Windschlüpfigkeit

Windschlüpfigkeit

Der Strömungswiderstandskoeffizient oder Cw-Wert (nach dem üblichen Formelzeichen cw) ist ein dimensionsloses Maß (Koeffizient) für den Strömungswiderstand eines von einem Fluid umströmten Körpers.

Umgangssprachlich ausgedrückt, ist der Cw-Wert ein Maß für die „Windschlüpfrigkeit“ eines Körpers. Er gibt jedoch erst mit der zusätzlichen Kenntnis von Geschwindigkeit, Frontfläche und Dichte des Fluids (z. B. der Luft) den tatsächlichlichen Strömungswiderstand an.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Der Strömungswiderstandskoeffizient ist durch

C_w = \frac{F_W}{q\cdot A} = \frac{F_W}{\frac{\rho}{2}v^2\cdot A}

definiert. Hierbei wird die Widerstandskraft FW auf den dynamischen Druck der Anströmung q und eine Referenzfläche A normiert. Ferner bilden ρ die Dichte und v die Geschwindigkeit der Anströmung. Die Referenzfläche ist definitionsabhängig. Üblicherweise ist sie gleich der Stirnfläche des angeströmten Körpers. In der Flugzeugaerodynamik wird jedoch die Flügelfläche als Referenz herangezogen. Daher eignen sich zum direkten Vergleich der tatsächlichen Widerstandskraft von auftriebserzeugenden Bauteilen sogenannte „Widerstandsflächen“: f_w = C_w \cdot A.

Andere Bezeichnungen für den Strömungswiderstandskoeffizient lauten (Luft-)Widerstandsbeiwert, -koeffizient oder Stirnwiderstand. Das Formelzeichen Cw (mit w für Widerstand) ist nur im deutschen Sprachraum üblich; im Englischen wird der drag coefficient als Cd oder Cx notiert.

Der Strömungswiderstandskoeffizient ist für viele Körper über große Bereiche der Reynolds-Zahl (Geschwindigkeit, Fluiddichte, Viskosität) weitgehend konstant; bei einigen Körpern, bei kleiner Reynolds-Zahl oder im Transschall kann er stark von den typischen Werten abweichen. Für eine glatte Kugel (bei hoher Reynolds-Zahl) etwa variiert der Strömungswiderstandskoeffizient zwischen 0,1 und 0,45. In der Nähe der Schallgeschwindigkeit steigt er auf ein Mehrfaches an und sinkt bei sehr hohen Machzahlen auf etwa den doppelten Unterschall-Cw-Wert.

Ermittlung

Der Strömungswiderstandskoeffizient wird üblicherweise im Windkanal ermittelt. Der Körper steht dabei auf einer Platte, die mit Kraftsensoren ausgestattet ist. Die Kraft in Richtung der Anströmung wird gemessen. Aus dieser Widerstandskraft FW und den bekannten Größen wie Luftdichte und Stirnfläche wird der Strömungswiderstandskoeffizient bei gegebener Anströmgeschwindigkeit errechnet. Neben der experimentellen Ermittlung kann der Widerstand je nach Komplexität der Modellform und verfügbarer Rechnerkapazität auch numerisch über die Integration der Verteilung von Reibungs- und Druckbeiwert über die Modelloberfläche berechnet werden.

Anwendung

Aus dem Strömungswiderstandskoeffizienten wird die Widerstandskraft FW wie folgt berechnet:

F_W = \frac{1}{2} \cdot \rho \cdot C_w \cdot A \cdot v^2

Der Strömungswiderstand hängt somit ab von

  • der Dichte des strömenden Fluids ρ (vergleiche Luftdichte),
  • der Referenzfläche A
  • der Strömungsgeschwindigkeit v und
  • dem Strömungswiderstandskoeffizienten Cw.

