Lebensmittelfarbstoff

Lebensmittelfarbstoff
Lebensmittelfarbe auf einem dünnen Wasserfilm

Lebensmittelfarbstoffe sind Lebensmittelzusatzstoffe, die dazu dienen, Lebensmittel besser aussehen zu lassen und die Farberwartungen der Verbraucher zu befriedigen. Sie dienen auch dem Ausgleich von verarbeitungsbedingten Farbverlusten und können daher unter Umständen eine bessere Qualität vortäuschen.

Nur wenige Farbstoffe sind pflanzlichen Ursprungs (z. B. Betanin oder Chlorophyll), üblich sind synthetische Nachbildungen von in der Natur vorkommenden Substanzen (naturidentische Stoffe) oder gänzlich synthetische Verbindungen. Letztere haben von allen Lebensmittel-Zusatzstoffen den schlechtesten Ruf.

Lebensmittelfarbstoffe sind außerdem Farbstoffe, die natürlicherweise in Lebensmitteln, wie Obst und Gemüse, vorkommen. Dazu gehören Blattgrünfarbstoffe (Chlorophylle), Carotinoide, Beerenfarbstoffe (Anthocyane), Beten-Farbstoffe (Betanin) und Farbstoffe von Gewürzen wie Paprika, Safran und Gelbwurzel (Curcumin).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele synthetische Farbstoffe entdeckt. Sie fanden in der Färbeindustrie einen großen Anklang, da man mit ihnen effektiver und unauffälliger färben konnte, als mit den älteren natürlichen Farbstoffen. Ein Vertreter ist die Gruppe der Azofarbstoffe. Erst hergestellt auf Teerbasis, ab 1882 dann auf Erdölbasis, war und ist es eine der gesundheitsschädlichsten Farbstoffgruppen, die es gibt. Da es um 1875 noch keine Gesetze gab, die das Färben von Nahrungsmitteln mit giftigen Stoffen verbot und man sich über die Giftigkeit von manchen Farbstoffen noch nicht im Klaren war, wurde mit Substanzen wie Quecksilbersulfid (Käse), Bleioxid (Zuckerwaren) oder Fuchsin (Wein) gefärbt, die den Menschen erheblichen Schaden zufügen können.

Erst ab 1887 verbot das erste Lebensmittelgesetz den Einsatz von schwermetallhaltigen Lebensmittelzusatzstoffen. Dieses Gesetz betrachtete aber nicht die synthetischen Farbstoffe (Azofarbstoffe) und gab auch keine zulässigen Höchstwerte von Zusatzstoffen in Nahrungsmitteln an.

Im Laufe der Jahre wurden immer weniger synthetische Farbstoffe zugelassen. Von ehemals 80 der gesundheitsgefährdenden Farbstoffe waren 1970 nur noch sieben zugelassen. Schon 1914 haben sich Chemiker, Mediziner, Hygieniker und Pharmazeuten zusammengesetzt und über eine „Deklarationspflicht“ debattiert, die sich aber nicht durchsetzte. Erst 1993 wurde europaweit das Lebensmittelgesetz einigermaßen angeglichen. Es gibt heute noch einige Unterschiede, in welchen Ländern welche Zusatzstoffe genutzt werden dürfen. Der Grund dafür ist, dass immer noch nicht alle Nebenwirkungen oder Langzeitschäden von Zusatzstoffen erforscht sind.

Kennzeichnung

Es gibt ungefähr 40 zugelassene Lebensmittelfarbstoffe, mit denen Lebensmittel gefärbt werden dürfen. Von E 100 (Curcumin) bis E 180 (Litholrubin BK) schließen sie die Farbpalette fast lückenlos (siehe unten den Abschnitt #Farbspektrum). Sogar einige Metalle zählen zu den Lebensmittelfarbstoffen.

Abzugrenzen von den Farbstoffen sind färbende Lebensmittel. Im Gegensatz zu den Farbstoffen, deren genaue Zusammensetzung gesetzlich vorgeschrieben ist und die durch behördliche Einrichtungen bezüglich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen auf den menschlichen Körper sicherheitsbewertet wurden, kommen vermehrt Extrakte von Lebensmitteln zum Einsatz, die eine färbende Wirkung haben. Beispiele sind z.B. Spinatextrakt (grüne Nudeln, Pistazieneis), Rote-Bete-Extrakt, Kurkumin-Extrakt etc. .

Wenn ein Lebensmittelfarbstoff eingesetzt wird, um Lebensmittel zu färben, gilt dieser als ein Zusatzstoff und muss nach EU-Recht im Zutatenverzeichnis entweder mit seinem Namen oder mit seiner E-Nummer angegeben werden. Der Klassenname "Farbstoff" ist voranzustellen. Jedoch fällt nicht jeder Farbstoff unter die Kennzeichnungspflicht. Wird der Farbstoff z.B. direkt dem Nahrungsmittel zugeführt, muss er als Zusatzstoff deklariert werden. Farbstoffe, die in zusammengesetzten Zutaten enthalten sind und keine technologische Wirkung mehr im Endlebensmittel haben (d. h. das Endlebensmittel nicht färben) müssen auch nicht als Lebensmittelfarbstoff in der Zutatenliste angegeben werden.

