Münchhausen (Film)

Münchhausen (Film)
Filmdaten
Originaltitel Münchhausen
Muenchhausen Film Logo 001.svg
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1943
Länge
  • 105
  • 119 (Neufassung) Minuten
Stab
Regie Josef von Báky
Drehbuch
Produktion Universum Film
Musik Georg Haentzschel
Kamera
Schnitt
Besetzung

Münchhausen ist ein deutscher Film aus dem Jahre 1943, der dem Fantasy-Genre zugerechnet werden kann. Es ist der vierte deutsche Farbfilm.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Film erzählt die Lebensgeschichte des Barons Münchhausen, teilweise basierend auf der literarischen Vorlage der bekannten Lügengeschichten von Gottfried August Bürger.[1] Die Handlung beginnt für den Zuschauer zunächst scheinbar in der Vergangenheit, bis ein elektrischer Lichtschalter ins Blickfeld der Kamera gerät. Nun wird auch anhand der gezeigten Kraftfahrzeuge klar, dass die Geschichte in den 30er oder 40er Jahren (also zur Zeit der Uraufführung) spielt. Der Baron von Münchhausen erzählt im Beisein seiner deutlich älteren Frau einem jungen Paar die Geschichten seines Vorfahren, des berühmten Lügenbarons. Der Film geht zurück in das 18. Jahrhundert, wo der Baron in Begleitung seines Dieners Christian im Auftrag des Prinzen von Braunschweig an den Russischen Hof Katharina der Großen geht und dort in Intrigen und ein Liebesabenteuer mit der Zarin verstrickt wird.

Der Baron warnt den Zauberer Cagliostro vor einer drohenden Verhaftung und erhält dafür von diesem die ewige Jugend. Münchhausen wird von der Zarin als Regimentskommandeur in den Krieg gegen die Türken zur Belagerung von Otschakow geschickt. Er nimmt einen wunderlichen Schnellläufer in seine Dienste auf. Auf einer Kanonenkugel fliegt Münchhausen unfreiwillig in die Festung und wird gefangengenommen. In Konstantinopel trifft Münchhausen, nunmehr persönlicher Diener des Sultans, seine beiden Diener Christian und den Läufer wieder. Mit ihrer Hilfe gewinnt er gegen den Sultan die Wette, binnen einer Stunde eine Flasche Tokajer vom Hofe Maria Theresias in Wien holen zu lassen.

Münchhausen erhält seine Freiheit wieder, darf aber nicht, wie vom Sultan versprochen, die schöne italienische Prinzessin Isabella d'Este mitnehmen, die er darauf hin mit Hilfe eines von Cagliostro erhaltenen magischen Unsichtbarkeits-Ringes aus dem Harem befreit. Er gelangt mit ihr und seinem Diener mit dem Schiff nach Venedig, wo er den alternden Casanova trifft. Mit der Familie d'Este, die Isabelle mit einem älteren Mann verheiraten will, gerät er in Konflikt. Bei einem Duell mit dem Bruder der Prinzessin demütigt er diesen, indem er dessen Kleidung mit seinem Degen völlig zerfetzt. Münchhausen und Christian fliehen mit einem Heißluftballon, der sie bis auf den Mond bringt. In einer surrealistischen Landschaft begegnen sie dort dem Mondmann und seiner Frau, Pflanzenmenschen, die ihren Kopf vom Körper lösen können. Auf dem Mond vergeht an einem Tag die gleiche Zeit wie auf der Erde während eines Jahres. Christian altert rasch und stirbt. Der ewig jugendliche Baron kehrt auf die Erde zurück.

Die Handlung springt 200 Jahre vor in die Gegenwart. Münchhausen gibt dem jungen Paar zu erkennen, dass er keinesfalls bloß Nachfahr des berühmten Lügenbarons, sondern selbst der Protagonist der erzählten Lebensgeschichte ist. Die jungen Leute fliehen in Panik, der Baron aber, der ewigen Jugend satt, gibt diese freiwillig zurück und altert schlagartig. Seinem Wunsch gemäß kann er nun zusammen mit seiner Frau alt werden.

Hintergrund und Besonderheiten

Der mit großem Aufwand, Starbesetzung und in der noch neuen Agfacolor-Technik produzierte Farbfilm wurde von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels selbst aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Ufa Filmstudios in Auftrag gegeben. Die Produktionskosten betrugen rund 6,5 Millionen Reichsmark (ursprünglich waren als Budget 4,57 Millionen Reichsmark eingeplant). Der Film war damit einer der teuersten Filme des Dritten Reiches.

