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Das Römische Militärlager oder Kastell war ein wichtiges Element des römischen Heerwesens.
Castrum, (lat.: befestigter Ort, meist als Pluralwort castra gebräuchlich) bezeichnet ein Stand- oder Feldlager. Castellum ist die Verkleinerungsform. Entlang der Grenzen (= Limites) des römischen Reiches sind viele Legionslager bekannt. Zahlreiche Städtegründungen gehen auf ehemalige römische Militärlager zurück.
Je nach Größe der Truppe wurden unterschiedliche Typen von Lagern errichtet. Alle Lagertypen basieren aber auf demselben Grundprinzip.
Inhaltsverzeichnis
Legionslager
Man muss bei den Legionslagern zwischen dem Marschlager und dem festen Lager unterscheiden.
Grundformen
Die römischen Legionslager waren stets nach dem gleichen Schema angelegt, nämlich rechteckig, mit zwei Hauptstraßen, der via principalis (3) und der via praetoria (2) in rechtem Winkel zueinander.
An den Enden der Straßen befanden sich Tore:
- porta praetoria, das Haupttor (5)
- porta decumana, das Hintertor (7)
- porta principalis dextra (rechtes Tor der via principalis) (4)
- porta principalis sinistra (linkes Tor der via principalis) (6)
Am Kreuzungspunkt der beiden Hauptstraßen, genannt locus gromae, nach dem Vermessungsinstrument groma, mit dem das Lager vermessen wurde, lag das Forum, der Versammlungsplatz und die principia (1), das Stabsgebäude. Meist leicht seitlich versetzt davon befand sich das praetorium, das Wohnhaus des Kommandeurs. Zwischen Wall und Unterkünften befand sich ein freier Raum, der zum einen die Unterkünfte vor Beschuss schützte und zum anderen als Verkehrsfläche diente (via sagularis).
Bei größeren Lagern mit sechs Toren wurde eine weitere Hauptstraße zwischen diesen Toren freigehalten, die via quintana. Alle weiteren Straßen wurden viae vicinariae genannt.
Von der rechteckigen Form wurde bei der Errichtung von Steinlagern abgewichen, um Geländeformationen auszunutzen. Insbesondere in der Spätantike wurden die Befestigungen stark ausgebaut, dazu wurden bevorzugt natürliche Höhen ausgenutzt.
Je nach Größe des Verbandes waren noch Lazarett, Magazine, Stallungen, Werkstätten, Thermen und Verwaltungsgebäude in den Lagern untergebracht.
Marschlager
Außerhalb befriedeter Provinzen wurde jede Nacht ein Marschlager errichtet. Dieses war stets rechteckig mit abgerundeten Ecken. Hierzu wurde zunächst das Lager vermessen, danach ein Graben (fossa) von ca. 1 m Tiefe ausgehoben und die Erde nach innen aufgeschichtet, auf die Krone dieses ca. 60 cm hohen Erdwalls wurden die pila muralia, die jede Gruppe (contubernium) mitführte, befestigt und mit Seilen verbunden, so dass eine ca. 100–120 cm hohe Palisade entstand. Die Außenseite des Walls wurde nach Möglichkeit durch Rasenziegel abgedeckt.
Die Größenangaben sind nur Durchschnittswerte, die tatsächlichen Werte hingen sehr von der Bodenbeschaffenheit und der zur Verfügung stehenden Zeit und Mannschaft ab. Je größer das Lager, desto kleiner die auf jeden Legionär entfallende Schanzarbeit; so musste bei der Errichtung eines Doppellegionslagers jeder Soldat ca. 25 cm Graben und Wall schanzen, bei einem Kohortenlager bereits ca. 1,20 m und im Falle eines Centurionenkastells bereits über 2 m. Natürlich schanzte nicht jeder Soldat, ein Teil schanzte, der Rest arbeitete an der Errichtung der Zelte bzw. Gebäude.
Stand genügend Zeit zur Verfügung, so wurde erheblich stärker geschanzt, und so konnte der Graben, auch derjenige eines Marschlagers, eine Tiefe von 3 m und eine Breite von bis zu 7 m erreichen. Der Wall wurde entsprechend auf eine Höhe von 2–3 m aufgeschüttet.
Bei einem Marschlager waren die Tore einfache Unterbrechungen im Wall, die von vorgesetzten Wällen geschützt wurden, diese vorgesetzten Wallstücke konnten auch mehrfach gestaffelt sein und auch auf der Innenseite des Hauptwalls ergänzt werden. Wurde das Lager permanent genutzt, so wurden richtige Torflügel, die von Türmen geschützt wurden, errichtet, auch wurde dann die Palisade durchgängig aus Holz errichtet und die Wallkrone zu einem echten Wehrgang ausgebaut.
