Tischtennisweltmeisterschaft 1936

Tischtennisweltmeisterschaft 1936

Die 10. Tischtennis-Weltmeisterschaft fand vom 12. bis 18. März 1936 in Prag (Tschechoslowakei) im Gesellschaftssaal „Luzern“ statt.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Erneut wurden die 14 teilnehmenden Herrenmannschaften in zwei Vorrunden-Gruppen aufgeteilt. Deutschland stellte wieder eine Herrenmannschaft, auch um angesichts der bevorstehenden Olympischen Spiele in Berlin sportlich zu werben.

Gleich in der ersten Runde verlor der amtierende Mannschaftsweltmeister Ungarn gegen Rumänien sensationell mit 5:0. Die Ursache suchten die Ungarn in den Tischen, die angeblich kurz vorher frisch gestrichen waren. Auf der nicht ganz getrockneten Farbe konnte man keine schnellen Bälle spielen. Damit kamen die Ungarn nicht zurecht.

Rumänien wurde nach weiteren Siegen Gruppenerster. Lediglich das letzte Spiel gegen Polen ging mit 0:5 verloren. Den Grundstein für den polnischen Sieg legte Aloizy „Alex“ Ehrlich: Gegen Farkas Paneth spielte er völlig defensiv und passiv die Bälle mit Unterschnitt zurück. Erst ungefähr nach zwei Stunden und zehn Minuten war der erste Ballwechsel beendet; durch einen glücklichen Netzroller führte Ehrlich 1:0 und gewann danach das Match. [1]. (ausführliche Beschreibung dieses Matches im Artikel Aloizy Ehrlich) Rumänien schenkte auch die restlichen Spiele kampflos, da es bereits als Gruppenerster feststand. Bereits vorher im Mannschaftskampf Frankreich gegen Rumänien stand das Spiel Vasile Goldberger-Marin (ROM) gegen Michel Haguenauer (F) im fünften Satz nach mehr als sieben Stunden 5:3 für Goldberger. Daraufhin wurde das Spiel abgebrochen und durch Münzwurf entschieden.

In der Parallelgruppe verlor die deutsche Mannschaft nur knapp gegen die Gastgeber Tschechoslowakei; auch die Zuschauer, die natürlich die Heimmannschaft anfeuerten, halfen der Tschechoslowakei. Die amerikanischen Spieler überraschten die übrigen Mannschaften mit einem sehr gefährlichen Aufschlag: Über dem Daumen trugen sie einen Gummiüberzug. Beim Aufschlag hielten sie den Ball zwischen Daumen und Zeigefinger und versetzten ihm beim Fallenlassen mit Hilfe des „Gummidaumens“ einen starken Drall. Dieser Aufschlag, der manchen starken Gegner in Verlegenheit brachte, war heftig umstritten, verhalf den Amerikanern aber zum 3. Platz in der Vorgruppe.

Das Endspiel bestritten Rumänien und Österreich. Auch hier zogen die Abwehrspieler durch passives Spiel die einzelnen Begegnungen sehr in die Länge. Nach mehreren Unterbrechungen und ca. zwölf Stunden Spielzeit gewann Österreich mit 5:4 und wurde Weltmeister. Ungarn belegte nur den 5. Platz.

Bei den Damen erreichte die deutsche Mannschaft zusammen mit den USA den 2. Platz. Auch in den Einzelwettbewerben sah man neue Sieger. Mit Stanislav Kolář aus der Tschechoslowakei siegte erstmals nach sechs Weltmeisterschaften ein Nicht-Ungar vor Alex Ehrlich. Bei den Damen siegte die Amerikanerin Ruth Hughes Aarons vor der deutschen Astrid Krebsbach.

Die langwierigen Kämpfe riefen die Funktionäre auf den Plan: Das Zeitspiel wurde 1937 eingeführt. Dauert ein Satz 15 Minuten, dann muss der aufschlagende Spieler spätestens nach 12 Ballwechseln gepunktet haben, andernfalls erhält der Gegner den Punkt. Ferner wurde die Höhe des Netzes auf 15,25 cm verringert. Diese Höhe ist noch heute gültig.

