Möhnetalsperre

Möhnetalsperre
Möhnetalsperre
Moehnetalsperre2.jpg
Lage: Kreis Soest
Zuflüsse: Möhne, Heve
Abflüsse: Möhne
Größere Orte am Ufer: Körbecke, Delecke, Günne
Größere Städte in der Nähe: Soest, Arnsberg
Möhnetalsperre (Nordrhein-Westfalen)
Möhnetalsperre
Koordinaten 51° 29′ 0″ N, 8° 4′ 18″ O51.4833333333338.0716666666667Koordinaten: 51° 29′ 0″ N, 8° 4′ 18″ O
Daten zum Bauwerk
Bauzeit: 1908–1913
Höhe über Talsohle: 32,44 mdep1
Höhe über Gründungssohle: 40,30 mdep1
Höhe der Bauwerkskrone: 214,86 m
Bauwerksvolumen: 267.000 m³dep1
Kronenlänge: 650 mdep1
Kronenbreite: 6,27 mdep1
Kraftwerksleistung: 7,04 MWdep1
Daten zum Stausee
Höhe des Stauziels: 213,74 m ü. NN
Wasseroberfläche bei Vollstau: 10,37 km²dep1
Speicherraum: 134,50 Mio. m³dep1
Gesamtstauraum: 140,80 Mio. m³dep1
Einzugsgebiet: 436 km²dep1
Bemessungshochwasser: HQ1000 = 246 m³/sdep1

Der Möhnesee ist ein Stausee in Nordrhein-Westfalen, Deutschland. Er zieht sich in Ost-West-Richtung durch die nach ihm benannte Gemeinde und wird im Westen von einer Staumauer begrenzt.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Der Möhnesee liegt am nordwestlichen Rand des Naturparks Arnsberger Wald innerhalb der Gemeinde Möhnesee im Kreis Soest.

Nutzungen

Die Möhnetalsperre dient der Niedrigwasseraufhöhung, dem Hochwasserschutz und der Stromerzeugung aus Wasserkraft. Vorrangiges Ziel ist die Niedrigwasseraufhöhung der Ruhr, in die das Wasser der Talsperre über den Unterlauf Möhne und den Zusammenfluss in Neheim (Stadt Arnsberg) gelangt. Die Regulation des Wasserstands der Ruhr garantiert eine gleichmäßige Versorgung des Ruhrgebiets mit Roh- und Brauchwasser. Eigentümer und Betreiber der Talsperre ist der Ruhrverband.

Der Möhnesee, der neben der Rurtalsperre und dem Biggesee zu den größten Stauseen in Nordrhein-Westfalen zählt, und der angrenzende Arnsberger Wald sind vor allem für Menschen aus dem Ruhrgebiet bedeutende Naherholungsgebiete. Daher gibt es ein umfangreiches wassersportliches Angebot sowie jährlich einen großen Triathlonwettbewerb am Möhnesee.

Daten

Der Möhnesee, dessen Fassungsvermögen rund 134,5 Millionen m³ (oder t) Wasser umfasst, ist mit seinen vier Abschnitten über 10 km lang, an der tiefsten Stelle bei Vollstau zwischen Linkturm und Sperrmauer 36 m tief und rund 1037 ha groß.

Das Absperrbauwerk der Talsperre, das als Gewichtsstaumauer erbaut wurde, besteht aus Bruchsteinmauerwerk, ist nach dem Intze-Prinzip gebaut und hat eine Kronenlänge von 650 m. Direkt unterhalb der Staumauer befindet sich ein kleines Ausgleichsbecken.

Das Wasserkraftwerk hat eine Ausbauleistung von 7,04 MW

Um bei Hochwasser einen Überlauf zu ermöglichen, sind in der Mauerkrone, unterhalb der Fahrbahn, 105 Öffnungen eingelassen. Ein Teil der Energie des herabströmenden Wassers wird auf der Luftseite der Staumauer durch die hervorstehenden Bruchsteinquader bereits umgewandelt. Der Ausgleichsweiher dient anschließend als Tosbecken. Um die Mauer zu schonen und wegen der Energieerzeugung, wird ein Überlaufen über die Öffnungen der Hochwasserentlastung möglichst vermieden. Zuletzt lief die Talsperre im August 2007 in Folge extremer Niederschläge (in Warstein am 9. August 2007 58,5 mm in drei Stunden) im Einzugsgebiet der Möhnetalsperre über. Das vorletzte Überlauf-Ereignis war 1984.

