Medizin des Mittelalters

Medizin des Mittelalters
Die Astrologie spielte eine bedeutende Rolle in der Medizin des Mittelalters, die besten Ärzte waren zumindest in deren Grundlagen ausgebildet.

Die Medizin des Mittelalters in Westeuropa stellt eine Mischung antiker Traditionen, spiritualistischer Einflüsse und dem dar, was Claude Lévi-Strauss den „schamanistischen Komplex“ und „gesellschaftlichen Konsens“ nennt [1] Zu jener Zeit existierte keine schulmedizinische Tradition, und die Erfahrungen gingen Hand in Hand mit spirituellen Einflüssen.

Das medizinische Wissen des Frühmittelalters nach dem Untergang des Römischen Reiches basierte hauptsächlich auf überlieferten griechischen und römischen Texten, die z.B. in Klöstern aufbewahrt wurden. Die Ansichten über die Entstehung und Heilung von Krankheiten waren demgemäß nicht rein säkular, sondern Teil einer Weltanschauung, in der Faktoren wie Schicksal, Sünde und astrale Einflüsse eine ebenso große Rolle wie körperliche Ursachen spielten. Die Wirksamkeit von Heilmitteln war eher an den Glauben von Patient und Arzt gebunden, als an empirische Beweise, so dass die Remedia physicalia (physischen Mittel) oftmals einer spirituellen Einflussnahme nachgeordnet waren.

Inhaltsverzeichnis

Einflüsse

Mit der Ausbreitung des Christentums vergrößerte sich die Spannung zwischen Kirche und Volksmedizin mit ihren magischen oder mystischen Elementen, die als mit dem christliche Glauben unvereinbar galten. Zaubersprüche und Beschwörungen wurden in Verbindung mit Kräutern und anderen Heilmitteln angewandt. Solche Praktiken wurden allmählich von den physischen Heilmitteln abgelöst oder durch christliche Gebete bzw. Andachten ersetzt. Auch die Abhängigkeit von der Macht von Kräuter oder Steinen bedurfte einer christlichen Neuinterpretation.

Nach kirchlicher Lehre schickte Gott Krankheit als Strafe, und demgemäß konnte Reue zur Heilung führen. Dies führte zur Verbreitung von Bußpraktiken und Wallfahrten als Heilmittel für Krankheiten. Es gab auch die Ansicht, der Beruf des Mediziners eigne sich nicht für Christen, da die Krankheit eben als von Gott gesandt galt. Gott wurde als der „göttliche Arzt“ angesehen, der Krankheit oder Heilung je nach seinem Willen verteilte. Zudem entstand eine wachsende und ausufernde Zahl von Schutzheiligen, die man für die Heilung bestimmter Leiden verantwortlich machte. Allerdings galt für zahlreiche Mönchsorden, vor allem die Benediktiner, die Pflege der Kranken als das Hauptwerk der Barmherzigkeit.

Die mittelalterliche europäische Medizin entwickelte sich weiter in der Renaissance des 12. Jahrhunderts, als zahlreiche medizinische Texte der griechischen wie islamischen Medizin aus dem Arabischen ins Latein des 12. Jahrhunderts übersetzt wurden. Die bedeutendsten dieser Texte stammten aus Avicennas Der Kanon der Medizin (ca. 1030), eine „medizinische Enzyklopädie“, die die medizinische Überlieferung der griechischen, indischen und muslimischen Ärzte zusammenfasste. Der „Kanon“ wurde ein maßgeblicher Text der europäischen medizinischen Ausbildung bis zur frühen Neuzeit. Andere einflussreiche übersetzte medizinische Texte stammten aus dem Hippokrates zugeschriebenen Corpus Hippocraticum, AlkindusDe Gradibus, Haly Abbas‘ und Isaak ben Salomon Israelis Liber Pantegni AbulcasisAl-Tasrif, sowie Galens Schriften.