Der Luftwiderstand ist somit jeweils proportional zum Strömungswiderstandskoeffizient, zur projizierten Frontfläche und zum Quadrat der Geschwindigkeit. Die erforderliche Antriebsleistung ist wegen P = F•v sogar proportional zur dritten Potenz der Geschwindigkeit. Daher hat die Wahl der Geschwindigkeit bei Kraftfahrzeugen neben den anderen beiden Faktoren besondere Auswirkung auf den Treibstoffverbrauch.

Der Luftwiderstand ist ausschlaggebend für die Abweichung der tatsächlichen ballistischen Kurve von der idealisierten Wurfparabel.

Beispiele

Typische cw-Werte von Querschnittsformen

Wert Form
1,33 Halbkugelschale, konkave Seite, Fallschirm
1,1 Scheibe, Wand
0,8 Lkw
0,78 Mensch, stehend
0,7 Motorrad, unverkleidet
0,6 Gleitschirm
0,5 Cabrio offen, Motorrad verkleidet
0,45 Kugel
0,4 Durchschnittlicher Roadster
0,34 Halbkugelschale, konvexe Seite
0,30 moderner, geschlossener PKW
0,20 optimal gestaltetes Fahrzeug
0,08 Tragflügel beim Flugzeug
0,05 Tropfenform, Stromlinienform
0,03 Pinguin

Luftwiderstandsbeiwerte am Beispiel einiger Serien- und Experimental-PKWs

cw-Wert Experimentalfahrzeuge Serienfahrzeuge
0,54 Mercedes G-Klasse (W463, langer Radstand)
0,50 Citroen 2CV
0,48 VW Käfer
0,41 VW Golf I (1974)
0,38 VW New Beetle (1998)
0,37 Renault Twingo I (1995), Smart Fortwo (1998)
0,36 Citroën DS (1955), Tatra 87 (1937)
0,35 NSU Ro 80 (1967)
0,34 Ford Sierra, VW Golf II
0,33 Peugeot 206, Mercedes-Benz 190 E (1983)
0,32 Fiat Grande Punto (2005), Seat Leon (Typ 1P)
0,31 Renault 19, Citroën C4 Picasso, VW Golf VI
0,30 Audi 100 C3 (1982), Citroen SM (1970), Skoda Octavia (Limousine 2008)
0,297 Koenigsegg, BMW Alpina B5
0,29 Opel Vectra (Vectra A 1988–1995), BMW 1er (2004), BMW 7er (2008)
0,28 Rumpler-Tropfenwagen (1921) Mercedes E-Klasse (W124, 1984)
0,27 Audi A4 (2007), Mercedes-Benz CL-Klasse (2006), Opel Insignia (2008)
0,26 Toyota Prius, BMW 3er (2008), Mercedes C-Klasse (2000), Opel Calibra (1990)
0,25 Panhard CD (1962), Audi A2 1.2 TDI (2000), Mercedes E-Klasse (W212, 2009)
0,24 Mercedes E-Klasse Coupé (2009)
0,23 Kamm-Wagen (Forschungsfahrzeuge 1938–1941)
0,22 Citroën ECO 2000 (Studie 1981–1984)
0,21 BMW H2R (Studie 2004)
0,2 Mitsubishi HSR-II (Studie 1989), Loremo (Produktionsbeginn für 2010 geplant) GM EV1
0,19 Mercedes Bionic Car (Studie 2005),
0,168 Daihatsu UFE-III (Studie 2006)
0,159 VW 1-Liter-Auto
0,11 Fortis Saxonia (Sax2 – Ecocar der TU Chemnitz)
0,075 PAC-Car II (Weltrekordfahrzeug der ETH-Zürich)

Anzumerken ist, dass über den cw-Wert alleine keine Aussage über den Luftwiderstand eines KFZ getroffen werden kann. Der Luftwiderstand ist proportional f_w = c_w \cdot A, deshalb ist zusätzlich die Angabe der Stirnfläche A notwendig, worauf die Hersteller üblicherweise jedoch verzichten.

Literatur

  • Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert: Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. 2. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 2001, ISBN 3-528-13114-4
  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden, 2003, ISBN 3-528-23876-3
  • Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main, 2000, ISBN 3-8171-1628-4

Siehe auch

Weblinks


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