Arabische Paläografie

Arabische Paläografie
Basmala im Naskhi-Duktus

Die arabische Schrift ist heute eine der wichtigsten Schriften der Welt und blickt im engeren Sinne auf eine Geschichte von etwa eineinhalb Jahrtausenden zurück, obwohl ihr Ursprung, wie der fast aller Alphabetschriften, älter ist. Sie wird von rechts nach links geschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Form des Namens Muhammad, oben als Ligatur, unten auf der Grundlinie verbunden, wie in einfacheren Drucken üblich

Hauptartikel: Geschichte der arabischen Schrift

Die arabische Schrift hat ihren Ursprung in der Byblos-Schrift und der phönizischen Schrift. Die Form der Buchstaben und die Grundlagen für die weitere Schriftentwicklung wurden in der aramäischen Schrift gelegt.

Die Entwicklung ging dann über die Sinai-Schrift und die nabatäische Schrift zu einer Schriftform, die heute meist als Kufische Schrift bezeichnet wird, aber weiter zu fassen ist. Diese Schriftform ist der Anfang der heutigen arabischen Schrift. Die Tradition der südarabischen Inschriften ging zwischenzeitlich wieder verloren.

Während ihrer Entwicklung mussten Punkte zur Unterscheidung gleich geschriebener Konsonanten hinzugefügt werden, aus 18 wurden schließlich 28 (mit Hamza 29) Zeichen. Hinzu kam die Umbildung der Reihenfolge des arabischen Alphabetes. Diese sich allmählich vollziehende Umbildung konnte an einer Abart, der maghrebinischen Schrift erkannt werden, die im Westen des islamischen Gebietes von 800-900 n. Chr. in Gebrauch war und von einem Gelehrten entwickelt worden ist. Diese stand der Reihenfolge des Altsemitischen noch erheblich näher, als alle späteren Formen der arabischen Schrift. Strenggenommen gibt es auch bei der maghrebinischen Schrift verschiedene Abarten; so unterscheidet man einen tunesischen, algerischen, fazischen, andalusischen und sudanischen Typus.

Mit der Einführung des Buchdrucks und der Schreibmaschine im 19. Jahrhundert veränderte man die Form einiger Buchstaben, die in den Handschriften bis dahin dazu geführt hatten, dass die nachfolgenden Buchstaben im selben Wort etwas tiefer stehen mussten, da man damals dieses Problem drucktechnisch kaum lösen konnte.

Einfluss der Ornamentik

Vierzeiler Omar Khayyāms im Schekaste-Duktus

Mit dem Bilderverbot im Islam erlangte die Ornamentik schon bald eine überragende Bedeutung, die auch die Schrift in diesem Bereich mit einbezog. Dadurch, dass hierbei immer mehr Gewicht auf die künstlerische Ausbildung der Schrift gelegt wurde, entwickelte sich auch zunehmend eine anspruchsvolle arabische Kalligrafie, die zu einer Entwicklung zahlreicher recht verschiedener Stilarten führte. Zwar kamen später einige dieser Stilarten wieder aus der Mode, doch sind einige von ihnen noch bis zum heutigen Tage erhalten geblieben.

Die arabische kennt zahlreiche Schriftformen (arabisch ‚khatt‘) und Typen. Alle arabischen Schrifttypen sind Kursiven, bei denen die meisten Buchstaben eines Wortes verbunden sind. Es gibt im Gegensatz zur lateinischen Schrift keine Versalien und keine Blockschrift. Es gibt zwei Grundformen: eine eckige und eine runde. Die eckige heißt nach der irakischen Stadt al-Kûfa kufische Schrift (Kufi) und wird häufig für Inschriften in Stein und großformatige Korantexte verwendet. Die am häufigsten im gesamten islamischen Raum – vor allem im Druck – gebrauchte runde Schrift ist die Neshi-Schrift, von der es zahlreiche regionale und kalligrafische Varianten gibt: In Persien die elegante Nasta‘lîq-Schrift (von den Türken meist Ta‘lîq-Schrift genannt, während die Perser ihrerseits unter diesem Namen eine aus dem alten Tawqi-Duktus hervorgegangene, nur noch selten angewandte Kanzleischrift verstehen), besonders für Lithographien und Drucke poetischer Literatur beliebt. Demgegenüber findet die Neshi-Schrift hauptsächlich in religiösen, juristischen und ähnlichen Texten Verwendung. Im Briefverkehr jedoch verwenden die Perser durchweg die Schekaste-Schrift. Dieser Schriftduktus ist wegen der häufigen Verbindung normalerweise unverbundener Zeichen miteinander für Ungeübte schwer lesbar.

