Kinder- und Jugendhilfe

Kinder- und Jugendhilfe
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Unter Kinder- und Jugendhilfe (mitunter auch nur Jugendhilfe; ehemals „Jugendwohlfahrt“) werden in Deutschland alle Leistungen und Aufgaben öffentlicher und freier Träger zugunsten junger Menschen und deren Familien zusammengefasst. Diese wurden 1990/91 im SGB VIII, dem Art. 1 des KJHG, neu zusammengestellt und grundlegend überarbeitet. Das SGB VIII hat seitdem eine Reihe von Änderungen und Neufassungen erfahren.

Inhaltsverzeichnis

Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe

Die Kinder- und Jugendhilfe richtet sich an alle jungen Menschen unter 27 Jahren. Das sind:

Sowie an:

Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe

Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, als eine gesellschaftliche und sozialpädagogische Praxis, ergeben sich aus ihrer gesetzlichen Grundlage, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz im SGB VIII. Die gesetzlichen Ziele und Wertvorstellungen werden in § 1 beschrieben.

Demnach hat Jugendhilfe zur Aufgabe, zur Verwirklichung des Rechts Kinder und Jugendlicher auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten beizutragen. Weiterhin soll sie den Abbau von Benachteiligungen und die Schaffung bzw. Erhaltung positiver Lebensbedingungen junger Menschen und ihrer Familien unterstützen. Als Grundlage gilt: Zentral haben die Eltern das Recht und die Pflicht zur Erziehung und Pflege ihrer Kinder. Die staatliche Gemeinschaft wacht darüber, dass das Recht der Kinder gewährleistet wird.

Nach Aufgabenschwerpunkten wird allgemein unterschieden in:

  • allgemein fördernde Aufgaben, die sich generell auf alle Kinder, Jugendliche und Familien beziehen (z. B. Kindergärten, Jugendarbeit, einzelne Kinder/Jugendliche individuell fördern, z. B. Lernhilfen)
  • direkt helfende Aufgaben, die eher an spezifischen Anforderungen, Problemlagen bzw. Zielgruppen ausgerichtet sind (z. B. Beratungen, Einzelbetreuung, Unterbringung, Jugendschutz, Inobhutnahme).
  • politische Aufgaben (z. B. Planungsverpflichtung, Einmischung)

Das SGB VIII listet die Aufgaben (Oberbegriff) in § 2 und unterscheidet zwischen Leistungen (zweites Kapitel – §§ 11-41 SGB VIII) und anderen Aufgaben (drittes Kapitel – §§ 42-60 SGB VIII). Das zweite Kapitel beinhaltet die sozialpädagogischen Leistungen, während sich im dritten Kapitel der stärker ordnungsrechtlich ausgerichtete Teil, die sog. hoheitlichen Aufgaben befinden.

Leistungen

Leistungen der Jugendhilfe sind:

Andere Aufgaben

Sogenannte andere Aufgaben der Jugendhilfe sind z. B.:

Durchführung

Die Trägerschaften der Jugendhilfe unterteilen sich in öffentliche (Jugendämter, Landesjugendämter) und in freie Träger (Jugend- und Wohlfahrtsverbände).

Leistungen der Jugendhilfe werden überwiegend von freien Trägern erbracht. Die großen freien Träger haben als Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege einen besonderen, gesetzlich anerkannten Status und nehmen entsprechenden Einfluss auf die Sozialpolitik des Bundes. Zu ihnen gehören:

Gemäß dem Prinzip der Subsidiarität wird bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Jugendhilfe, freien Trägern generell Priorität vor Trägern der öffentlichen Jugendhilfe eingeräumt. Demnach sollen freie Träger Aufgaben übernehmen, wo sie in gleicher Weise die fachlichen Voraussetzungen für die jeweiligen Leistungen erbringen. Gewollt ist eine vielfältige Trägerlandschaft, in der unterschiedliche Wertorientierungen sowie vielfältige Inhalte, Methoden und Arbeitsformen angeboten werden (§ 3 SGB VIII).

Die Wahrnehmung der im dritten Kapitel des SGB VIII aufgeführten anderen Aufgaben obliegt fast ausschließlich der öffentlichen Jugendhilfe. Hierbei handelt es sich größtenteils um sog. hoheitliche Aufgaben, weil bestimmte gesetzlich vorgegebene Ordnungselemente realisiert werden sollen. Freie Träger haben hier, abgesehen von wenigen besonderen Ausnahmen, nach § 3 Abs. 3 SGB VIII regelmäßig kein Betätigungsfeld.

Der öffentlichen Jugendhilfe überkommt ferner die Verpflichtung zur Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben, wie sie das Kinder- und Jugendhilfegesetz vorsieht. Sie ist zumeist für hoheitliche, planende und lenkende Aufgaben zuständig. Außerdem gewährleistet sie durch die Finanzierung der freien Träger deren Angebote und Dienste.

Freie und öffentliche Träger sind verpflichtet partnerschaftlich und planvoll zusammenzuarbeiten.

Auf einige Leistungen der Jugendhilfe – wie zum Beispiel die Hilfen zur Erziehung oder die Kindertagesbetreuung – haben Berechtigte einen Rechtsanspruch. Rechtsansprüche und Leistungsverpflichtungen richten sich gegen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Dies sind zumeist die Jugendämter der Kreise und kreisfreien Städte. Überörtliche Träger sind zumeist die Länder. Andere Leistungen (wie Jugendfreizeitangebote) sind zwar gesetzliche Pflichtaufgaben, ohne dass aber ein individuell einklagbarer Rechtsanspruch bestehen würde.

Ein besonderes Merkmal der Kinder- und Jugendhilfe – und in der Verwaltungsstruktur der Bundesrepublik in dieser Form einmalig – ist die Zweigliedrigkeit der Behörde Jugendamt. Sie besteht aus der Verwaltung des Jugendamtes und dem Jugendhilfeausschuss, der sich zu 2/5 aus Vertretern der freien Träger und zu 3/5 aus Vertretern des Kommunalparlaments zusammensetzt. Damit sind Bürgerinnen und Bürger theoretisch an den wesentlichen Entscheidungen der Kinder- und Jugendhilfe unmittelbar beteiligt.

Vernetzung und Zusammenarbeit

So wie die kommunalen Träger in Landes- und Bundesverbänden zusammengeschlossen sind (Landkreistag, Städtetag), gilt dies auch für die freien Träger; sie haben i. d. R. ihre Kreis-, Landes- und Bundesverbände. Die o.g. durch Gesetz anerkannten freien Träger sind auf Landes- und Bundesebene zusammengeschlossen in der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Ein Zusammenschluss auf Bundesebene, der die Liga der Spitzenverbände, die Jugendverbände und Landesjugendringe, die Fachorganisationen und die Landesjugendministerien und Landesjugendämter umfasst, ist die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe. Ein Zusammenschluss von freien und öffentlichen Trägern ist der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge in Berlin.

Literatur

  • Rätz-Heinisch/Schröer/Wolff: Lehrbuch Kinder- und Jugendhilfe. Grundlagen, Handlungsfelder, Strukturen und Perspektiven. Juventa Verlag, Weinheim und München 2009
  • Jugendhilfe. WoltersKluwer Deutschland. Köln. Seit 1963. Zeitschrift. ISSN 0022-5940.
  • Christian Sachse: Der letzte Schliff. Jugendhilfe der DDR im Dienst der Disziplinierung von Kindern und Jugendlichen (1949-1989); Hrsg.: Die Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Schwerin 2011; ISBN 978-3-933255-35-8

Siehe auch

Weblinks

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