Ab dem 20. Juli 2010 müssen Lebensmittel mit bestimmten Farbstoffen den Warnhinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen.“ auf der Packung tragen. [1] Dies gilt neben dem Zusatz von Chinolingelb (E 104) auch für folgende Azofarbstoffe:

In der so genannten Southampton-Studie (McCann et al. 2007) [2] wurde kein eindeutiger Beleg für den vermuteten Zusammenhang zwischen der Aufnahme der genannten Farbstoffe und dem Verhalten von Kindern gefunden. Daher werden auch nicht die ADI-Werte für die Farbstoffe geändert; aber das Europäische Parlament schreibt trotzdem den Warnhinweis als Vorsichtsmaßnahme vor. Die Verbraucherzentrale Hessen fordert sogar ein Verbot von Azofarbstoffen.[3]

Verwendung

Mit Lebensmittelfarbe eingefärbter Kartoffelbrei

Lebensmittelfarbstoffe werden hauptsächlich für das Einfärben von Lebensmitteln verwendet. Lebensmittel werden aus verschiedenen Gründen nachgefärbt. Wenn zum Beispiel ein Lebensmittel durch seine Zubereitung an Farbe verliert und damit auch an Attraktivität, kann es nachgefärbt werden. Bei der Zubereitung von Gummibärchen wird die Gelatine nachgefärbt, da sie sonst unansehnlich grau aussieht. Um den Kunden anzusprechen, werden die Gummibärchen so eingefärbt, dass sie ihrer Geschmacksrichtung entsprechen, etwa rot für Kirsche oder blass-grün für Apfelgeschmack. Aber auch zum Aufwerten von Nahrungsmitteln niederer Qualität werden Lebensmittelfarbstoffe verwendet. Es gibt aber auch Nahrungsmittel, die aufgrund eines gesetzlichen Verbots nicht mit Farbstoffen versetzt werden dürfen, wie Fleisch und Fleischwaren, Bier, Gewürze, Pilzkonserven, Kartoffelerzeugnisse, Schokolade oder Trockenfrüchte.

Weitere Anwendungen

Aber nicht nur zum Einfärben von Lebensmitteln werden Lebensmittelfarbstoffe verwendet, sondern auch zum Färben von Textilien – sogar heute noch. Im Kaschmirtal im Himalaja sammeln Mönche Blüten einer bestimmten Krokusart, welche sie trocknen, um Safran zu entnehmen. Den Safran verwenden sie zum Färben ihrer Kleidung und zum Färben und Würzen ihrer Speisen. Auch viele Malfarben für Kinder sind aus Lebensmittelfarben hergestellt. In Kinderhänden wären Farben, die nicht gesundheitlich unbedenklich sind, sehr gefährlich.

Auch beim Aufspüren von unterirdischen Wasserverläufen werden Lebensmittelfarben verwendet, da man es nicht riskieren kann, das Wasser zu vergiften.

Paintball ist eine Sportart, bei der man mit Farbpatronen schießt. Die Patronen sind aus Sicherheitsgründen mit Lebensmittelfarbstoffen gefüllt, damit die Haut nicht angegriffen wird oder bei ungewolltem Verzehr keine Vergiftung hervorgerufen wird.

Farbstoffe E 170 bis E 189 sind nur dazu da, um die essbare oder nicht essbare Oberfläche eines Produktes zu färben (z. B. Eierschale, Käserinde) oder zu kennzeichnen (Stempel). Bei Eierschalen und Stempelfarbe brauchen die Farbstoffe nicht deklariert werden. Bei Überzügen und Käserinde nur dann nicht, wenn sie nicht essbar sind. Dies ist bei Käserinde entsprechend vermerkt.

Auch in der Kosmetik werden Lebensmittelfarbstoffe verwendet, um gute Hautverträglichkeit zu erreichen und eine Verbindung zum Natürlichen herzustellen.