einige Formen der arabischen Schrift

Verbreitung

Abbildung 1: Das arabische Alphabet. Legende: i) Nummer – ii) Zahlwert – iii) isolierte Form – iv) nach rechts verbundene Form – v) beidseitig verbundene Form – vi) nach links verbundene Form – vii) Name

Die arabische Schrift hat von den semitischen Schriften die größte Verbreitung erlangt. Mit dem Islam und dem heiligen Religionsbuch des Korans wurde sie von Volk zu Volk getragen. Sie verdrängte teils die einheimische Schrift (z. B. in Persien), teils wurde sie die erste Schrift des betreffenden Volkes überhaupt (z. B. bei den afrikanischen Völkern). So findet sich die arabische Schrift im Gebrauch nicht nur zur Wiedergabe der arabischen Sprache, sondern auch für die persische Sprache, die kurdische Sprache (in Irak, Iran und Syrien), die türkische Sprache (früher), die tatarische Sprache (früher), die malayische Sprache und für Paschtu und Urdu, ja sogar für Swahili und Hausa, sowie für einige Berbersprachen (selten).

Allerdings war die arabische Schrift nicht immer und ohne Weiteres befähigt, die Phoneme dieser Sprachen, die sich in ihrem lautlichen Bestand zum Teil sehr deutlich von der arabischen Sprache unterscheiden, vollständig wiederzugeben. Deshalb wurden in Fällen, in denen eine Sprache besondere Laute besaß, die mit den im Arabischen Alphabet vorhandenen Schriftzeichen nicht dargestellt werden konnten, neue Zeichen erfunden, meist indem man vorhandene Buchstaben, die ein ähnliches Phonem bezeichnen, zur Unterscheidung mit zusätzlichen diakritischen Punkten versah. Das persische p, das im Arabischen nicht vorkommt, wird zum Beispiel aus dem arabischen Buchstaben Ba (entspricht dem lateinischen b) gebildet, indem man ihm unterhalb der Grundlinie nicht nur einen, sondern drei (im Dreieck angeordnete) Punkte hinzufügt (siehe Pe). Ebenso wird das g als Abwandlung des Kaf (k) mit zwei Oberstrichen statt nur einem dargestellt (siehe Gaf).

Bedeutung der lateinischen Schrift

Der große Siegeszug der arabischen Schrift infolge der Islamisierung ist in der Gegenwart zu Ende gegangen, ihr Verbreitungsgebiet hat sich sogar noch verengt. Sprachen wie die malaiische, das Swahili, zum Teil auch schon die Haussasprache, werden heute fast nur noch mit lateinischen Buchstaben geschrieben. Auch bei den osmanischen Türken ist die arabische Schrift der lateinischen unterlegen. So wurde auf dem turkologischen Kongress von 1926 in Baku der Beschluss gefasst, in allen Schulen und im Schrifttum der Türken und Tataren das arabische Alphabet durch das lateinische zu ersetzen. Dies wurde 1928 verwirklicht. Die zentralasiatischen Turksprachen wurden zur Sowjetzeit kyrillisch geschrieben. Sie sind heute ebenfalls nach dem Vorbild des türkeitürkischen zum lateinischen Alphabet (mit einigen neuen Zeichen) übergegangen. Einzig Uighurisch (in Westchina) wird auch heute noch mit arabischen Zeichen geschrieben. Im Iran sind die in den 1930er Jahren gemachten Versuche, die arabische durch die lateinische Schrift zu ersetzen, erfolglos geblieben.

Siehe auch

Weblinks


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