- Lebensmittelzusatz
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Lebensmittelzusatzstoffe sind Stoffe, die Lebensmitteln absichtlich zugesetzt werden, um deren Eigenschaften (z. B. Haltbarkeit, Verarbeitbarkeit, Geschmack oder Aussehen) den Wünschen der Konsumenten und Lebensmittelhersteller anzupassen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Das deutsche Lebensmittelrecht definiert Zusatzstoffe als „Stoffe, die in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Zutat [...] verwendet werden und [...] aus technologischen Gründen [...] zugesetzt werden.“ (§ 2 Abs. 3 LFGB). Darunter versteht man im Wesentlichen
- technologische Eigenschaften wie Backfähigkeit, Streichfähigkeit oder Maschinentauglichkeit
- chemische Eigenschaften wie Oxidationsfähigkeit
- Verhalten einzelner Zutaten zueinander
- Genuss und Aussehen des Lebensmittels
- ernährungsphysiologische Eigenschaften
Für Lebensmittelzusatzstoffe besteht das Verbotsprinzip – das bedeutet, alle Stoffe, die nicht ausdrücklich erlaubt sind (siehe Positivliste unten), sind automatisch verboten. In Deutschland regelt die „Zusatzstoff-Zulassungsverordnung – ZZulV“[1] deren Anwendung. Die meisten Zusatzstoffe sind nur für bestimmte Lebensmittel und nur in begrenzter Menge zulässig. Wenn keine Höchstmengen vorgeschrieben sind, gelten die Regeln der Guten Herstellungspraxis ("Good Manufacturing Practice", GMP): „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ („quantum satis“, „qs“). Aber auch dann ist der Zusatz dieser Stoffe nur erlaubt, wenn sie
- technisch notwendig sind (zur Verhinderung des Verderbs, Verbesserung des Aussehens, Geschmacks)
- den Verbraucher nicht täuschen
- gesundheitlich unbedenklich sind
Um die verschiedenen Zusatzstoffe in der heutigen Europäischen Union zu ordnen, wurden die E-Nummern eingeführt, die in allen Ländern der Europäischen Union gelten. (E steht hierbei für „Europa“ aber auch für „edible“ = engl. für essbar.) Mit ihrer Hilfe ist es möglich, die verwendeten Zusatzstoffe sprachunabhängig zu bestimmen. Stoffe erhalten eine E-Nummer, sobald die interessierten Firmen bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit um eine Zulassung anfragen und dabei wissenschaftliche Dokumente vorlegen, die die Unbedenklichkeit bestätigen. Dabei darf die Erlaubte Tagesdosis (ADI) nicht überschritten werden. Wenn diese Dokumente nachweisen, dass diese Stoffe die Gesundheit nicht gefährden und als sicher eingestuft werden können, erhalten sie eine Zulassung. Insgesamt gibt es zurzeit in der EU 305 zugelassene Zusatzstoffe. Für die Beurteilung sind zuständig:
- in Deutschland: Bundesinstitut für Risikobewertung [2]
- in der EU: der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss (SCF) [3]
- Für andere Länder: Gremium aus Experten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), JECFA (Gemeinsamer FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe) [4]
Außerhalb der EU werden die E-Nummern auch in Australien und Neuseeland sowie von der FAO verwendet. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Systematik der E-Nummer in Zukunft in weiteren Ländern Anwendung findet. Aus diesem Grund gibt es weitere Zusatzstoffe mit E-Nummern, die nicht in der EU zugelassen sind. Häufig wird bei der Bezeichnung das E weggelassen (Beispiel „1451“ anstelle von E 1451). Bei der FAO werden die Nummern als INS-Nummern bezeichnet.
Lebensmittelzusatzstoffe müssen für den Verbraucher in der Zutatenliste angegeben werden (Verbraucherschutz) – entweder mit ihrem wissenschaftlichen bzw. Trivial-Namen oder mit der E-Nummer.
Im Gegensatz dazu stehen sogenannte Nichtzusatzstoffe (gemäß deutschem Lebensmittelrecht), die beim Produktionsprozess und bei der Verwendung eine Rolle spielen und auch möglicherweise im Lebensmittel verbleiben, aber nicht deklarationspflichtig sind. Hierzu zählen z. B. Rieselhilfen beim Speisesalz wie Calcium- und Magnesiumcarbonat, die auch in der Natur vorkommen. Billigeren Speisesalzen werden zu diesem Zweck auch Natrium- und Kaliumhexacyanoferrat beigesetzt, die allerdings wieder deklarierungspflichtig sind (E-Nummern 535 und 536). Hexacyanoferrate bilden stabile Komplexe, die im Körper nicht gespalten werden und daher als ungefährlich gelten.
Geschichte der rechtlichen Regelung
Lebensmittelzusatzstoffe wurden in Deutschland erstmals 1974 im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz geregelt, damals zunächst unter der Bezeichnung "fremde Stoffe". 1977 wurde der Fremdstoffbegriff durch den Begriff "Lebensmittelzusatzstoffe" ersetzt.
