Kloster Rheinau

Kloster Rheinau
Klosterkirche Rheinau
Inneres der Klosterkirche Rheinau

Das Benediktinerkloster Rheinau in der heutigen Schweizer Gemeinde Rheinau im Kanton Zürich wurde etwa 778 gegründet und 1862 aufgehoben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Gründung des Klosters Rheinau auf der strategisch hervorragend geschützten Rheinschlaufe soll ins Jahr 778 fallen. In einer Urkunde erscheint das Kloster erstmals 844. Im Jahr 850 wird als erster Abt Anwarth genannt. Der zweite Abt, Abt Wolven(858-878) übergibt das von seinen Vorfahren gegründete Kloster dem König Ludwig der Deutsche er erhält es am 12. April 858 zu lebenslangen Besitz zurück. Zeitgenosse von Wolven I. ist der hl. Fintan von Rheinau. Bereits im 13. Jahrhundert bestand hier auch eine Klosterschule.

Bereits 1114 wurde eine romanische Basilika geweiht und 1120 die heute noch existierende Urkundensammlung angelegt, Die frühe Geschichte des Klosters – wie bei den meisten Klöstern dieser Zeit – wechselt zwischen reicher Beschenkung und Privilegierung durch die Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie Bedrängung und Beraubung durch die Schirmvögte. Im Jahr 1126 befestigte Graf Rudolf von Lenzburg die beim Kloster entstandene Siedlung Rheinau.

Gegen den stärker werdenden Anspruch der Grafen von Sulz wurde 1455 mit der Eidgenossenschaft ein Schutzvertrag abgeschlossen, der das Kloster zunächst vor weiteren Übergriffen der benachbarten klettgauischen Adelsfamilien bewahrte. Von Zürich her griff 1529 die Reformation auch auf Rheinau über, und das Kloster musste kurze Zeit aufgegeben werden. 1532 wurde das Kloster wiederhergestellt und entwickelte sich zu einem Zentrum der Gegenreformation.

Im 18. Jahrhundert erlebte das Kloster Rheinau, ähnlich wie das Kloster St. Gallen, eine späte Blüte unter dem Abt Gerold II. Zurlauben. Er liess die Klosterkirche St. Maria mit ihrer wuchtigen Doppelturmfont (1710 geweiht) und die Konventsgebäude bis 1744 im barocken Stil prunkvoll erneuern. Für den Kirchenbau zeichnete Franz Beer verantwortlich, die weiteren Gebäude wurden von Johann Michael Beer erstellt. Die Klosteranlage hat bis heute im Wesentlichen die damals geschaffene Gestalt bewahrt. Die Fresken stammen vom Tessiner Maler Francesco Antonio Giorgioli aus Meride. Die Hauptorgel [1] entstand 1711–1715 durch Johann Christoph Leu, die 1710 von Johann Christoph Albrecht erbaute Chororgel [2] wurde 1746 durch Johann Conrad Speisegger erweitert.

Bekannt als Historiker ist Pater Mauritius Hohenbaum van der Meer (1718–1795). Auch die Wissenschaften, sowie Musik und Theater wurden gepflegt. Berühmt war die Bibliothek mit Handschriften und frühen Drucken, sowie ein Kunstkabinett.

Während der Wirren nach dem französischen Einmarsch in die Schweiz im Jahr 1798 wurde das Kloster vorübergehend aufgelöst, 1803 im Rahmen der Mediation aber wiederhergestellt. Das Gebiet des Klosters mit dem Städtchen Rheinau wurde dem wiederhergestellten Kanton Zürich zugeordnet. Nach der liberalen Neuordnung des Kantons wurde 1834 das Kloster unter kantonale Aufsicht gestellt und schliesslich 1836 die weitere Aufnahme von Novizen verboten. Der letzte Abt schenkte seinen Abtsstab der jungen Erzabtei Beuron. Der ältere spätgotische Stab ging in die 1854 in Indiana/USA gegründete Erzabtei St. Meinrad.

1862 beschloss der Kantonsrat die endgültige Aufhebung des Klosters. Das Klosterarchiv wurde dem Staatsarchiv des Kantons Zürich einverleibt. In den Konventsgebäuden wurde 1867 eine kantonale Heil– und Pflegeanstalt eingerichtet. Die spätere kantonale psychiatrische Klinik wurde Ende 2000 geschlossen. Seither stehen die Klostergebäude auf der Insel leer und erwarten eine neue Nutzung. Seit dem 1. Februar 2003 leben dort die Schwestern von Kehrsiten; Sie nennen sich auch Schwestern der Spirituellen Weggemeinschaft.[3] Die Klosterkirche wird von der katholischen Kirchgemeinde Rheinau genutzt.

Die ehemaligen Nebengebäude des Klosters am Klosterplatz, das "Gästehaus", Stallungen, Klosterscheune und Wohnhäuser werden seit 1999 von der Stiftung Fintan mit verschiedenen Betrieben (Sozialtherapie, Biologisch-dynamische Landwirtschaft Gut Rheinau u.a.) genutzt. Im ehemaligen Klostergarten wird von der Sativa Rheinau AG biologisches Saatgut vermehrt und neue Gemüsesorten gezüchtet. Ausserdem befindet sich dort ein Traubensortengarten zur Prüfung neuer Rebsorten für den ökologischen Weinbau.[4]