Das mittelalterliche System

Zahnarzt mit Silberzange und Halskette aus großen Zähnen bei der Zahnextraktion eines sitzenden Mannes. London, 1360-1375

Mit dem Niedergang des westlichen Reiches begann die Entwicklung einer einheitlichen medizinischen Theorie, die weitgehend auf den Schriften griechischer Ärzte über Physiologie, Hygiene Diätetik, Pathologie und Pharmakologie basierte und die durch die Entdeckung der Funktion des Rückenmarks als Steuerorgan bestimmter Muskeln Ansehen gewann. Mit dem Aufkommen der Obduktion entdeckte man die Funktion der Herzventile und die Bedeutung von Blase und Nieren.

Galenos von Pergamon, ebenfalls Grieche, war der einflussreichste aus der Antike stammende Arzt der Zeit. Bei aller unbestrittenen Autorität in der Medizin des Mittelalters bedürfen seine Hauptlehren einiger Differenzierung. Galenos beschrieb die vier klassischen Symptome einer Entzündung (Rötung, Schmerz, Hitze und Schwellung) und trug viel zum Wissen über Infektionskrankheiten und Pharmakologie bei. Seine anatomischen Kenntnisse der Menschen waren jedoch unzureichend, da sie auf der Präparation von Schweinen beruhten. Einige Lehren Galens standen dem medizinischen Fortschritt eher entgegen. Seine Theorie, das Blut erhalte seine rote Farbe durch das Pneuma oder den Lebensgeist, mit der irrigen Vorstellung gekoppelt, es werde durch eine poröse Wand zwischen den Herzkammern transportiert, behinderte das Verständnis des Kreislaufs und die physiologische Forschung allgemein. Sein wichtigstes Werk jedoch befasste sich mit der Form und Funktion der Muskeln und der Funktion des Rückenmarks. Es zeichnete sich aus sowohl in Diagnose als auch in Prognose. Galens Werk ist von unschätzbarer Bedeutung, durch seine Schriften wurde die Kenntnis der griechischen Medizin über die Araber bis in die westliche Welt übertragen.

Angelsächsische Übersetzungen klassischer Werke wie Dioskurides' „Kräuter“ überlebten aus dem 10. Jahrhundert und zeigten die Beharrungskraft von Elementen klassischen medizinischen Wissens. Kompendien wie Balds Egelbuch (ca. 900) umfassten Zitate aus einer Vielzahl klassischer Werke neben der lokalen Volksmedizin.

Obwohl in Byzanz die organisierte medizinische Praxis nie zu existieren aufgehört hatte (siehe byzantinische Medizin), so kann doch im Westen eine Renaissance der Orientierung an maßgeblichen klassischen medizinischen Standardtexten bis an die kirchliche Schola Medica Salernitana im Süditalien des 11. Jahrhunderts zurückverfolgt werden. In Salerno waren medizinische Texte aus Byzanz und der arabischen Welt (siehe islamische Medizin) zugänglich, aus dem Griechischen und Arabischen übersetzt am nahegelegenen klösterlichen Zentrum von Monte Cassino. Die Meister von Salerno schufen allmählich einen Kanon von Schriften, wie die bekannte ars medicinae (Kunst der Medizin) oder die articella (kleine Kunst), die über Jahrhunderte zur Grundlage der europäischen medizinischen Bildung wurde.

Mit der Gründung von Universitäten wie der in Paris (1150), Bologna (1158), Oxford (1167), Montpellier (1181) und Padua (1222) breiteten sich die Arbeiten von Salerno über ganz Europa aus und wurden maßgeblich für die Medizin des 13. Jahrhunderts. Um sich als Doktor der Medizin zu qualifizieren, bedurfte es zehn Jahre inklusive der klassischen Ausbildung, so dass die Zahl der voll qualifizierten Ärzte vergleichsweise gering blieb.

Während der Kreuzzüge wuchs der Einfluss der europäischen auf die islamische Medizin. Usama ibn Munqidh, der eine weitgehende medizinische Unkenntnis der Franken registrierte, beschreibt jedoch einen europäischen Arzt, der infizierte Wunden mit Essig behandelte und empfiehlt eine Behandlung für Skrofulose, die ihm ein solcher „Franke“ gezeigt hatte [2].

