden konnten. Zwischen den Tieren finden sich immer wieder verschiedene Zeichen wie z. B. Stäbe, Punkte und rechteckige Muster.

Passage

Die Passage enthält heute kaum mehr zu identifizierende Ausschmückungen, die wahrscheinlich schon vor langer Zeit der Luftzirkulation zum Opfer fielen.

Schiff (Nef)

Das Schiff besteht aus vier Figurengruppen, darunter eine schwarze Kuh, schwimmende Hirschen und Wisente. Die Figuren sind umgeben von rätselhaften geometrischen Zeichen und Mustern (Schachbrettmuster).

Seitengang der Raubkatzen (Diverticule des Félins)

Im Seitengang der Raubkatzen wurde eine Gruppe dieser Raubtiere in die Felswand graviert. Eine von ihnen ist offensichtlich dabei, ihr Territorium zu markieren. Die Ritzzeichnungen sind in einem recht naiven Stil ausgeführt. Neben den Raubkatzen finden sich auch andere Tiere sowie symbolische Zeichen. Ein Pferdekopf wurde von vorn abgebildet – etwas ungewöhnlich für die Kunst des Jungpaläolithikums, in der die abzubildenden Objekte meist im Profil oder mit einer „verschrobenen“ Perspektive dargestellt wurden.

Abside

Die Abside enthält mehr als tausend Ritzzeichnungen, die gelegentlich gemalte Tierdarstellungen und Symbolzeichen überlagern. Darunter befindet sich die einzige Abbildung eines Rentiers in Lascaux.

Brunnen (Puits)

Am Abstieg zum Brunnen wurde die wohl rätselhafteste aller Darstellungen ausgeführt: ein Mann mit Vogelkopf scheint nach hinten umzufallen, sein Penis ist erigiert. Er scheint offensichtlich von einem von rechts heranpreschenden Wisent umgeworfen worden zu sein, in dessen Unterleib ein Speer steckt und dessen Eingeweide bereits hervortreten. Neben dem Mann liegt ein länglicher Gegenstand, an seinem Ende ein Vogel – möglicherweise handelt es sich hier um eine Speerschleuder. Links entfernt sich ein (Woll-) Nashorn. Es fallen ferner folgende Symbolzeichen in dieser Komposition auf:

  • Zwischen Mann und Nashorn sind drei doppelpunktartige Zeichen angebracht, welche auch im Seitengang der Raubkatzen, dem entlegensten Teil der Höhle, zu sehen sind.
  • Unterhalb des Mannes und des Wisents lässt sich ein gestricheltes Symbol mit einseitiger Spitze und zwei Widerhaken am Ende erkennen. Dieses Symbol wurde auch an anderen Wänden angebracht; es befindet sich außerdem auf gefundenen Speeren und auf der in der Nähe des Brunnens entdeckten Öllampe.

Die Einzelelemente der Komposition des Brunnens stehen eindeutig in Bezug zueinander – ganz im Gegensatz zur üblich gewählten Darstellungsweise. André Leroi-Gourhan sieht in dieser Szene eine Begebenheit mythologischer Natur, deren Sinn für uns nur sehr schwer zu erkennen sein dürfte.

Archäologische Funde

Öllampe aus rotem Sandstein, gefunden in der Nähe des Brunnens

Die meisten archäologischen Funde wurden im Verlauf der Arbeiten an den Eingangsschleusen, bei Ausschachtungen in verschiedenen Sälen oder bei systematischen Grabungen am Brunnen ans Licht gefördert. Darunter sind 403 Steinartefakte, 28 Knochenwerkzeuge, Schmuck (10 Muschelumhänge), 113 tierische Überreste, zahlreiche Holzkohlenstücke, größere Pflanzenreste und mehrere Fragmente benutzter Farben.

Im Schiff fanden sich auf einem Sims unterhalb dem Bild der Kuh mehrere Lampen sowie Farb- und Nahrungsreste. In der Abside wurden zahlreiche Gegenstände wie z. B. Speerspitzen, Schaber, Bohrer und Lampen zurückgelassen. Auch im Brunnen tauchten mehrere Artefakte auf – beispielsweise Speerspitzen, Farbreste, durchbohrte Muscheln und Lampen, darunter ein Exemplar in rotem Sandstein, dessen Henkel mit dem oben bereits erwähnten gestrichelten Symbol verziert ist.

Verwendete Farben

Elektronenmikroskopische Untersuchungen an Farbresten bestätigen eine recht vielfältige Farbpalette. Schwarze Farben korrespondieren mit unterschiedlichen, aus der Umgebung stammenden Manganoxiden. Orange, gelbe und rote Farbtöne gehen auf unterschiedliche Eisenoxide zurück. Die Farben wurden direkt aufgetragen, ohne vermischt oder thermisch verändert worden zu sein.

Bedrohung der Kunstwerke

In der Höhle bedroht neben weißem Pilzbefall (Fusarium solani), der in Symbiose mit der Bakterie Pseudomonas fluorescens auftritt, schwarzer Schimmel[2][3] weiter die berühmten Wandmalereien. Nach einer Behandlung mit Pilzvernichter breitet sich der schwarze Schimmel zwar nicht mehr aus, aber er bildet sich auch nicht zurück, wie der Leiter des wissenschaftlichen Ausschusses für die Höhle, Marc Gauthier, im Februar 2009 mitteilte.

Weltkulturerbe

Die Höhle von Lascaux gehört seit 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Pablo Picasso soll 1940 nach einer Besichtigung der Höhle gesagt haben: „Wir haben nichts neues gelernt.“[4][5]

Galerie

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Aujoulat, N.: Lascaux. Le Geste, l'Espace et le Temps. Seuil, 2004, ISBN 2-02-025726-2.
  2. Schimmel in Urzeithöhle. In: Südkurier vom 27. Februar 2009
  3. La grotte de Lascaux ponctuée de taches noire. In: Le Figaro vom 22. November 2007
  4. Don's Maps (abgerufen am 20. Mai 2011)
  5. BBC News (abgerufen am 20. Mai 2011)

Literatur

Weblinks

 Commons: Höhle von Lascaux – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien



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