Tag der Arbeit

Tag der Arbeit
Fahne einer Demonstration für einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland bei der DGB-Kundgebung am 1. Mai 2009 auf dem Lübecker Markt

Der Erste Mai wird auch als Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung bezeichnet. Er ist gesetzlicher Feiertag in Deutschland, Österreich, Teilen der Schweiz und vielen weiteren Staaten, wie zum Beispiel Italien, Russland, VR China, Griechenland, Frankreich, Schweden, Finnland, Türkei, Mexiko, Thailand, Nordkorea, Portugal und Brasilien[1].

Inhaltsverzeichnis

Haymarket Affair

Hauptartikel: Haymarket Riot

Dieser Schnitt von 1886 war die meistverbreitete Illustration der Haymarket-Affäre. Er zeigt fälschlicherweise Fieldens Ansprache, die Bombenexplosion und die Straßenschlacht gleichzeitig stattfindend.[2]
Die sieben zum Tode verurteilten Anarchisten. Der nicht abgebildete Achte wurde zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Anfang 1886 rief die nordamerikanische Arbeiterbewegung zur Durchsetzung des Achtstundentags zum Generalstreik am 1. Mai auf – in Anlehnung an die Massendemonstration am 1. Mai 1856 in Australien, welche ebenfalls den Achtstundentag forderte. Der 1. Mai war traditionell auch der sogenannte moving day, an dem öfter Wechsel im Beruf oder Wohnort durchgeführt wurden.[3] Es kam darauf zu Massenstreiks und Demonstrationen in den Industrieregionen. Am Abend des 1. Mai 1886 fand eine Arbeiterversammlung auf dem Haymarket in Chicago statt, deren Redner der Chefredakteur und Herausgeber der sozialistischen Arbeiter-Zeitung August Spies war. Einer der Gründe der Versammlung war, dass die Gewerkschaft drei Wochen zuvor ihren ersten großen Sieg in Chicago hatte verbuchen können. In einer Fabrik für landwirtschaftliche Geräte hatte sich die Mehrheit der Arbeiter gegen die Betriebsleitung solidarisch erklärt und mit Streik gedroht, wegen der unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Fabrik und dem 12-Stunden-Tag bei einem Durchschnitts-Tagesverdienst von 3 US$ (Zeitwert: Für 3 US$ bekam man im Jahr 1886 in einem Restaurant ein mageres Abendessen). Die Folge waren Massenaussperrungen und die nun 800 bis 1000 freien Stellen sollten mit neuen Einwanderern, die in solchen Fällen vor der Fabrikpforte Schlange standen, besetzt werden. Durch die Kampagnen der Arbeiter-Zeitung hatten sich jedoch nur 300 neue Arbeiter gemeldet, was als erster großer Sieg der Gewerkschaft gewertet werden kann. Nach der Haymarketversammlung – Ursprung des Arbeiterklassenbewusstseins – folgte ein mehrtägiger Streik in Chicago und führte zunächst am 3. Mai zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und der Polizei, wobei zwei Demonstranten getötet wurden. Bei einer Protestkundgebung am darauf folgenden Tag eskalierte die Gewalt. Nach der Stürmung der friedlichen Versammlung durch die Polizei warf ein Unbekannter eine Bombe, die einen Polizisten sofort tötete und zahlreiche Polizisten wie auch Demonstranten verletzte. Sechs weitere Polizisten starben an den Folgen des Bombenanschlags. Bei dem anschließenden Gefecht, das in die US-Geschichte als Haymarket Affair eingegangen ist, wurden mehr als 200 Arbeiter verletzt, die Zahl der Toten wird mit sieben Polizisten und schätzungsweise der dreifachen Anzahl auf Seiten der versammelten Arbeiter angegeben.[4]

Acht Anarchisten, die die Kundgebung organisiert hatten, wurden festgenommen und der Verschwörung angeklagt. Vier von ihnen, darunter der Chefredakteur und Herausgeber der Arbeiter-Zeitung Spies, wurden am Strang hingerichtet, einer beging in seiner Zelle Suizid. Die noch lebenden drei wurden sechs Jahre später begnadigt.

Auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationalen 1889 wurde zum Gedenken an die Opfer des Haymarket Riot der 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufen. Am 1. Mai 1890 wurde zum ersten Mal dieser „Protest- und Gedenktag“ mit Massenstreiks und Massendemonstrationen in der ganzen Welt begangen.

Gesetzlicher Feiertag in Deutschland

Der Versuch der Weimarer Nationalversammlung, am 15. April 1919 den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu bestimmen, endete bereits 1919: Für das Gesetz, das nur auf den 1. Mai 1919 beschränkt war, stimmten SPD, DDP und Teile des Zentrums. Während die bürgerliche Opposition (DNVP, DVP) sowie weite Teile des Zentrums die Einführung des Tages der Arbeit als Feiertag überhaupt ablehnten, ging der USPD das Gesetz nicht weit genug, sie forderte zusätzlich die Einführung des 9. Novembers als Revolutionsfeiertag. Der so genannte Blutmai (Berlin 1929) ließ die Widersprüche zwischen KPD und SPD deutlich werden.

Gesetzlicher Feiertag wurde der 1. Mai ab 1933 durch die Nationalsozialisten. Das Reichsgesetz vom 10. April 1933[5] benannte ihn als „Feiertag der nationalen Arbeit“. Im Jahr 1934 wurde der 1. Mai durch eine Gesetzesnovelle zum „Nationalen Feiertag“ erklärt.

In den sozialistischen Ländern wurde der 1. Mai als „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ begangen und auf die Traditionen der internationalen Arbeiterbewegung verwiesen. Die Teilnahme an den Demonstrationen, mit dem Vorbeimarsch an der Tribüne mit führenden Parteimitgliedern und anderen Ehrengästen, war für Betriebe und Schulen im Allgemeinen eine Pflichtveranstaltung. Symbol des 1. Mai ist die rote Mainelke.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 1. Mai 1946 durch den Alliierten Kontrollrat bestätigt. Maikundgebungen durften jedoch nur in beschränkter Form durchgeführt werden. Der 1. Mai ist in der Bundesrepublik Deutschland nach den Feiertagsgesetzen der Bundesländer ein gesetzlicher Feiertag.

Die amtliche Bezeichnung in Deutschland ist durch Gesetze der einzelnen Länder geregelt. In Nordrhein-Westfalen z. B. ist der 1. Mai offiziell Feiertag als „Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde“.

Seit den 1980er Jahren gab es neben den politischen organisierten Demonstrationen auch regelmäßig Ausschreitungen, vor allem im Zusammenhang mit der Demonstration zum 1. Mai in Kreuzberg (Berlin).

Darüber hinaus gibt es seit 2001 den internationalen EuroMayDay, dessen zentrales Anliegen ist, den verschiedenartigsten Formen von Prekarisierung in Arbeit und Leben einen Ausdruck zu geben, die durch die klassischen Institutionen der Arbeiterbewegung und der Linken nicht (mehr) organisiert werden.

Österreich

Auch in Österreich beiteiligte sich die Arbeiterschaft seit dem 1. Mai 1890 vor allem mit Ausflügen ins Grüne. Die neu gegründete Arbeiter-Zeitung schrieb dazu:

„Er ist sehr schön, der 1. Mai, und die Tausende von Bourgeois und Kleinbürgern werden es den Hunderttausenden von Proletariern gewiss gerne vergönnen, sich auch einmal das berühmte Erwachen der Natur, das alle Dichter preisen und wovon der Fabrikszwängling so wenig bemerkt, in der Nähe zu besehen.“

Victor Adler: Arbeiter-Zeitung[6]

Von der christlichen Arbeiterbewegung wurde im Jahr 1893 die erste Maikundgebung durchgeführt, nachdem sich 1891 die katholische Kirche in der Enzyklika Rerum Novarum über die Arbeiterfrage geäußert hat. Im Laufe der Jahre wurde der 1. Mai immer mehr zum arbeitsfreien Tag erklärt. So war im Jahr 1907 in 62 % der Kollektivverträge der Tag mit Arbeitsruhe verbunden.