Natur und Umwelt

Überlauf der Talsperre 2007

Der Möhnesee ist als Europäisches Vogelschutzgebiet im Schutzgebietssystem Natura 2000 der EU ausgewiesen. Der Hevesee und der Hevearm im Süden des Möhnesees und der Einlauf der Möhne in den See sind Naturschutzgebiete. Das Hevevorbecken und angrenzende Flächen sind zudem auch als FFH-Gebiet gemeldet worden. Der Möhnesee ist mit 4000 bis 6000 Wasservögeln ein bedeutender Rastplatz in Nordrhein-Westfalen. Die bedeutenden Rastvögel sind, mit Prozentangaben für die Jahre 2001 bis 2006, Reiherente 31 %, Stockente 24 %, Blässhuhn 22 %, Haubentaucher 9 %, Tafelente 5 % und übrige Arten mit 9 %. Ein wichtiger Grund für größere Rastvorkommen von Tauchenten und Blässhühnern ist das Vorhandensein der Wandermuschel im See. Die Wandermuschel bildet auf dem steinigen Seegrund Muschelbänke mit mehreren tausend Tieren je Quadratmeter. An den Einflüssen der Möhne und den kleineren Bächen in den See gibt es Vorkommen von Eisvogel, Gebirgsstelze und Wasseramsel. Deren eigentliche Brutplätze liegen aber nicht direkt am See, sondern an den Zuflüssen. Am Seeufer brüten Stockente, Reiherente, Teichhuhn, Blässhuhn, Höckerschwan, Graugans, Kanadagans, Nilgans und Haubentaucher. Der Haubentaucher hat hier mit ca. 50 Brutpaaren auf dem See seinen größten Brutbestand in Westfalen. Der Graureiher hat eine Brutkolonie am Westenberg in Wamel mit 15 bis 30 besetzten Horsten. Der Kormoran hat bisher, vermutlich wegen menschlicher Störungen, nur erfolglose Brutversuche durchgeführt. Auch der Rothalstaucher hat seit 2002 mehrfach erfolglos am See gebrütet. Beim Zwergtaucher hingegen kam es in der Vergangenheit zu einzelnen erfolgreichen Bruten. Eine große Besonderheit war das ganzjährige Vorkommen der Eiderente, einer Meerente, von September 2001 bis Dezember 2006. Im Juli 2006 konnte hier der erste Brutnachweis für Nordrhein-Westfalen erbracht werden: ein Weibchen mit drei halbwüchsigen Jungen. Als im Dezember 2006 der Wasserspiegel stark anstieg, konnten die Eiderenten die Wandermuschelbänke nicht mehr erreichen und verließen den See. Auch andere Meeresenten erscheinen häufiger in der Winterzeit.

Im See wurden 13 Fischarten bei Probebefischungen des Ruhrverbands gefunden. Die größten Bestände kommen von Flussbarsch mit 53 %, Kaulbarsch mit 20,3 % und Rotauge mit 13,9 %. Daneben kommen noch Große Bodenrenke, Aal, Hecht, Zander, Kleine Maräne, Seeforelle, Brasse, Karpfen, Schleie und Döbel vor. Seeforelle und Aal kommen nur wegen eines künstlichen Besatzes vor und vermehren sich nicht natürlich. Ferner kommt noch der Bisam vor.

Geschichte

Bauzeit und Einweihung

Berechnungen des zukünftigen Bedarfs an Trink- und Brauchwasser für das wachsende Ruhrgebiet im Jahre 1904 hatten ergeben, dass zu den bereits vorhandenen Talsperren im Flusssystem der Ruhr mit einem Stauvolumen von 32,4 Mio. m³ die dreifache Menge erforderlich wäre, nämlich etwa 100 Mio. m³ Stauraum. Bis zum Jahr 1925 schätzte man sogar ein Anwachsen auf fast 200 Mio. m³. Daher wurde von der Generalversammlung des Ruhrtalsperrenvereins am 28. November 1904 eine Satzungsänderung zum Bau eigener Talsperren beschlossen. Am 22. Mai 1905 wurde zum ersten Mal über den Plan gesprochen, im Möhnetal eine große Talsperre zu bauen. Die Möhnetalsperre wurde daraufhin in den Jahren 1908 bis 1913 erbaut und am 12. Juli 1913 vom Ruhrtalsperrenverein eingeweiht. Im Jahr der Einweihung war die Talsperre die größte Stauanlage in Europa. Der ehemalige Ort Kettlersteich versank vollkommen im Wasser.