Wissenswertes

  • Über das oben beschriebene Marathonmatch Ehrlich gegen Paneth erzählt man sich weitere kuriose Einzelheiten. So habe Ehrlich mehrfach den Schläger von einer Hand in die andere gewechselt. Während des Ballwechsels spielte er noch eine Partie Schach, indem er einem Mitspieler seine Züge zurief. Zehn Schiedsrichter wurden verschlissen; sie mussten vor allem wegen Nackenschmerzen ausgewechselt werden [1].
  • Alex Ehrlich war ein polnischer Jude. Er verbrachte vier Jahre in Auschwitz und entging der Gaskammer deshalb, weil die Nazis ihn als Tischtennisspieler der Weltklasse erkannten.
  • Ruth Hughes Aarons gewann das Dameneinzel. Bis heute (2003) ist es das einzige Mal, dass ein Einzeltitel von den USA gewonnen wurde.
  • Die USA stellten ihren Spitzenspieler Sol Schiff nicht auf, weil er einen Vertrag mit der Firma Parker Brothers abgeschlossen hatte.

Ergebnisse

Wettbewerb Rang Sieger
Mannschaft Herren 1. Österreich (Richard Bergmann, Helmut Goebel, Hans Hartinger, Erwin Kohn, Alfred Liebster, Heinrich Nitschmann)
2. Rumänien (Marin Goldberger, Farkas Paneth, Pitu Pop, Viktor Vladone, Erwin Diamandstain)
3. Polen (Shimcha Finkelstein, Jeziersky, Samuel Schieff, Aloizy Ehrlich, Loewenhertz, Simon Pohoryles)
3. Tschechoslowakei (Stanislav Kolář, Václav Tereba, Bohumil Vana, Miloslav Hamer[2])
5. Ungarn (Miklós Szabados, László Bellák, Tibor Házi, István Kelen, Victor Barna)[3]
11. Deutschland (Helmut Ulrich, Erich Deisler, Dieter Mauritz, Georg Kutz)
Mannschaft Damen 1. Tschechoslowakei (Marie Kettnerová, Gertrude Kleinová, Marie Šmídová-Masáková, Věra Votrubcová)
2. Deutschland (Anita Felguth, Astrid Krebsbach, Hilde Bussmann, Annemarie Schulz)
3. USA (Corinne Migneco, Jessie Purves, Ruth Hughes Aarons)
4. Österreich (Gertrude Pritzi, Von Benes, Gertrude Wildam)
Herren Einzel 1. Stanislav Kolář – TCH
2. Aloizy Ehrlich – POL
3. Richard Bergmann – AUT
3. Ferenc Soós – HUN
Damen Einzel 1. Ruth Hughes Aarons – USA
2. Astrid Krebsbach – GER
3. Marie Kettnerová – TCH
3. Marie Šmídová-Masáková – TCH
Herren Doppel 1. Robert Blattner/James McClure – USA
2. Stanislav Kolář/J. Okter Petricek – TCH
3. Tibor Házi/Ferenc Soós – HUN
3. Adolf Slar/Karel Fleischner – TCH
Damen Doppel 1. Marie Kettnerová/Marie Šmídová-Masáková – TCH
2. Vlasta Depetrisová/Věra Votrubcová – TCH
3. Ruth Hughes Aarons/Jessie Purves – USA
3. Magda Gál/Maria Mednyanszky – HUN
Mixed 1. Miloslav Hamer[2]/Gertrude Kleinová – TCH
2. István Kelen/Maria Mednyanszky – HUN
3. Stanislav Kolář/Marie Šmídová-Masáková – TCH
3. Helmut Ulrich/Annemarie Schulz – GER

Weblinks

Referenzen

  1. a b Zeitschrift DTS, 1974/13 S.17
  2. a b Oft - auch in der ITTF-Datenbank - wird der Name mit "Hamr" angegeben. In tschechischen Quellen findet sich aber die Schreibweise "Hamer": Filmdatenbank, Pingpong
  3. (abgerufen am 29. Juli 2010) - das ITTF-Archiv führt Ungarn auf Platz drei

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