Kurt Edelhagen

Kurt Edelhagen

Kurt Edelhagen (* 5. Juni 1920 in Herne; † 8. Februar 1982 in Köln) war einer der führenden deutschen Bigband-Leader der 1950er und 1960er Jahre.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Edelhagen studierte an der Folkwangschule in Essen Klarinette und Klavier und besuchte hier auch die Dirigentenklasse.

Nach Kriegsende gründete er 1945 in Herne eine Combo, die er bald zur Bigband erweiterte. Die Band spielte zuerst nur in britischen und amerikanischen Soldatenclubs. Beim American Forces Network (AFN) in Frankfurt/M. nahm Edelhagen 1948 erste Rundfunkaufnahmen auf. 1949 wurde er für den Bayerischen Rundfunk beim Sender Radio Nürnberg als Jazz- und Unterhaltungsorchester verpflichtet und wechselte 1952 zum Südwestfunk Baden-Baden. Edelhagen nahm mit seiner Band ab März 1954 an der wöchentlichen Sendereihe "Jazztime Baden-Baden" von Joachim-Ernst Berendt teil, die das Orchester weit über den südwestdeutschen Raum bekannt machte. Edelhagen spielte hier mit zahlreichen Stars der internationalen Jazz-Szene zusammen, so mit Lionel Hampton oder Chet Baker, anlässlich der 1000. Sendung 1956 mit dem Modern Jazz Quartet und Miles Davis. Auf der Suche nach einer Sängerin für seine Bigband entdeckte Edelhagen 1953 in Baden-Baden Caterina Valente, mit der er 1954 beim "Salon du Jazz" in Paris, dem damals führenden europäischen Jazz-Festival, auftrat, sowie beim Deutschen Jazzfestival in Frankfurt a.M., wo Edelhagen mit seinem Orchester mehrfach zu Gast war.

Am 1. April 1957 ging er zum WDR nach Köln, wo er - ein Novum im europäischen Jazz - eine internationale Bigband zusammenstellte. Hier blieb Edelhagen bis zur Auflösung seines Vertrags durch den WDR im Jahre 1972.

In Köln baute Edelhagen auch 1958 die Jazzklasse der Musikhochschule Köln auf, die erste ihrer Art in Europa. Bis Anfang der sechziger Jahre war er hier als Dozent tätig.

1972 spielte er mit seiner Bigband eines der längsten Medleys der Musikgeschichte: Den Einmarsch der Nationen zu den Olympischen Spielen in München. Für Idee, Durchführung und Gesamtleitung der Begleitmusik zur Olympiade erhielt er 1973 ebenso wie seine Arrangeure Dieter Reith, Jerry van Rooyen und Peter Herbolzheimer das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.

In seiner Big Band spielten Musiker wie Charly Antolini, Benny Bailey, Fred Bunge, Stuff Combe, Francis Coppieters, Jimmy Deuchar, Carl Drewo, Gerd Dudek, Maffy Falay, Horst Fischer, Johnny Fischer, Wilton Gaynair, Dusko Goykovich, Tubby Hayes, Derek Humble, Tony Inzalaco, Christian Kellens, Shake Keane, Rick Kiefer, Heinz Kretzschmar, Günter Lenz, Ferdinand Povel, Rob Pronk, Bora Rokovic, Dieter Reith, Rolf Schneebiegl, Ronnie Stephenson, Peter Trunk, Werner Twardy oder Jiggs Whigham. Zu den Arrangeuren des Edelhagen-Orchesters gehörten neben Heinz Gietz, Francy Boland oder Claus Ogerman auch zahlreiche amerikanische Musiker wie etwa Bill Russo, Bill Holman oder Quincy Jones, der 1971 die Schallplatte Kurt Edelhagen plays Jim Webb arrangierte. Edelhagen trat auf zahlreichen europäischen Jazzfestivals auf, unternahm viele Tourneen (darunter 1964 eine viel beachtete Tournee durch die UDSSR, 1966 durch Nordafrika) und begleitete zahllose Unterhaltungskünstlern wie Peter Alexander, Alice Babs, Bill Haley, Bibi Johns, Hildegard Knef, Evelyn Künnecke, Paul Kuhn, Gitta Lind, Angelina Monti, Freddy Quinn oder Caterina Valente.

Beigesetzt wurde Edelhagen auf dem neuen Friedhof in Köln-Weiden. Die Opern- und Musicalsängerin Marina Edelhagen ist seine Tochter.

Gedenken

Nach seinem Tod wurden in Köln-Rath-Heumar eine Straße, 1992 in seiner Heimatstadt Herne im Stadtbezirk Sodingen ein Platz nach ihm benannt.