Standlager
Das Standlager wurde für den dauerhaften Gebrauch errichtet, und somit fand wesentlich mehr Stein Verwendung, auch wurde Wert auf repräsentative Gestaltung der Stabsgebäude gelegt. Die Marschlager der Legionslager dienten als Modell für die Kastelle der am Limes eingesetzten Einheiten im allerdings stark verkleinerten Maßstab. Ihre grundsätzliche Gliederung entspricht der oben bereits erläuterten Bauweise.
Einrichtungen in einem Legionslager
Stabsgebäude (Principia)
Die Stabsgebäude beim Forum wurden grundsätzlich in Stein errichtet, neben dem Stab mit Schreibstuben (tabularia) und den Diensträumen des Kommandeurs befand sich das Fahnenheiligtum (aedes) in dem der Legionsadler aufbewahrt wurde sowie die Waffenkammer (armamentaria). Im Keller wurde die Legionskasse gelagert. Die beiden Hauptstraßen des Lagers bildeten hier ihren Schnittpunkt, die via praetoria führte direkt zum Eingang des Gebäudes. In der großen Halle (basilica) wurden bei schlechtem Wetter Appelle und Übungen abgehalten. Bei einem Doppellegionslager wurden zwei Heiligtümer gebaut. Seitlich versetzt neben den Amtsgebäuden befanden sich die Wohngebäude des Kommandeurs und des Stabes.
Wohnhaus des Kommandanten (Praetorium)
Das Praetorium war meist mit allem Luxus eines Stadthauses der römischen Oberschicht – aus der sich die Kommandanten rekrutierten – ausgestattet. Lieferungen von Luxusgütern aus der Umgebung aber auch aus dem ganzen Reich ermöglichten ein Leben wie in Rom.
Lagerleben
Truppenunterkunft
In den Unterkünften wurde die organisatorische Gliederung der Legion beibehalten. Jede Gruppe (contubernium, Zeltgemeinschaft) hatte einen Schlafraum, der über eine Feuerstelle verfügte und einen Vorraum für die Ausrüstung und evtl. vorhandenes unfreies Personal. Teilweise befand sich vor diesen zwei Räumen noch ein Laubengang. Die zehn Räume der Centurie waren in einer Reihe angeordnet. Am Kopfende befand sich die Unterkunft des Centurios, des Optios und der weiteren Dienstgrade. Das Platzverhältnis von einfachen Soldaten zu Centurio betrug dabei ca. 1:10–1:12.
Versorgung
Ein Standlager der Legion umfasste neben den obigen Gebäuden noch Stallungen, Lazarett (Valetudinarium), Thermen und Latrinen, Werkstätten, Magazine. Dabei wurden Lebensmittel für bis zu zwei Jahre in den Magazinen des Lagers bevorratet. (bspw. in Novaesium, dem heutigen Neuss) Diese Magazine waren sehr sorgfältig ausgeführt, die Getreidespeicher (Horreum) wurden auf Pfeilern erbaut und besaßen so eine Belüftung vom Boden her und durchgehende Gaden im Dach. Gelagerte Waren blieben so lange trocken und verdarben nicht.
Neben den Metallwerkstätten gab es teilweise regelrechte Bauhöfe im oder am Lager, da die Legion auch für viele Bauaufgaben in ihrem Bereich zuständig war. So tragen sehr viele Ziegel, auch außerhalb militärischer Bauten, Legionsstempel.
Lagerumfeld
Siedlungen
Um ein Standlager bildete sich rasch eine Siedlung (Vicus) von zivilem Begleitpersonal der Legion, welches von Werkstätten, Händlern, Wirtschaften bis zu den Lebensgefährtinnen und Familien der offiziell unverheirateten Legionäre reichte.
Diese Siedlung (canabae) bildete zusammen mit dem eigentlichen Lager die Keimzelle zur Romanisierung der jeweiligen Provinz, wobei die Romanisierung in unmittelbarer Grenznähe, durch die größere Zahl von Militärlagern, meist stärker oder schneller war als im Hinterland. Teilweise bildete sich, etwa bei den Batavern am Niederrhein eine eigene Militärkaste heraus, die mehrere Jahrhunderte lang die jeweilige Legion oder auch das gesamte Heer ergänzte.
Begräbnisplätze
Weiterhin befand sich auch der Friedhof außerhalb des Lagers. Eine der größten Gräberstätten dieser Art wurde beim Kastell Gelduba entdeckt.
Weitere Lagertypen
Unter den kleineren Lagertypen finden sich auch die Auxiliarkastelle. Das bedeutet, dass hier Auxiliartruppen zur Besetzung zählten.
Numeruskastelle
Bei einer Größe von 6.000–8.000 m² kamen hier etwa 150 Mann der Aufklärungseinheiten (Numeri) unter. Principia, Kommandantenwohnhaus, Mannschaftsunterkünfte fanden sich hier meist in der gleichen Lage wie beim Legionslager.