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Animation des Bombenabwurfes
Durch den Bombenangriff zerstörte Staumauer
Zerstörte Staumauer

Die Möhnetalsperre wurde im Zweiten Weltkrieg durch einen britischen Bombenangriff, geleitet durch Wing Commander Guy Gibson, in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 zerstört (Operation Chastise/Züchtigung). Um die Abwehranlagen am Stausee zu umgehen, kamen speziell für diesen Zweck konstruierte Bomben, so genannte Roll- oder Rotationsbomben, an der Avro Lancaster Dam Buster zum Einsatz; heute kann man sich im Inneren der Staumauer einen Nachbau einer solchen Bombe anschauen. Diese sprangen durch Eigendrehung auf dem Wasser über die Torpedofangnetze hinweg in Richtung Staumauer, schlugen mit geringem Restschwung gegen die Mauer, sanken bis zum Mauersohlengrund ab und detonierten in einer Tiefe von etwa 10 oder 15 Metern. Eine einzige von mehreren in kurzer Folge abgeworfenen Bomben erreichte ihr Ziel und erfüllte den beabsichtigten Zweck. Der See war zu dieser Jahreszeit voll gefüllt.

In der Staumauer entstand dadurch zunächst ein kleiner Riss, der sich durch den Druck der ausströmenden Wassermassen schnell erweiterte und zuletzt eine riesige trapezförmige Lücke ergab (77 m Breite mal 22 m Tiefe), durch welche die Wassermassen herausströmten. Durch die daraus resultierende Flutwelle, die sich über die Möhne bis weit ins Ruhrtal ergoss, kamen verschiedenen Angaben zufolge mindestens 1284 oder sogar über 1600 Menschen ums Leben. Der letzte Todesfall infolge der Flutwelle war in Essen-Steele, über 100 km von der Staumauer entfernt. Die meisten Menschen kamen in einem Kriegsgefangenenlager in unmittelbarer Nähe unterhalb der Sperrmauer ums Leben. Ein Mahnmal am früheren Kloster Himmelpforten erinnert heute an die über 1200 Toten allein in diesem Lager. Ganz Neheim (heute ein Stadtteil von Arnsberg) wurde schwer getroffen; die Flutwelle war dort über 12 Meter hoch. Ein Mahnmal in Neheim erinnert an die Opfer der Katastrophe.

Zweck dieses Angriffs, bei dem gleichzeitig auch die Edertalsperre und der Sorpesee angegriffen wurden (der Sorpedamm blieb aufgrund seiner speziellen Bauart aus Beton mit Erd- und Steinüberschüttung stehen), war mittelbar die Beeinträchtigung der Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet.

Der Angriff auf die Staumauer wurde 1954 in dem britischen Spielfilm Mai '43 – Die Zerstörung der Talsperren (The Dam Busters) von Michael Anderson nachgezeichnet.

Wiederaufbau

Staumauer

Der Wiederaufbau der Staumauer unter einem Aufgebot von mehreren tausend Arbeitskräften rund um die Uhr und unter Verwendung der ursprünglichen Baumaterialien wurde, trotz der damals sehr angespannten allgemeinen Material- und Kräftelage, unmittelbar nach der Zerstörung eingeleitet und konnte schon am 3. Oktober 1943 mit dem Auftragen der Fahrbahndecke auf der Dammkrone abgeschlossen werden. Der schnelle Fortgang der Arbeiten wurde schließlich auch durch die Nazi-Propaganda ausgenutzt, um der kriegsmüden Bevölkerung zumindest kleine Erfolge vorzuführen. Der Einfluss des Angriffes auf die Kriegswirtschaft des Ruhrgebietes war jedoch nicht so nachhaltig ausgefallen, wie von den Alliierten ursprünglich erhofft. Sie griffen die Großbaustelle bzw. die dann fertiggestellte Staumauer bis Kriegsende nicht mehr an.