Diskografie (Auswahl)

Die ersten Schallplatten produzierte Edelhagen für den amerikanischen Markt, wo sie 1949 bei der US-Firma Empire erschienen. „Es handelte sich um reine Jazzarrangements, und Edelhagens Orchester erhielt damit auch im Ausland den Ruf, Deutschlands Bigband Nr. 1 zu sein.“[1] Weitere Aufnahmen folgten für die Firmen Austroton, Philips Phonographische Industrie, Brunswick und Polydor. Eine Auswahl der 78er-Platten von 1949 bis 1954 ist dokumentiert bei Horst H. Lange.[2]

Erste deutsche Studioaufnahmen fanden in Nürnberg (24. September 1950; Begin The Beguine, Some Of These Days, Happy Days Are Here Again, No Can Do und In A Little Spanish Town), Hamburg (4. Februar 1951; Korridor-Swing und Eisbär-Song), Hamburg (7. Februar 1951; Sam's Song und Wilhelmina), Hamburg (23. Februar 1951; Boogie At All und Paul's Boogie), in Köln (Februar 1951; Presto aus der 'Fantasie In Be-Bop') und nochmals in Nürnberg (11. März 1951; Moonlight Serenade, Dinah und I've Got My Love To Keep Me Warm) statt.

Edelhagen nahm auch unter dem Pseudonym Frank Folken (1951 für Philipps) bzw. Mike Firestone (1954 für Polydor) Schallplatten auf.

  • 1954: Rhapsody in Jazz - Ein Kurt-Edelhagen-Konzert (LP, Brunswick)
  • 1955: Come On and Hear (LP, Polydor)
  • 1956: Glenn Miller Parade (EP, Brunswick)
  • 1956: Kurt Edelhagen and his Orchestra (EP, Polydor)
  • 1957: Kurt Edelhagen Presents (LP, Polydor; Aufnahme: 10.–13. Juli 1957, Köln)
  • 1957: Come on and swing (LP, Polydor; Aufnahme: 16. Oktober 1957, Köln)
  • 1957: Jazz from Germany (LP, DECCA ; US-Pressung)
  • 1958: Orchester Kurt Edelhagen. (EP, Brunswick; Aufnahme: 24. Mai 1959 beim Deutschen Jazz-Festival in Frankfurt/Main.)
  • 1959: A Toast to the Bands (LP, Polydor; Aufnahme: 11.–15. Mai 1959, Köln)
  • 1959: Come on and dance (LP, Polydor)
  • 1960: Ballroom in London (LP, Polydor)
  • 1960: Broadway Melodien - Tanz Potpourri (LP, Polydor)
  • 1961: Ballroom in Paris (LP, Polydor)
  • 1962: Swingin’ Jazz (LP, Strand; offenbar US-Raubpressung)
  • 1963: Dancing Percussion (LP, Polydor)
  • 1964: Olympic Hits (LP, Polydor)
  • 1964: Kurt Edelhagen and his Concert Orchestra: Concerto (LP, Polydor)
  • 1964: Kurt Edelhagen und sein Orchester in Moskau (LP, WDR (Köln); Aufnahme: Mai 1964 im Moskauer Sportpalast; Platte nicht im Handel)
  • 1965: Kurt Edelhagen (LP, Amiga; Aufnahme: Juni 1964, Berlin und Dresden)
  • 1965: Kurt Edelhagen – Wolfgang Sauer (LP, Amiga; live-Mitschnitt am 16. Juni 1964 im Friedrichstadt-Palast in Ost-Berlin)
  • 1966: Swing-Time (LP, Polydor)
  • 1966: Kurt Edelhagen And His Orchestra - Internationa. (LP, Karussel)
  • 1970: Kurt Edelhagen plays Jim Webb (LP, Polydor)
  • 1972: Olympia Parade - Original-Musiken zum Einzug der Nationen 26. August 1972 (LP, Polydor)
  • 1972: Olympia Parade 2 - Original-Musiken zum Einzug der Nationen 26. August 1972 (LP, Polydor)
  • 1972: Kurt Edelhagen – Einzug der Nationen - Olympische Spiele München 1972 (Doppel-LP, Polydor)
  • 1972: Jazz / Pop (LP, WDR; Platte nicht im Handel)
  • 1976: Big Bands of Europe Vol. I. Kurt Edelhagen (LP, Elite Special; Wiederveröffentlichung von Austroton-Platten 1949-1950)
  • 1977(?): Die großen Tanz-Orchester 1930-1950 – Kurt Edelhagen (Doppel-LP, Polydor; Aufnahmen 1950-1955, Zusammenstellung Horst H. Lange)
  • 1978 (?): Kurt Edelhagen and his Orchestra – Big Band Jazz from Germany (Doppel-LP, Golden Era Records; Raubpressung aus den USA mit Aufnahmen für den Südwestfunk, 1952–1956)
  • 1978 (?): Kurt Edelhagen and his Orchestra – Concert Jazz (LP, Golden Era Records; Raubpressung aus den USA, u.a. mit Concerto for Jazz Band and Symphony Orchestra von Rolf Liebermann)
  • 1982: Kurt Edelhagen – Portrait (Doppel-LP; Polydor; Aufnahmen von 1953–1975)
  • 1997: Die frühen Jahre 1 Jazz pur (CD, Koch International; Erstveröffentlichungen von Aufnahmen für den Südwestfunk 1952–1956)
  • 1997: Die frühen Jahre 2 Tanz- und Jazzsongs (CD, Koch International; Erstveröffentlichungen von Aufnahmen für den Südwestfunk 1952–1956 mit Caterina Valente, Alice Babs, Gitta Lind und Chet Baker)
  • 2003: Trumpet Blues 24 Original Recordings.(CD, Jazz Elite Special; Wiederveröffentlichung von Aufnahmen für Austroton 1949–1951)
  • 2006: Moonlight Serenade (CD, Universal Music jazzclub-serie; 24 Aufn. von 1950-1954 für Philips, Brunswick u. Polydor)
  • 2007: Up up and away (CD, Universal Music; Wiederveröffentlichung von Kurt Edelhagen plays Jim Webb von 1970)
  • 2010: A Toast to the BandsSwing-Time (CD, Vocalion; Wiederveröffentlichung der Polydor-LPs von 1959 u. 1966)
  • 2011: Ballroom in LondonBallroom in Paris (CD, Vocalion; Wiederveröffentlichung der Polydor-LPs von 1960 u. 1961)
  • 2011: Dancing PercussionOlympic-Hits (CD, Vocalion; Wiederveröffentlichung der Polydor-LPs von 1963 u. 1964)