Ab dem dreizehnten Jahrhundert forderten zahlreiche europäische Städte ein mehrjähriges Studium oder eine entsprechende Ausbildung für Mediziner. Die Chirurgie galt als weniger angesehen, man sah in ihr lediglich ein Handwerk, bis Roger Frugardi von Parma seine Abhandlung „Über die Chirurgie“ (ca. 1180) veröffentlichte. Ein Strom italienischer Werke verbreitete sich im folgenden Jahrhundert in Europa. Zwischen 1350 und 1365 verfasste Theoderich Borgognoni eine vierbändige systematische Abhandlung über Chirurgie, die Cyrurgia, über die wichtigsten Erneuerungen sowie frühe Formen der antiseptischen Praxis bei der Behandlung von Verletzungen sowie die Narkose aus einer Mischung aus Opiaten und Kräutern.

Die große Krise der europäischen Medizin im 14. Jahrhundert brachte der Schwarze Tod. Die beherrschenden medizinischen Theorien konzentrierten sich dabei auf religiöse statt auf wissenschaftliche Erklärungen.

Medizinische Theorien

Darstellung der Venen, 13. Jh.

Der mittelalterlichen Medizin lag die Theorie der Humoralpathologie zugrunde. Abgeleitet von antiken medizinischen Werken beherrschte sie die gesamte westliche Medizin bis ins 19. Jahrhundert. Der Theorie zufolge verfügte jedes Individuum über vier Launen, deren Hauptflüssigkeiten - schwarze Galle, gelbe Galle, Schleim und Blut - von verschiedenen Organen im Körper produziert würden. Ihre Balance sei ausschlaggebend für die Gesundheit einer Person. So verursache zu viel Schleim im Körper Probleme der Atemwege und der Körper versuche, durch Husten ein Gleichgewicht des Körpers wiederherzustellen. Das Gleichgewicht der Säfte im Menschen könne durch Diät, Medikamente und Aderlass mit Blutegeln wieder hergestellt werden. Die vier Säfte verband man auch mit den vier Jahreszeiten, schwarze Galle-Herbst, gelbe Galle-Sommer, Schleim-Winter und Blut-Frühling.

KÖRPERSAFT TEMPERAMENT ORGAN NATUR ELEMENT
Schwarze Galle Melancholiker Milz kalt, trocken Erde
Schleim Phlegmatiker Lunge feucht, kalt Wasser
Blut Sanguiniker Kopf warm, feucht Luft
Gelbe Galle Choleriker Gallenblase warm, trocken Feuer

Auch den astrologischen Tierkreiszeichen ordnete man bestimmte Charaktere zu. Noch heute dienen die Bezeichnungen „cholerisch“, „sanguinisch“, „phlegmatisch“ oder „melancholisch“ zur Beschreibung bestimmter Persönlichkeiten.

Die Verwendung von Kräutern war natürlich eng verbunden mit diesem System, wobei man den Erfolg pflanzlicher Heilmittel der Wirkung auf die Körpersäfte zuschrieb. Die Verwendung von Kräutern wies auch auf die mittelalterliche christliche Signaturenlehre, der zufolge Gott für jede Krankheit auch ein Heilmittel bereit habe, und dass diesen Dingen, seien sie tierisch, pflanzlich oder mineralisch, eine Marke, eine „Signatur“, ein Hinweis auf ihre Verwendbarkeit innewohne. Zum Beispiel die wie kleine Schädel geformten Samen des Helmkrautes (gegen Kopfschmerz), oder die weiß gefleckten Blätter des Lungenkrauts (gegen Tuberkulose) wegen ihrer Ähnlichkeit mit der Lunge eines erkrankten Patienten. Man vermutet die Existenz einer großen Anzahl solcher Analogien.

Die meisten Klöster entwickelten Kräutergärten (siehe Klostergarten) zur Produktion pflanzlicher Heilmittel, diese blieben ein Teil der Volksmedizin, wurden aber auch von einigen Berufsmedizinern angewendet. Von den Büchern über Heilkräuter wurde das walisische Rote Buch von Hergest (um 1400) zu einem der bekanntesten.

