Eduard von Winterstein

Eduard von Winterstein
Eduard von Winterstein (Mitte) als Nathan der Weise, 1960
Berliner Gedenktafel am Haus Hafersteig 38, in Berlin-Biesdorf

Eduard von Winterstein (* 1. August 1871 in Wien; † 22. Juli 1961 in Berlin, eigentlich: Eduard Clemens Franz Freiherr von Wangenheim) war ein deutscher Film- und Theaterschauspieler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach Schauspielunterricht bei Max Reinhardt (er galt als „Max Reinhardts Getreuester“) und Luise Dub kam Winterstein 1889 nach Gera zur Bühne, wo er laut seiner 1942 veröffentlichten Jugenderinnerungen einen „unverdient Vergessenen“ erleben durfte, den Schauspieler Theodor Lobe.[1] Zur Eröffnung des Theaters in Annaberg am 2. April 1893 spielte er dort die Titelrolle im Egmont. „Ich war in Annaberg wie neu geboren, war ein ganz anderer Mensch geworden. In diesem kleinen Städtchen war ich erst wirklich zum Schauspieler geworden. (...) So wurde die Annaberger Zeit eine der schönsten in meinem Beruf.“ schreibt er in seiner Autobiographie. An diesem Theater lernte er auch die Schauspielerin Minna Mengers kennen, die er 1894 auf der Wartburg heiratete (gemeinsamer Sohn: der Schauspieler Gustav von Wangenheim, 1895-1975). Das Theater in Annaberg-Buchholz trägt heute den Namen Eduard-von-Winterstein-Theater.

Seit 1895 spielte er am Schillertheater, später am Deutschen Theater in Berlin. Bei seinem Umzug begeisterte sich Winterstein für seine Wahlheimat mit folgenden Worten:[2]

„Berlin! Das war in jener Zeit viel mehr als heute das heiß ersehnte Paradies, nach dem jeder deutsche Schauspieler mit allen Kräften strebte. [...] Hier in der Millionenstadt blühte ein reges Theaterleben auf. Der Theateralmanach von 1895 nennt für Berlin vierundzwanzig Theater. [...] Ich hatte mit meiner Familie vorläufig Unterkunft bei Verwandten in der Großbeerenstraße gefunden. [...] Ich war glücklich, daß ich gerade in Berlin in dieser Rolle (als Tellheim in Minna von Barnhelm) debütieren sollte.“

Ab 1913 übernahm Winterstein auch Filmrollen, in denen der stämmige Schauspieler bald zur Idealbesetzung von energischen Respektspersonen wie Generälen, Richtern, Gutsherrn und Direktoren wurde. Anders als beim Theater beschränkten sich Wintersteins Auftritte im Film jedoch meist auf wenige Szenen.[3] Er spielte in über 160 Filmen und besprach diverse Sprechplatten, darunter auch noch im hohen Alter die Ringerzählung aus Nathan der Weise für das DDR-Schallplattenlabel Eterna.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Winterstein zum Ensemble des Deutschen Theaters. Dort spielte er annähernd vierhundert Mal die Rolle des Nathan.

Zur Existenz in der DDR hat Winterstein sich bewusst entschieden, ein Umstand, den die DDR-Kulturpolitik sich zunutze machte. Nach seinem Tod widmete das Neue Deutschland ihm eine Sonderseite, auf der auch ein Text Wintersteins (Wahl des Besseren) abgedruckt war. Dessen Schlusspassage lautet:

„Ich habe viel Wandlungen erlebt: unter drei Kaisern, dem ersten Weltkrieg, der Pseudodemokratie des zweiten Reiches, der Weimarer Republik, den fürchterlichen zwölf Jahren des Nationalsozialismus und den durch ihn hervorgerufenen völligen Zusammenbruch des Deutschen Reiches, bis ich mich aufatmend aus freiem Entschluß und Willen dem neuen fortschrittlichen Geist anschloß und mich jetzt mit Stolz einen Bürger der Deutschen Demokratischen Republik nenne und dies aus Einsicht, Gründen, Wahl des Besseren.[4]

Welchen Anteil Winterstein selbst an diesem Text hatte, ist nicht klar.

Winterstein ist in der Familiengrabstätte auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde bestattet.

