Zinsabschlagssteuer

Zinsabschlagssteuer

Die Kapitalertragsteuer (KapErtSt, KESt, KapESt oder auch KapSt) ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Als Quellensteuer wird die Kapitalertragsteuer – wenn sie nicht als Abgeltungsteuer ausgestaltet ist – bei der Einkommensteuerveranlagung wie eine Einkommensteuervorauszahlung behandelt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Erträge aus Kapitalvermögen unterliegen in fast allen europäischen Staaten der jeweiligen Einkommensteuer. Die auf die Zinserträge entfallende Einkommensteuer wird von den jeweiligen Finanzbehörden oftmals direkt an der Quelle als prozentualer Abschlag eingefordert. Der Schuldner der Zinserträge (Bank, Versicherung oder Kapitalgesellschaft) ist als Steuerzahler für die korrekte Einbehaltung und Abführung an die Finanzbehörden verantwortlich.

Kapitalertragsteuer in Deutschland

Die gesetzliche Grundlage der Kapitalertragsteuer ist in Deutschland in §§ 43ff. EStG geregelt. Der Steuersatz vor 2009 lag bei 20 % für Gewinnanteile (Dividenden) (vgl. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), 30 % für Zinsen aus Kapitalanlagen und 35 % für Tafelgeschäfte, jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag von derzeit 5,5 %. Der Betrag, der sich durch diese Prozentstaffelungen über die gesamte Höhe der Zinsen errechnet und zusammen mit dem Solidaritätszuschlag an das Finanzamt abgeführt wird, wird als Zinsabschlag bezeichnet. Darüber hinaus gibt es noch weitere Steuersätze wie z. B. 25 % für Gewinnausschüttungen aus stillen Beteiligungen (zzgl. Solidaritätszuschlag), die in § 43a EStG [1] aufgeführt sind. Die Kapitalertragsteuer ist als Steuer-Vorauszahlung zu sehen. Die Zinserträge werden im Veranlagungsverfahren dem individuellen Grenzsteuersatz des Empfängers unterworfen und die gezahlte Kapitalertragsteuer wird als Vorauszahlung angerechnet sofern eine Steuerbescheinigung nach § 45a EStG vorgelegt wird.

Die Kapitalertragsteuer wurde nicht erhoben, soweit ein Freistellungsauftrag reicht oder wenn eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt. Der Freistellungsauftrag ist dabei an die Höchstbeträge des Sparerfreibetrags gebunden und kann auf verschiedene Bankinstitute verteilt werden.

Die Bezeichnung „Zinsabschlagsteuer“ (Abk. ZASt), die sich in den Medien eingebürgert hat, wird im Einkommensteuergesetz nicht verwendet. Technisch wird darunter der Bereich der Kapitalertragsteuer verstanden, der auf Zinszahlungen anfällt. Für diesen Bereich gilt das sog. Zahlstellenprinzip, d.h. Kapitalertragsteuer auf Zinsen wird nur dann erhoben, wenn die Zahlung durch bestimmte Stellen geleistet wird (insb. Banken).

Die Kapitalertragsteuer wurde 1993 in Deutschland eingeführt.

Durch Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde die Kapitalertragsteuer und der Einbehalt durch die Banken mit Wirkung ab 2009 im Sinne einer Abgeltungssteuer umfassend reformiert.

Kapitalertragsteuer in Österreich

In Österreich beträgt die Kapitalertragsteuer (KESt) einheitlich 25 %. Die österreichische Kapitalertragsteuer ist als Abgeltungsteuer konzipiert. Mit Abführung der KESt ist der Kapitalertrag abschließend besteuert (§ 97 Abs. 1 EStG) und wird bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens nicht mehr miteinbezogen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit der Veranlagung zum halben Durchschnittssteuersatz (§ 37 Abs. 8 iVm § 97 Abs. 4 EStG). In diesem Falle wird der Kapitalertrag zum Gesamtbetrag der Einkünfte dazugerechnet und mit dem halben, sich aus diesem Betrag ergebende Durchschnittssteuersatz (§ 33 Abs. 1 EStG), versteuert.

Die Bestimmungen der Endbesteuerung stehen im Verfassungsrang (Endbesteuerungsgesetz).

Kapitalertragsteuer in der Schweiz

Die schweizerische Kapitalertragsteuer wird als Verrechnungssteuer oder als Zahlstellensteuer bezeichnet. Diese Steuer ist nicht nur als Einkommensteuer ausgelegt, sondern dient wegen der Höhe des Steuersatzes auch als Vermögensteuer. Weil in der Schweiz das Bankgeheimnis viel umfassender als in anderen Staaten beachtet wird, ist die Verrechnungssteuer als Abgeltungsteuer konzipiert. Die Geldinstitute (Bank oder Versicherung) sind verpflichtet, automatisch 35 % des Zinsertrages jedes Kontos an den Staat abzuführen. Dieser Betrag wird nach korrekter Deklarierung der Zinserträge und des Vermögens zurückerstattet.