Das Hospitalwesen

Siehe auch: Hospital

Im Mittelalter umfasste der Begriff Krankenhaus sowohl Herbergen für Reisende, Ausgabestellen für die Armenversorgung, Kliniken und Praxen für Verletzte und Heime für Blinde, Lahme, ältere Menschen und psychisch Kranke. Klosterhospitäler entwickelten zahlreiche sowohl medizinische als auch spirituelle, Behandlungsmethoden.

„Während des dreizehnten Jahrhunderts erbaute man eine immense Zahl von Hospitälern. Dabei taten sich die italienischen Städte besonders hervor. Mailand verfügte über nicht weniger als ein Dutzend und Florenz vor dem Ende des vierzehnten Jahrhunderts über rund dreißig solcher Hospitäler. Einige davon waren prächtige, teilweise von Michelangelo gestaltete Bauwerke. In Mailand stammte ein Teil des Allgemeinen Hospitals von Donato Bramante. Das zu Ehren der Katharina von Siena erbaute Hospital von Siena erlangte hohe Berühmtheit. Die Hospitalbewegung verbreitete sich in ganz Europa. Rudolf Virchow zufolge verfügte jede deutsche Stadt mit fünftausend Einwohnern über ihre eigene Klinik. Nach seinen Erkenntnissen ging diese Hospitalbewegung auf Papst Innozenz III. zurück.“ [3]

Diese Hospitäler verbreiteten sich in großer Zahl u.a. in Frankreich und England. Nach der französisch normannischen Invasion in England führte die Verbreitung Französischer Ideale dazu, dass die meisten mittelalterlichen Klöster ein hospitium oder Hospiz für Pilger errichteten. Diese hospitia entwickelten sich schließlich zum heutigen Krankenhaus. Mönche und Laienhelfern betreuten kranke Pilger und Opfer zahlreicher Seuchen und chronischer Krankheiten des mittelalterlichen Westeuropa. Benjamin Gordon zufolge ist das Krankenhaus - wie wir es kennen - eine französische Erfindung, die ursprünglich zur Isolierung Lepra- oder Pestkranker entwickelt und erst später zur Pilger-Hilfsstation umfunktioniert wurde[4].

Ein gut erhaltenes Exemplar eines Berichts aus dem 12. Jahrhundert aus der Hand des Mönchs Eadmer von Canterbury schildert detailliert die Ziele des Bischofs Lanfranc bei der Schaffung und Erhaltung dieser frühen Krankenhäuser:

„Aber ich darf schließlich nicht verschweigen, was er für die Armen außerhalb der Mauern der Stadt Canterbury leistete. Kurz, er baute ein beachtliches und geräumiges Haus aus Stein ... für unterschiedliche Bedürfnisse und Annehmlichkeiten. Er teilte das Hauptgebäude in zwei Teile, einen für die Männer mit unterschiedlichen Gebrechen und einen für Frauen in schlechtem Gesundheitszustand. Er traf auch Vorkehrungen für ihre Kleidung und die tägliche Nahrung, bestellte Bedienstete und Aufseher für alle Maßnahmen, so dass es ihnen an nichts fehlen sollte.“

Eadmer von Canterbury[5]

Spätere Entwicklungen

Arzt, 15. Jahrhundert.

Chirurgen des Hochmittelalters wie Mondino dei Luzzi waren die Vorreiter der Anatomie an europäischen Universitäten und leiteten systematische Obduktionen des menschlichen Körpers. Anders als im heidnischen Rom war im hochmittelalterlichen Europa die Sektion einer Leiche nicht vollständig verboten. Allerdings war der Einfluss Galens noch so vorherrschend, dass Mondino und seine Zeitgenossen ihre Ergebnisse in die Galenische Anatomie pressen wollten.

Während der Renaissance seit der Mitte des 15. Jahrhunderts machte die medizinische Praxis große Fortschritte. Der Italiener Girolamo Fracastoro (1478-1553) vermutete als erster, dass Seuchen durch Dinge außerhalb des Körpers durch direkten oder indirekten Kontakt übertragen würden. Er entdeckte auch neue Therapien für Krankheiten wie Syphilis.