In der Ersten Republik wurde der Tag im Jahr 1919 zum Staatsfeiertag erklärt. Die Maifeiern der Sozialdemokraten wurden allerdings im Jahr 1933 zur Zeit des Austrofaschismus durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß verboten.

In den Jahren des Nationalsozialismus war der 1. Mai der „Tag der deutschen Arbeit“ (auch: „Tag der Nationalen Arbeit“). Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer waren damals in der Deutschen Arbeitsfront zusammengefasst.

Nach Kriegsende wurde der 1. Mai wieder zum Staatsfeiertag erklärt, wobei des Wiederinkrafttretens der Verfassung von 1920 in der Fassung von 1929 am 1. Mai 1945 gedacht wird.

Katholischer Gedenktag

In Reaktion auf die vielfach sozialistisch ausgerichtete Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts wurde der 1. Mai von Papst Pius XII. (Amtszeit von 1939 bis 1958) zum Gedenktag Joseph des Arbeiters erklärt; der Ehemann Mariens und Nährvater Jesu war laut der Bibel als tektôn (Bauhandwerker) tätig und gilt traditionell als Patron der Arbeiter.

Der bayerische Herzog Maximilian I. erklärte Maria 1616 zur „Patrona Bavariae“ und führte den 14. Mai als Festtag für seine Herrschaft ein. Im Zuge der Revision des Heiligenkalenders nach dem Zweiten Vaticanum wurde es auf den 1. Mai vorverlegt; es wird noch immer in den Diözesen der Freisinger Bischofskonferenz (bayerische Diözesen) begangen.