Europäische Zinssteuer

Die „Europäische Richtlinie zur Zinsbesteuerung“ (auch unter der englischen Bezeichnung European Savings Tax Directive, kurz ESD, bekannt) ist ein Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften, welcher neben den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in fünf weiteren europäischen Staaten (Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco und Andorra) und den sog. verbundenen Gebieten (wie z. B. den britischen Kanalinseln) gilt. Die Richtlinie ist am 1. Juli 2005 in Kraft getreten.

Ziel der Richtlinie ist eine ausnahmslose und gleichmäßige Besteuerung der Zinseinnahmen aller EU-Bürger mit EU-Wohnsitz, unabhängig davon, wo das Zinseinkommen erwirtschaftet wird. Generell werden alle Zinseinnahmen besteuert. Dies beschränkt sich jedoch auf die Zinseinnahmen der Person selbst. Wird die Vermögensverwaltung oder eine allgemeine Unternehmung der Person als Kapitalgesellschaft geführt, so fällt diese Ertragssteuer für die Gesellschaft nicht an. Der Steuersatz beträgt 15 % ab 1.Juli 2005, 20 % ab 1.Juli 2008 und 35 % ab 1.Juli 2011. Da die Definition des Begriffs „Zinsen“ von zentraler Bedeutung für diese Richtlinie ist, und die Definition bis zuletzt immer wieder verändert wurde, gelten folgende Bedingungen:

  • Verspricht ein Papier über seine gesamte Laufzeit 2 % oder mehr Zinsen, fällt es unter die ESD.
  • Verspricht ein Papier jährlich 0,25 % oder mehr Zinsen, fällt es ebenfalls unter die ESD.

Mit diesen Regelungen werden auch Zerobonds erfasst. Bei Investmentfonds gilt die folgende Regelung:

  • Wurde ein Fonds vor dem 1. März 2001 aufgelegt oder der Fondsprospekt vor diesem Datum genehmigt, fällt der Fonds nicht unter die ESD. Er gilt als "grandfathered". Einzige Ausnahme sind Staatsanleihen: Diese verlieren den "grandfathered"-Status, wenn der Emittent das Papier aufstockt.
  • Enthält ein Fonds weniger als 15 % zinstragende Wertpapiere, fällt er ebenfalls nicht unter die ESD.
  • Enthält ein Fonds mindestens 15 % aber weniger als 40 % zinstragende Wertpapiere, fällt die ESD nur auf den Verkaufsgewinn an.
  • Bei Fonds mit einem Anteil an zinstragenden Wertpapiere von 40 % oder mehr fällt die ESD sowohl auf Thesaurierung als auch auf Verkaufsgewinn an.

Zwei technische Größen bei Fonds in Zusammenhang mit der ESD sind:

  • TIS (taxable income per share): Der unter die EU-Zinssteuer fallende Betrag pro Anteil beim Verkauf. Dieser Wert ergibt sich aus den seit dem Kauf aufgelaufenen Zinsen (Marchzins).
  • TID (taxable income at distribution): Der unter die EU-Zinssteuer fallende Anteil einer Ausschüttung. Da ein Fonds verschiedene Arten an Wertpapieren enthalten kann, muss die Fondsgesellschaft für jeden Fonds berechnen, welcher Anteil einer Ausschüttung der ESD unterstellt ist.

Je nach Geltungsland müssen die Banken die EU-Zinssteuer entweder abführen ("Rückbehalt") oder der zuständigen Finanzbehörde melden ("Meldeverfahren"). Dazu müssen die Banken die Höhe des Abzugs berechnen. Sie nutzen dafür beispielsweise die o. g. Größen, die von Datenlieferanten (wie z. B. Reuters oder Bloomberg) laufend aktualisiert und bereitgestellt werden.

Die EU-Zinssteuer setzte eine neue Steuerflucht in Bewegung. Länder wie Norwegen, Island, Bermudas, Dubai, Singapur und Hongkong erheben keine Zinssteuern und werden so für europäische Steuerflüchtlinge zunehmend attraktiver.

Die Zinsbesteuerung betrifft weiterhin Dividendenausschüttungen von Investmentfonds (Geldmarktfonds und reine Anleihefonds) und Mischfonds unter bestimmten Bedingungen, jedoch nicht Dividenden aus direkten Unternehmensbeteiligungen.

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