Im Jahre 1543 verfasste der flämischen Gelehrte Andreas Vesalius das erste vollständige Lehrbuch über die menschliche Anatomie: „De humani corporis Fabrica“ („Über die Fabrik des menschlichen Körpers“). Viel später, im Jahre 1628, erklärte William Harvey den Blutkreislauf durch Venen und Arterien. Man hatte zuvor angenommen, Blut entstünde aus Nahrung und würde vom Muskelgewebe absorbiert.

Im 16. Jahrhundert entdeckten Paracelsus und Girolamo, dass Krankheiten durch Faktoren außerhalb des Körpers wie Bakterien verursacht würden und nicht durch Ungleichgewichte innerhalb des Körpers.

Auch Leonardo Da Vinci übte einen großen Einfluss auf den medizinischen Fortschritte in der Renaissance aus. Als beobachtender Wissenschaftler war er an mehreren Obduktionen beteiligt und schuf zahlreiche detaillierte anatomische Zeichnungen, die Grundlage eines Hauptwerks der vergleichenden Anatomie werden sollten. Die anatomischen Zeichnungen da Vincis wurden später im Codex Windsor zusammengefasst; zu seinen Lebzeiten wurde jedoch keine seiner schriftlichen Arbeiten veröffentlicht.

Der französische Militärarzt Ambroise Paré (*1510 ) belebte die alte griechische Methode des Abbindens der Blutgefäße. Nach einer Amputation war es allgemein üblich, die Blutung der offenen Wunde durch siedendes Öl, Wasser oder erhitztes Metall zu stoppen. Paré soll auch die Wundversorgung mit sauberen Bandagen und selbst bereiteten Salben aus Ei, Rosenöl und Terpentin eingeführt haben. Als erster fertigte er Hand- und andere Prothesen für amputierte Patienten. Bei einer solchen künstlichen Hand konnten zwei Finger zum einfachen Greifen und Loslassen bewegt werden.

Pestarzt

Medizinische Katastrophen waren in der Renaissance häufiger als heute. Die Handelswege bildeten das perfekte Transportmittel für Krankheiten. Achthundert Jahre nach der Justinianischen Pest kehrte die Pest nach Europa zurück. Von Asien aus erreichte der Schwarze Tod 1348 das Mittelmeer und Westeuropa (möglicherweise durch italienische Kaufleute auf der Flucht vor Kämpfen auf der Krim), und raffte in sechs Jahren 25 Millionen Europäer dahin, etwa 1/3 der Gesamtbevölkerung und bis zu einer 2/3 der am schlimmsten betroffenen Städte. Bevor die Mongolen das belagerte Kaffa auf der Krim verließen, schleuderten sie die tote oder sterbende Körper infizierter Soldaten mit Katapulten über die Mauern, um die Bewohner zu infizieren, eines der frühesten Beispiele biologischer Kriegführung. Dies gilt als Ursprung der Ausbreitung der Pest in Europa.

Vom 14. bis 17. Jahrhundert kehrte die Pest immer wieder nach Europa und das Mittelmeer zurück. Bekannte spätere Ausbrüche waren die Italienische Pest 1629-1631, die Große Pest von Sevilla (1647-1652), die Große Pest von London (1665-1666), die Große Pest von Wien (1679), die Große Pest von Marseille in 1720-1722 und der Pestaufstand 1771 in Moskau.

Bevor die Spanier nach Amerika und Mexiko kamen, waren dort die tödlichen Keime der Pocken, Masern und Grippe unbekannt. Die Indianer waren nicht immun gegen die durch die Europäer eingeschleppten Krankheiten. Christoph Kolumbus beendete 1492 diese Isolation Amerikas mit seiner Entdeckungsreise unter spanischer Flagge. Tödliche Epidemien wüteten in der Karibik. Die Pocken rotteten in wenigen Monaten ganze Dörfer aus. Die Insel Hispaniola hatte eine Bevölkerung von 250.000 Ureinwohnern. 20 Jahre später war die Bevölkerungszahl auf dramatische 6.000 zusammengeschmolzen. Nach 50 Jahren lebten noch etwa 500 Indianer dort. Die Pocken verbreiteten sich dann in Mexiko, wo sie ein entscheidender Faktor bei der Zerstörung des Aztekenreiches wurden. Im ersten Jahrhundert der spanischen Herrschaft in Mexiko 1500-1600 starben Millionen Mittel- und Südamerikaner. Um 1650 war die Mehrheit der mexikanischen Bevölkerung umgekommen.