International

Blockausgabe „100 Jahre Erster Mai“ (Sowjetunion 1989)
  • In Nordamerika heißt der Tag der Arbeit Labor Day (USA; in Kanada: Labour Day) und wird nicht im Mai, sondern am ersten Montag im September begangen.
  • In Finnland wird am 1. Mai Vappu gefeiert.
  • In Japan wird am 23. November ein gesetzlicher Feiertag begangen, der Arbeitsdanktag (勤労感謝の日, kinrô kansha no hi) heißt. Dieser Feiertag wurde im Jahr 1948 eingeführt. Er soll in der Bevölkerung ein allgemeines Gefühl der Dankbarkeit für die gegenseitig geleistete Arbeit sowie für die erreichten Produktionsleistungen wecken. Der Feiertag geht zurück auf den kaiserlichen Feiertag 新嘗祭 (niinamesai), der seit 1874 am selben Tag im Sinne eines Erntedankfestes gefeiert wurde. Vorgeschichte und Inhalt dieses Feiertages zeigen, dass er nicht mit dem Tag der Arbeit verwechselt werden darf. Dieser heißt auf Japanisch „mee dee“ (メーデー, May day). Der erste Maifeiertag fand in Japan im Jahr 1920 statt, und zwar am 2. Mai, einem Sonntag. Rund 10.000 Arbeiterinnen und Arbeiter versammelten sich an jenem Tag im Ueno-Park in Tokyo, um die Einführung des 8-Stunden-Tags zu fordern. In den folgenden Jahren fand der Maifeiertag dann jeweils am 1. Mai statt, vor dem Krieg zum letzten Mal im Jahr 1936. Der Maifeiertag lebte im Jahr 1946 wieder auf und wird seitdem jedes Jahr von den Gewerkschaften mit verschiedenen Aktivitäten begangen. Seit 2001 feiern allerdings verschiedene Gewerkschaften den Maifeiertag an unterschiedlichen Tagen, so etwa am 28. oder 29. April, oder wie gehabt am 1. Mai. Ein gesetzlicher Feiertag ist der 1. Mai in Japan nicht.
  • In der VR China wird der Tag der Arbeit ebenfalls am 1. Mai begangen, in Verbindung mit einer Woche Ferien.
  • In Vietnam heißt der Tag der Arbeit Ngày Quốc Tế Lao Động und wird auch am 1. Mai gefeiert.
  • In Frankreich heißt der Tag Fête du Travail (Fest der Arbeit) und ist gesetzlicher Feiertag. Es gibt den Brauch, Maiglöckchen als Symbol des Frühlings und als Glücksbringer zu verschenken.
  • In der Türkei heißt der Erste Mai Emek ve Dayanışma Günü (Tag der Arbeit und Solidarität).[7] Der 1. Mai wurde zum ersten Mal 1923 gefeiert. Dort hieß er 1 Mayıs İşçi Bayramı (1. Mai Arbeiterfeiertag). Nach dem Militärputsch von 1980 wurde der 1. Mai als Feiertag abgeschafft und erst im April 2009 als offizieller Feiertag wieder eingeführt. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu blutigen und tödlichen Konfrontationen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.
  • In der Schweiz wird der 1. Mai nur regional als Feiertag begangen:
    • In den Kantonen Baselland, Basel-Stadt, Jura und Zürich ist er als Tag der Arbeit ein gesetzlich anerkannter Feiertag, der den Sonntagen gleichgestellt ist.
    • In den Kantonen Schaffhausen, Thurgau und Tessin ist er als Tag der Arbeit ein gesetzlich anerkannter kantonaler Ruhetag.
    • Im Kanton Solothurn ist er ein gesetzlich anerkannter halber Feiertag (ab 12:00 Uhr).
    • Im Kanton Freiburg ist ab 12:00 Uhr für alle Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes arbeitsfrei, in der Regel handhaben es auch alle anderen Betriebe so.
    • Im Kanton Aargau ist er zwar nicht gesetzlich anerkannt, dennoch wird fast überall höchstens bis Mittag gearbeitet.
    • In den Gemeinden Hildisrieden (LU), Schüpfheim (LU) und Muotathal (SZ) wird der 1. Mai nicht als Tag der Arbeit begangen, er ist als Gedenktag des lokalen Schutzpatrons aber trotzdem ein gesetzlicher Feiertag. In den übrigen Teilen der Kantone Luzern und Schwyz ist der 1. Mai ein regulärer Arbeitstag.

Die größten Schweizer 1.-Mai-Feiern werden in der Stadt Zürich begangen. Das Zürcher 1.-Mai-Komitee organisiert am 1. Mai in Zusammenarbeit mit dem Gewerkschaftsbund die größte regelmäßig stattfindende Demonstration der Schweiz und ein grosses Volksfest. Das Fest dauert mehrere Tage und wird alljährlich von Zehntausenden besucht.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. pt:Dia_do_Trabalhador
  2. The Drama of Haymarket Chicago History Museum
  3. Geschichten rund um den 1. Mai auf Webservice der Stadt Wien; abgerufen am 4. Mai 2009
  4. Gabriel Kuhn: „Neuer Anarchismus“ in den USA, Unrast Verlag, 2008, ISBN 978-3-89771-474-8, S. 14 f.
  5. http://www.verfassungen.de/de/de33-45/feiertag33.htm
  6. Spaziergänge der Arbeiterschaft auf Webservice der Stadt Wien; abgerufen am 4. Mai 2009
  7. ULUSAL BAYRAM VE GENEL TATİLLER HAKKINDA KANUNDA DEĞİŞİKLİK YAPILMASINA DAİR KANUN – Kanun No. 5892. In: http://www.tbmm.gov.tr/. Große Nationalversammlung der Türkei, 22. April 2009, S. 1. Abgerufen am 25. April 2009. (Türkisch)


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