Liste der Äbte von Rheinau

  • Antwarth 850
  • Wolven I. 858–878
  • Wiehram 879–888
  • Gozbert 888–912
  • Rupertus 912–934
  • St.Conrad I. 934–972
  • Wipract 975–977
  • Sigehart 978–985
  • Adalbract 985–993
  • Notker 993–1010
  • Burkard I. 1010–1026
  • Birthilo 1026–1040
  • Richardus 1040–1060
  • Gerungus 1060–1084
  • Cuno (von Petershausen) 1084–1098
  • Wolven II. 1098–1105
  • Otto 1105–1124
  • Dietmar 1125–1140
  • Otmar 1140–1157
  • Diethelm von Krenkingen 1157–1161
  • Heinrich I. 1161–1206
  • Heinrich II.1206–1233
  • Burkart II. 1233–1241
  • Hermannus 1241–1243
  • Eberhard I. 1243–1247
  • Berchtold von Falkenstein 1248–1271
  • Konrad II. von Herten 1271–1302
  • Heinrich III. von Aitlingen 1302–1329
  • Heinrich IV. von Neuenburg 1329–1351
  • Heinrich V. von Aitlingen 1351–1377
  • Konrad III. Mayer von Jestetten 1380–1404
  • Konrad IV. von Bissingen 1404–1409
  • Heinrich IV. von Bettmaringen 1409
  • Hugo von Almishofen 1409–1434
  • Johannes von Kummer 1434–1439
  • Eberhard II.von Schwager (von Schaffhausen) 1439–1465
  • Nikolaus Rüegger von Winterthur 1466–1478
  • Lorenz von Reischach 1478–1483
  • Johann Conrad von Grießen 1483–1498
  • Heinrich VII. von Mandach 1498–1529
  • Bonaventura von Wellenberg 1529–1555
  • Johann Heinrich Schenk von Castell 1555–1559
  • Michael Herster von Zug 1559–1565
  • Johann Theobald Werlin von Greiffenberg 1565–1598
  • Gerold zur Lauben von Zug 1598–1607
  • Ulrich Koch von Wil 1607–1613
  • Eberhard III. von Bernhausen–Kempten 1613–1642
  • Bernhard I. von Freyburg–Rheinau 1642–1682
  • Basilius Iten von Unterägeri 1682–1697
  • Gerold II. Zurlauben 1697–1732
  • Benedikt Ledergerber von Wil 1732–1744
  • Bernhard II. Rusconi von Luzern 1744–1753
  • RomanusEffinger von Einsiedeln 1753–1758
  • Januarius I. Dangel von Beromünster 1758–1775
  • Bonaventura II. Lacher von Einsiedeln 1775–1789
  • Bernhard III. Meyer von Schauensee 1789–1805
  • Januarius II. Frey von Zurzach 1805–1831
  • Januarius III. Schaller von Fribourg 1831–1859
  • Leodegar Ineichen von Urswil–Hochdorf 1859–1862 (†1876) Ultimus Abbas

Neuzeit

In den Jahren 2003–2005 wurden Teile der Nebengebäude durch die Stiftung Fintan und kantonale Stellen saniert, u.a. wurde der ehemalige "Kaisersaal" im "Gästehaus" nach historischem Vorbild (Wandmalereien) restauriert.

Ab Sommer 2013 soll auf der Rheinau ein Musikzentrum betrieben werden, das Jugendlichen und Erwachsenen aus der ganzen Schweiz für Konzertvorbereitungen, musikalische Wettbewerbe und Seminare offen steht. Dieses Projekt, das von der Stiftung «Schweizer Musikinsel Rheinau» getragen wird, soll zu zwei Dritteln durch den Kanton und zu einem Drittel durch eine Privatspende finanziert werden. Ergänzend sollen auch eine Hauswirtschaftsschule, ein Restaurant, sowie ein Museum eingerichtet werden.[5]

Bilder

Siehe auch

Literatur

  • div. Autoren: Die Klosterkirche Rheinau I – Der Bau und seine Restaurierung. Monographien der Zürcher Denkmalpflege, Band 2. Egg/Zürich 1997, ISBN 3-905647-71-0.
  • Friedrich Jakob: Die Klosterkirche Rheinau II – Die Orgeln der Klosterkirche Rheinau. Monographien der Zürcher Denkmalpflege, Band 3. Egg/Zürich 1999, ISBN 3-905647-87-7.
  • Hans Rudolf Sennhauser u.a.: Die Klosterkirche Rheinau III – Frühe Geschichte, Bau und Ausstattung bis in die barocke Zeit. Monographien der Zürcher Denkmalpflege, Band 6. Egg/Zürich 2007, ISBN 978-3-905681-28-4.
  • Hans Martin Gubler: Klosterkirche Rheinau. Schweizerische Kunstführer GSK, Band 663. Bern 1999, ISBN 3-85782-663-0.
  • AA.VV., Kunstführer durch die Schweiz, 3 Bände. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK), Bern 2005–2006, ISBN 978-3-906131-95-5 / ISBN 978-3-906131-96-2 / ISBN 978-3-906131-97-9.
  • Giovanni Piffaretti: Francesco Antonio Giorgioli. Pittore di Meride 1655–1725. Armando Dadò Editore, Locarno 1998, ISBN 88-86315-90-2.
  • Elisabeth Keller-Schweizer: Francesco Antonio Giorgioli. Ein Beitrag zur Geschichte der Schweizer Barockmalerei. Atlantis, Zürich 1972, ISBN 3-7611-0399-9.
  • Beatrix Zureich: Der heilige Fintan von Rheinau – Sein Leben und seine Spiritualität. Miriam, Jestetten 2003, ISBN 978-3-87449-326-0.

Weblinks

 Commons: Kloster Rheinau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hauptorgel der Klosterkirche Orgelbau Kuhn AG
  2. Chororgel der Klosterkirche Orgelbau Kuhn AG
  3. Schwestern der Spirituellen Weggemeinschaft
  4. Webpräsenz des Projekts Fintan abgerufen am 28. September 2010
  5. Neunutzung der Klosterinsel Rheinau - NZZ Online 22. Juni 2009
47.6422222222228.6083333333333

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