Bedeutung

Winterstein hat insgesamt länger als siebzig Jahre als Schauspieler auf der Bühne gestanden. Sein Wirken ist mit der deutschen Theatergeschichte des 20. Jahrhunderts und insbesondere der Geschichte des Deutschen Theaters in Berlin eng verbunden. Seine größten Verdienste hat er sich als Darsteller von Rollen aus Theaterstücken Lessings erworben.

Winterstein steht für das von Max Reinhardt und Otto Brahm vertretene Konzept einer realistischen Theaterkunst.

Filmografie (Auswahl)

Die Familiengrabstätte in Berlin
Die Familiengrabstätte in Berlin

Ehrungen

Literatur

  • Gotthard B. Schicker: Eduard von Winterstein - Annabergs erster Egmont in Dicknischl - Erzgebirgsleute von damals und heute, Druck- und Verlagsgesellschaft Marienberg mbH 2008, S. 67-75, ISBN 978-3-931770-76-1

Einzelnachweise

  1. Frank Andert: Im Archiv gestöbert: Von Ratibor nach Radebeul – Theodor Lobe. In: Vorschau & Rückblick; Monatsheft für Radebeul und Umgebung. Radebeuler Monatshefte e.V., März 2008, abgerufen am 4. November 2011.
  2. Eduard von Winterstein: Mein Leben und meine Zeit, Berlin 1951; zitiert in Neue Berliner Illustrierte von 1970 in der Serie Das war und ist Berlin
  3. Thomas Kramer, in: Reclams Lexikon des deutschen Films, 1995
  4. Neues Deutschland. Ausgabe Nr. 203 vom 25. Juli 1961, Seite 4.

Weblinks

 Commons: Eduard von Winterstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eduard von Winterstein — Pour les articles homonymes, voir Winterstein. Eduard von Winterstein …   Wikipédia en Français

  • Eduard-von-Winterstein-Theater — Eduard von Winterstein Theater …   Deutsch Wikipedia

  • Winterstein, Eduard von — (Eduard, Baron von Wangenheim, 1871 1961)    Actor. In an extraordinarily long and distinguished career, Winterstein worked with the most significant of 20th century German theater artists. He began performing with touring troupes, moving up to… …   Historical dictionary of German Theatre

  • Winterstein — bezeichnet Orte: den Ortsteil der Gemeinde Emsetal im Landkreis Gotha in Thüringen, siehe Winterstein (Emsetal) den Ortsteil der Gemeinde Simmelsdorf im Landkreis Nürnberger Land in Bayern Berge: einen Berg im Taunus, siehe Steinkopf Berg (468 m) …   Deutsch Wikipedia

  • Winterstein — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Patronymie Antonio Winterstein (1988 ) est un joueur de rugby à XIII néo zélandais. Eduard von Winterstein (1871 1961) est un acteur de théâtre et de… …   Wikipédia en Français

  • Winterstein — Wịnterstein,   Eduard von, eigentlich E. von Wạngenheim, Schauspieler, * Wien 1. 8. 1871, ✝ Berlin (Ost) 22. 7. 1961; Vater von G. von Wangenheim; wirkte ab 1895 als Charakterdarsteller u. a. am Deutschen Theater Berlin (unter M. Reinhardt), am …   Universal-Lexikon

  • Arzen von Cserepy — Arzén von Cserépy (* 17. Juli 1881 in Budapest; † 1946 in Budapest oder März 1958 in den USA) war ein ungarischer Filmregisseur und Filmproduzent. Cserépy stammte aus der Autobranche[1] und war seit Anfang der 1910er Jahre im Filmgeschäft tätig.… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Mitgliedern des Adelsgeschlechtes von Wangenheim — Diese Tabelle enthält bekannte und weniger bekannte Mitglieder des Adelsgeschlechtes von Wangenheim. Bei einigen Personen sind die Geburts und Sterbedaten (noch) nicht bekannt. Name Geboren Geboren in Gestorben Gestorben in Anmerkungen Bild… …   Deutsch Wikipedia

  • Arzén von Cserépy — (* 17. Juli 1881 in Budapest, Österreich Ungarn; † 1946 in Budapest, Ungarn oder März 1958, Vereinigte Staaten) war ein ungarischer Filmregisseur und Filmproduzent. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Filmografie …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Kriegsfilmen — Es ist teilweise umstritten, welche Spielfilme als „Kriegsfilme“ gelten können. Wie im Hauptartikel Kriegsfilm dargelegt, gibt es die Auffassung, nur die Thematisierung moderner Kriege rechtfertige das Etikett „Kriegsfilm“. Hiervon abweichend… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”