Literatur

  • [Anon.:] Präzis wie die Preußen. Edelhagen. In: Der Spiegel. Hamburg. Nr. 43, 22. Oktober 1952. S. 27-30 (Spiegel-Titelgeschichte: Eisgekühlter Hot. Bis die Lippen bluten: Jazz-Kapellmeister Edelhagen.)
  • [Anon.:] Vom Quartett zur glanzvollen Big Band. 10-jähriges Bandleader-Jubiläum von Kurt Edelhagen. In: Jazz Podium. Stuttgart, München, Wien. Nr. 12, Dezember 1955, S. 4
  • Wolfgang Dohl: Kurt Edelhagen. In: Jazz Podium. Stuttgart, München, Wien. Nr. 2, Februar 1961
  • Werner Höfer: Jazz und ein paar Tränen. Kurt Edelhagen und seine Konzerte zwischen Moskau und Dresden. In: Die Zeit. Hamburg. 26. Juni 1964 (Interview mit Edelhagen)
  • Wolfgang Dohl: 25 Jahre Orchester Kurt Edelhagen. In: Jazz Podium. Stuttgart. Nr. 11, November 1970, S. 392-392
  • Wolfgang Dohl: Edelhagen und Erwin Lehn. In: Jazz Podium. Stuttgart. Nr. 7, Juli 1972, S. 235-236
  • Joachim Ernst Berendt: In memoriam Kurt Edelhagen. In: Jazz Podium. Stuttgart. Nr. 4, April 1982, S. 12-13
  • Armando Bausch: Kurt Edelhagen. In: Ders.: Jazz in Europa. Echternach, Lux.: éditions phi, 1985. S. 74-81. (Enthält ein Interview mit Edelhagen, offenbar aus den späten siebziger Jahren).
  • Wolfgang Dohl: Trumpet Blues. Das Orchester Kurt Edelhagen. In: Jazz Podium. Stuttgart. Nr. 7/8, Juli/August 2003, S. 14
  • Volker Jakob: Swinging Germany. Der Jazzmusiker Kurt Edelhagen. In: Westfalenspiegel 3/2009, S. 55

Einzelnachweise

  1. Horst H. Lange: Jazz in Deutschland. Berlin: Colloquium Verl., 1966. S. 128.
  2. Horst H. Lange, Die deutschen „78er“. Diskographie der Hot-Dance und Jazz Musik 1903–1958, Berlin, 1987, S. 297–300

Weblinks


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