Gruppierung
Alle Lebensmittelzusatzstoffe sind einer oder mehreren der folgenden Gruppen zugeteilt:[5]
- Antioxidationsmittel (Antioxidans)
- Backtriebmittel
- Emulgator
- Farbstoff – Lebensmittelfarben
- Festigungsmittel
- Feuchthaltemittel
- Farbstabilisator
- Geliermittel
- Geschmacksverstärker
- Komplexbildner
- Konservierungsmittel
- Mehlbehandlungsmittel
- Mineralstoff
- Säuerungsmittel
- Säureregulator
- Schaumverhüter
- Schmelzsalz
- Stabilisator
- Süßungsmittel
- Treibgas, Schutzgas
- Trägerstoff, Füllstoff, Trennmittel
- Überzugsmittel
- Verdickungsmittel
Enzyme
Enzyme sind meist keine Zusatzstoffe, sondern Verarbeitungshilfsstoffe (engl. processing aids) und müssen nicht deklariert werden, sofern sie keine Wirkung mehr im Endprodukt haben oder vorher entfernt werden. Sind Enzyme noch im Endprodukt vorhanden und üben eine technologische Wirkung aus, so sind sie auch Zusatzstoffe.
Gesundheitliche Bewertung
Zusatzstoffe werden in vielen Lebensmitteln eingesetzt. Sie sind jedoch zum Teil wegen möglicher negativer gesundheitlicher Eigenschaften nicht unumstritten. Für viele Zusatzstoffe gelten gesetzlich verankerte Grenz- und Toleranzwerte, die sich in erster Linie nach der erlaubten Tagesdosis richten. Ansonsten gilt für die Herstellung aller Lebensmittel der Grundsatz „quantum satis (qs)“: So wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Vorsicht geboten ist bei anonymen Listen von E-Nummern im Internet ohne Angabe der Quelle oder des Verfassers, deren Angaben häufig falsch und unvollständig sind. Manchmal wird auf das Villejuifer Krankenhaus-Forschungszentrum in Frankreich oder die Kinderkrebsklinik Düsseldorf verwiesen. Beide Institute haben sich von diesen Listen distanziert.[6]
Erstmals bestätigt eine wissenschaftliche Studie, die das britische Medizinjournal The Lancet [7] veröffentlichte, dass einige Zusatzstoffe eine negative Auswirkung auf ADHS bei Kindern aber auch für die gesunde Bevölkerung hätten. Dies betrifft die Farbstoffe Gelborange S (E110), Chinolingelb (E104), Azorubin (E122) und Allurarot AC (E129) sowie den Konservierungsstoff Natriumbenzoat (E211). Nach Behördenangaben prüfe die EFSA derzeit alle Lebensmittelfarben auf ihre Verträglichkeit.[8]
Parathion (E 605)
Parathion, ein Insektizid und Akarizid, das auch als „E 605“ bezeichnet wird, ist ein giftiges Pflanzenschutzmittel und trug diese Bezeichnung schon lange, bevor es die EU-Liste für Lebensmittelzusatzstoffe gab. Das „E“ stand für Entwicklungsnummer, welche in der Chemie aus Gründen der sprachunabhängigen Klassifizierung eingeführt wurden. Es ist allerdings mittlerweile verboten und eine Verwechslungsgefahr besteht in keinem Fall, da es keinen Lebensmittelzusatzstoff mit der Kennung „E 605“ gibt.
Siehe auch
- Liste der in der Europäischen Union zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe
- Aroma
- Functional Food
- Nahrungsergänzungsmittel
- Fruchtzubereitung
Literatur
- Käte Glandorf, Peter Kuhnert, Erich Lück: Handbuch der Lebensmittelzusatzstoffe. Behr's, 1991. ISBN 392567389X, 9783925673894 (Unvollständige Online-Version (Google Books))
Weblinks
- Übersicht über alle in der EU zugelassenen Zusatzstoffe in Lebensmittel: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- Homepage der Verbraucherinitiative e.V. zu Lebensmittelzusatzstoffen
- Zusatzstoffdatenbank
- Wörterbuch der Zusatzstoffe (Europäisches Verbraucherzentrum Kiel)
- Schweizerische Lebensmittelverordnung: Liste der zugelassenen Zusatzstoffe
- Lebensmittelkennzeichnung - Ratgeber der Arbeiterkammer Wien
- EU-Richtlinie für Reinheitskriterien von Lebensmittelzusatzstoffen (2000/63/EG) (PDF-Datei)
- Online Edition: “Combined Compendium of Food Additive Specifications” der JECFA (FAO, UNO)
- Homepage des Deutschen Zusatzstoffmuseums auf dem Hamburger Grossmarkt
Einzelnachweise
- ↑ Verordnungstext der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung
- ↑ Bundesinstitut für Risikobewertung
- ↑ Scientific Committee on Food für die EU
- ↑ JECFA-Homepage (FAO/WHO)
- ↑ Zusatzstoff-Verkehrsverordnung
- ↑ Zeitschrift Ökotest auf Anfrage eines Lesers vom 1. Mai 1997: Beratung: Frage-Antwort - E-Nummern-Liste
- ↑ Food additives and hyperactive behaviour in 3-year-old and 8/9-year-old children in the community: a randomised, double-blinded, placebo-controlled trial; The Lancet 2007; 370:1560-1567; doi:10.1016/S0140-6736(07)61306-3
- ↑ Netzeitung:Lebensmittelfarbe fördert Hyperaktivität
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