Sanierung

Von 1972 bis 1979 fand eine umfassende Sanierung der Möhnetalsperre statt. Durch Sprengungen legte man entlang der Gründungssohle der Staumauer einen Kontrollgang an, von dem aus die Mauer verpresst (abgedichtet) und mit Drainagebohrungen versehen wurde.

Auch auf der Luftseite der Staumauer nagte am Mauerwerk der Zahn der Zeit. So starteten 1992 an der ca. 2,5 ha umfassenden Luftseite zahlreiche Sanierungsarbeiten. Diese Arbeiten hatten zum Ziel, Risse, die sich im Laufe der Zeit aufgetan hatten, auszubessern. Durch die Risse drang Wasser ins Mauerwerk ein, einsetzender Frost zerstörte Steine. In den entstandenen Hohlräumen sammelten sich Samen an, keimten und bildeten Baum- und Strauchwerk aus, welches mit seinen Wurzeln die Mauer weiter schädigte.

Wie bei vielen anderen Stauseen finden sich unterhalb der Wasseroberfläche Relikte aus vergangenen Tagen. Im Spätsommer 2003 musste wegen Reparaturarbeiten an den Absperrschiebern des Hevebeckens, eines der beiden Vorbecken des Sees, der Wasserstand so weit abgesenkt werden, bis das Hevebecken vollständig entleert war. Zum Vorschein kam die alte Brücke mit der über ihr verlaufenden Straße.

Die Talsperrenmauer ist als Baudenkmal in die Denkmalliste der Gemeinde Möhnesee eingetragen.

Kanzelbrücke

Die Kanzelbrücke.

Im Einlaufbereich des Möhneflusses in das Vorbecken des Möhnesees, nahe der Ortschaft Wamel in Richtung Arnsberger Wald, steht eine 1912 erbaute Kanzelbrücke. Den Namen Kanzelbrücke verdankt das Bauwerk der Ausführung ihrer Brückenpfeiler, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Kirchenkanzeln aufweisen. Die Brücke besteht aus fünf Bögen und hat eine Gesamtlänge von 60 Metern. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie stark beschädigt, 1953 wieder dem Original getreu hergestellt. Die Kanzelbrücke ist ein Ersatz für ein Vorgängerbauwerk mit drei gewölbten Steinbögen, welches bereits vor dem Bau des Stausees eine Überquerung des Möhneflusses ermöglichte. Eigentümer des Bauwerks ist der Ruhrverband.

Siehe auch

Galerie

Literatur

  • Walter Klisch: Mehr als nur ein Hochwasser. Die Möhne-Katastrophe und ihre Auswirkungen im Raum Herdecke. Herdecker Hefte, Heft 6, 1993.
  • Walter Klisch: Die brausende Wasserflut bringt Not und Verwüstung. Die Möhne-Katastrophe am 17. Mai 1943. In: Herdecker Blätter. Heft 3, Mai 1993, S. 15–18.
  • Walter Klisch: „Unser Haus fährt wie ein Schiff auf hoher See“. Nachlese zur Möhne-Katastrophe. In: Herdecker Blätter. Heft 5, Mai 1994, S. 22–25.
  • Helmuth Euler: „Als Deutschlands Dämme brachen. Die Wahrheit über die Bombardierung der Möhne-Eder-Sorpe-Staudämme 1943“. Motorbuch, Stuttgart, 1975, ISBN 3-87943-367-4.
  • Helmuth Euler: „Wasserkrieg – 17. Mai 1943. Rollbomben gegen die Möhne-Eder-Sorpe-Staudämme“. Eigenverlag, Werl 1992, ISBN 3-89053-045-1.
  • Wilfried Stichmann, Ursula Stichmann-Marny: Der Möhnesee. Ein Wasservogel-Paradies im Wandel der Zeit. Heimatverein Möhnesee, 2008.

Sonstige Literatur

  • Peter Franke, Wolfgang Frey: Talsperren in der Bundesrepublik Deutschland. Systemdruck, Berlin 1987, ISBN 3-926520-00-0.

Weblinks

 Commons: Möhnesee (Stausee) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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