Kohortenkastelle
Hier fand eine Kohorte entweder als cohors quingeniaria peditata (Infanteriekohorte) mit etwa 480 Mann, als cohors quingenaria equitata (teilberittene Infanteriekohorte) mit rund 500 bis 800 Mann, als cohors milliaria peditata (doppelte Infanteriekohorte) mit rund 1.000 („mille“) Mann oder als cohors milliaria equitata (doppelte teilberittene Infanteriekohorte) mit über 1.000 Mann Besatzung auf je nach Bedürfnissen etwa 15.000–40.000 m² Platz.
Alenkastelle
Die Reitertruppen der Alen bestanden entweder als ala quingenaria aus knapp 500 oder als ala milliaria (doppelte Ala) aus bis zu 1.000 Mann. Mit dem nötigen Platz für die Pferde wurden Lagergrößen bis zu 60.000 m² erreicht.
Kleinkastelle
Kleinkastelle hatten oft nur eine Größe von 300 m². Die Besatzungsstärke schwankte zwischen 12 und 80 Mann. In der Urform gab es nur ein Tor und einen Graben. Der Innenausbau war entweder U-förmig angeordnet, oder bei zwei gegenüberliegenden Toren lagen die Mannschaftsbaracken links und rechts der Straße. Oft waren nicht militärische Gründe für die Anlage solcher Kleinkastelle, sondern eine Kontrollfunktion des Menschen- und Warenverkehrs an Eintrittsstellen in das Limesgebiet ausschlaggebend.
Etymologie
Die Worte castrum und die Verkleinerungsform castellum lassen sich auf das auf das lateinische Verb castrare, deutsch beschneiden, kastrieren zurückführen, bzw. auf das indogermanische *kes nach Julius Pokorny [1]. Gemeint könnte damit sein, dass ein Stück Land ausgeschnitten und für militärische Zwecke reserviert wird.
Entwicklung zu Städten
Aus römischen Lagern und ihren vici entstanden oftmals heute bedeutende Städte, wobei durchaus auch auf einheimische Siedlungsstandorte zurückgegriffen wurde. Beispiele:
Römischer Name Späterer Name Land Castrum Apulum Alba Iulia (Weißenburg) Rumänien Augusta Vindelicorum Augsburg Deutschland Augusta Raurica Kaiseraugst Schweiz Castra Bonnensia Bonn Deutschland Aquincum Budapest Ungarn Arrabona Györ Ungarn Castellum apud Confluentes Koblenz Deutschland Castra Mogontiacum Mainz Deutschland Castra Novaesium Neuss Deutschland Castra Batava / Boiotro Passau Deutschland Castra Regina Regensburg Deutschland Castra Rigomagus Remagen Deutschland Castra Argentorate Straßburg Frankreich Castra Ulcisia Szentendre Ungarn Castra Biriciana Weißenburg in Bayern Deutschland Aquae Mattiacorum Wiesbaden Deutschland Castra Veldidena Wilten, heute Stadtteil von Innsbruck Österreich Vindobona Wien Österreich Vindonissa Windisch AG Schweiz Lauriacum Enns/OÖ Österreich Favianis Mautern/NÖ Österreich Carnuntum Bad Deutsch Altenburg Österreich Civitas Vangionum / Borbetomagus Worms Deutschland Colonia Ulpia Traiana Xanten Deutschland Eboracum York Großbritannien Römische Kastelle in der Spätantike
Im Verlauf des 3. Jahrhunderts vollzogen sich im Römischen Reich zahlreiche Veränderungen, die auch das Militär betrafen. Aufgrund des verstärkten Drucks, dem sich Rom im Norden und Osten (vgl. Sassaniden) ausgesetzt sah, wurde die Grenzverteidigung reformiert. Viele der älteren limites wurden aufgegeben, und man zog sich an leichter zu verteidigende Grenzen, besonders Flüsse, zurück.
Spätestens um 300 entstand daher ein neuer Kastelltyp, der nicht mehr viel mit denen der frühen und hohen Kaiserzeit gemein hatte. Die neuen Festungen dienten weniger als Standlager, sondern sie waren stark befestigt und ähnelten oft bereits mittelalterlichen Burgen, mit sehr viel dickeren Mauern als früher und einem nicht mehr standardisierten Grundriss. Dieser Typ entstand zuerst im römischen Orient und verbreitete sich dann im ganzen Imperium; er blieb bis ins 6. Jahrhundert üblich: Große Festungsbauprogramme führten vor allem die Kaiser Diokletian, Valentinian I. (am Rhein) und Justinian I. (untere Donau) durch.
Siehe auch
Einzelnachweise
Literatur
- Anne Johnson: Römische Kastelle des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. in Britannien und in den germanischen Provinzen des Römerreiches. Zabern, Mainz 1987. ISBN 3-8053-0868-X
- Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus. Zabern, Mainz 1986.
- Harald von Petrikovits: Die Innenbauten römischer Legionslager während der Prinzipatszeit (Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften Band 56), Westdeutscher Verlag, Opladen 1975, ISBN 3-531-09056-9.
Weblinks
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