„Zum Jubiläum und mitten im Weltkrieg sollte dem Ausland wie den Deutschen ein glanzvoller, abenteuerlicher […] Film präsentiert werden, der weder von den politischen Verhältnissen im Reich noch von den Schrecken des Krieges etwas ahnen ließ, und umso überzeugender die technische und künstlerische Leistungsfähigkeit Nazi-Deutschlands unter Beweis stellen sollte.“

Heinrich Detering: Tabu und Tabubruch in Literatur und Film[2]

Verfasser des Drehbuchs des von Eberhard Schmidt produzierten Films war der Schriftsteller Erich Kästner. Kästner – obwohl eigentlich mit Berufsverbot belegt – schrieb das Drehbuch im Auftrag von Reichsfilmintendant Fritz Hippler und mit einer Sondergenehmigung von Goebbels unter dem Pseudonym „Berthold Bürger“. Dieser Name fand im Vorspann keine Erwähnung. Noch vor der Uraufführung des Films erging die ausdrückliche Anweisung an die Journalisten: „Der Schriftsteller Erich Kästner oder sein Pseudonym Berthold Bürger sind in der Presse nicht zu erwähnen.“[3] Aufgrund seiner Funktion als Unterhaltungsfilm finden sich keine propagandistischen Andeutungen. Es sind im Gegenteil in den Dialogen erstaunlich liberale und tolerante Äußerungen zu finden, die allerdings zunächst herausgeschnitten wurden. Sogar eine potentiell subversive Äußerung ist zu hören – als nämlich Münchhausen zu seinem Diener im Hinblick auf eine defekte Uhr bemerkt: „Die Zeit ist kaputt“.

Erstaunlicherweise findet sich keine negative Darstellung Russlands, mit dem sich Hitler-Deutschland damals im Krieg befand. Allerdings wird das Land von einer Deutschen regiert, Katharina der Großen.

Ungewöhnlich für die Entstehungszeit und –umstände sind (zumindest im Vergleich mit Hollywood, wo damals der rigide Hays Code herrschte) zahlreiche sexuelle Anspielungen und mehrere Szenen, die Frauen mit nacktem Oberkörper zeigen. Dies war jedoch in deutschen Filmen der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich; z. B. findet sich auch im Film Der Postmeister (1940) eine Einstellung mit einer barbusigen Frau.

Ferner sind die zahlreichen, gemessen an den damaligen technischen Möglichkeiten spektakulären Spezialeffekte erwähnenswert, für die Konstantin Irmen-Tschet verantwortlich zeichnete. Der Film gilt als einer der Höhepunkte des Schaffens von Hans Albers, der die Hauptrolle spielt. Münchhausen wird gelegentlich mit den wenige Jahre zuvor entstandenen amerikanisch/britischen Fantasy-Filmen Der Zauberer von Oz (1939) und Der Dieb von Bagdad (1940) verglichen, mit denen er offenbar rivalisieren sollte. Die üppigen Ausstattungen stammen von Emil Hasler und Otto Gülstorff.

Der Film wurde am 3. März 1943 anlässlich der Feier zum 25-jährigen Bestehen der Ufa uraufgeführt, die als „Betriebsappell“ im Berliner Ufa-Palast am Zoo stattfand.[4] Bis Ende 1944 hatte er 18,7 Millionen Zuschauer und war damit einer der erfolgreichsten Kinofilme der Zeit des Nationalsozialismus.

Nach einem ersten Rekonstruktionsversuch 1978 konnten erst nach der Wende mit Hilfe osteuropäischer Archive ein verschollen geglaubter Teil des Films aufgefunden werden. Diese längere Fassung wurde am 1. April 1991 im ZDF ausgestrahlt (Redaktion Jürgen Labenski). Die Ansage machte Ilse Werner, die auch im Film mitspielt. Somit wurde der Film seiner Originalfassung weiter angenähert, jedoch fehlen weiterhin ca. 15 Minuten, die mit der ersten Kürzung im Juni 1943 verloren gegangen und bis dato (Januar 2009) nicht wieder aufgetaucht sind.

Kritik

„Der anläßlich des 25jährigen Firmenjubiläums der UFA entstandene, verschwenderisch gestaltete, tricktechnisch brillante, farbfreudige und hübsch ironische Film basiert auf einem Drehbuch, das Erich Kästner als politisch Verfemter unter Pseudonym ablieferte. Kästner verband die einzelnen Episoden durch eine Lebensphilosophie, die das einfache Erleben des Abenteuers zu einer Weltanschauung erhebt. Dominierend bleibt aber die Phantastik der Geschichte selbst. Eine famose Schmunzelkomödie.[5]

Lexikon des Internationalen Films

Auszeichnungen

Der Film wurde von der Filmprüfstelle mit den Prädikaten „Künstlerisch besonders wertvoll“ und „volkstümlich wertvoll“ ausgezeichnet.

Einzelnachweise

  1. Gottfried August Bürger, Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen : [Wie er dieselben bey der Flasche im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegt.] Mit e. Anh. älterer Lügendichtungen. Hrsg. von Irene Ruttmann. Nachdr. d. 2. Ausg. London 1788, Reclam Stuttgart 1969
  2. Heinrich Detering, Politischer Tabubruch und politische Camouflage in Erich Kästners Münchhausen-Drehbuch (1942). in Tabu und Tabubruch in Literatur und Film. Würzburg 2007, ISBN 3826033418, S.56
  3. „Vertrauliche Presse-Informationen“, auf Karteikarten periodisch herausgegeben vom Dr. Ernst Dröscher Verlag, Karte Nr. 751 mit Datumsangabe 5. Januar 1943 (Exponat im Deutschen Zeitungsmuseum Wadgassen)
  4. Klaus Kreimeier: Die Ufa-Story. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1992, ISBN 3-446-15214-8.
  5. http://www.filmevona-z.de/filmsuche.cfm?wert=16064&sucheNach=titel

Weblinks


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