Siehe auch: Farbstoff

Wirkungen auf den Menschen

Wie schon erwähnt, haben Lebensmittelfarbstoffe die Wirkung, Lebensmittel zu verschönern und damit attraktiver für den Menschen zu machen. Farbstoffe können positive Wirkungen auf den Menschen haben, wie zum Beispiel Carotinoide. Carotinoide sind für das Sehen notwendig. Retinal ist ein Folgeprodukt des Carotins, welches den Carotinoiden angehört, was den Sehvorgang ermöglicht. Manche Lebensmittelfarbstoffe – gerade Azofarbstoffe – stehen im Verdacht, Allergien oder Hyperaktivität auszulösen. Auch deshalb sind Lebensmittelfarbstoffe bei manchen Konsumenten mehr und mehr unbeliebt. Trotzdem möchten die meisten Konsumenten nicht darauf verzichten, farblich schöne und ihren Erwartungen entsprechend gefärbte Speisen zu essen. Bei vielen Farbstoffen ist noch nicht bekannt, welche Langzeitwirkungen sie haben. Um das Gesundheitsrisiko einzudämmen, gelten seit 1887 Lebensmittelgesetze, die manche Farbstoffe verbieten, oder nur bestimmte Mengen zulassen. Man kann davon ausgehen, dass Lebensmittelfarbstoffe in üblichen Mengen konsumiert nicht wesentlich gesundheitsgefährdend sind. Ansprechend mit Lebensmittelfarbstoffen gefärbte Produkte können beim Konsumenten den Eindruck erwecken, ein Lebensmittel sei qualitativ höherwertig oder frischer, als eine objektive geschmackliche Prüfung ergeben würde. Farbstoffe wirken beim Menschen verlockend, lösen Schlüsselreize aus und sollen an frühere Geschmackserlebnisse erinnern. Die verlockende Wirkung bunt gefärbter Lebensmittel mag bei Kindern besonders ausgeprägt sein.

ADI-Wert

Farbstoffe für Lebensmittel müssen gesundheitlich unbedenklich sein. Um den Giftigkeitsgrad eines Farbstoffes zu ermitteln, und damit das gesundheitliche Risiko einzuschränken, wurde der ADI-Wert eingeführt. ADI bedeutet Acceptable Daily Intake (Erlaubte Tagesdosis, ETD). Der Wert wird an Tieren ermittelt, die ihr Leben lang einen bestimmten Zusatzstoff aufnehmen. Die niedrigste Dosis, bei der im Tierversuch gesundheitsschädigende Reaktionen auftreten, ist der sogenannte LOAEL (Lowest observed adverse effect level). Die nächstniedrigere, getestete Dosierung, also die höchste Dosierung, bei der noch keine Gesundheitsschädigung eingetreten ist, nennt man NOAEL (No observed adverse effect level). Aus dieser Tagesdosis pro Kilogramm Körpergewicht des Tieres wird durch einen Sicherheitsfaktor von 100 der ADI-Wert errechnet. Der ADI-Wert gibt an, wie viel Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht ein Mensch sein Leben lang täglich ohne gesundheitliches Risiko zu sich nehmen kann. Der Sicherheitsfaktor soll verhindern, dass bei der Übertragung des Wertes vom Tier auf den Menschen durch Besonderheiten des menschlichen Stoffwechsels, Ernährungsgewohnheiten der Menschen oder Unterschiede zwischen tierischem und menschlichem Stoffwechsel der Wert verfälscht wird. Trotzdem ist die toxikologische Bewertung eines Zusatzstoffes schwierig. Durch Wechselwirkung mit anderen Zusatzstoffen oder Reaktionen im Körper können immer neue Risiken entstehen.

Pro und Kontra

Lebensmittelfarbstoffe verleihen sonst unansehnlichen Lebensmitteln ein appetitanregendes Äußeres. Einige der eingesetzten Stoffe sind zudem gesundheitsfördernd, wie das Provitamin A. Farbstoffe, die im Verdacht stehen gesundheitsschädlich zu sein, können vom Verbraucher durch die Deklarationspflicht gemieden werden. Dies erfordert allerdings Kenntnisse über eine große Anzahl von Verbindungen.

Gegen das Färben von Lebensmitteln an sich ist einzuwenden, dass qualitativ minderwertige Produkte durch die Färbung vom Verbraucher nicht mehr erkannt werden können. Viele Lebensmittelfarbstoffe werden nicht unbedingt benötigt. Bei Lebensmittelfarbstoffen, die bisher nur unzureichend erforscht sind, steht dementsprechend ein geringes Risiko unter anderem für Allergien einem fehlenden Nutzen für den Einzelnen entgegen.

Als Ersatz für viele synthetische Farbstoffe können auch Lebensmittel selbst als Färbemittel verwendet werden, wie zum Beispiel Rote Bete oder Spinat, die allerdings den Geschmack der Speise beeinträchtigen können.

Liste der zugelassenen Lebensmittelfarbstoffe

Farbspektrum

Wenn von einem Nahrungsmittel nur die Oberfläche eingefärbt werden soll, können sogar Aluminium (E 173), Silber (E 174) oder Gold (E 175) verwendet werden [4]. Rot, gelb, orange oder schwarze Farbtöne sind bei Lebensmitteln stark verbreitet. Blaue Farbstoffe sind selten zu finden. Die Ursache dafür ist, dass blaue Lebensmittelfarbstoffe meist synthetischer Natur sind, und synthetische Farbstoffe nicht bei allen Konsumenten akzeptiert sind.

Literatur

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Lebensmittelfarbstoff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008
  2. McCann et al.: Food additives and hyperactive behaviour in 3-year-old and 8/9-year-old children in the community: a randomised, double-blindes, placebo-controlled trial. The Lancet 370 (9598), 1570–1567 (2007)
  3. Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Hessen
  4. vgl. Das große Buch des Allgemeinwissens, Seite 1063
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