Entgegen der verbreiteten Meinung [6] ging die Kultur des Bades und der Hygiene in Europa nicht mit dem Untergang des Römisches Reich verloren. [7][8] Das Baden in Europa kam in Wirklichkeit nicht aus der Mode, bis man es kurz nach der Renaissance durch den massiven Einsatz von Schwitzbädern und Parfüm ersetzte, da sich in Europa die Ansicht verbreitete, Wasser könne Krankheiten durch die Haut in den Körper transportieren. Mittelalterliche Kirchenautoritäten sahen im öffentlichen Baden die Wurzel von Unmoral und Krankheit. Die Römisch-katholische Kirche versuchte ohne Erfolg, ein Badeverbot durchzusetzen, um Europa vor der Syphilis zu bewahren.[9]

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Anthropologie structurale, Lévi-Strauss, Claude (1958, Strukturale Anthropologie, übers. Claire Jacobson und Brooke Grundfest Schöpf, 1963)
  2. Medieval Source Book
  3. James Joseph Walsh: The world's debt to the Catholic Church, S. 244, The Stratford Company 1924
  4. Benjamin Gordon: Mittelalters und der Renaissance Medizin. New York: Philosophische Bibliothek
  5. Die englische Krankenhaus. 1070-1570. New Haven: Yale University. Presse
  6. [http://historymedren.about.com/od/dailylifesociety/a/bod_weddings.htm The Bad Old Days — Weddings & Hygiene]
  7. [http://www.vlib.us/medieval/lectures/black_death.html The Great Famine (1315-1317) and the Black Death (1346-1351)]</li> <li id="cite_note-7">[[#cite_ref-7|↑]] [http://www.middle-ages.org.uk/middle-ages-hygiene.htm Middle Ages Hygiene]
  8. {{cite book|last = Paige|first = John C|authorlink =|coauthors = Laura Woulliere Harrison|title = Out of the Vapors: A Social and Architectural History of Bathhouse Row, Hot Springs National Park|publisher = U.S. Department of the Interior|year = 1987|location =|pages =|url = http://www.nps.gov/history/history/online_books/hosp/bathhouse_row.pdf|doi =|id =|isbn = }}

Literatur

  • The Greatest Benefit to Mankind. A medical history of humanity from antiquity to the present. Roy Porter. HaperCollins 1997
  • Medicine in the English Middle Ages. Faye Getz, Princeton University Press, 1998. ISBN 0-691-08522-6
  • Johannes Gottfried Mayer: Beobachtungen zur volkssprachlichen Rezeption des medizinisch-naturwissenschaftlichen Weltbildes im Mittelalter von Ortolf von Baierland bis Paracelsus, in: Geistliche Aspekte mittelalterlicher Naturlehre, hrsg. von Benedikt Konrad Vollmann, Wiesbaden 1993 (= Wissensliteratur im Mittelalter, 15), S. 99-11
  • Johannes Gottfried Mayer: Konrad von Megenberg und Paracelsus. Beobachtungen zu einem Wandel in der volkssprachlichen naturwissenschaftlichen Literatur des späten Mittelalters, in: Würzburger Fachprosa-Studien. Beiträge zur mittelalterlichen Medizin-, Pharmazie- und Standesgeschichte aus dem Würzburger medizinhistorischen Institut, Michael Holler zum 60. Geburtstag, hrsg. von Gundolf Keil und redigiert von Johannes G. Mayer und Christian Naser, Würzburg 1995 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 38), S. 322-338

Weblinks


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